Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 25.01.2006
Aktenzeichen: 4 U 70/05
Rechtsgebiete: BeurkG, BNotO


Vorschriften:

BeurkG § 17 Abs. 1
BNotO § 14
Ein Notar verstößt gegen die ihm aus §§ 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO und 17 Abs. 1 BeurkG obliegenden Amtspflichten, wenn er es bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages unterlässt, auf die Gefahren der mit der Bezahlung des vereinbarten Kaufpreises vor der tatsächlichen Bezahlung von Erschließungskosten ungesicherten Vorleistung hinzuweisen und den Parteien Wege aufzuzeigen, wie dieses Risiko durch eine andere Vertragsgestaltung vermieden werden kann.
Gründe:

I.

Die Kläger verlangen von den Beklagten Schadensersatz wegen Verletzung notarieller Pflichten im Zusammenhang mit der Beurkundung des jeweiligen Grundstückskaufvertrages, weil sie von der Stadt O1 nach Insolvenz der Verkäuferin auf Zahlung der an sich von dieser zu tragenden Erschließungskosten für das jeweilige Hausgrundstück in Anspruch genommen wurden.

Wegen das Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen. Die Darstellung des Tatbestandes ist dahin zu ergänzen, dass die Kläger neben dem Grundstückskaufvertrag mit der A-... GmbH mit der B-GmbH jeweils einen notariellen Werkvertrag zur Errichtung eines Einfamilienwohnhauses (Reihenhaus) schlossen. Gemäß Ziffer 1.2 dieses notariellen Vertrages ergeben sich der Leistungsumfang und die Bauausführung aus der Bau- und Ausstattungsbeschreibung für den Haustyp "X" in der Ausführungsversion Standard, die in der notariellen Urkunde vom 20.04.2004 zur Urkundenrollen-Nummer .../04 des Beklagten zu 1) niedergelegt ist. In der Bau- und Ausstattungsbeschreibung ist unter 1.0 Allgemeines ausgeführt: "... anfallende Kosten für die Ersterschließung (Kanal, Wasser, Strom, Straßen) gegenüber des Ersterschließungsträgers trägt der AN. ...".

Zudem hat der Beklagte zu 1) weiter behauptet, bei allen von ihm beurkundeten Grundstückskaufverträgen die vertraglichen Formulierungen zum Anlass genommen zu haben, dass Thema Anlieger- und Erschließungskosten mit den Vertragsbeteiligten zu erörtern. Auf ausdrückliches Befragen sei von den Verantwortlichen der Verkäuferin die Erklärung erfolgt, dass bislang angeforderte Vorauszahlungen von ihr beglichen worden seien, über die Höhe der noch zu erwartenden Beträge sowie den Zeitpunkt ihrer Anforderung durch die Stadt O1 gebe es noch keine konkreten Angaben der Verwaltung, so dass diese noch nicht einmal bereit sei, ungefähre Angaben zu machen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, wobei es unentschieden gelassen hat, ob die ungesicherten Erschließungskosten als ungesicherten Vorleistungen zu qualifizieren seien.

Alle regelungsbedürftigen Fragen (§ 17 Abs. 1 BeurkG) seien von den Beklagten angesprochen worden. Zunächst könne nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden, dass den Klägern bekannt gewesen sei, von der Gemeinde auf Zahlung von Anlieger - und Erschließungsbeiträgen in Anspruch genommen werden zu können, sobald sie das Eigentum an dem von der Verkäuferin erworbenen Grundbesitz erlangt hatten. Dass die Kläger ihren Freistellungsanspruch nicht würden realisieren können, falls die Firma A-... GmbH, wie geschehen, in Insolvenz geriete, sei eine so selbstverständliche Schlussfolgerung, dass die Beklagten nicht verpflichtet gewesen seien, hierüber ausdrücklich zu belehren, weshalb auch offen bleiben könne, ob sie dies, wie sie es behaupteten, getan hätten.

Selbst wenn man unterstelle, die ungesicherten Erschließungskosten seien als ungesicherte Vorleistungen zu qualifizieren, hätten die Beklagten ihre vom Bundesgerichtshof festgelegte doppelte Belehrungspflicht aus § 17 Abs. 1 BeurkG nicht verletzt.

Zur Belehrung über das Vorliegen einer ungesicherten Vorleistung und die Folgen, die sich daraus ergeben könnten - erste Pflicht - seien die Beklagten, wie ausgeführt, nicht verpflichtet gewesen. Sie hätten nämlich davon ausgehen dürfen, dass diese einfachsten wirtschaftlichen Überlegungen auch von den Klägern als juristischen Laien angestellt würden. Aber auch die zweite Pflicht, Wege aufzuzeigen, wie das Risiko der Nichtrealisierung des Freistellungsanspruchs bei Insolvenz der Verkäuferin vermieden werden könne, sei nicht verletzt. Nicht jedes theoretisch vermeidbare Risiko eines Vertragsschlusses gebe es einem Notar auf, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Es habe für die Beklagten auch kein besonderer Anlass zu einer anderen Vorgehensweise bestanden, denn konkrete und den Beklagten bekannte Anhaltspunkte, die einen Vermögensverfall der Verkäuferin und damit die mangelnde Durchsetzbarkeit der Freistellungsansprüche der Kläger befürchten ließen, seien nicht dargetan.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger zu 1) bis 4), 6) bis 11) und 13) bis 23), die ihre erstinstanzlich gestellten Anträge jeweils insgesamt als Zahlungsantrag entsprechend den nunmehr vollständig vorliegenden Bescheiden der Stadt O1 weiterverfolgen. Die Kläger behaupten, auch die jeweils sonstigen Erschließungskosten gezahlt zu haben.

Sie vertreten die Auffassung, die bei Abschluss der Grundstückskaufverträge zu erwartenden Anlieger- und Erschließungsbeiträge in Höhe von 22 bis 25 % der vereinbarten Kaufpreise (120 DM pro Quadratmeter) stellten eine ungesicherte Vorleistung dar. Zur Begründung machen sie sich die auszugsweise wiedergegebene gutachterliche Stellungnahme des ... vom 11.08.2004 zu eigen, auf die Bezug genommen wird (Bl. 144, 145 d. A.).

Die doppelte Belehrungspflicht aus § 17 Abs. 1 BeurkG sei verletzt. Sie behaupten, keiner der Kläger habe tatsächlich ein Risiko erkannt. Ihnen sei nicht geläufig gewesen, dass lediglich ein schuldrechtlicher Freistellungsanspruch bestanden habe, der im Falle der Insolvenz der Verkäuferin gegenstandslos sein würde.

Jedenfalls seien sie über naheliegende Sicherungsmöglichkeiten wie der Hinterlegung eines entsprechenden Teils des Kaufpreises auf Notaranderkonto oder einer von der Verkäuferin zu stellenden Bürgschaft nicht belehrt worden. Die entsprechenden Beträge wären auf Hinweis von der Gemeinde von ihnen zu erfragen gewesen. Eine entsprechende Sicherung hätte auch unter Berücksichtigung der Abschlagszahlungen die Beträge, in deren Höhe sie heute in Anspruch genommen würden, überschritten, so dass sie keinen Schaden erlitten hätten. Einer derartigen Sicherung habe die Verkäuferin vernünftigerweise nicht widersprechen können, da es sich wirtschaftlich um weiterzuleitende Beträge gehandelt habe. Jedenfalls hätten sie bei Ablehnung einer entsprechenden Absicherung durch die Verkäuferin die Bauplätze nicht gekauft.

Neben den gezahlten Anschlusskosten und Erschließungsbeiträgen in unterschiedlicher Höhe seien ihnen die Kosten des Vorprozesses 1 O 187/03 Landgericht Gießen gegen die Verkäuferin zu erstatten, da der Beklagte zu 1) trotz ihrer entsprechenden Bitte nicht bereit gewesen sei, auf die vorherige Inanspruchnahme der Verkäuferin zu verzichten.

Die Kläger zu 12) haben die Berufung zurückgenommen. In ihrem Grundstückkaufvertrag vom 10.05.2001 tritt die Verkäuferin einen Teil ihres Kaufpreiszahlungsanspruches in Höhe von 49.650 DM an die Stadt O1 ab; im Gegenzug stellen die Käufer die Verkäuferin von der Zahlungspflicht nach Endabrechnung der Stadt O1 maximal in Höhe von 49.650 DM frei.

Die Kläger zu 1) bis 4), 6) bis 11), 13) bis 23) und die Beklagten zu 1) bis 3) haben übereinstimmend die Erledigung der Hauptsache hinsichtlich des ursprünglich geltend gemachten Freistellungsanspruches (Bl. 274 Bd. II d. A.) erklärt.

Die Kläger beantragen,

I. den Beklagen zu 1) zu verurteilen,

1.

an die nachstehend aufgeführten Kläger zu 1) bis 4), 7) bis 11), 13) bis 20) und 23) die nachstehend unter Zahlung 1 aufgeführten Beträge nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.12.2003 zu zahlen, und weiterhin die unter Zahlung 2 aufgeführten Beträge nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.09.2005 zu zahlen,

und zwar untereinander an die Klägerpaare zu 1) bis 4), 7) bis 10), 13) bis 20) und 23) jeweils in Bezug auf die Einzelsummen als Gesamtgläubiger: (nachfolgender Text wurde aus technischen Gründen gekürzt - die Red.)

Zug um Zug gegen Abtretung der jeweiligen Ansprüche der Kläger zu 1) bis 4), 7) bis 11), 13) bis 20) und 23) gegen die A-... GmbH auf Zahlung in gleicher Höhe an den Beklagten zu 1);

2.

an die vorgenannten Kläger als Gesamtgläubiger weitere 10.168,82 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.12.2003 zu zahlen.

II. den Beklagten zu 2) zu verurteilen,

1.

an die Kläger zu 6) als Gesamtgläubiger 3.264,16 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 991,14 Euro seit 13.12.2003 und aus weiteren 2.327,80 Euro seit 19.09.2005 zu zahlen sowie an den Kläger zu 22) 6.492,92 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.445,11 Euro seit 13.12.2003 und aus weiteren 5.047,41 Euro seit 19.09.2005 zu zahlen,

Zug um Zug gegen Abtretung der jeweiligen Ansprüche der Kläger zu 6) und 22) gegen die A-... GmbH auf Zahlung in gleicher Höhe an den Beklagten zu 1);

2.

den Beklagten zu 2) weiter zu verurteilen, an die Kläger zu 6) und 22) als Gesamtgläubiger weitere 1.269,50 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.04.2004 zu zahlen.

III. den Beklagten zu 3) zu verurteilen,

1.

an die Kläger zu 21) als Gesamtgläubiger 3.935,91 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 968,86 Euro seit 13.12.2003 und aus weiteren 2.967,05 Euro seit 19.09.2005 zu zahlen,

Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Kläger zu 21) gegen die A-... GmbH auf Zahlung in gleicher Höhe an den Beklagten zu 3);

2.

den Beklagten zu 3) weiterhin zu verurteilen, an die Kläger zu 21) als Gesamtgläubiger weitere 435,99 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.04.2004 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags das angefochtene Urteil.

Der von den Klägern geleistete Kaufpreis stelle keine Vorleistung dar, die als ungesichert zu bezeichnen wäre. Die Freistellungsverpflichtung sei nämlich nicht zu den in einem synallagmatischen Verhältnis zueinander stehenden Hauptpflichten zu zählen, da sie erst nach Umschreibung des Eigentums auf den Käufer zum Tragen kommen könne. Die Vereinbarung entspreche vielmehr § 436 Abs. 1 BGB n. F.. Durch die Neufassung des § 433 Abs. 1 BGB habe der Gesetzgeber den Kreis der vom Verkäufer zu erfüllenden Hauptpflichten, die in einem synallagmatischen Verhältnis zur Verpflichtung des Käufers zur Kaufpreiszahlung stehen, zwar erweitert, jedoch in diesen Kreis der synallagmatischen Hauptpflichten eine Regelung zur Tragung von Erschließungs- und Anliegerbeiträgen nicht aufgenommen.

Weil die Vertreter der Grundstücksverkäuferin über noch zu erwartende Erschließungs- und Anliegerbeiträge keine Angaben machen konnten, sei in der Tat anlässlich der Beurkundung nicht über die mögliche Höhe der nach Eigentumsumschreibung noch zu erwartenden Beiträge gesprochen worden. Jedenfalls habe mit Erschließungs- und Anliegerbeiträgen von 120 DM pro m² Grundstückfläche bei Abschluss der Grundstückskaufverträge in 2000 nicht gerechnet werden müssen, da die geleisteten Vorauszahlungen der Voreigentümerin in Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrages nicht einbezogen worden seien. Ein nennenswerter Beitrag als Risiko sei deshalb nicht in Betracht zu ziehen gewesen. Die Kläger seien nicht in der Lage darzulegen, welche Beträge konkret für jeden Einzelnen von ihnen als Sicherheit hätte vorgesehen werden sollen. Die Formulierung entsprechender Teil des Kaufpreises sei zu vage.

Nach Auffassung der Beklagten zu 2) und zu 3) sind der Grundstückskaufvertrag und der mit der Drittfirma abgeschlossene Werkvertrag als einheitlicher Bauträgervertrag zu qualifizieren, so dass bei der Berechnung die Gesamtsumme zugrunde zulegen und damit das Risiko noch geringer gewesen sei.

Im Übrigen falle auf, dass trotz Bestreitens der Zahlung der erhobenen Forderungen nach wie vor kein Nachweis darüber erbracht sei, dass auch die Hausanschlusskosten gezahlt seien.

Zur Höhe führt der Beklagte zu 1) weiter aus, dass es sich bei den beanspruchten Beträgen zum Einen nicht um Anschlussbeiträge im Sinne des § 11 KAG, sondern um Anschlusskosten im Sinne des § 12 KAG handele; zum Anderen nicht insgesamt um Erschließungsbeiträge nach Abschnitt 2, Teil 6 Bundesbaugesetz, sondern um Lasten im Zusammenhang mit Maßnahmen für den Naturschutz, die im 7. Teil des Bundesbaugesetzes geregelt seien.

Der Beklagte zu 1) ist darüber hinaus der Auffassung, dass nach der Baubeschreibung zum Werkvertrag die Werkunternehmerin subsidiär auch die Anlieger- und Erschließungsbeiträge zu tragen habe. Sie sei vorrangig in Anspruch zu nehmen.

Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Der Senat hat die Akten des Vorprozesses 1 O 187/03 Landgericht Gießen zu Informationszwecken beigezogen.

II.

Nach Rücknahme der Berufung der Kläger zu 12) ist die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der übrigen Kläger in der Sache erfolgreich, weil die Kläger von den Beklagten den Ersatz des Schadens für die von ihnen zu tragenden Erschließungs- und Anschlusskosten nebst den Kosten des Vorprozesses beanspruchen können.

Soweit die Kläger im Berufungsverfahren ihre Anträge dahin geändert haben, dass sie auch hinsichtlich der sonstigen Erschließungskosten anstatt Freistellung Zahlung begehren, liegt eine nach §§ 525, 264 Nr. 2 ZPO in der Berufungsinstanz zulässige Klagebeschränkung vor. Die nunmehr erstrebte Zahlung ist nämlich bezogen auf jeden der Kläger niedriger.

Den Klägern steht aus § 19 Abs. 1 BNotO gegen die Beklagten ein Anspruch auf Ersatz derjenigen Schäden zu, die ihnen dadurch entstanden sind, dass sie für diejenigen Erschließungs- und Anschlusskosten der von ihnen erworbenen Hausgrundstücke, die nach den von den Beklagten beurkundeten notariellen Verträgen von der A-... GmbH zu tragen sind, in Anspruch genommen wurden und sie infolge der Insolvenz der A-... GmbH von dieser nicht Erstattung erlangen können.

Die Beklagten haben gegen ihnen aus den §§ 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO und 17 Abs. 1 BeurkG obliegenden Amtspflichten verstoßen, weil sie es bei der Beurkundung der Grundstückskaufverträge unterlassen haben, die Kläger auf die Gefahren der mit der Bezahlung des vereinbarten Kaufpreises vor der tatsächlichen Bezahlung der Erschließungskosten durch die A-... GmbH verbundenen ungesicherten Vorleistung hinzuweisen und den Parteien Wege aufzuzeigen, wie dieses Risiko durch eine andere Vertragsgestaltung vermieden werden konnte.

Verpflichtet sich eine Partei in einem Grundstückskaufvertrag zu einer ungesicherten Vorleistung, so trifft den Notar bei der Beurkundung die Pflicht, die Partei über die Folgen zu belehren, die im Fall einer Leistungsunfähigkeit des durch die Vorleistung Begünstigten eintreten können sowie der Partei Wege aufzuzeigen, wie sie dieses Risiko vermeiden können (BGH NJW-RR 2005, 1292 ff., zitiert nach JURIS).

Die Kläger haben in den von den Beklagten beurkundeten Grundstückkaufverträgen eine ungesicherte Vorleistung im Hinblick auf die Erschließungs- und Anschlusskosten übernommen. Ihnen war nach der rechtlichen Ausgestaltung des Geschäfts angesonnen worden, ihre Leistung zu erbringen, ohne dass sichergestellt war, dass sie die Gegenleistung des anderen Vertragsteils erhielten (Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, Rz. 1021). Der von den Klägern zu zahlende Kaufpreis umfasste auch die Erschließungs- und Anschlusskosten für die Versorgungs- und Entsorgungsleitungen. Denn Kaufgegenstand war der Erwerb eines erschlossenen Grundstücks mit den entsprechenden Anschlüssen und Leitungen. Damit waren auch die diesbezüglichen Kosten Grundlage der Kaufpreisbestimmung. Dies zeigt gerade der singulär gebliebene Kaufvertrag der Kläger zu 12), in welchem diese die Verkäuferin einerseits von der Zahlungspflicht nach Endabrechnung der Stadt O1 bis zu einem Betrag von maximal 49.650 DM für die Kosten der Ersterschließung freistellten, anderseits die Verkäuferin ihren Kaufpreiszahlungsanspruch in entsprechender Höhe gegen die Kläger an die Stadt O1 abtrat. Dagegen stand in den übrigen Kaufverträgen der Kaufpreiszahlungspflicht die vereinbarte Gegenleistung der Verkäuferin gegenüber, dass Grundstück zu übereignen und die Käufer von jeglicher Inanspruchnahme durch die Stadt freizustellen. Dass dies nicht dem Leitbild der von der Verkäuferin zu erfüllenden Hauptpflichten nach § 433 Abs. 1 BGB entspricht, widerspricht nicht der Annahme des Gegenseitigkeitsverhältnisses. Die Parteien können die vertraglichen Hauptpflichten frei vereinbaren. Dem Umstand, dass die ausstehenden Erschließungs- und Anschlusskosten erst nach Umschreibung des Eigentums auf die Käufer fällig werden, wird gerade durch die Freistellung Rechnung getragen. Sind aber zum Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung die Erschließungskosten nach öffentlichem Recht noch nicht abgerechnet, da die Erschließungsmaßnahme noch nicht abgeschlossen ist, so haben die Erwerber eine Vorleistung erbracht, denn der Zahlung steht kein entsprechender Wertzuwachs an dem Grundstück durch Einbauten nach § 946 BGB gegenüber. Öffentlichrechtlich bleiben sie als Grundstückeigentümer dem Träger der Erschließungslast gegenüber zur Zahlung auch dann verpflichtet, wenn der Betrag bei der Verkäuferin nicht mehr erlangt werden kann (§ 134 BauGB). Im Fall der Insolvenz der Verkäuferin laufen die Erwerber darum Gefahr, wie auch hier tatsächlich geschehen, dass sie die Erschließungskosten an den Erschließungsträger zahlen müssen, obwohl sie den entsprechenden wirtschaftlichen Wert durch den Kaufpreis bereits an die Verkäuferin geleistet haben.

Dass die benachteiligten Käufer das Risiko kannten, im Fall der Insolvenz der A-... GmbH trotz Zahlung des Kaufpreises möglicherweise die Erschließungskosten an den Träger der Erschließungslast zahlen zu müssen, und gleichwohl den Abschluss des jeweiligen Vertrages wünschten, kann nicht angenommen werden. Selbst wenn die Vorleistung als bloße Tatsache den Beteiligten bekannt ist, sind regelmäßig juristische Überlegungen erforderlich, um das sich daraus ergebende Risiko zweifelsfrei zu erfassen (BGH,NJW 1995,330 ff). Der Hinweis im Grundstückskaufvertrag, dass die Käufer nach Eigentumsumschreibung für öffentliche Lasten in Anspruch genommen werden könnten, konnte ein Risikobewusstsein nicht erzeugen, da dieser Erklärung die Freistellungsverpflichtung der Verkäuferin gegenüber stand. Dass aber gerade diese Freistellungsverpflichtung das Risiko in sich barg, im Falle der Insolvenz der Verkäuferin gegenstandslos zu sein, konnten die Käufer als juristische Laien nicht beurteilen. Auch in Zeiten angespannter gesamtwirtschaftlicher Lage ist es zu weitgehend anzunehmen, dass der geschäftsunerfahrene private Käufer von sich aus das Risiko der Insolvenz der Verkäuferin in Erwägung und daraus die richtigen Schlussfolgerungen zieht. So behaupten die Beklagten ja gerade, die Kläger auf das Insolvenzrisiko hingewiesen zu haben. Es kann jedoch offen bleiben, ob die Beklagten diese Belehrung erteilt haben.

Ob die Beklagten - wie sie behaupten - die Kläger auf ein Insolvenzrisiko hingewiesen haben, kann offen bleiben; denn sie haben jedenfalls keine Vertragsgestaltung empfohlen, die den Klägern dieses Risiko abnahm (BGH NJW 1999, 2188 f.). Die Beklagten haften auch dann, wenn sie vor den Gefahren einer ungesicherten Vorleistung gewarnt, aber, wie geschehen, keine sachdienlichen Abhilfemöglichkeiten aufgezeigt haben (BGH NJW 1999, 2188 f.).

Das Nichtunterbreiten sachdienlicher Vorschläge (BGH NJW 1999,2188 ff), wie die Beitragszahlungsverpflichtung der Verkäuferin im Falle ihrer Insolvenz zu sichern sei, haben die Beklagten in 2. Instanz eingeräumt. Denn der Beklagte zu 1) hat in der Berufungserwiderung vom 29.08.2005 (Bl. 404 d. A.) ausgeführt: "In der Tat war anlässlich der Beurkundung nicht über die mögliche Höhe der nach Eigentumsumschreibung noch zu erwartenden Erschließung- und Anliegerbeiträge gesprochen worden. Dies deshalb nicht, weil der Vertreter der Grundstücksverkäuferin hierzu keine Angaben machen konnte". Damit wird der in Bezug genommene erstinstanzliche Vortrag (Bl. 503 in Verbindung mit Bl. 113 d. A.), wonach das Thema Anlieger- und Erschließungskosten von dem Beklagten zu 1) mit den Vertragsbeteiligten erörtert worden sei, nicht aufrechterhalten. Aber selbst wenn von dem erstinstanzlichen Vortrag auszugehen wäre, schränkt die behauptete Erklärung der Geschäftsführer der A-... GmbH bzw. des Prokuristen C nicht die allgemeine Hinweispflicht auf Sicherungsmöglichkeiten im Falle der Insolvenz der Verkäuferin ein.

Als mögliche Vertragsgestaltung hätten die Beklagen die Stellung einer Höchstbetragsbürgschaft durch die A-... GmbH für ihre Verpflichtung zur Übernahme sämtlicher Anlieger- und Erschließungsbeiträge vorschlagen können. Dazu bedurfte es aber keiner Kenntnis der Beklagten von der Höhe der zu erwartenden Anlieger- und Erschließungsbeiträge. Sie mussten nur allgemein die Sicherungsmöglichkeiten im Falle der Insolvenz der Verkäuferin ansprechen (BGH, NJW 1994, 2283, 2284). Die Kläger hätten dann - unwidersprochen - die entsprechenden Erkundigungen bei der Stadt O1 eingezogen und den Notaren die Beträge mitgeteilt. Dass die Stadt zu einer entsprechenden Auskunft bei Nachfrage in der Lage gewesen wäre, ist ihrem Schreiben vom 08.03.2004 (Anlage K24, Ordner) zu entnehmen. Danach sei jedem Interessenten, der nachgefragt habe, seitens der Verwaltung die Auskunft gegeben worden, dass sich die Erschließungs- und Erstattungskosten, unter dem Vorbehalt einer späteren Berücksichtigung der tatsächlich angefallenen Kosten bei der Bemessung der Beiträge und der Erstattungskosten, im Mittel auf ungefähr 120 DM pro Quadratmeter Grundstücksfläche belaufen. Die Höchstbetragsbürgschaft wäre damit unschwer aus der sich ergebenden Summe zuzüglich eines angemessenen Sicherheitszuschlages zu errechnen gewesen.

Es ist auf den Zeitpunkt bei Grundstückskaufvertragsabschluss abzustellen. Bei etwaigen Vorausleistungen der ehemaligen Eigentümerin hätten diese in Abzug gebracht werden können. Der Preis von 120 DM pro Quadratmeter Grundstücksfläche wird von den Beklagten auch nicht bestritten, wenn sie ausführen, die Mitteilung der Verkäuferin nicht angezweifelt zu haben, die Stadt O1 könne die Erschließungskosten nicht nennen. Dies entband sie jedoch nicht von der Belehrung über die aufgezeigte Sicherungsmöglichkeit, die die Käufer zu der entsprechenden Nachfrage veranlasst hätten.

Die Beklagten trifft auch ein Verschulden an der Pflichtverletzung. Ihnen ist Fahrlässigkeit vorzuwerfen, weil die Notare ihre Dienstpflichten kennen und einhalten müssen (BGH NJW 1996, 3009 f.).

Ein Schaden ist den Klägern infolge der fehlenden Absicherung für die Erschließungskosten in dem jeweiligen notariellen Grundstückskaufvertrag dadurch entstanden, dass sie auf die Bescheide der Stadt O1 die folgenden Zahlungen erbracht haben

(nachfolgender Text wurde aus technischen Gründen gekürzt - die Red.)

und infolge der Insolvenz der A-... GmbH diese Beträge nicht mehr erstattet erhalten.

Die Bezahlung der geltend gemachten Anschlusskosten für Wasser sowie für Kanal (Zahlung 1, Anlage K10/1-4, 6-11, 13-23) waren und sind auch zweitinstanzlich nicht bestritten. Die Beklagten zu 2) und zu 3) bestreiten im Schriftsatz vom 07.10.2005 lediglich die Zahlung der sonstigen Erschließungskosten (Zahlung 2).

Die Gesamtzahlung dieser sonstigen Erschließungsbeiträge (Zahlung 2) haben die Kläger indes durch die Vorlage der Bestätigung der Stadt O1 vom 28.10.2005 (Bl. 488 d. A.) nachgewiesen. Hinsichtlich der Zusammensetzung der Erschließungskostenbeiträge wird auf die der Bestätigung beigefügten Aufstellung der Stadt O1 verwiesen (Bl. 490 d. A.).

Der Schaden der Kläger besteht in voller Höhe der gezahlten Hausanschlusskosten (Zahlung 1) und sonstigen Erschließungskosten (Zahlung 2). Nach Ziffer 2. der Grundstückskaufverträge gehen sämtliche Anliegerbeiträge nach dem HKAG, die im Zusammenhang mit der erstmaligen Erschließung des Baugrundstückes anfallen, zu Lasten des Verkäufers. Demgemäß ist die Verkäuferin mit Urteil des LG Gießen vom 02.10.2003 (1 O 187/03) unter anderem verurteilt worden, die Käufer auf Erstattung von Anschlussbeiträgen freizustellen. Daraus zieht der Beklagte zu 1) zu Unrecht den Schluss, die Käufer könnten nur Anschlussbeiträge nach § 11 KAG, nicht aber die geltend gemachten Anschlusskosten für Wasser sowie für Kanal gemäß § 12 HKAG beanspruchen. Es ist zwar zutreffend, dass das HKAG zwischen Beiträgen und Kosten in den §§ 11 und 12 HKAG differenziert. Im Hinblick auf die weitere Formulierung in Ziffer 2. der Kaufverträge, "die im Zusammenhang mit der erstmaligen Erschließung des Baugrundstückes anfallen", ist jedoch der Begriff Anschlussbeitrag untechnisch gemeint, mithin umfassend auszulegen. Er umfasst alle Kosten, um das Grundstück erstmalig zu erschließen, sprich anzuschließen, somit auch die geltend gemachten Anschlusskosten für Wasser sowie für Kanal (Zahlung 1 Anlagen K10/1-4,6-11,13-23).

Bei den von der Stadt O1 in der Zeit von Februar bis Mai 2004 übermittelten Bescheiden über die Wasserversorgungsanlage (Anlagen K28) und die Abwasserbeseitigungsanlage (Anlagen K29) handelt es sich um Anschlussbeiträge im Sinne des § 11 HKAG (u. a. Zahlung 2). In den Monaten April bis Juni 2005 übermittelte die Stadt O1 den Klägern die endgültigen Bescheide über die Erschließungsbeiträge gemäß § 133 BauGB (Anlagen K30).

Schließlich übermittelte sie im Mai bis Juni 2005 die Bescheide über die Ersatzmaßnahme gemäß §§ 135 a BauGB, 11 KAG (Anlagen K31). Bei den letztgenannten Kosten der Ersatzmaßnahme handelt es sich gleichfalls um Erschließungskosten, obgleich diese Last nicht im 6. Teil des BauGB geregelt ist. Der Begriff "Erschließung" ist nicht gesetzlich definiert (Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 7. Aufl., vor §§ 123 - 135 Rn. 1). Es ist aber allgemeine Meinung, dass unter Erschließung die grundstücksbezogene Erschließung zu verstehen ist. Für die Art der Erschließung ist grundsätzlich der Bebauungsplan als Satzung maßgebend. Der Bebauungsplan für das fragliche Gebiet lässt die Bebauung der Grundstücke nur zu, wenn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Sinne des § 135 a BauGB bezahlt werden. Es handelt sich um einen Aufwand, der wie die eigentlichen Erschließungskosten als Voraussetzung der Bebauung von der Gemeinde getätigt wird und sodann auf die Eigentümer umgelegt wird.

Der Schaden der Kläger besteht weiter in Höhe der Kosten des Vorprozesses von insgesamt 12.823,22 Euro. Der Beklagte zu 1) erklärte sich auf entsprechende Bitte der Kläger nicht bereit, auf die vorherige Inanspruchnahme der Verkäuferin durch die Kläger zu verzichten. Auch die Beklagten zu 2) und zu 3) behaupten nicht, dass sie bei vorheriger Inanspruchnahme die von ihnen geforderten Beträge sofort gezahlt hätten, vielmehr stellen sie eine entsprechende Verpflichtung in Abrede.

Bei der Berechnung des Schadens der jeweiligen Kläger ist zu berücksichtigen, dass sie die Kosten unter sich nach den Anteilen an der Hauptsumme verteilt haben.

Gegen den Beklagten zu 1) sind von den Kosten des Vorprozesses in erster Instanz 86,7 % der Gesamtsumme von 12.823,22 Euro geltend gemacht worden. Die Kläger zu 5) waren anteilig am Gegenstandswert des Vorprozesses (186.039 Euro) mit 9.745,59 Euro beteiligt (5,2 %). Da die Kläger zu 5) keine Berufung eingelegt und die Kläger zu 12) die Berufung zurückgenommen haben war der Kostenbetrag um 5,2 % bzw. 2,2 % aus 12.823,22 Euro gleich 666,80 Euro bzw. 282,11 Euro von 11.117,73 Euro auf 10.168,93 Euro gegenüber dem Beklagten zu 1) zu reduzieren. Bei dem Beklagten zu 2) bleibt es bei 1.269,50 Euro (9,9 %), während es bei dem Beklagten zu 3) bei 435,99 Euro (3,4 %) verbleibt.

Die Amtspflichtverletzung der Beklagten ist ursächlich für den eingetretenen Schaden der Kläger. Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen der in einer Unterlassung des Notars bestehenden Pflichtverletzung und dem Schaden kommt es darauf an, welchen Verlauf die Dinge im Fall einer pflichtgemäßen Belehrung durch den Notar genommen hätten. Dazu gehört die Betrachtung, wie die Beteiligten sich bei zutreffendem Verhalten des Notars entschieden hätten, insbesondere wie die Geschädigten reagiert hätten. Es ist also zu prüfen, wie sich die Vermögenslage der Kläger darstellen würde, wenn die Beklagten die Pflichtverletzung nicht begangen, sondern pflichtgemäß gehandelt hätten (vgl. etwa BGH NJW-RR 1988, 1367; BGHZ 123, 178, 180). Für diese Prüfung des hypothetischen Verlaufs im Rahmen der Feststellung haftungsausfüllender Kausalität kommt § 287 Abs. 1 ZPO zur Anwendung. Aus diesem Grund genügt es, wenn aufgrund der unterbreiteten Tatsachen für den einen oder den anderen Verlauf eine deutlich überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht (BGH NJW-RR 1996, 781).

Nach diesen Grundsätzen kann für den vorliegenden Fall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die Parteien der notariellen Grundstückskaufverträge auf die gebotene Belehrung und den Vorschlag adäquater vertraglicher Gestaltungen zur Sicherung der Kläger hin den Vertrag mit dem Inhalt abgeschlossen hätten, dass die A-... GmbH zur Stellung einer Sicherheit in Form einer Höchstbetragsbürgschaft für die zu erwartenden Erschließungs- und Anschlusskosten verpflichtet werde. Für die Kläger als Geschädigte spricht bei der Verletzung der zweiten Belehrungspflicht die tatsächliche Vermutung, dass sie sich entsprechend vorschlagsgerecht verhalten hätten (vgl. Zugehör/Ganter/Hertel, a.a.O., Rz. 2210 m.w.N.). Bei zu erwartenden Anschluss- und Erschließungsbeiträgen in Höhe von 120 DM pro Quadratmeter Grundstücksfläche zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge, mithin in Höhe von 22 bis 25 % der vereinbarten Grundstückskaufpreise ist aber nicht nachvollziehbar, dass die Käufer ohne Sicherung der Anlieger- und Erschließungskosten gekauft hätten. Bei der prozentualen Berechnung sind nur die Grundstückspreise zugrunde zu legen und nicht die Summe aus Grundstücks- und Werkvertragspreis. Es handelt sich gerade nicht um einen Bauträgervertrag. Die Vertragspartner sind nicht identisch. Der Grundstückskaufvertrag ist mit der A ... GmbH abgeschlossen, während der Werkvertrag mit der B -GmbH abgeschlossen worden ist. Die Grundstückskaufverträge sind nicht an den mit der Drittfirma abgeschlossenen Werkvertrag gekoppelt.

Es kann weiter mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass auch die A-... GmbH sich auf die von den Beklagten vorzuschlagende Sicherheit durch Stellung einer Höchstbetragsbürgschaft eingelassen hätte. Dass die Verkäuferin "die wirtschaftliche Macht" gehabt habe, diese Sicherung abzulehnen, ist wenig wahrscheinlich. Die Beklagten tragen selbst vor, dass es sich bei der A-... GmbH um eine seriöse Gesellschaft gehandelt habe, an deren Bonität damals keine Zweifel bestanden hätten. Eine seriöse Verkäuferin konnte aber einer Sicherung vernünftigerweise nicht widersprechen, denn der für die Zahlung der öffentlichen Lasten bestimmte Kaufpreisteil stand ihr wirtschaftlich nicht zur Verwendung im allgemeinen Geschäftsbetrieb zur Verfügung; es handelte sich um weiterzuleitende Beträge.

Zudem ist dem Grundstückskaufvertrag der Kläger zu 12) vom 10.05.2001 gerade zu entnehmen, dass die Verkäuferin zu anderen, die Käufer sichernden Vertragsgestaltungen bereit war.

Den Klägern steht für den Ausgleich ihrer Schäden auch keine anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO zur Verfügung. Die anderweitige Ersatzmöglichkeit gegen die Verkäuferin ist entfallen. Die Kläger haben im Vorprozess 1 O 187/03 Landgericht Gießen eine "Freistellung" gegen die A-... GmbH erwirkt. Diese war aber nicht vollstreckbar, da die Verkäuferin in Insolvenz geraten ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten können die Kläger die Werkunternehmerin nicht auf Ersatz der Ersterschließungskosten in Anspruch nehmen. Es ist schon zweifelhaft, ob die Formulierung: "Anfallende Kosten für die Ersterschließung (Kanal, Wasser, Storm, Straßen) gegenüber des Ersterschließungsträgers trägt der AN" in der ...- und Ausstattungsbeschreibung für den Haustyp "X" eine Pflicht gegenüber dem Auftraggeber (= Kläger) begründet, weil sie unter "Allgemeines" steht und als Beschreibung formuliert ist. Jedenfalls ist die Baubeschreibung nicht wirksamer Inhalt der notariellen Werkverträge geworden, da sie vor Protokollierung übergeben sowie bei Protokollierung nicht verlesen und auf Verlesen und Beifügen zur Urkunde nicht verzichtet worden ist.

Da es sich gerade nicht um einen Bauträgervertrag handelt, sondern um zwei selbständige Verträge, kann durch die Grundbucheintragung (§ 313 BGB a. F.) die wirksame Einbeziehung der Baubeschreibung in den notariellen Werkvertrag letztlich nicht geheilt worden sein.

Der Zinsanspruch auf die Schadenssumme ist seit Eintritt des Verzuges (§§ 284, 288 Abs. 1 BGB) am 13.12.2003 bzw. seit Rechtshängigkeit (§ 291 BGB) am 13.04.2004 bzw. seit Zustellung des Schriftsatzes vom 09.09.2005 am 16.09.2005 bzw. am 19.09.05 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gerechtfertigt.

Die Zug um Zug Verurteilung zu I.1., II.1. und III.1. war als Ausdruck des schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbots entsprechend § 255 BGB auszusprechen.

Bei der Kostenentscheidung war für die 1. Instanz ein Streitwert bis zu 144.000 Euro und für die 2. Instanz ein solcher von bis zu 134.000 Euro zugrunde zu legen.

Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluss vom 25.01.2006 Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 269 Abs. 3 Satz 2, 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 91 a Abs. 1 ZPO, sie entspricht dem jeweiligen Unterliegen in den Instanzen. Bei der Verteilung der Gerichtskosten waren alle Gesamtanteile in Bezug zu nehmen, weil sich die Gerichtskosten nach dem Gesamtstreitwert bestimmen. Demgegenüber war der Ausgleich der außergerichtlichen Kosten getrennt nach dem Wert der Klagen gegen die Beklagten zu 1) bis 3) vorzunehmen.

Die Entscheidung über vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils resultiert aus den §§ 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Der Senat bestimmt die ungesicherte Vorleistung in diesem Einzelfall anhand der zwischen den Kaufvertragsparteien getroffenen Vereinbarung unter Berücksichtigung der anerkannten Begriffsdefinition.

Ende der Entscheidung

Zurück