Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 31.10.2007
Aktenzeichen: 4 U 92/07
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 323 | |
BGB § 346 |
Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt Wertersatz für ein dem Beklagten veräußertes Pferd in Höhe von 6.000,- Euro, nachdem sie den Rücktritt vom Vertrag wegen des Verzuges des Beklagten mit der Gegenleistung erklärt hat.
Der Beklagte ist KFZ-Fahrlehrer. Die damals 17-jährige Klägerin, vertreten durch ihre Eltern, und der Beklagte schlossen am ...7.2005 einen schriftlichen Vertrag (Anlage K 1), wonach sich die Klägerin verpflichtete, dem Beklagten den .... Wallach "A" zu übergeben und zu übereignen und der Beklagte sich "im Gegenzug" verpflichtete, "alle Aufwendungen zu übernehmen", die der Klägerin "bis zur Erteilung der Fahrerlaubnisklasse B entstehen". Weiter ist geregelt, dass dies alle Fahrstunden, Theoriestunden und Gebühren einschließe.
Die Klägerin begann ihre Fahrschulausbildung bei dem Beklagten und wechselte später wegen Differenzen im Einverständnis mit dem Beklagten zur Fahrschule B, nachdem der Beklagte sich - nach seinem Vortrag - dieser gegenüber verpflichtet hatte, alle bis zum Bestehen der Fahrprüfung entstehenden Aufwendungen zu tragen. Der Beklagte übereignete das Pferd in der Folgezeit an seine Tochter. Nach Abschluss der Fahrausbildung im Jahr 2006 forderte die Klägerin den Beklagten auf, die Rechnung der Fahrschule B vom ...5.2006 in Höhe von 1.531,72 Euro (Anlage K 2) zu bezahlen. Der Zugang dieser Aufforderung und weiterer Schreiben ist zwischen den Parteien streitig. Nachdem bis zum 23.8.2005 der Beklagte weder an die Fahrschule B noch an die Klägerin gezahlt hatte, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom selben Tag den Rücktritt von dem Kaufvertrag.
Die Klägerin hat behauptet, das Pferd "A" habe im Zeitpunkt der Übergabe an die Tochter des Beklagten und auch heute noch einen Wert von 6.000,- Euro.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen, der lediglich hinsichtlich der Wiedergabe des Beklagtenvortrages auf S. 5, 2. Abs., 3. Zeile dahin zu berichtigen ist, dass der Beklagte vorgetragen hat, er sei vom 21.7. (nicht 31.7.) bis 15.8.2006 in Urlaub gewesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Es hat ausgeführt, es bedürfe keiner Entscheidung, ob die Klägerin wirksam vom Vertrag zurückgetreten sei, denn der Beklagte sei auch dann nicht verpflichtet, einen Betrag in Höhe des Wertes des vom Beklagten veräußerten Pferdes zu zahlen. Nach dem Wortlaut und auch dem Willen des Gesetzgebers knüpfe § 346 Abs. 2 S. 2 BGB die Höhe des Wertersatzes bewusst an die Höhe der Gegenleistung. Diese sei hier der Wert der Fahrschulausbildung für die Klägerin. Hier sei die Höhe dieser Gegenleistung bei Vertragsschluss zwar nicht bestimmt gewesen, weil der Umfang der Fahrausbildung nicht festgestanden habe. Deswegen bestehe aber keine Veranlassung, die Vorstellungen der Parteien über die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung zu korrigieren. Im Übrigen müsse sich die Klägerin auch auf den begehrten Zahlungsanspruch den Wert der vom Beklagten erbrachten Fahrstunden anrechnen lassen.
Es bedürfe keiner Stellungnahme dazu, ob die Klägerin vom Beklagten Ersatz des von ihr an die Fahrschule B gezahlten Betrages verlangen könne und wer Vertragspartner der Fahrschule B sei, denn Streitgegenstand sei allein die Erstattung des Wertes des Pferdes, nicht Erstattung dieser Kosten.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der diese ihre Klage weiterverfolgt.
Sie trägt zunächst ergänzend dazu vor, warum ihr Rücktritt wirksam gewesen sei. Es sei dem Beklagten eine angemessene Frist zur Bezahlung der Rechnung der Fahrschule B gesetzt gewesen. Er könne sich nicht darauf berufen, dass er zum Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens vom 7.8.2006 im Urlaub gewesen sei, weil das Schreiben gleichwohl im Sinne des § 130 BGB zugegangen sei. Zu berücksichtigen sei auch die vorangegangene Aufforderung vom 23.7.2006 und die frühere Korrespondenz.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass der Beklagte ihr den objektiven Wert des Pferdes zu ersetzen habe. Zum einen sei die Gegenleistung nicht bestimmbar. Zum anderen sei es entgegen dem vordergründigen Wortlaut des Gesetzes nicht geboten, die Partei, die sich durch Rücktritt vom Vertrag lösen wolle, an die Entgeltabrede zu binden, wenn eine Rückabwicklung in Natur nicht möglich sei. Dies stehe auch nicht mit dem anderen Ziel des Gesetzgebers in Einklang, dass nach einem Rücktritt der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt werden solle. Die Vorschrift des § 346 Abs. 2 S. 2 BGB sei deshalb jedenfalls beim Rücktritt wegen Verzuges teleologisch zu reduzieren.
Selbst wenn man dieser Rechtsauffassung nicht folge, habe das Landgericht der Klage jedenfalls in Höhe der tatsächlich nachgewiesenen Ausbildungskosten für die Fahrschule stattgeben und den Wert gegebenenfalls nach § 287 ZPO schätzen müssen. Der Wert der vom Beklagten erteilten Fahrstunden sei dabei nicht abzuziehen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Er wiederholt und vertieft seine Auffassung, dass es an einem Kauf des Pferdes fehle, weil dieses schon im Oktober 2004 seiner Tochter unentgeltlich zugewendet worden sei. Die Vereinbarung im Juli 2005 habe er ohne Wissen über die rechtliche Tragweite und in Unkenntnis über die unentgeltliche Zuwendung unterschrieben.
Er hält auch den Rücktritt der Klägerin weiterhin für unwirksam. Er weist zunächst darauf hin, dass die Fristsetzung zur Zahlung zum 15.8.2006 rechtsmissbräuchlich gewesen sei, weil - wie erstinstanzlich unter Beweis gestellt - die Klägerin gewusst habe, dass er sich bis dahin in Urlaub befinde. Außerdem sei dem Schreiben vom 7.8.2006 keine Information oder Beleg darüber beigefügt gewesen, dass die Klägerin selbst schon die Forderung der Fahrschule B bezahlt hatte. Deshalb habe er nochmals überwiesen.
Er vertritt die Auffassung, dass die Vorstellung der Parteien über den Wert der Fahrausbildung für die Klägerin allenfalls 200,- Euro betragen habe. Da er sie selbst als Fahrlehrer durchgeführt hätte, wären ihm allenfalls 200,- Euro Prüfgebühren entstanden. Die weiteren Kosten seien allein durch den späteren Wechsel der Klägerin zur Fahrschule B entstanden. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf S. 6 des Schriftsatzes vom 10.9.2007 (Bl. 186 d.A.) verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist teilweise begründet.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten aus § 346 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 323 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Wertersatz für das vom Beklagten nicht mehr zurückgebbare Pferd "A" in Höhe von jedoch nur 2.290,72 Euro zu.
1. Der Beklagte hat aufgrund des als Kaufvertrag einzustufenden Vertrages vom ...7.2005 von der Klägerin das Eigentum an dem Pferd "A" erlangt. Zu Unrecht meint der Beklagte, er habe aufgrund dieses Vertrages entgegen dessen Wortlaut das Pferd deshalb nicht zu Eigentum erlangen können, weil die Klägerin es bereits zuvor im Oktober 2004 seiner Tochter, C, geschenkt habe. Eine solche Schenkung ergibt sich aber schon nicht aus dem Tatsachenvortrag des Beklagten und ist auch mit dem weiteren Geschehen nicht vereinbar.
Der Beklagte trägt nicht konkret vor, dass die Klägerin und seine Tochter darüber einig waren, dass das Eigentum an dem Pferd auf die Tochter übergehen solle. Er schließt lediglich daraus, dass seine Tochter ab dem 1.11.2004 die Stallmiete und alle weiteren Unterhaltungskosten übernommen hat, dass sich daraus eine "vollzogene Schenkung" ergebe. Ein solcher Schluss ist jedoch nicht möglich, weil die Übernahme der Unterhaltungs- und Fütterungskosten ebenso für eine Nutzungsüberlassung, Leihe oder Pacht sprechen kann. Die Absprache ist insbesondere gesetzestypisch für eine Leihe, denn nach § 601 Abs. 1 BGB hat der Entleiher die gewöhnlichen Kosten der Erhaltung der Sache und bei einem Tier insbesondere die Fütterungskosten zu tragen. Auch die Übergabe des Pferdepasses an die Tochter des Beklagten stellt kein Indiz für eine Übereignung dar. Die Klägerin hat dies unwidersprochen damit erklärt, dass die Innehabung des Passes wegen der sich aus ihm ergebenden Angaben zum Pferd unter anderem für tierärztliche Behandlungen erforderlich ist. Gegen eine Übereignung spricht zudem, dass damals die Zuchtbescheinigung mit der Angabe des "Besitzers" nicht übergeben worden ist, sondern die Übergabe erst mit dem Vertrag vom ...7.2005 an den Beklagten erfolgt ist. Darüber hinaus hat der Beklagte auch keine überzeugende Erklärung dafür geben können, warum er, wenn denn das Pferd schon seiner Tochter geschenkt war, am ...7.2005 einen schriftlichen Kaufvertrag darüber abgeschlossen hat.
2. Die Klägerin ist mit der Erklärung vom 23.8.2006 wirksam nach § 323 Abs. 1 BGB von dem Kaufvertrag vom ...7.2005 zurückgetreten.
a) Der Beklagte war seit Zugang der Rechnung der Fahrschule B an die Klägerin verpflichtet, der Klägerin diese Verbindlichkeit gegebenenfalls im Wege eines Vorschusses zu erstatten. Selbst wenn man die ursprüngliche Vereinbarung der Parteien dahin verstehen würde, dass der Beklagte nur zur Freistellung der Klägerin von der Forderung der Fahrschule B verpflichtet war, hätte sich dieser Anspruch mit der Zahlung der Klägerin an die Fahrschule B in einen Zahlungsanspruch verwandelt.
b) Die Klägerin hat dem Beklagten auch erfolglos eine angemessene Frist zur Erstattung dieser Forderung gesetzt. Eine solche Fristsetzung ergibt sich aus dem Schreiben vom 7.8.2006 (Anlage K 6). Dies gilt selbst dann, wenn dieses Schreiben dem Beklagten erst am 16.8.2006, der vom Beklagten angegebenen Kenntnisnahme nach Urlaubsrückkehr, zugegangen sein sollte. Es kann deshalb auch dahin gestellt bleiben, ob und welche Schreiben der Beklagte zuvor erhalten hat, und ob die Klägerin bei Absendung des Schreiben vom 7.8.2005 von der Urlaubsreise des Beklagten Kenntnis hatte.
Das Schreiben vom 7.8.2006 erfüllt die Anforderungen an eine Leistungsaufforderung nach § 323 Abs. 1 BGB. Es enthält eine konkrete Leistungsaufforderung. Es wird ausgeführt, dass die Klägerin die Forderung der Fahrschule B zur Meidung einer gerichtlichen Inanspruchnahme inzwischen bezahlt habe, und dass der Beklagte nunmehr den Betrag auf das Konto der Klägerin zahlen solle. Das Schreiben enthält gleichfalls eine Rücktrittsandrohung für den Fall der Nichtzahlung.
Dem Beklagten ist mit diesem Schreiben auch eine angemessene Frist zur Leistung gesetzt worden. Die in dem Schreiben vom 7.8.2005 selbst gesetzte Frist zur Bezahlung zum 15.8.2006 war bei Kenntnisnahme des Schreibens durch den Beklagten am 16.8.2005 zwar bereits abgelaufen und deshalb zum spätesten Zeitpunkt des Zugangs nicht mehr angemessen. Durch die Setzung einer zu kurzen unangemessenen Frist werden die Fristsetzung, Aufforderung und Rücktrittsandrohung aber nicht insgesamt wirkungslos. Vielmehr wird eine angemessene Frist in Lauf gesetzt (BGH NJW 1985, 2640; Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 323 Rz. 14). Als eine solche ist hier die Verlängerung der im Schreiben gesetzten Frist von etwa einer Woche (angenommener Zugang am 8.8.2006 bis zum 15.8.2006) um eine weitere Woche, also bis zum 23.8.2006, anzunehmen. Eine Frist von einer Woche ist für eine Geldschuld dieser Höhe als ausreichend anzusehen. Der Beklagte hat nicht vorgetragen, dass er sich diesen Geldbetrag nicht hätte binnen einer Woche beschaffen können oder warum er nicht um eine Verlängerung der Frist ersucht hat.
Diese angemessen verlängerte Frist ist erfolglos verstrichen. Die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, dass am 23.8.2006 kein Geldeingang vom Beklagten zu verzeichnen war und sie danach am selben Tag mit persönlicher Übergabe des Schreibens vom 23.8.2005 der Rücktritt erklärt hat.
3. Die Klägerin kann nach § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB statt der Rückgabe des Pferdes Wertersatz verlangen. Der Beklagte hat das Pferd spätestens im Frühjahr 2006 (Eintragung in der Zuchtbescheinigung am 24.5.2006) an seine Tochter übereignet. Die Verpflichtung zum Wertersatz ist auch nicht nach § 346 Abs. 3 Nr. 3 BGB ausgeschlossen. Zwar stellt die Veräußerung einer Sache - jedenfalls bis zur Kenntnis vom Rücktrittsgrund - keinen Verstoß gegen die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten dar. Diese Vorschrift privilegiert jedoch nur den Rücktrittsberechtigten nicht den Rücktrittsgegner. Rücktrittsberechtigte ist hier die Klägerin.
4. Als Wertersatz kann die Klägerin von dem Beklagten nur den Wert der voraussichtlichen Aufwendungen für ihre Fahrausbildung in Höhe 2.290,72 Euro, nicht aber den von ihr behaupteten Verkehrswert des Pferdes von 6.000,- Euro beanspruchen.
a) Für die Höhe des Wertersatzes ist nach § 346 Abs. 2 S. 2 BGB in der aufgrund des Schuldrechtsreformgesetzes ab dem 1.1.2002 geltenden Fassung, wenn im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt ist, diese "bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen".
aa) Eine solche "Gegenleistung" ist im Vertrag vom ...7.2005 von den Parteien vereinbart worden, nämlich die Übernahme aller Aufwendungen, die der Klägerin für Fahrstunden, Theoriestunden und Gebühren bis zur Erteilung der Fahrerlaubnis Klasse B entstehen. Diese Gegenleistung ist zwar betragsmäßig unbestimmt, kann aber - notfalls im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO - bestimmt werden. Schon das Landgericht hat deshalb mit Recht angenommen, dass es aus diesem Grund nicht an der Vereinbarung einer Gegenleistung fehlt.
bb) § 346 Abs. 2 S. 2, 1.Hs. BGB ist nach Überzeugung des Senats und entgegen einer in der Literatur vertretenen Meinung auch dann anzuwenden, wenn der Rücktritt durch einen Verzug des zum Wertersatz Verpflichteten veranlasst ist und der objektive Verkehrswert der Sache den vereinbarten Kaufpreis übersteigt.
Für diese, hier vorliegende Fallgestaltung wird die Auffassung vertreten, dass es für die Bestimmung des Wertersatzes nicht auf den Kaufpreis, sondern den Verkehrswert ankommen solle. Dies wird mit einer teleologischen Reduktion der Vorschrift des § 346 Abs. 2 S. 2, 1. Alt. begründet (Canaris, Festschrift für Wiedemann, S. 3, 22 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 346 Rz. 10; MünchKomm-BGB/Gaier, 5. Aufl., § 346 Rz. 45). Eine solche Reduktion des Anwendungsbereichs der Vorschrift sei gerechtfertigt, weil das Motiv des Gesetzgebers für die Anknüpfung an die Gegenleistung, wonach "die aufgetretene Störung allein die Rückabwicklung, nicht aber die von den Parteien privatautonom ausgehandelte Entgeltabrede" betreffe (Begründung des Regierungsentwurfs, in: Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 2002, Materialien, S. 781), hier nicht zutreffe. Der Rücktritt richte sich auch dann und gerade bei einem zufälligen Untergang der Sache "gegen die Entgeltabrede und das mit dieser verbundene subjektive Äquivalenzverhältnis, weil diese ihre Grundlage verlieren, wenn der Schuldner weder den Kaufpreis bezahlt ... noch zur Rückgewähr der erlangten Sache in der Lage ist" (Canaris, FS Wiedemann, S. 23). Die Bemessung nach dem höheren objektiven Wert sei beim Zahlungsverzug des Käufers auch sachgerecht, weil die Androhung der Rücktritts sonst ein "stumpfes Schwert" bleibe, da der Wertersatzanspruch dann nur denselben Umfang habe wie der Kaufpreisanspruch und deshalb der Rücktritt sinnlos sei (Canaris, o.a.O., S. 22).
Den Senat vermag, in Übereinstimmung mit dem Landgericht, dem nicht zu folgen. Die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion der Vorschrift sind nicht gegeben, weil die Bindung des Wertersatzes auch in der vorliegenden Fallgestaltung nicht in Widerspruch mit der vom Gesetzgeber zugrunde gelegten Wertung steht (Bamberger/Roth/Grothe, BGB, 2. Aufl., § 346 Rz. 46; JurisPK-BGB/Faust § 346 Rz. 77). Darüber hinaus erscheint die vom Gesetzgeber getroffene Regelung auch im Hinblick auf den Verzug des Rückgewährsschuldners keineswegs als eindeutig verfehlt.
Der ausschlaggebende Grund für die Anbindung des Wertersatzes bei der gestörten Rückabwicklung an die vereinbarte Gegenleistung bestand für den Gesetzgeber darin, dass "die aufgetretene Störung allein die Rückabwicklung, nicht aber die von den Parteien privatautonom ausgehandelte Entgeltabrede" betreffe (Regierungsentwurf a.a.O.). Als "aufgetretene Störung" ist damit nicht der Grund für die Rückabwicklung, hier also der Verzug, sondern der Untergang oder die Veräußerung der Sache, die einer Rückabwicklung in Natur entgegensteht, bezeichnet. Auf die Ursache, die zum Rücktritt geführt hat, kommt es danach für die Bestimmung des Wertersatzes nicht an. Das bestätigen auch die nachfolgenden Ausführungen der Regierungsbegründung, wonach soweit die Entgeltabrede beeinträchtigt sei, der Gläubiger die Möglichkeit habe, den Vertrag nach §§ 119 oder 123 BGB anzufechten und den Anspruch aus §§ 812 ff. BGB geltend zumachen (a.a.O.). Der Gesetzgeber wollte es damit also beim Rücktritt generell bei dem Wert belassen, den der Verkäufer durch die Festsetzung des Kaufpreises als angemessen erachtet oder den er bei der Verhandlung des Preises nur durchsetzen kann. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber gerade einen der Hauptfälle des gesetzlichen Rücktritts, nämlich den Rücktritt wegen Zahlungsverzuges nach § 323 BGB, bei dieser Entscheidung für die Bemessung des Wertersatzes übersehen haben sollte.
Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass es nicht den Intentionen des Gesetzgebers entspräche, dass bei einer unterhalb des Verkehrswertes der Sache vereinbarten Gegenleistung die Rücktrittsandrohung des Veräußerers ihre Wirkung verfehlen kann, weil der Erwerber die Sache noch zum höheren Verkehrswert weiterveräußern kann, würde dies nicht für vorliegenden Fall gelten. Der befürchtete Wirkungsverlust der Rücktrittsandrohung würde nämlich nur dann gelten, wenn die Sache zum Zeitpunkt der Fristsetzung durch der Geldgläubiger vom Erwerber noch in Natur zurückgegeben werden kann. Nur dann mag eine Versuchung für den Erwerber gegeben sein, die Sache noch mit Gewinn weiter zu veräußern, um im Fall des bevorstehenden Rücktritts nur den geringeren Kaufpreis als Wertersatz zahlen zu müssen, anstatt die wertvollere Sache selbst zurückzugeben. Im vorliegenden Fall jedoch hatte der Beklagte zum Zeitpunkt der Fristsetzung durch die Klägerin mit Schreiben vom 7.8.2005 das Pferd bereits veräußert. Dasselbe gilt, wenn man von einem Zugang der früheren Schreiben der Klägerin ausgehen würde, denn der Beklagte hatte das Pferd schon vor Eintritt der Fälligkeit der Gegenleistung, welche frühestens mit der Rechnungsstellung der Fahrschule B am 31.5.2005 erfolgt ist, an seine Tochter veräußert. Die den Wertersatzanspruch auslösende Veräußerung der Kaufsache konnte deshalb im vorliegenden Fall die Wirkung der Rücktrittsandrohung nicht mehr beeinflussen.
(2) Die vom Reformgesetzgeber getroffene Entscheidung, im Rücktrittsrecht - mit Ausnahme einer Wertminderung der Sache wegen Mängeln (vgl. Stellungnahme des Bundesrates, in: Canaris, Materialien, S. 962 f.) - beim Wertersatz pauschal an die vereinbarte Gegenleistung anzuknüpfen, ist auch nicht sachlich verfehlt, wie dies in der Literatur teilweise angenommen wird (etwa JurisPK-BGB/Faust § 346 Rz. 77). Es stellt keinen Wertungswiderspruch dar, wenn bei einer möglichen Rückabwicklung in Natur die realen Güterverhältnisse vor dem Geschäft wieder hergestellt werden, bei einem nur noch möglichen Wertausgleich die Bewertung der wieder herzustellenden wirtschaftlichen Positionen aber nur anhand der Entgeltabrede vorgenommen wird. Die zum Rücktritt führende Pflichtverletzung des Rückgewährsschuldners und das zur Unmöglichkeit der Rückgabe führende Ereignis stehen in den meisten Fällen in keinem inneren Zusammenhang. Insbesondere im Handelsverkehr ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Zwischenhändler Waren schon zu einem höheren Preis weiter veräußert, bevor er seinerseits den Kaufpreis bezahlt hat. Es ist keine zwingende Notwendigkeit dafür ersichtlich, dass der Erstverkäufer, wenn nun der Zwischenhändler den Kaufpreis an ihn nicht zahlen kann, den möglichen höheren Verkehrswert beanspruchen können soll.
Veräußert der Rücktrittsschuldner die Sache nach Zugang der Rücktrittserklärung und damit in Kenntnis der Rückabwicklungsschuld, so hat er nach §§ 346 Abs. 4, 281 BGB aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes Wertersatz in Höhe des Verkehrswertes der Sache zu leisten. Nur dann, wenn eine Rückabwicklung in Natur zwischen dem Zugang der Fristsetzung nach § 323 Abs. 1 BGB und der Rücktrittserklärung noch möglich wäre, besteht die Gefahr, dass der sich im Verzug befindende Erwerber nur um den höheren Verkehrswert für sich zu vereinnahmen, die Sache noch zum höheren Verkehrswert weiterveräußert. Zahlt er gleichwohl den Kaufpreis nicht, so steht dem Veräußerer als Ersatzanspruch immerhin der Betrag zu, der als Kaufpreis vereinbart wurde und den zu bewirken die Fristsetzung nach § 323 Abs. 1 BGB den Schuldner anhalten sollte. Zudem beschränkt sich die Funktion des Rücktrittes mit dem Ziel des Wertersatzes für den Verkäufer nicht auf die Erlangung des ihm ohnehin zustehenden Kaufpreises, sondern umfasst auch einen Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen (§ 346 Abs. 1 BGB), unter Umständen sogar einen Anspruch auf schuldhaft nicht gezogene Nutzungen (§ 347 Abs. 1 BGB). Selbst wenn man die Interessen des wegen Verzugs zurücktretenden Gläubigers in diesem schmalen Bereich als zu gering bewertet ansehen würde, würde dies aufgewogen durch einen damit für zahlreiche Alltagsfälle verbundenen praktischen Vorteil. Die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung für eine pauschale Anknüpfung des Wertersatzes an die vereinbarte Gegenleistung vermeidet nämlich einen Streit über die Höhe des "wahren" Verkehrswertes der Sache, der im Nachhinein meist nur durch Sachverständigenbeweis ermittelt werden kann und mit zahlreichen Unsicherheiten verbunden ist.
b) Der Wert der hier von den Parteien vereinbarten Gegenleistung, Bezahlung aller Aufwendungen der Fahrschulausbildung, ist nach § 287 Abs. 1 ZPO auf 2.290,72 Euro zu schätzen.
Unzutreffend ist zunächst die Meinung des Beklagten, der Wert dieser Leistung habe - jedenfalls ex ante - nur 200,- € betragen, weil er als Fahrlehrer die Stunden selbst erteilt hätte und nur Prüfungsgebühren in dieser Höhe hätte tragen müssen. Maßgebend ist der Wert der Fahrschulausbildung für die Klägerin als Gläubigerin. Dieser bestimmt sich danach, was die Klägerin für eine vollständige Fahrausbildung einschließlich Prüfung bei einem Fahrschulunternehmen durchschnittlich hätte zahlen müssen.
Die Höhe dieser voraussichtlichen Aufwendungen für die Fahrausbildung kann hier anhand der für die Ausbildung der Klägerin unstreitig tatsächlich entstandenen Kosten geschätzt werden. Es sind keine Umstände dafür vorgetragen, dass die Ausbildung der Klägerin unvorhergesehen lang oder die Kosten ungewöhnlich hoch gewesen wären. In der Rechnung der Fahrschule B ist zwar scheinbar eine Wiederholungsprüfung in Theorie für 30,- Euro berechnet. Dabei handelt es sich jedoch um einen Zeilenfehler. Nach dem Ausbildungsnachweis (Bl. 89 d.A.) hat die Klägerin nämlich die theoretische und die praktische Prüfung ohne Wiederholung bestanden. Damit sind an Kosten zunächst die von der Fahrschule B in Rechnung gestellte Vergütung von 1.531,72 Euro anzusetzen, die insgesamt 40 Fahrstunden, beide Prüfungsgebühren und verauslagte TÜV Gebühren umfasst. Hinzuzurechnen sind auch die Fahrstunden, die der Beklagte der Klägerin vor deren Wechsel zur Fahrschule B erteilt hat. Dabei handelte es sich nach seinen Angaben um 24 Fahrstunden. Zur Berechnung der dafür fiktiv geschuldeten Vergütung können, da von keiner Seite geltend gemacht wurde, dass die Tarife der Fahrschule B vom Ortsüblichen abweichen, die Vergütungssätze aus der Rechnung der Fahrschule B zzgl. Grundgebühr herangezogen werden. Danach ergibt sich ein Grundbetrag von 75.- € + 24 einfache Fahrstunden x 28,50 Euro = 759,- Euro. Teurere Sonderfahrten können ohne näheren Vortrag nicht unterstellt werden.
Die sich aus beiden Beträgen ergebende Summe von 2.290,72 Euro stellt die ex -ante für eine vollständige Fahrausbildung mit Prüfung zu erwartenden Aufwendungen dar. Es ist nicht ersichtlich, dass sich durch den Wechsel der Klägerin von der Ausbildung beim Beklagten zur Fahrschule B die Gesamtkosten wesentlich erhöht haben. Selbst wenn dies der Fall wäre, hätte der Kläger auch die dadurch nachträglich höher gewordenen Kosten zu tragen, denn er hat selbst vorgetragen, er habe sich im Zusammenhang mit dem Wechsel jedenfalls gegenüber der Fahrschule B bereit erklärt, die Kosten der Fahrschule B zu tragen.
Zu Unrecht hat das Landgericht gemeint, die von der Klägerin tatsächlich an die Fahrschule B gezahlte Vergütung könne ihr nicht zugesprochen werden, weil ein solcher Anspruch nicht Streitgegenstand sei. Die tatsächlich gezahlte Vergütung ist nach den obigen Ausführungen Bemessungsfaktor für den Wert der vom Beklagten geschuldeten Gegenleistung, die ihrerseits den Wert des veräußerten Pferdes bestimmt. Der Ersatz des Wertes des Pferdes aber ist Gegenstand der Klage.
5. Der Beklagte kann dem Wertersatzanspruch der Klägerin nicht nach § 242 BGB in Höhe des vom ihm mittlerweile gleichfalls an die Fahrschule B gezahlten Betrages von 1.531,72 Euro die Einwendung entgegenhalten, dass die Klägerin ihm ihrerseits diesen Betrag zu erstatten habe. Dem Beklagten steht ein solcher Erstattungsanspruch nämlich nicht zu. Ein möglicher Erstattungsanspruch würde nur dann aus § 812 Abs. 1, S. 1, 2. Alt. BGB bestehen, wenn die Klägerin durch die Zahlung des Beklagten von einer Verbindlichkeit befreit worden wäre. Die Zahlung des Beklagten am 25.8.2006 an die Fahrschule B hat jedoch nicht mehr zur Erfüllung eines Anspruches der Fahrschule B führen können, weil die Klägerin schon zuvor am 31.7.2006 diese Schuld bezahlt hatte und dadurch bereits Erfüllung eingetreten war. Dafür kann es offen bleiben, ob der Fahrschulvertrag mit der Klägerin oder unmittelbar mit dem Beklagten bestand. War der Beklagte selbst Vertragspartner, so hat die Klägerin als Dritte im Sinne von § 267 BGB bezahlt, wodurch, da die Gläubigerin der Zahlung nicht widersprochen hat, Erfüllung eingetreten ist. Der Beklagte hat deshalb am 25.8.2006 auf eine schon erfüllte und deshalb nicht mehr bestehende Verbindlichkeit rechtsgrundlos bezahlt. Er und nicht die Klägerin kann von der Fahrschule B, die von ihr doppelt vereinnahmte Vergütung zurück verlangen.
Über die in erster Instanz erhobene Widerklage war nicht zu entscheiden, weil deren Abweisung durch das Landgericht vom Beklagten auch nicht im Wege einer Anschlussberufung angegriffen worden ist.
III.
Der Zinsanspruch ist aus § 288 Abs. 1 BGB begründet.
Die Kostenentscheidung ergibt sich den § 92 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 ZPO. Die widerklagend in erster Instanz geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten waren dabei, weil nach § 4 Abs. 1, 2. Hs. ZPO nicht streitwerterhöhend, nicht zu berücksichtigen.
Die Zulassung der Revision für die Klägerin ist geboten, weil die Rechtssache insoweit grundsätzliche Bedeutung hat. Die von der Klägerin für ihr weitergehendes Klagebebegehren auf Wertersatz in Höhe von 6.000,- Euro in Anspruch genommene Rechtsauffassung, wonach es bei einer Kündigung wegen Verzuges abweichend vom Wortlaut des § 346 Abs. 2 S. 2 BGB auf den objektiven Verkehrswert der Sache ankomme, ist in der Literatur umstritten, höchstrichterlich nicht geklärt und kann für eine Vielzahl von Fällen von Bedeutung sein.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.