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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 01.03.2006
Aktenzeichen: 4 U 97/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 86 | |
BGB § 130 | |
BGB § 626 |
Gründe:
I. Der Kläger verfolgt mit der Klage die Feststellung, dass das zwischen ihm und der Beklagten bestehende Anstellungsverhältnis durch eine von der Beklagten ausgesprochene fristlose Kündigung nicht beendet worden ist, und er macht außerdem Gehaltsansprüche für den Monat Dezember 2004 geltend.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 29.04.2005 der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Anstellungsvertrag vom 29.10./22.11.2001 sei durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 28.07.2004 nicht beendet worden, weil es bereits wegen eines nicht ordnungsgemäß zustandgekommenen Beschlusses des Stiftungsrates an einer wirksamen Kündigungserklärung fehle. Es sei nicht erkennbar, dass dem Ausspruch der Kündigung vom 28.07.2004 eine ordnungsgemäß einberufene Stiftungsratssitzung vorausgegangen sei. Zudem sei von der Beklagten nicht vorgetragen worden, dass der Stiftungsratsvorsitzende bevollmächtigt gewesen sei, über die fristlose Kündigung des Klägers allein zu entscheiden bzw. die durch den Stiftungsrat beschlossene außerordentliche Kündigung dem Kläger gegenüber zu erklären. Auch genüge das Schreiben vom 28.07.2004 nicht den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an eine wirksame Kündigungserklärung. Es sei dem Kläger nur mitgeteilt worden, dass der Stiftungsrat beschlossen habe, den Anstellungsvertrag fristlos zu kündigen, ohne dass aber die fristlose Kündigung ihm - dem Kläger - gegenüber ausdrücklich ausgesprochen worden sei.
Eine nachträgliche Genehmigung der Kündigung durch wirksamen Beschluss des Stiftungsrates sei gemäß § 180 BGB nicht möglich. Gestaltungsrechte müssten die Rechtslage eindeutig erklären und vertrügen keine Bedingung.
Daneben fehle es an einem die fristlose Kündigung rechtfertigenden wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB. Die vom Kläger in den Halbjahresbericht 2004 vom 06.07.2004 eingestellten unzutreffenden Zahlen stellten auch in der Gesamtschau mit den unzutreffenden Zahlen im Jahresendbericht 2003 keinen wichtigen Grund dar, weil der Kläger mit schriftlicher Mitteilung vom 13.07.2004 noch vor der Stiftungsratssitzung am 15.07.2004 die Zahlen betreffend der falsch angenommenen Mitarbeiterstunden und der daraus resultierenden Erhöhung des Personalaufwandes korrigiert habe. Daher entfalle auch die Grundlage für die Vermutung der Beklagten, der Kläger habe versucht, bewusst die Geschäftszahlen zu beschönigen.
Die fehlenden Rückstellungen für die Witwenrentenanwartschaften für zwei leitende Angestellte rechtfertigten ebenfalls nicht die außerordentliche Kündigung, weil es für den Kläger keineswegs offensichtlich gewesen sei, dass die der für die Berechnung zuständigen Drittfirma, der Firma K, übermittelten Unterlagen für eine zutreffende Bewertung der Rückstellungen nicht ausreichend gewesen seien.
Die überhöhten Provisionszahlungen an die Handelsvertreter und die angestellten Außendienstmitarbeiter seit dem Jahr 2000 in Höhe von ca. 900.000 Euro seien als Kündigungsgrund wegen nicht fristgerechter Erklärung gemäß § 626 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Bereits mit den Anfang 2004 überschlägig berechneten überzahlten Provisionen in Höhe von rund 300.000 Euro allein für das Jahr 2003 habe die Beklagte in ausreichendem Maße Kenntnis von der angenommenen Verfehlung des Klägers gehabt.
Der Zahlungsanspruch ergebe sich aus § 616 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den §§ 6 Abs. 1, 7 des Anstellungsvertrages.
Gegen die ihr am 04.05.2005 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 27.05.2005 Berufung eingelegt und binnen verlängerter Frist am 04.08.2005 begründet.
Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren ursprünglichen Klageabweisungsantrag weiter. Sie macht geltend, entgegen der Auffassung des Landgerichts sei der Kündigungserklärung des Stiftungsratsvorsitzenden eine wirksame Beschlussfassung des Stiftungsrates vorausgegangen. Sie trägt nunmehr ergänzend vor, der Beschluss zur außerordentlichen Kündigung des Klägers sei am 28.07.2004 telefonisch getroffen worden. Die telefonische Beschlussfassung sei gemäß § 7 Ziffer 4 der Stiftungsverfassung zulässig, weil von allen Mitgliedern einstimmig gefasst. Die telefonisch erfolgte Zustimmung sei von den Stiftungsratsmitgliedern mit Schreiben gleichen Datums nochmals schriftlich bestätigt worden. Angesichts des Zeitdruckes - die Zustellung der Kündigung habe spätestens am 29.07.2004 erfolgen müssen - seien sich die Stiftungsratsmitglieder einig gewesen, ihren schriftlichen Erklärungen zur möglichst umgehenden Wirksamkeit zu verhelfen. Es sei daher schlüssig auf die dispositive Regelung des § 130 Abs. 1 BGB verzichtet und die Wirksamkeit stattdessen an die Unterzeichnung der Beschlusszustimmungen geknüpft worden. Sie sei von Dr. B bei seinen Anrufen am 28.07.2004 bei den Stiftungsratsmitgliedern Prof. Dr. C und D abgefragt und von ihnen versichert worden.
Erstmals im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15.02.2006 hat die Beklagte vorgetragen, dass die schriftlichen Zustimmungserklärungen von den einzelnen Stiftungsratsmitgliedern am 28.07.2004 Dr. B als Empfangsboten für den Stiftungsratsvorsitzenden Dr. E per Fax übersandt worden seien.
Die Ausführungen des Landgerichts zu § 180 BGB gingen fehl, weil der Stiftungsratsvorsitzende zum Ausspruch der Kündigung ausweislich § 10 Abs. 2 des Anstellungsvertrages bevollmächtigt gewesen sei. Unabhängig davon seien empfangsbedürftig Willenserklärungen wie die fristlose Kündigung lediglich schwebend unwirksam, wenn der andere Teil die fehlende Vertretungsmacht - wie im vorliegenden Fall - nicht unverzüglich beanstande. Mit den schriftlichen Zustimmungserklärungen der Stiftungsratsmitglieder vom 28.07.2004 sei die Kündigungserklärung des Stiftungsratsvorsitzenden daher jedenfalls innerhalb der Zweiwochenfrist des § 626 BGB wirksam genehmigt worden.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei hinsichtlich des Kündigungsgrundes der überhöhten Provisionszahlungen die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Die überschlägige Berechnung der Überzahlung Anfang des Jahres 2004 sei durch den so genannten Controller, den Zeugen Z1, erfolgt und den Stiftungsratsmitgliedern unbekannt gewesen. Außerdem sei Anfang 2004 der Grund für die Überzahlungen unklar gewesen. Dr. B habe keineswegs bereits im Februar 2004 von der Überzahlung in Höhe von rund 900.000 Euro gewusst. Dieser sei auf die Provisionen erstmals vom damaligen Geschäftsführer der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Herrn F, am 17.06.2004 aufmerksam gemacht worden. Das genaue Ergebnis der Ermittlungen habe Dr. B erst Anfang Juli 2004 vorgelegen und sei dem Stiftungsrat am 15.07.2004 vorgetragen worden.
Das Landgericht habe bei der Bewertung der unzutreffenden Zahlen im Halbjahresbericht 2004 verkannt, dass es sich dabei um die Wiederholung eines bereits im Dezember 2003 begangenen Fehlers des Klägers gehandelt habe. Dass angesichts der Bedeutung, den die Plus- und Minusstundenregelung im Zusammenhang mit dem Jahresergebnis 2003 gehabt habe, diese die Quelle eines ungewollten erneuten Fehlers im Halbjahresbericht 2004 habe sein können, widerspreche jeder Lebenserfahrung.
Auch seien trotz der Korrektur mit Schreiben vom 13.07.2004 die Zahlen des Halbjahresberichts fehlerhaft geblieben. Schließlich sei die vorstehende Korrektur nicht vom Kläger selbst, sondern von den Wirtschaftsprüfern veranlasst worden. Verkannt habe das Landgericht auch die Bedeutung, die der Halbjahresbericht 2004 für das Schicksal des Unternehmens gehabt habe. Mit dem Halbjahrsbericht sollten die Banken dazu gebracht werden, wieder Kontokorrentlinien ohne zusätzliche Sicherheiten einzuräumen.
Der Kläger verteidigt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet den neuen ergänzenden Parteivortrag der Beklagten zum Zustandekommen des Sitzungsratsbeschlusses gemäß § 531 Abs. 2 ZPO für prozessual unzulässig, weil ein entsprechender Hinweis des Landgerichts nicht erforderlich gewesen sei. Im Übrigen sei der Vortrag nicht hinreichend substantiiert. Das Zustandekommen des Stiftungsratsbeschlusses werde nicht nachvollziehbar dargelegt. Unerwähnt bleibe des Weiteren Zeitpunkt und Art des Eingangs der schriftlichen Zustimmungserklärungen beim Stiftungsratsvorsitzenden. Es werde bestritten, dass sämtliche Zustimmungsserklärungen bereits vor Abfassung bzw. Zugang der Kündigungserklärung bei der Beklagten eingegangen gewesen seien.
Die schriftliche Zustimmungserklärung sei außerdem unvollständig, weil sich daraus nicht hinreichend eindeutig die fristlose Kündigung ergebe.
Die telefonische Beschlussfassung sei unwirksam, weil die Stiftungsverfassung eine derartige Beschlussfassung nicht vorsehe. Zwingend erforderlich sei die schriftliche Verkörperung der Willenserklärung, so dass der Beschluss erst mit Eingang der letzten Zustimmungserklärung wirksam zustande gekommen sei. Auch könne den Erklärungen der Stiftungsratsmitgliedern kein Verzicht auf die satzungsmäßigen Form- und Fristerfordernisse entnommen werden.
Die Kündigung sei darüber hinaus nach § 174 BGB unwirksam, weil nach der Stiftungsverfassung der Vorsitzende des Stiftungsrates nicht zur Vertretung des Rates berechtigt sei. Ein ausdrücklicher Auftrag des Stiftungsrates an den Vorsitzenden, die außerordentliche Kündigung gegenüber dem Kläger auszusprechen, sei den von der Beklagten vorgelegten Zustimmungserklärungen der Stiftungsratsmitglieder nicht zu entnehmen. Die Regelung in § 10 Abs. 2 des Anstellungsvertrages ersetze entgegen der Auffassung der Beklagten nicht die nach Satzungsrecht erforderliche Bevollmächtigung des Vorsitzenden.
Die in der Erklärung vom 28.07.2004 angegebenen Kündigungsgründe seien gemäß § 626 Abs. 2 BGB verfristet. Bereits im Februar 2004 sei anlässlich des Besuches des Betriebsratsvorsitzenden G das Stiftungsratsmitglied Dr. B von diesem über die Provisionsüberzahlung in Höhe von ca. 900.000 Euro informiert worden. Die Überzahlung sei zumindest einmal vor Juni 2004 auch Gegenstand einer Geschäftsleiterbesprechung gewesen. Dass die exakte Höhe der Überzahlungen bereits weit vor dem Juli 2004 bekannt gewesen sei, ergebe sich auch daraus, dass im April/Mai 2004 die Beklagte mit einigen Handelsvertretern und angestellten Außendienstmitarbeitern Rückzahlungsvereinbarungen getroffen habe.
Über die falschen Zahlen im Halbjahresbericht 2004 seien - unstreitig - alle Stiftungsratsmitglieder bereits mit Schreiben vom 13.07.2004 informiert worden, so dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB insoweit bereits am 27. Juli 2004 verstrichen gewesen sei.
Von einer bewussten und gewollten Fälschung des Halbjahresergebnisses 2004 könne angesichts von nur einer Unrichtigen bei über 100.000 Positionen nicht gesprochen werden.
Die Erklärung der Beklagten, die unzutreffenden Zahlen belegten die Ungeeignetheit des Klägers als Geschäftsführer, sei rechtlich unerheblich. Insoweit handele es sich um einen unzulässigen Austausch des Kündigungsgrundes.
II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache bleibt die Berufung aber ohne Erfolg.
Der Anstellungsvertrag des Klägers bei der Beklagten vom 29.10./22.11.2001 ist durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 28.07.2004 nicht beendet worden, weil es an einem die Kündigungserklärung tragenden wirksamen Beschluss des Stiftungsrates über die außerordentliche Kündigung fehlt. Diese bereits vom Landgericht zutreffend vorgenommene rechtliche Bewertung hält den Berufungsangriffen auch unter Berücksichtigung des neuen Sachvortrages der Beklagten, unabhängig von der Frage dessen prozessualer Zulässigkeit gemäß § 531 Abs. 2 ZPO, stand.
Die Kündigung des Dienstvertrages eines Vorstandsmitglieds der Stiftung und des personengleichen Geschäftsführers der mit der Stiftung verbundenen Unternehmen kann gemäß § 8 Ziffer 2 b der Stiftungssatzung nur von dem Stiftungsrat ausgesprochen werden. Von dieser organschaftlichen Vertretungsbefugnis ist die Erklärungsvertretung des Organs bei der Kundgabe des Stiftungsratsbeschlusses zu unterscheiden. Ausgehend davon, dass es sich bei Beschlüssen des Stiftungsrates über Abberufung und Kündigung eines Vorstandsmitglieds nicht um bloß interne Willensäußerungen zwischen verschiedenen Gesellschaftsorganen, sondern um so genannte "Sozialakte" handelt, die der nach außen gerichteten Erklärung im Namen der Stiftung bedürfen, ist zwischen der internen Entscheidungszuständigkeit/Willenbildung des Stiftungsrats und der Kundgabe des erklärten Willens des Stiftungsrats im Außenverhältnis zu dem Vorstand zu unterscheiden. Während die Beschlussfassung des Stiftungsrats die gesellschaftsinterne Willenbildung betrifft, erlangt dieser Wille erst durch Erklärung gegenüber dem Geschäftsführer/Vorstandsmitglied, der insofern als außenstehender Dritter anzusehen ist, rechtliche Wirkung für und gegen die Stiftung. Erst mit dem "Vollzug" des Beschlusses gegenüber dem Geschäftsführer/Vorstandmitglied wird die Stiftung im nach außen gerichteten Rechtsverkehr berechtigt und verpflichtet.
Die Notwendigkeit einer gesonderten fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages durch den Stiftungsrat ist nicht bereits wegen der am 15.07.2004 mit sofortiger Wirkung erfolgten Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer und Vorstandsmitglied entfallen. Die Beendigung der Organstellung des Beklagten als Geschäftsführer und Vorstandsmitglied hat nicht automatisch auch die Beendigung des Anstellungsvertrages zur Folge, weil der Anstellungsvertrag ein neben dem Organverhältnis stehendes selbstständiges Rechtsverhältnis ist.
Es lässt sich nicht feststellen, dass es zu einem wirksamen Beschluss des Stiftungsrates über die fristlose Kündigung des mit dem Kläger geschlossenen Anstellungsvertrages bis zum Ausspruch bzw. Zugang der Kündigungserklärung beim Kläger (nach bestrittenem Vortrag der Beklagten am 29.07.2004) gekommen ist.
Unstreitig haben die Stiftungsratmitglieder über die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages nicht im Rahmen einer regulären, ordnungsgemäß einberufenen Stiftungsratssitzung gemäß § 7 Ziffer 6 der Stiftungssatzung beschlossen.
Die von der Beklagten in der Berufung erstmals vorgetragene telefonische Besprechung des Stiftungsratsvorsitzenden mit den einzelnen Stiftungsratsmitgliedern am 27./28.07.2004 und die von diesen gegenüber dem Vorsitzenden Dr. E bzw. dem mit der Einholung beauftragten Dr. B erklärten Zustimmungen haben zu keiner wirksamen Beschlussfassung über die fristlose Kündigung geführt. Der Wirksamkeit steht entgegen, dass nach der Stiftungsverfassung eine telefonische Beschlussfassung nicht zulässig ist. Nach der Regelung in § 7 Ziffer 4 der Stiftungsverfassung ist nur eine schriftliche, fernschriftliche oder telegrafische Beschlussfassung möglich, wenn sämtliche Mitglieder des Stiftungsrates dem zu fassenden Beschluss zustimmen. Eine telefonische Beschlussfassung ist nicht aufgeführt, weil es insoweit zu keiner schriftlichen Verkörperung der getroffenen Absprache kommt. Diese ist jedoch erforderlich, um Sicherheit über die Wirksamkeit eines vom Stiftungsrat telefonisch im "Umlaufverfahren" gefassten Beschlusses zu schaffen. Andernfalls wäre es unmöglich, die für eine wirksame Beschlussfassung unerlässlichen Feststellungen darüber zu treffen, inwieweit etwa Beschlussfähigkeit, Zustimmung und Ablehnung gegeben und Stimmenthaltung vorgekommen sind ( BGHZ 41, 282, 286 für die Beschlussfassung eines Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft).
Diesem Formmangel kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht damit begegnet werden, dass der Stiftungsrat bzw. einzelne seiner Mitglieder gegen den telefonisch gefassten Beschluss keinen Widerspruch erhoben haben. Der wirksame Beschluss des Stiftungsrates als zuständigem Organ ist nämlich nicht nur interne Voraussetzung der Kündigung, sondern deren Wirksamkeitserfordernis ( Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 18. Aufl. 2006, § 35 Rn. 216 für die insoweit vergleichbare Situation der Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers ).
Die Stiftungsratsmitglieder haben auch keineswegs auf das Schriftformerfordernis der Zustimmungserklärung verzichtet. Die Beklagte verkennt insoweit, dass die von ihr in Bezug genommenen Vorschriften der §§ 40, 32 BGB gemäß § 86 BGB auf Stiftungen gerade nicht anwendbar sind.
Die von der Beklagten erstmals im Berufungsverfahren in Kopie vorgelegten schriftlichen Erklärungen der Stiftungsratsmitglieder vom 28.07.2004 genügen zwar dem Formerfordernis des § 7 Ziffer 4 der Stiftungsverfassung. Die Beklagte hat allerdings nicht dargelegt, dass dem Stiftungsratsvorsitzenden die genannten schriftlichen Zustimmungserklärungen bereits bei Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Kläger bzw. bei deren Zugang vorgelegen haben. Da die Zustimmungserklärungen gegenüber dem abwesenden Stiftungsratsvorsitzenden bzw. dem von diesem beauftragten Dr. B abzugeben waren, konnten sie gemäß § 130 Abs. 1 BGB erst mit Zugang wirksam werden. Dass die Zustimmungserklärungen von den übrigen Stiftungsratsmitgliedern an Dr. B als Empfangsboten des Stiftungsratsvorsitzenden Dr. E bereits am 28.07.2004 gefaxt worden seien, hat die Beklagte erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15.02.2006 - und damit verspätet - vorgetragen.
Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO ist nicht geboten, insbesondere geht diesem Vortrag der Beklagten keine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht des Senats voraus. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 25.01.2006 ist die Problematik der Wirksamkeit der Beschlussfassung durch die schriftlichen Zustimmungserklärungen der Stiftungsratsmitglieder ausführlich erörtert und die Beklagte auf den fehlenden Vortrag zum Zugang dieser Zustimmungserklärungen beim Stiftungsratsvorsitzenden bzw. Dr. B vor Abgabe der Kündigungserklärung mehrfach und ausdrücklich hingewiesen worden. Die Beklagte, für die im Verhandlungstermin Dr. B als Mitglied des Stiftungsrates und Dr. H als Vorsitzenden des Stiftungsvorstandes erschienen waren, hat sich jedoch weder zum Datum des Zugangs der Zustimmungen erklärt noch Schriftsatznachlass gemäß § 283 ZPO beantragt. Außerdem hatte bereits der Kläger im Schriftsatz vom 08.11.2005 ausdrücklich gerügt, es fehle an der "Darlegung über Zeitpunkt und Art des Eingangs der schriftlichen Zustimmungserklärungen bei der Beklagten".
Es ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht feststellbar, dass die Stiftungsratsmitglieder schlüssig auf die dispositive Regelung des § 130 Abs. 1 BGB verzichtet haben und die schriftlichen Beschlusszustimmungen bereits mit deren Unterzeichnung wirksam werden sollten. Zwar ist die Bestimmung des § 130 BGB grundsätzlich dispositiv, so dass die Parteien grundsätzlich abweichende Regelungen vereinbaren können (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Auflage 2006, § 130 Rn. 19). So kann etwa verabredet werden, dass eine Willenserklärung schon mit ihrer Abgabe wirksam werden soll. Im vorliegenden Fall ist aber bereits gerade im Hinblick auf die eingangs dargestellte Sicherheitsfunktion der schriftlichen Verkörperung von gefassten Stiftungsratsbeschlüssen fraglich, ob die von der Beklagten vorgetragene Vereinbarung auf den Verzicht des Zugangserfordernisses nicht ihrerseits der Schriftform bedurfte. Jedenfalls aber fehlen jegliche tatsächlichen Anhaltspunkte und Handlungen der Stiftungsratsmitglieder, die Anknüpfungspunkt für eine konkludente Willenserklärung sein könnten und den Schluss auf eine von der Regelung des § 130 Abs. 1 BGB abweichende Vereinbarung zuließen (Palandt/Heinrichs, a.a.O., Einführung vor § 116 Rn. 6). Die von der Beklagten vorgetragene Einigkeit der Stiftungsratsmitglieder, angesichts des Zeitdrucks ihren schriftlichen Erklärungen zur möglichst umgehenden Wirksamkeit verhelfen zu wollen, lässt allein noch keinen Rückschluss auf eine konkludente Abrede, die Willenserklärungen sollten schon mit ihrer Unterzeichnung wirksam werden, zu. Soweit die Beklagte nachfolgend vorträgt, das Absehen vom Zugangserfordernis sei von Dr. B bei seinen telefonischen Anfragen bei den Stiftungsratmitgliedern Prof. Dr. C und Dipl.-Ing. D abgefragt und von diesen versichert worden, trägt sie zum einen widersprüchlich vor. Außerdem ist dieser Vortrag aber bereits deshalb unerheblich, weil er keine ausdrückliche Willenserklärung des Stiftungsratsvorsitzenden Dr. E beinhaltet, die somit nach Vorbringen der Beklagten wiederum nur konkludent erteilt worden sein könnte, wofür aber - wie ausgeführt - die tatsächlichen Anhaltspunkte fehlen.
Die schriftlichen Zustimmungserklärungen der Stiftungsratsmitglieder können auch nicht als nachträgliche Genehmigung der vom Stiftungsratsvorsitzenden erklärten fristlosen Kündigung behandelt werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine rückwirkende Genehmigung einer Gestaltungserklärung wie der Kündigung generell unzulässig ist oder die rückwirkende Genehmigung einer außerordentlichen Kündigung innerhalb der Zweiwochenfrist nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB für zulässig zu erachten ist (so Münchner Kommentar/Schramm, BGB, 4. Aufl. 2001, § 180 Rn. 12). Über die nachträgliche Genehmigung könnte allein die fehlende Vertretungsmacht des die Kündigung erklärenden Stiftungsratsvorsitzenden "geheilt" werden. Die Regelung in § 180 BGB ist aber nicht geeignet, das im Zeitpunkt der Kündigungserklärung fehlende Wirksamkeitserfordernis eines Beschlusses des zuständigen Stiftungsorgans nachträglich zu heilen. Der Stiftungsratsvorsitzende Dr. E hat erkennbar mit dem Schreiben vom 28. Juli 2004 keineswegs den Stiftungsrat als Beschlussorgan vertreten wollen. Er hat dieses Schreiben ausdrücklich als der für die Abgabe der Kündigungserklärung wirksame Vertreter des Stiftungsrates abgesetzt.
Ob die schriftlichen Zustimmungserklärungen der Stiftungsratsmitglieder zu einem nachträglich bestätigenden Beschluss geführt haben, kann dahingestellt bleiben, weil dieser allenfalls Wirkung "ex nunc" entfalten würde (so ausdrücklich im Aktienrecht die herrschende Meinung, Hüffer, AktG, 2. Aufl., § 244 Rn. 6).
Fehlt es somit bereits an einem die fristlose Kündigung vom 28.07.2004 tragenden wirksamen Beschluss des Stiftungsrates, können die übrigen mit der Berufung aufgeworfenen Fragen nach der Erklärungsvertretung des Stiftungsratsvorsitzenden bei Kundgabe des Stiftungsratsbeschlusses gegenüber dem Kläger ebenso dahingestellt bleiben wie die Prüfung des Vorliegens der materiell rechtlichen Voraussetzungen des § 626 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 543 ZPO).
Ende der Entscheidung
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