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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 12.12.2001
Aktenzeichen: 4 WF 103/01
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1612b Abs. 5 |
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS
In der Familiensache
hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichts - Alsfeld vom 17. September 2001 am 12. Dezember 2001 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe:
Aufgrund einer durch das Kreisjugendamt des Vogelbergkreises am 15. Mai 1998 errichteten Urkunde ist der Antragsgegner verpflichtet, an den Antragsteller
bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres monatlichen Unterhalt von 263,00 DM,
vom 7. bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres von monatlich 344,00 DM
und ab dem 13. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr von monatlich 427,00 DM zu zahlen. Die Beträge entsprechen 107 % des Regelbedarfs und sind ermittelt unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes. Mit Schreiben vom 30.11.2000 forderte der Beistand des Antragstellers den Antragsgegner erfolglos auf, eine Anpassung der Unterhaltszahlung an den neu in Kraft getretenen § 1612 b Abs. 5 BGB vorzunehmen. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht auf entsprechenden Antrag den Unterhalt ab 1.1.2001 auf 107 % des Regelbetrages abzüglich kindbezogener Leistungen für die Zeit vom 1.1.2001 bis zum 31.7.2002 in Höhe von monatlich 35,00 DM,
für die Zeit vom 1.8.2002 bis zum 31.7.2008 von monatlich 15,00 DM
Gründe:
Aufgrund einer durch das Kreisjugendamt des Vogelbergkreises am 15. Mai 1998 errichteten Urkunde ist der Antragsgegner verpflichtet, an den Antragsteller
bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres monatlichen Unterhalt von 263,00 DM,
vom 7. bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres von monatlich 344,00 DM
und ab dem 13. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr von monatlich 427,00 DM
zu zahlen. Die Beträge entsprechen 107 % des Regelbedarfs und sind ermittelt unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes. Mit Schreiben vom 30.11.2000 forderte der Beistand des Antragstellers den Antragsgegner erfolglos auf, eine Anpassung der Unterhaltszahlung an den neu in Kraft getretenen § 1612 b Abs. 5 BGB vorzunehmen. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht auf entsprechenden Antrag den Unterhalt ab 1.1.2001 auf 107 % des Regelbetrages abzüglich kindbezogener Leistungen
für die Zeit vom 1.1.2001 bis zum 31.7.2002 in Höhe von monatlich 35,00 DM,
für die Zeit vom 1.8.2002 bis zum 31.7.2008 von monatlich 15,00 DM
und ab 1.8.2008 ohne Anrechnung festgesetzt. Gegen diesen am 18.September 2001 zugestellten Beschluß hat der Antragsgegner mit am 1. Oktober 2001 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er insbesondere geltend macht, daß die neue Regelung des § 1612 b Abs. 5 BGB seine verfassungsmäßigen Rechte verletze.
Die gemäß § 655 Abs. 5 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Beschwerdeführer verkennt, daß seine Unterhaltspflicht nicht in den um den angerechneten Kindergeldanteil verminderten Zahlbetrag, sondern in Höhe des an seinem Einkommen orientierten Tabellenbetrages nach der Düsseldorfer Tabelle bzw. - gleichbedeutend - eines bestimmten Vomhundertsatzes des Regelbedarfs (ohne Kindergeldanrechnung) besteht, das heißt dass sie bis zum 30.6.2001 monatlich 380,-- DM betrug und seit dem 1.7.2001 monatlich 392,-- DM beträgt.
Dabei kann es keinem Zweifel unterliegen, daß diese Beträge nicht ausreichend sind, um das Existenzminimum eines Kindes sicherzustellen. Das Kindergeld, welches dem Beschwerdeführer bislang zur Hälfte zu Gute kam, ist eine zweckgebundene staatliche Förderleistung, die an dieser Unterhaltspflicht nichts ändert. Ein individueller verfassungsrechtlicher Anspruch darauf, daß die Kindergeldanrechnung nach früherer gesetzlicher Regelung (in Höhe von 1/2) beibehalten werde, ist nicht zu erkennen.
Er ergibt sich insbesondere nicht aus Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt, wie er dem aus Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz abzuleitenden Gebot der Förderung von Ehe und Familie nachkommen will.
Kindergeld dient nicht in erster Linie der Entlastung des Unterhaltspflichtigen, sondern der Begünstigung der Familie, in der das Kind dauerhaft lebt (BVerfGE 45, 104, 130 f). Nach § 31 EStG soll es das Existenzminimum des Kindes gewährleisten. Soweit die Unterhaltszahlungen des barunterhaltspflichtigen Elternteils dazu nicht ausreichen, ist es gerechtfertigt, diesem Elternteil die Teilhabe am Kindergeld zu versagen. Dies galt bereits nach der früheren gesetzlichen Regelung für Barunterhaltspflichtige, die nicht einmal den Regelbetrag zahlen konnten, welcher weit unter dem Existenzminimum liegt. Die zum 1.1.2001 in Kraft getretene Änderung des § 1612 b Abs. 5 BGB hat das Ziel, das Existenzminimum eines Kindes entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dessen steuerlicher Behandlung (vgl. Beschluss vom 10.11.1998, 2 BvL 42/93, FamRZ 99, 291) als Anknüpfungspunkt für die Verteilung des Kindergeldes in das Unterhaltsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches zu übertragen. Es steht daher mit der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts in Einklang, wenn nunmehr die Grenze zur hälftigen Anrechnung des Kindergeldes bei 135 % des Regelbetrages - einem Wert, der etwa dem vom Bundesverfassungsgericht unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten ermittelten Existenzminimum entspricht - gezogen wird. Die neue Vorschrift über die Anrechnung des Kindergeldes verletzt somit den Beschwerführer nicht in seinen Rechten nach Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz (vgl. Schwonberg in: Das Jugendamt 2001, 392, 393).
Eine gegen Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz verstoßende Ungleichbehandlung im Verhältnis zu Unterhaltspflichtigen mit höheren Einkünften liegt deswegen nicht vor, weil das Gesetz unterschiedslos von dem barunterhaltspflichtigen Elternteil verlangt, alle ihm zu Verfügung stehenden Mittel - so auch seine Kindergeldberechtigung - dazu einzusetzen, jedenfalls den in etwa dem Existenzminimum entsprechenden Bedarf von 135 % des Regelbedarfs zu decken. Die Tatsache, daß sich die geänderte Kindergeldanrechnung in einer erhöhten Barzahlungspflicht des Beschwerdeführers niederschlägt, ändert auch nichts daran, daß es beiden Eltern obliegt, für einen ihren Möglichkeiten entsprechenden und angemessenen Unterhalt des Kindes zu sorgen und seine Betreuung sicherzustellen. Insofern ist auch keine gegen Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz verstoßende Ungleichbehandlung im Verhältnis zum betreuenden Elternteil zu erkennen (Schwonberg aaO Seite 394).
Auch der Umstand, daß es dem Beschwerdeführer ohne Zweifel in Folge seiner erhöhten Zahlungspflicht schwerer fällt, die Mittel für die Finanzierung der Besuchskontakte mit seinem Kind aufzubringen, begründet keinen Verfassungsverstoß. Wie schon nach früherem Recht muss dem Unterhaltspflichtigen abverlangt werden, diese Aufwendungen aus dem ihm nach Unterhaltsgrundsetzen verbleibenden Selbstbehalt zu bestreiten. Dass ihn diese Belastung nach der veränderten Gesetzeslage härter trifft, ist nachvollziehbar, begründet jedoch noch keine Grundrechtsverletzung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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