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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 02.05.2001
Aktenzeichen: 4 WF 7/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
BGB § 1603
Auch im Falle verschärfter Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB können Schulden des Unterhaltspflichtigen berücksichtigt werden.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

In der Familiensache

wegen Ehescheidung

hier; Folgesache Kindesunterhalt

hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichts - Alsfeld vom 8. September 2000 - Nichtabhilfebeschluß vom 10. Januar 2001 - am 2. Mai 2001 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Die dem Antragsgegner durch Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichts - Alsfeld vom 27.3.2000 bewilligte Prozeßkostenhilfe wird unter Beiordnung des Rechtsanwalts, auf die Folgesache Kindesunterhalt erstreckt, soweit der Antragsgegner sich gegen die Verurteilung von Zahlung von Kindesunterhalt wendet, die folgende Monatsbeträge übersteigt:

für: 179,. DM für 179,- DM für 152,- DM für 152,- DM.

Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstatten.

Gründe:

Die Antragstellerin hat als Folgesache zur Ehescheidung Anträge auf Verurteilung des Antragsgegners zur Zahlung von Kindesunterhalt für die 4 gemeinschaftlichen Kinder in Höhe von monatlich 239,45 DM, 239, 45 DM, 202,45 DM und 166,65 DM (zusammen monatlich 848,- DM) anhängig gemacht. Das Amtsgericht hat dem Antragsgegner unter Beiordnung des Rechtsanwalts und unter Auferlegung monatlicher Raten von 230,- DM Prozeßkostenhilfe für die Ehescheidung und die Folgesache elterliche Sorge bewilligt. Den Antrag des Antragsgegners, die Prozeßkostenhilfe auf die Verteidigung gegen die Anträge zum Kindesunterhalt zu erstrecken, hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluß unter Bezugnahme auf das am 23.8.2000 verkündete Urteil zurückgewiesen, in dem es den Antragsgegner antragsgemäß zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt hat. Dabei ging es von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des Antragsgegners von 3.376, - DM aus, welches es um monatliche Fahrtkosten von 690,- DM bereinigte. Weitere Abzüge hielt das Amtsgericht für nicht gerechtfertigt. Mit seiner dagegen gerichteten Beschwerde macht der Antragsgegner geltend, daß sein Einkommen um eine aus der Zeit seiner wirtschaftlichen Selbständigkeit stammende Kreditrate von monatlich 1.028,- DM weiter zu bereinigen sei.

Die gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Erfolgsaussicht für die Verteidigung gegen die Anträge zum Kindesunterhalt bestand insoweit, als der Antragsgegner sich dagegen wandte, daß die Darlehensrate von monatlich 1.028,- DM bei der Bemessung seines unterhaltspflichtigen Einkommens keine Berücksichtigung fand. Zwar gilt nach § 1603 Abs. 2 BGB ein verschärfter Maßstab für die Anstrengungen von Eltern minderjähriger Kinder zur Sicherstellung von deren Unterhalt. Dies schließt jedoch die Berücksichtigung von Schulden nicht grundsätzlich aus. Vielmehr hat auch in diesen Fällen unter Berücksichtigung der verschärften Haftung nach § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB eine Abwägung der berechtigten Interessen des Unterhaltsschuldners gegenüber denjenigen seiner minderjährigen Kinder stattzufinden (BGHFamRZ 1984, 657, 659 = NJW 1984, 2351, 2353). Da minderjährige Kinder ihre Lebensstellung von derjenigen ihrer unterhaltspflichtigen Eltern ableiten und da somit letzten Endes die Einkommensverhältnisse des barunterhaltspflichtigen Elternteils für ihre Lebensstellung maßgeblich sind (vgl. BGHFamRZ 1996, 160), sind Fälle denkbar, in denen es dem Unterhaltsschuldner mit Rücksicht auf Entstehung, Grund und Höhe der Verbindlichkeit nicht abverlangt werden kann, den Kindesunterhalt ohne Berücksichtigung der fraglichen Schuld zu leisten; insbesondere dann nicht, wenn es sich bei der fraglichen Verpflichtung um eine 'durch Zinsen ständig weiter steigende Verschuldung' handelt (BGHFamRZ 1996, 254, 257). In den Unterhaltsgrundsätzen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ist daher unter II 15 niedergelegt, daß Schulden im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplanes absetzbar sind, wenn nach einer umfassenden Gesamtabwägung ihre Berücksichtigung der Billigkeit entspricht, wobei natürlich 'ein strenger Maßstab gilt, wenn bei der Ermittlung des Unterhalts minderjähriger Kinder deren Mindestbedarf nicht gesichert ist'. Vorliegend ist auch nach Darstellung der Antragstellerin die monatliche Darlehensrate von 1.028,- DM eine Folge des mehrjährigen Versuchs des Antragsgegners, seinen Unterhalt und denjenigen seiner Familie durch selbständige Erwerbstätigkeit sicherzustellen. Die Chancen und Risiken eines solchen Versuchs werden von den unterhaltsberechtigten Kindern geteilt.

Keine Berücksichtigung konnten allerdings die vom Antragsgegner in der Beschwerdeschrift mit monatlich 690,- DM geltend gemachten Fahrtkosten finden. Dem Antragsgegner war und ist es möglich, seinen Arbeitsplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Dies kann ihm unter Beachtung seiner gesteigerten Unterhaltspflicht abverlangt werden (Kalthoener-Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 7. Aufl., Rdnrn. 933 ff. m. w. N.). Auch nach Ziffer II 14 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main erfolgt ein Abzug von Fahrtkosten zur Arbeitsstätte mit dem eigenen Pkw grundsätzlich nur in Höhe der Kosten öffentlicher Verkehrsmittel, wenn deren Benutzung zumutbar ist. Die Kosten öffentlicher Verkehrsmittel sind im Falle des Antragsgegners auf höchstens 250,- DM monatlich zu schätzen.

Ausweislich der bei den Akten befindlichen Verdienstbescheinigungen verfügt der Antragsgegner seit Oktober 2000 über ein monatliches Bruttoeinkommen von 5.800,- DM und erhält Urlaubsgeld für 24 Urlaubstage im Jahr à 133,87 DM. Von einem Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt konnte und kann zur Zeit noch nicht ausgegangen werden. Sein Jahresbruttoeinkommen ist mithin mit 12 x 5.800,- DM + 24 x 133,87 DM = 72.812,88 DM anzunehmen, woraus sich nach Lohnsteuerklasse I mit zwei Kinderfreibeträgen ein monatliches Nettoeinkommen von 3.440,14 DM ergibt. Nach Bereinigung um die Darlehensverpflichtung von 1.028,- DM und die angemessenen Fahrtkosten von 250,- DM verbleibt ein unterhaltspflichtiges Monatseinkommen von 2.162,14 DM, aus dem sich unter Berücksichtigung des kleinen Selbstbehalts im Wege einer einfachen Mangelberechnung die in der Beschlußformel genannten Kindesunterhaltsbeträge ergeben. In diesem Umfang war dem Begehren des Antragsgegners Erfolgsaussicht zuzubilligen und Prozeßkostenhilfe zu bewilligen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 128 Abs. 5 BRAGO.

Ende der Entscheidung

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