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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 26.10.2004
Aktenzeichen: 4 WF 97/04
Rechtsgebiete: FamRÄndG


Vorschriften:

FamRÄndG § 7 1
Das Feststellungsverfahren nach Art. 7 FamRÄndG ist auch im Falle einer Privatscheidung erforderlich, wenn bei ihr eine ausländische Behörde mitgewirkt hat, z.B. durch Eintragung in ein behördliches Register. Die Anerkennung der Ehescheidung nach Art. 7 § 1 Abs. 1 FamRÄndG ist nicht deshalb entbehrlich, weil mit dem Amtsgericht in Merkez Zaio ein Gericht desjenigen Staates mitgewirkt hat, dem beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Entscheidung angehört haben. Dass die Voraussetzungen für die Entscheidung über den Versorgungsausgleich bereits sämtlich vorliegen, ist nicht Voraussetzung der gesetzlichen Auskunftspflicht.
Gründe:

Die Parteien, die marokkanische Staatsangehörige sind, haben am 10.11.1977 miteinander die Ehe geschlossen. Im September 2002 erhielt die Antragstellerin die Anweisung des Amtsgerichts in Merkez Zaio vom 15.8.2002 (Blatt 7 f. der Akte), dass sie am 12.11.2002 vor zwei Adoulen erscheinen solle, um die Scheidung seitens des Ehemannes anzuhören. Gemäß Urkunde der Adoulen vom 18.2.2003 (Blatt 9 ff. bzw. 60 f. der Akte) haben sie an diesem Tag die widerruflich erklärte Scheidung durch den Antragsgegner entgegengenommen. Diese wurde am Folgetage in dem betreffenden Eheheft eingetragen. Die Urkunde wurde bestätigt und am 20.2.2003 unterschrieben durch den islamischen Beurkundungsrichter von Zaio. Ausweislich der in dem vorangegangenen Unterhaltsverfahren vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Frankfurt a.M., Az. 35 F 4104/02, eingereichten beglaubigten Übersetzung hat die Scheidung die Genehmigung des Urkundenrichters. Mit am 5.12.2003 vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Frankfurt a.M. eingereichtem Schriftsatz hat die Antragstellerin die Durchführung des Versorgungsausgleichs beantragt.

Durch Beschluss vom 22.6.2004 hat das Amtsgericht dem Antragsgegner unter Androhung der Verhängung eines Zwangsgeldes von bis zu 25.000,- EUR aufgegeben, innerhalb von drei Wochen nach Zustellung (24.6.2004) die Vordrucke zum Versorgungsausgleich vollständig ausgefüllt einzureichen. Durch Beschluss vom 28.7.2004, dem Antragsgegner zugestellt am 2.8.2004, hat es gegen ihn ein Zwangsgeld in Höhe von 150,- EUR festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde vom 6.8.2004, bei Gericht eingegangen am 10.8.2004. Er ist der Ansicht, aus der Scheidung vom 18.2.2003 könne ein Versorgungsausgleich nicht hergeleitet werden, da sie als Privatscheidung in der Bundesrepublik Deutschland ohne Durchführung eines Anerkennungsverfahrens nicht gültig sei. Das Amtsgericht hat der Beschwerde gemäß Beschluss vom 11.8.2004 nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es eines förmlichen Anerkennungsverfahrens nicht bedürfe, da es sich um eine durch ein marokkanisches Gericht ausgesprochene und registrierte Ehescheidung zweier marokkanischer Staatsbürger handele.

Mit Schreiben vom 9.9.2004 hat die Antragstellerin vor dem Oberlandesgericht Frankfurt a.M. einen Antrag auf Anerkennung der Ehescheidung gestellt.

Die gemäß den §§ 19, 20 FGG statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache im Ergebnis keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat zu Recht ein Zwangsgeld gegen den Antragsgegner festgesetzt, da er die erforderliche Mitwirkung im Versorgungsausgleichsverfahren verweigert hat (§ 33 Abs. 1 FGG). Der Antragsgegner ist im Rahmen des Verfahrens auf Versorgungsausgleich zur Auskunfterteilung und damit zur Einreichung der ausgefüllten Vordrucke zum Versorgungsausgleich verpflichtet (§§ 1578 e Abs. 1, 1580 BGB).

Die Antragstellerin hat auch bereits ein berechtigtes Interesse an der Auskunft, obwohl die Scheidung der Parteien vom 18.2.2003 mangels Anerkennung im Inland bisher keine Wirkungen entfaltet. Das Feststellungsverfahren nach Art. 7 FamRÄndG ist auch im Falle einer Privatscheidung erforderlich, wenn bei ihr eine ausländische Behörde mitgewirkt hat, z.B. durch Eintragung in ein behördliches Register. Bei der Scheidung der Parteien handelt es sich um eine Privatscheidung, nämlich die Auflösung der Ehe mittels Rechtsgeschäfts durch einseitige Verstoßung. Die vorgelegten Übersetzungen der Urkunde über die Scheidung lassen erkennen, daß sich die Mitwirkung der beiden Adoulen, der islamischen Notare, auf die Feststellung der Personalien der Erschienen und ihrer Geschäftsfähigkeit sowie auf die Entgegennahme der Erklärung des Antragsgegners und ihrer Protokollierung beschränkte. Irgendeine inhaltliche Überprüfung der Erklärung haben sie nicht vorgenommen. Zwar hat der Beurkundungsrichter das Protokoll bestätigt; ausweislich der von dem Antragsgegner im Vorprozeß vorgelegten Übersetzung hat die Scheidung seine "Genehmigung". Hieraus ergibt sich aber nicht, dass er tatsächlich eine Entscheidung in der Sache getroffen und gerade durch einen staatlichen Hoheitsakt die Ehe geschieden hat. Auch ein richterlicher Versöhnungsversuch ergibt sich aus dem Protokoll nicht. Die Anweisung des marokkanischen Gerichts vom 15.8.2002, zu dem festgesetzten Termin vor den zwei Adoulen zu erscheinen, stellt zwar einen Hoheitsakt dar, nicht aber die Scheidung selbst.

Eine Privatscheidung unterfällt jedenfalls dann dem Anwendungsbereich des Art. 7 § 1 FamRÄndG, wenn eine Behörde entsprechend den von ihr zu beachtenden Normen zumindest deklaratorisch registrierend oder beurkundend mitgewirkt hat (vgl. BGHZ 82, 34, 43 f.; 110,267,270; OLG Celle, FamRZ 1998, 686; BayObLG, FamRZ 2003, 381 f.; 1998, 1594, 1595; Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl. 2004, Art. 17 EGBGB, Rdnr. 36; Geimer, IZPR, 4. Aufl 2001, Rdnr. 3020; Zöller/Geimer, ZPO 24. Aufl. 2004, § 328, Rdnr. 239 m.w.N.). Eine solche Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck des Verfahrens nach Art. 7 § 1 FamRÄndG, dem Bedürfnis nach Klarheit, einheitlicher und kompetenter Entscheidung Rechnung zu tragen sowie die erga-omnes-Wirkung der rechtsgeschäftlichen Gestaltung des Personenstandes im Inland durchzusetzen.

Die Anerkennung der Ehescheidung nach Art. 7 § 1 Abs. 1 FamRÄndG ist nicht deshalb entbehrlich, weil mit dem Amtsgericht in Merkez Zaio ein Gericht desjenigen Staates mitgewirkt hat, dem beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Entscheidung angehört haben. Die Ausnahmebestimmung für Heimatstaatentscheidungen gemäß Art. 7 § 1 Abs. 1 S. 3 FamRÄndG ist nicht anwendbar, da das befasste Gericht wie dargelegt keine eigene Entscheidung getroffen und damit auch die Anerkennungsvoraussetzungen gerade nicht selbst geprüft hat. Eine den Anwendungsbereich erweiternde Auslegung ist demzufolge mangels vergleichbarer Interessenlage insoweit nicht geboten. Vielmehr besteht auch in diesem Fall das Bedürfnis einer Feststellung der Anerkennung oder Nichtanerkennung durch die Landesjustizverwaltung mit bindender Wirkung für Gerichte und Verwaltungsbehörden und im Interesse der Betroffenen (vgl. BGHZ 112, 127, 130 ff. auch zu den Intentionen des damaligen Gesetzgebers).

Die Antragstellerin hatte die Anerkennung der marokkanischen Ehescheidung im Inland zum damaligen Zeitpunkt noch nicht beantragt. Ein solcher Antrag war aber ohne weiteres möglich, sofern sich das Erfordernis der Anerkennung für sie erweisen würde. Die Antragstellerin hat ihn inzwischen bei dem Oberlandesgericht gestellt. Dass die Voraussetzungen für die Entscheidung über den Versorgungsausgleich bereits sämtlich vorliegen, ist nicht Voraussetzung der gesetzlichen Auskunftspflicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG.

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