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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 30.10.2007
Aktenzeichen: 5 U 101/06
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 652 | |
BGB § 653 |
2. Es gibt keine Vermutung, dass die Vermittlungstätigkeit auch für den späteren Hauptvertrag ursächlich wurde. Eine solche Vermutung ist anerkannt, wenn der Hauptvertrag in zeitlichem und sachlichen Zusammenhang einer Vermittlungstätigkeit steht.
Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt Vergütung für ihre Mitwirkung bei der Veräußerung eines Grundstücks.
Die Beklagte, die die Zeitschrift "X" verlegt, war Eigentümerin eines innerstädtischen Grundstücks in ..., das an ein Grundstück im Eigentum ihrer Streithelferin grenzt, auf dem die Streithelferin eine Hochhausbebauung beabsichtigte. Das Grundstück hatte die Beklagte bereits an die mit ihr konzernverbundene A verkauft. Die Hochhausbebauung war genehmigungsrechtlich von der Zustimmung der Beklagten als Nachbarin abhängig. Bereits 2002 kam die Streithelferin auf die Beklagte zu und avisierte einen Erwerb deren Grundstücks für 52,5 Mio. €, nahm aber später davon wieder Abstand, weil sich die Immobilienpreise verschlechtert hatten und wollte nur zu einem wesentlich niedrigeren Kaufpreis erwerben. Weil die Beklagte finanziell in Schwierigkeiten geraten war, wurde sie von ihren Kreditgebern bedrängt, das Grundstück zu verkaufen.
Am 17.10.2003 erteilten die damaligen Geschäftsführer B und C der Beklagten, von der Streithelferin allerdings mit Nichtwissen bestritten, der Klägerin den Auftrag, einen Käufer für einen angemessenen Preis zu finden, nach Beklagtenbehauptung, einen anderen Käufer als die Streithelferin.
In der Folgezeit gelang es dem Geschäftsführer der Klägerin, das Bauunternehmen D als möglichen Generalunternehmer für den Hochhausbau zu interessieren und zu einem eigenen Beitrag im Zusammenhang mit dem Erwerb des X-Geländes zu gewinnen. Am 10.3.2004 zeigte sich D an einer Übernahme des Grundstücks interessiert und im Juni 2004 wurde ein schriftlicher Vertrag mit einem Kaufpreis von 34,8 Mio. € entworfen. Am 12.5./17.7./ 28.7.2004 unterzeichneten die Klägerin und die Beklagte ein als Honorarvereinbarung bezeichnetes Schriftstück, in dem die Beklagte der Klägerin eine Provision von 2% des Gesamtpreises von Grundstück und Nachbarzustimmung für deren Bemühungen beim Zustandekommen des Kaufvertrags versprach. Als erwarteter Käufer wurden dort eine E ... mbH, also eine der Streithelferin konzernverbundene Gesellschaft, sowie die B ... GmbH oder eine von beiden zu gründende Gesellschaft genannt (Bl. 7). Zu den Einzelheiten wird auf die Honorarvereinbarung Bezug genommen (Anl. K 1, Bl. 7, 8 d.A.). Zu einem Abschluss des Kaufvertrags unter Mitwirkung der B ... GmbH kam es dann nicht, weil die Beklagte wegen des niedrigen Kaufpreises zögerte, bis D im September 2004 das Interesse verlor.
Eine Neubelebung der Verhandlungen zwischen der Beklagten und der Streithelferin erfolgte erst wieder auf Drängen der Oberbürgermeisterin anlässlich des Neujahrsempfangs im Januar 2005 und führte schließlich zu einem Kaufvertrag über das Grundstück für 21,5 Mio. € zwischen der A und der Streithelferin (Bezugnahme auf UR-Nr. .../2005 des Notars ..., hier Anlage CC 10) und zu einer Nachbarzustimmung gegen Zahlung 21,5 Mio. € der Beklagten zugunsten einer F GmbH. Nach dem Abspringen von D war die Klägerin an den Verhandlungen nicht mehr beteiligt.
Die Klägerin verlangt als Vergütung 2% des Gesamtpreises von 43 Mio. € zuzüglich Umsatzsteuer. Sie hat behauptet, sie habe mit der Streithelferin verhandelt und bei der Stadtverwaltung vorgesprochen, die schließlich die Streithelferin veranlasst habe, eine Abrissgenehmigung des auf ihrem Grundstück stehenden Gebäudes unter Bezugnahme auf eine Neubebauung zu beantragen, die das X-Areal einschließen würde. Der Anspruch sei jedenfalls aus der sogenannten Honorarvereinbarung gegeben, denn der später abgeschlossene Vertrag sei von dieser erfasst.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 997.600,00 € nebst 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.8.2005 zu zahlen.
Die Beklagte und die Streithelferin haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte und die Streithelferin haben eine Vermittlungstätigkeit der Klägerin bestritten, soweit sie über einen Einbezug von D hinausging. Einen Einfluss der Klägerin auf den späteren Abschluss habe es nicht gegeben. Nach dem Ausstieg von D sei der Klägerin auch gekündigt worden. Aus der Honorarvereinbarung könne die Klägerin nichts herleiten, weil die Vereinbarung auf einen Kaufvertrag unter Einbeziehung der D gerichtet gewesen sei und weil die Streithelferin mit den dort genannten Käufern nicht identisch sei.
Das Landgericht hat die Klage als unschlüssig abgewiesen. Die Honorarvereinbarung erstrecke sich nicht auf den Vertrag mit der Streithelferin. Für eine dahingehende Auslegung fehlten tatsächliche Anhalte. Ohnehin habe die Klägerin Einwirkungen auf die Streithelferin nicht ausreichend vorgetragen, während eine Einflussnahme auf die Beklagte und deren Kreditgeber nicht genügten. Zu den weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil verwiesen (Bl. 197- 209 d.A.).
Die Berufung der Klägerin wendet ein, das Landgericht habe die Konzernverbundenheit der E-Gesellschaften nicht gewürdigt. Es werden nun Tätigkeiten der Klägerin zur Vermittlung angegeben.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 997.600,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8% über dem Basiszinssatz seit dem 29.8.2005 zu zahlen.
Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte und die Streithelferin verteidigen das Urteil. Den neuen Vortrag zu Vermittlungstätigkeiten der Klägerin bestreiten sie und halten ihn für unzulässig.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und gerechtfertigt worden. Das Rechtsmittel ist aber unbegründet, weil das angefochtene Urteil nicht auf einem Rechtsfehler beruht und nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen keine andere Entscheidung veranlassen (§ 513 Abs.1 ZPO).
1. Ein vermittlungsunabhängiges Provisionsversprechen der Beklagten hat die Klägerin nicht vorgetragen, auch wenn sie einen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in ihrer Einwirkung auf die Beklagte selbst und deren Banken gesehen hat. Die von der Klägerin behauptete mündliche Beauftragung durch die Beklagte, den Verkauf zu einem angemessenen Preis zu realisieren, musste die Klägerin als Auftrag zu einer Tätigkeit als Vermittlungsmakler verstehen. Denn eine Bitte um Beratung in einer Immobilienfrage war von der Beklagten nicht geäußert worden, wie sich auch die Klägerin als gewerbliche Maklerin darstellte. Damit war Gegenstand des Auftrags eine Tätigkeit der Klägerin, bei der sie auf einen möglichen Käufer einwirken sollte, um diesen zum Abschluss geneigt zu machen. Das erstinstanzlich geäußerte Verständnis der Klägerin, es sei nicht um Maklerdienste gegangen (Schriftsatz vom 17.2.2006, S.1, Bl. 56 d.A.), hat sie später aufgegeben (Berufungsbegründung S. 23, Bl. 288 d.A.).
2. Ein Maklerhonorar zu einer Vermittlungstätigkeit ist der Klägerin aus § 652 Abs.1 Satz 1 2. Alt. BGB nicht entstanden, auch wenn von ihrem Vortrag ausgegangen wird, sie sei beauftragt worden, den Verkauf zu einem angemessenen Preis zu realisieren (Schriftsatz vom 17.2.2006, S. 4, Bl. 59 d.A.). Denn eine Vermittlung der im Juni 2005 schließlich zustande gekommenen Verträge über den Verkauf und die Nachbarzustimmung ist von der Klägerin nicht vorgetragen. Vermittlung ist gegeben, wenn der Makler bewusst und aktiv auf die Willensentschließung des Vertragspartners des Hauptvertrags einwirkt, z.B. ein nicht völlig unbedeutendes Motiv für den Erwerb hervorruft. Die Beeinflussung der Beklagten als Auftraggeberin, namentlich die Herabsetzung überzogener Preiserwartungen, genügt dazu ebenso wenig, wie eine Einflussnahme auf die hinter der Beklagten stehenden Banken, die die Klägerin unter Hinweis auf mögliche Erlöserwartungen hinzuhalten vermochte, oder wie die Verhandlung mit anderen Interessenten.
a) Soweit die Klägerin in der Klageschrift (S.2, Bl. 2 d.A.) pauschal auf Verhandlungen mit der Erwerberin verwiesen hat, ist eine Einflussnahme auf deren Kaufentscheidung nicht zu erkennen, wie dies auch für den Vortrag gilt, es sei ein allseits akzeptabler Kaufpreis verhandelt worden (Klageschrift S.3, Bl. 3 d.A.). Der im Berufungsverfahren neue Vortrag zur Darstellung der Möglichkeit, über das Grundstück der Beklagten eine LKW-Zufahrt günstiger anzubinden, ist nach § 531 Abs.2 ZPO nicht zuzulassen, weil er bestritten ist (Schriftsatz vom 14.8.2007, S. 8, Bl. 330 d.A.) und Zulassungstatsachen nicht geltend gemacht sind. Auch die Vorsprachen des Geschäftsführers der Klägerin bei der Stadtverwaltung lassen nicht ausreichend eine Einwirkung auf die Streithelferin erkennen, wobei dahinstehen kann, ob es genügt, wenn der Makler einen Dritten veranlasst, Druck auf den möglichen Käufer auszuüben. Eine Bindung der Streithelferin aus der Abrissgenehmigung, das Grundstück der Beklagten zu erwerben, ist nicht nachvollziehbar vorgetragen, wie auch die bestrittene Tatsache nicht konkretisiert worden ist, dass die Behörde die Abrissgenehmigung auf den Einfluss der Klägerin hin erteilte. Die Konkretisierung war erforderlich, weil ordnungsmäßiges Verwaltungshandeln regelmäßig nicht von den Wünschen Dritter abhängt, die am Verwaltungsverfahren nicht beteiligt sind. Der Vortrag im Berufungsverfahren unter Bezugnahme auf den erstinstanzlich nachgereichten Schriftsatz vom 31.3.2006, dass der Geschäftsführer der Klägerin mit verschiedenen Amtsträgern der Stadt gesprochen habe, ist unerheblich. Denn die Einflussnahme mit dem Ziel, die Beklagte, also den Auftraggeber selbst, durch öffentlichen oder politischen Druck zu moderateren Kaufpreisvorstellungen zu bewegen (..., ..., ..., ...), ist gerade keine Einwirkung auf den möglichen Käufer. Dies gilt auch für das behauptete Gespräch mit dem früheren ..., dessen Angebot zur Vorsprache bei der Streithelferin der Geschäftsführer der Klägerin nach deren Behauptung dahin modifizierte, es müsse mit der Beklagten gesprochen werden.
b) Die Klägerin ist vom Vortrag der tatsächlichen Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals der Vermittlung nicht befreit, auch wenn man eine Vermittlung gegenüber der E ... GmbH bzw. der B ... GmbH als mit der Honorarvereinbarung anerkannt ansähe, wie sie auch zwischen den Parteien unstreitig ist (LGU S. 13, Bl. 208 d.A.).
Denn dies bezieht sich nur auf Tätigkeiten mit Auswirkung auf den unter Einbeziehung der D ausgehandelten, dann aber gescheiterten Vertrag.
Es gibt keine Vermutung, dass die Vermittlungstätigkeit auch für den späteren Hauptvertrag ursächlich wurde. Eine solche Vermutung ist anerkannt, wenn der Hauptvertrag in zeitlichem und sachlichen Zusammenhang einer Vermittlungstätigkeit steht (vgl. dazu MüKo/Roth, BGB, 4.Aufl. 2005, § 652 Rz. 193; Staudinger/Reuter, BGB, Bearbeitung 2003, §§ 652, 653 Rz. 135). Daran fehlt es hier: Zwischen der Tätigkeit und dem Hauptvertrag lag ein Zeitraum von fast einem Jahr. Der sachliche Zusammenhang zwischen einer Vermittlungstätigkeit und dem Hauptvertrag kann nicht beurteilt werden, weil die jeweilige Vermittlungstätigkeit nicht vorgetragen ist. Ihm stünde auch entgegen, dass die Tätigkeit des Klägers auf ein Erwerbermodell unter Einbezug eines Dritten bezogen war, während die Streithelferin mit dem späteren Hauptvertrag im Wesentlichen wieder zu Überlegungen zurückgekehrt ist, die schon vor Auftreten der Klägerin zu Verkaufsverhandlungen geführt hatten.
3. Die Honorarvereinbarung vom Juli 2004 kann nicht dahin ausgelegt werden, dass sie auch für einen späteren Abschluss mit der Streithelferin gelten sollte. Sie bedarf der Auslegung, weil das Leistungsversprechen auf einen Kauf durch die "E ... GmbH/B ... GmbH bzw. eine durch diese beiden Gesellschaften zu gründende Investitionsgesellschaft" bezogen ist (Anl. K 1, Bl. 7 d.A.).
Bei der Frage, ob ein Hauptvertrag von einem Maklervertrag erfasst ist, kommt es grundsätzlich auf das wirtschaftliche Ziel des Auftraggebers an. Der Auftraggeber erhält bei Anwendung dieses Kriteriums den Vorteil, auf den es ihm ankommt, und der Makler ist geschützt, dass sich der Auftragsgeber nicht durch unwesentliche Veränderungen des Hauptvertrags seiner Zahlungspflicht entzieht (vgl. Staudinger/Reuter, wie oben, §§ 652, 653 Rz. 76). Die Honorarvereinbarung der Parteien ist jedoch einem Maklerauftrag im Sinne des § 652 Abs.1 BGB, für den die vorgenannten Auslegungsgrundsätze entwickelt wurden, nicht gleichzusetzen. Zwar sollte sie der Klägerin den Beweis der früheren mündlichen Beauftragung erleichtern und die Höhe der Vergütung bestimmen, sie sollte aber auch von dem Nachweis der Vermittlung befreien.
Der Wortlaut der Vereinbarung ("Für meine Bemühungen ... wird folgendes vereinbart") zeigt, dass das Leistungsversprechen selbst als Reaktion auf eine vorangegangene Tätigkeit der Klägerin abgegeben wurde. Anderenfalls hätte eine Formulierung nahegelegen, die die Tätigkeit der Klägerin in einen Zusammenhang mit der Zahlungspflicht bringt (etwa: "Die Verkäuferin zahlt für die Vermittlung..."). Dementsprechend wird in der Beschreibung des Vereinbarungsinhalts die Zahlungsverpflichtung nur noch von der Entrichtung des Kaufpreises oder der Eintragung der Auflassungsvormerkung abhängig gemacht. Der Wortlaut nimmt auch Bezug auf eine bestimmte Käuferin. Wäre Regelungszweck nur die Dokumentation des mündlichen Auftrags und die Klärung der Courtagehöhe gewesen, hätte es der Benennung konkreter Käufer nicht bedurft. Die Vorgeschichte der Honorarvereinbarung zeigt, dass sie auf den Abschluss bezogen war, den die Klägerin unter Einbeziehung der D als abschlussreif ansah und zu dem die Klägerin auf die Streithelferin - wie auch immer - eingewirkt hatte. Es entsprach auch der Interessenlage, dass die Beteiligten die Vermittlung für diesen - erwarteten - Vertrag anerkennen wollten, denn sie gingen übereinstimmend davon aus, dass es einer weiteren Tätigkeit der Klägerin nicht mehr bedurfte. Mit einem Scheitern wurde nicht gerechnet.
Wenn aber wesentliches Element der Honorarvereinbarung die Anerkennung der Vermittlung des unter Einbeziehung der D erwarteten Hauptvertrags war, so kann das darauf beruhende Zahlungsversprechen auf einen anderen, deutlich späteren Hauptvertrag nicht bezogen werden, auch wenn die Beklagte mit diesem ihr ursprüngliches wirtschaftliches Ziel erreichte.
Wollte man dies anders sehen und der Honorarvereinbarung keinen solchen Anerkennungscharakter beimessen, so müsste die Klägerin ihre Vermittlungstätigkeit, worauf schon oben verwiesen wurde, vortragen, damit angesichts des Fehlens einer Kausalitätsvermutung die Ursächlichkeit für den Vertrag vom Juni 2005 beurteilt werden könnte.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs.1, 101 Abs.1, 708 Nr.10 und 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO nicht gegeben sind. Der nachgereichte Schriftsatz der Klägerin vom 15.10.2007 veranlasst keine Wiedereröffnung der verfahrensfehlerfrei geschlossenen mündlichen Verhandlung (§ 156 Abs.1 und 2 ZPO).
Ende der Entscheidung
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