Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 06.07.2004
Aktenzeichen: 5 U 12/03
Rechtsgebiete: EGBGB, ZPO


Vorschriften:

EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 945

Entscheidung wurde am 06.04.2009 korrigiert: der Volltext der Entscheidung wurde wegen fehlerhafter Konvertierung nicht unterstützter Zeichen komplett ersetzt
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte gemäß § 945 ZPO auf Schadensersatz wegen der Vollziehung eines von Anfang an ungerechtfertigten Arrestes in Anspruch.

Die Beklagte, eine belgische Bank, machte Ansprüche auf Keditrückzahlung in Höhe von insgesamt USD 5 Mio gegen die Beklagte, eine türkische Bank, geltend, wegen denen sie Eil- und Klageverfahren in Belgien, Deutschland und der Türkei angestrengt hat.

Wegen der genannten Ansprüche nebst Zinsen und einer Kostenpauschale von DM 120.000,- erwirkte die Beklagte am 9. Oktober 1989 einen Arrestbefehl und Pfändungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main (3/6 0 153./89), mit dem u.a. die Forderungen der Beklagten gegen das A ...(Konto-Nr. ... ) auf Zahlung des jetzigen und künftig fällig werdenden Guthabens aus der laufenden Geschäftsverbindung in Verbindung mit dem ...-Vertrag gepfändet wurden (Bl. 31 - 33 d. A.).

In Reaktion auf eine Fristsetzung gemäß § 926 ZPO hat die Beklagte Klage zur Hauptsache zum LG Frankfurt erhoben, die durch in Rechtskraft erwachsenes Urteil vom 19. März 1992 als unzulässig abgewiesen wurde, weil die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht gegeben sei (Bl. 79 - 86 d. A.).

Teilweise parallel dazu nahm die Beklagte die Klägerin vor türkischen Gerichten in Anspruch. Nach Verfahrenseinleitung im November 1989 wurde die Klage in erster Instanz am 30. Dezember 1992 durch das Handelsgericht in Ankara abgewiesen (Übersetzung Bl. 312 - 315 d. A.). Auf Berufung wurde das Urteil am 6. Mai 1994 bestätigt (Bl. 62 ff. d. A). Die sachliche Abweisung der Klage in der Türkei ist rechtskräftig geworden.

Auf Antrag der Klägerin stellte das LG Frankfurt durch Urteil vom 26. März 1996 (2/18 0 16/95) fest, dass die türkischen Urteile in Deutschland anerkannt werden und wirksam sind (Bl. 138 - 155 d. A.). Die Berufung der Beklagten dagegen wies das OLG Frankfurt (4 U 29/96) mit Urteil vom 6. Juni 1997 zurück (Bl. 156 - 177 d. A). Die Revision der Beklagten nahm der Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 29. September 1998 (XI ZR 210/97) nicht an (Bl. 178/179 d. A.).

Die Beklagte hat ferner am 18. Juni 1992 eine Hauptsacheklage in Belgien erhoben, die das Tribunal de Commerce Bruxelles am 23. August 1996 mit Rücksicht auf die Rechtskraft der türkischen Entscheidungen abgewiesen hat. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.

Im Arrestverfahren hat das LG Frankfurt nach Widerspruch der Klägerin durch Urteil vom 22. Dezember 1993 den am 9. Oktober 1989 angeordneten Arrest aufgehoben und den Antrag auf Erlass des Arrestes zurückgewiesen (Bl. 180 - 187 d. A.).

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt (5 U 27/94). In der mündlichen Verhandlung des Berufungsverfahrens vom 18. Juli 1995 hat der Senat beschlossen, den Rechtsstreit bis zur Erledigung des Verfahrens über die Anerkennung der klageabweisenden türkischen Urteile gemäß § 148 ZPO auszusetzen (Bl. 189/190 d. A.).

Nachdem der Senat die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des LG Frankfurt vom 22. Dezember 1993 zunächst gemäß §§ 719, 707 ZPO bis zum Erlass des Urteils im zweiten Rechtszug einstweilen eingestellt hatte (Beschluss vom 11. Februar 1994, Bl. 188 d. A,), hob er diesen Beschluss am 17. Juli 1997 auf und wies den Einstellungsantrag zurück, da die Berufung nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand keine hinreichende Erfolgsaussicht habe. Zur Begründung bezog sich der Senat auf das - seinerzeit noch nicht rechtskräftige - Urteil des OLG Frankfurt im Anerkennungsverfahren und führte aus, ein in Belgien erst noch zu erstreitendes Urteil sei zur Stützung des Arrestanspruchs gemäß Art. 27 Ziffer 5 EuGVÜ von vornherein ungeeignet, wenn die klageabweisenden türkischen Urteile im Inland anzuerkennen seien (Bl. 203 -205 d. A.).

Nach rechtskräftiger Erledigung des Anerkennungsverfahrens und Fortsetzung des ausgesetzten Verfahrens wies der Senat durch Urteil vom 26. Januar 1999 die Berufung gegen das den Arrest aufhebende Urteil des LG vom 22. Dezember 1993 zurück (Bl. 208 - 2l2d. A.).

Die Beklagte hatte die Pfändung durch Zustellung an die Drittschuldnerin im Oktober 1989 bewirkt. Nach Wegfall vorrangiger Pfändungen war die ihre ab dem 29. Juni 1990 ursächlich dafür, dass die Klägerin über hohe Millionenbeträge auf dem Konto nicht verfügen konnte, bis die Beklagte am 22. Januar 1992 die Forderung freigab. Vom 3. April 1991 bis Februar 1998 musste die Klägerin für die Herauslegung einer Prozessbürgschaft zugunsten der Beklagten Avalgebühren entrichten und zur Sicherheit einen Betrag bereitstellen. Die Klägerin sieht sich insbesondere auch wegen entgangenen Gewinns mit den festgelegten Geldern und wegen der Avalkosten als geschädigt an, wobei sie ihren Gesamtschaden mit DM 7.018.278,39 errechnet hat.

Mit am 20. Dezember 2001 bei Gericht eingegangener Klage, die der Beklagten im Wege der Auslandszustellung am 9. April 2002 (Bl. 277 d. A.) zugestellt wurde, hat die Klägerin den genannten Betrag gegen die Beklagte klageweise geltend gemacht.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Sie hat im übrigen den Anspruch der Klägerin dem Grunde nach nicht in Frage gestellt, ihn jedoch für bei weitem zu hoch gehalten.

Sie erhebt den Einwand des Mitverschuldens und bestreitet die Angaben der Klägerin zur Höhe ihres Schadens.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Anspruch verjährt sei, Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 3.588.388,76 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. April 2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt. ZPO), weil das Landgericht zutreffend entschieden hat. Auch rechtfertigen neue Tatsachen keine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1; 2. Alt. ZPO).

1. Die deutschen Gerichte sind international zuständig, weil sich die Beklagte jedenfalls vor ihnen auf das Verfahren eingelassen hat (Art. 24 Satz 1 EuGVVO). Die EuGVVO ist sachlich anwendbar, weil die Beklagte ihren Sitz in Belgien, einem Mitgliedsstaat, hat (vgl. Art. 2, 4 Abs. 1 EuGVVO). Die Vorschriften der EuGVVO vom 22. Dezember 2000 sind in zeitlicher Hinsicht heranzuziehen, weil die Klage nach dem Inkrafttreten der EuGVVO am 1. März 2002 erhoben worden ist (Art. 66 Abs. 1, 68, 76 EuGVVO). Die Klage ist erhoben, wenn sie zugestellt worden ist (§ 253 Abs. 1 ZPO), was vorliegend erst am 9. April 2002 geschah. Abgesehen davon wäre das Ergebnis unter der Geltung des EuGVÜ kein anderes (vgl. Art. 18 Satz 1 EuGVÜ).

Es kann deshalb dahinstehen, ob Art. 5 Nr. 3 EuGVVO einschlägig wäre (Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, vgl. Zöller/Vollkommer, 24. Aufl. 2004, § 945 ZPO Rn. 6).

2. Gemäß § 945 ZPO hat die Partei, die einen Arrest erwirkt hat, dem Gegner den Vollziehungsschaden zu ersetzen, wenn sich die Anordnung des Arrestes als von Anfang an ungerechtfertigt erweist.

Die Klägerin hat einen solchen Anspruch dem Grunde nach schlüssig dargelegt, denn die Klägerin hat einen Arrest erwirkt, der vollzogen worden ist, aber aufgehoben worden ist, weil er von Anfang an ungerechtfertigt war.

Der Durchsetzung des Anspruchs steht jedoch die Einrede der Verjährung entgegen, wie das Landgericht zu Recht erkannt hat.

Nach Art 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB finden die Vorschriften des BGB über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung auf die an diesem Tag bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Das bedeutet, dass nach altem Recht zu prüfen ist, ob sich die Verjährung bis 31. Dezember 2001 vollendet hat. Ist dies der Fall, scheidet neues Verjährungsrecht aus.

Der Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO verjährt nach altem Recht grundsätzlich in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Diese Kenntnis ist vorhanden, sobald er auf Grund der ihm bekannten Tatsachen gegen den Schädiger eine Schadensersatzklage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung soviel Erfolgsaussicht hat, dass sie ihm zumutbar ist (BGH NJW 2003, 2610, 2611; RGZ 157, 14, 18).

Dieser Zeitpunkt war jedenfalls mit Kenntnisnahme des Nichtannahmebeschlusses des BGH vom 29. September 1998 (XI ZR 210/97) erreicht, mit dem rechtskräftig feststand, dass die klageabweisenden türkischen Urteile in Deutschland anerkannt wurden und wirksam waren. Damit war kein Zweifel mehr möglich, dass der bereits aufgehobene Arrest vom 9. Oktober 1989 von Anfang an ungerechtfertigt war. Denn er war weder mit einem türkischen Urteil zu unterlegen - insoweit waren die Ansprüche der Beklagten durch die türkischen Urteile rechtskräftig aberkannt worden -, noch war dies von einem belgischen Urteil zu erwarten. Dem stand Art. 27 Nr. 5 EuGVÜ entgegen, aus dem sich ergab, dass die etwaige positive Entscheidung eines belgischen Gerichts in Deutschland nicht anzuerkennen sein würde, weil sie mit einer früheren Entscheidung unvereinbar war, die in einem Nichtvertragsstaat zwischen denselben Parteien in einem Rechtsstreit wegen desselben Anspruchs ergangen ist, sofern diese Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für ihr Anerkennung in dem Staat erfüllt, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird. Auf diese rechtliche Situation hatte der Senat die Klägerin bereits durch seinen Beschluss vom 17. Juli 1997 aufmerksam gemacht, sodass die anwaltlich vertretene Klägerin über die Konsequenzen der rechtskräftigen Anerkennung unterrichtet war. Sie behauptet auch nicht, diese Kenntnis nicht gehabt zu haben.

War damit erwiesen, dass die Anordnung des Arrests von Anfang an ungerechtfertigt war, dann war der Klägerin die Erhebung der Schadensersatzklage ab diesem Zeitpunkt zumutbar. Denn sie kannte sowohl die Person des Ersatzpflichtigen als auch den Schaden. Die Herbeiführung der Entscheidung des Senats im Verfahren (5 U 27/94) war zu dieser Beurteilung nicht erforderlich.

Kannte die Klägerin alle maßgeblichen Umstände somit spätestens im Oktober 1998, dann hätte sie zur Unterbrechung der Verjährung spätestens im Oktober 2001 Klage einreichen müssen. Tatsächlich ist die Klage erst am 20. Dezember 2001 bei Gericht eingegangen, was zu spät war.

Die Klägerin beruft sich für ihren Standpunkt, dass sie die Berufungsentscheidung des Senats vom 26. Januar 1998 habe abwarten dürfen - in diesem Fall wäre die Verjährung allerdings rechtzeitig unterbrochen worden -, auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Damit kann sie jedoch keinen Erfolg haben, weil diese Rechtsprechung nicht den Standpunkt der Klägerin stützt.

Es ist allerdings zutreffend, dass der VI. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 20. März 1979 entschieden hat, dass die Vorschrift des § 852 BGB auf die Fälle des § 945 ZPO mit bestimmten Maßgaben anzuwenden ist, die das unerwünschte Ergebnis vermeiden sollen, dass der Kläger eine Klage zu erheben genötigt wird, obgleich weder der Hauptprozess entschieden ist noch das Arrestverfahren seinen endgültigen Abschluss gefunden hat. Deshalb hat er in dem seinerzeit entschiedenen Fall die Verjährung nicht beginnen lassen, solange der Arrestprozess noch nicht abgeschlossen war (BGHZ 75, 1 = NJW 1980, 189, 191).

Das war für den damaligen Fall zweifelsfrei auch zutreffend, weil die Arrestbefehle zwar durch die erste Instanz aufgehoben worden waren, jedoch Berufung im Eilverfahren eingelegt war und die Hauptsache schwebte, ohne dass eine abschließende Beurteilung schon möglich war. Damit erwies sich die Anordnung des Arrestes erst mit Abschluss des Eilverfahrens (durch Berufungsrücknahme) als von Anfang an ungerechtfertigt.

Soweit die Klägerin die Aussage in dem genannten Urteil, "all dies" spreche dafür, "die Verjährung des Ersatzanspruchs aus § 945 ZPO nicht beginnen zu lassen, solange der Ausgang des vorläufigen Verfahrens noch aussteht", dahingehend verstanden hat und verstehen will, dass sie in jedem Fall einen förmlichen Abschluss des vorläufigen Verfahrens herbeiführen dürfe, bevor die Verjährung beginne, unterliegt, sie einem Missverständnis. Eine derart weitgehende Aussage wird weder durch Gesichtspunkte der Billigkeit noch der Prozesswirtschaftlichkeit getragen. Das zeigt schon die Überlegung, dass der Arrestanspruch im Hauptsacheverfahren rechtskräftig verneint worden sein kann, ohne dass das vorläufige Verfahren zu einem Abschluss gekommen ist. Da aber damit kein Zweifel, mehr besteht, dass der Arrest von Anfang an ungerechtfertigt war, gibt es keinen Grund, die Verjährung nach § 852 BGB nicht beginnen zu lassen und noch auf den formalen Abschluss des Eilverfahrens zu warten.

Die Aussage unter II 2 c der Urteilsgründe im Urteil des BGH vom 20. März 1979 ist nicht als strikter Rechtssatz zu verstehen, der keine Ausnahme zulässt, sondern bezieht sich auf die Lösung des entschiedenen Falles.

Soweit durch die Formulierung Unklarheiten aufgekommen sein sollten, sind diese durch die Urteile des für Ansprüche aus § 945 ZPO zuständigen IX. Zivilsenats ausgeräumt, der stets deutlich gemacht hat, dass die Voraussetzungen für den Verjährungsbeginn nur "im Regelfall" bzw. "grundsätzlich" erst mit dem Abschluss des Eilverfahrens gegeben seien (BGH NJW 1992, 2297; NJW 1993, 863, 864; BGH NJW 2003, 2610, 2612), sodass es Ausnahmen gibt. Offen gelassen wurde beispielsweise, ob die Verjährung dann vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens beginnt, wenn der Schuldner dort ein noch nicht rechtskräftiges Urteil zu seinen Gunsten erzielt hatte, auf Grund dessen er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Aufhebung der ihn belastenden Maßnahmen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hätte erreichen können, er von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch gemacht hat (BGH NJW 1992, 2297, 2298; NJW 1993, 863, 864), was der BGH im Urteil vom 15. Mai 2003 bejaht hat (NJW 2003, 2610, 2612). Aus dieser Rechtsprechung ist zu Recht der Schluss gezogen worden, dass die Frist in der Regel zwar erst mit Verfahrensabschluss laufe, im Einzelfall jedoch auch früher feststehen könne, dass die Anordnung von Anfang an ungerechtfertigt gewesen sei (z.B. durch eine Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren). In diesem Fall laufe die Verjährungsfrist ab Schaffung der Klarheit, wobei die Umstände des Einzelfalls maßgebend seien (Stein/Jonas/Grunsky, 22. Aufl. 2002, § 945 ZPO, Rn. 10; MünchKommZPO/Heinze, 2. Aufl. 2001, § 945 ZPO Rn. 16).

Zu Unrecht beruft sich die Klägerin darauf, dass der Senat im Urteil vom 26. Januar 1999 die Entscheidung, dass ein Arrest nicht erlassen werden könne, auf das Fehlen des Arrestgrundes und nicht des Arrestanspruchs gestützt habe. Ist der Arrestgrund zu verneinen, bedarf es in einer gerichtlichen Entscheidung keines Eingehens darauf, ob auch der Arrestanspruch fehlt. Aus diesem Grunde hat der Senat in dieser Richtung keine weiteren Erwägungen angestellt und die Frage offen gelassen. Daraus kann die Klägerin aber weder ein Argument dafür gewinnen, dass im Oktober 1998 nicht klar gewesen ist, dass der Arrest ungerechtfertigt war, noch gab ihr die Entscheidung des Senats Anlass, dies als bis dahin zweifelhaft anzusehen.

Die Erhebung der Einrede der Verjährung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen das Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unbeachtlich.

Die Klägerin hält es für rechtsmissbräuchlich, dass sich die Beklagte auf Verjährung berufe, obwohl sie in einem anhängigen Rechtsstreit, nämlich dem in Belgien schwebenden, selbst noch die Meinung verfechte, ihr stehe der materiellrechtliche Anspruch zu.

Dem kann nicht gefolgt werden. Ein widersprüchliches Verhalten, sofern es vorläge, ist nur dann missbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn besondere Umstände die Rechtsausübung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (BGH NJW 1988, 2247, 2248). Weder für das eine noch das andere vermag der Senat hinreichende Anhaltspunkte zu erkennen.

Da die Beklagte mit ihrem Rechtsschutzbegehren in Deutschland keinen Erfolg hatte, kann es nicht als treuwidrig gewertet werden, dass sie sich gegen den Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO mit der Einrede der Verjährung zu Wehr setzt und dazu vorträgt, die Klägerin hatte die anfängliche Unbegründetheit des Arrestanspruchs erkennen müssen, auch wenn sie diesen Anspruch in Belgien weiterverfolgt und sie den Rechtsstreit in der Türkei für unrichtig entschieden hält.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die dafür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Insbesondere sieht sich der Senat, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.



Ende der Entscheidung

Zurück