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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 30.01.2007
Aktenzeichen: 5 U 2/06
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 195
BGB § 199
BGB § 638
EGBGB Art. 229 Abs. 4
Arglistig verschweigt der Bauunternehmer einen Mangel, wenn er ihn kennt, er sich darüber hinaus bewusst ist, dass der Mangel für Entscheidung des anderen zur Abnahme erheblich ist, und er ihn trotzdem entgegen Treu und Glauben nicht offen legt.
Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten als Gesellschafter der Xa ... (künftig Xa) für einen von dieser nach klägerischer Behauptung zu leistenden Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung in Anspruch. Am 26.2.1996 schlossen die Klägerin und die Xa unter Vereinbarung der VOB/B einen Generalunternehmerauftrag (Bezugnahme Bl.22 ff. d.A.). Der Generalunternehmervertrag sah vor, dass der Klägerin zur Schlussabnahme alle Prüfatteste und Abnahmebescheinigungen staatlicher oder hierzu besonders bestimmter Stellen auszuhändigen seien. Es wurde eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren vereinbart.

Die Ausführung der Haustechnik, zu der die Lüftungsanlagen des Gebäudekomplexes gehörten, wurde von der Xa der Xb übertragen, bestehend aus der Beklagten zu 2.) und der C AG, der Rechtsvorgängerin der Streithelferin d. Innerhalb der Xb war der C AG die Ausführung des Gewerks Lieferung und Montage der Lüftung übertragen, zu dem Brandschutzklappen gehören. Deren Funktion ist es, im Brandfall die Lüftungsschächte automatisch zu verschließen.

In der Baugenehmigung vom 31.7.1995 war vorgesehen (Bezugnahme auf den Auszug Anl. K 2, Bl. 51 d.A.), dass die haustechnische Lüftungsanlage genehmigungsbedürftig und ihre betriebsfähige Errichtung durch Sachverständigengutachten nachzuweisen sei. Wie im Berufungsverfahren erstmals vorgetragen, erging zu den haustechnischen Anlagen am 8.6.1997 eine Nachtragsgenehmigung, die zur Bauzustandsbesichtigung auf die Beibringung einer Schornsteinfegerbescheinigung verwies. Auf den Bescheid wird Bezug genommen (Anl. A 2, Bl.583 d.A.).

Am 15.10.1997 fand die Schlussbesichtigung durch die Bauaufsicht statt (Protokoll Anl. K 3, Bl. 52 d.A.) und durch Unterzeichnung vom 6.11./12.11.1997 die baurechtliche Schlussabnahme (Anl. K 4, Bl.55 d.A.), bei der in einem Ergänzungsprotokoll (Bl.60 d.A.) ausgeführt ist, dass ein Vorbehalt hinsichtlich des Nachweises zum notwendigen Brandschutz bestehe.

Anfang März 2001 wurde die von der Klägerin beauftragte Hausverwaltung der Liegenschaft durch die Stadt O1 darauf hingewiesen, dass die haustechnischen Anlagen einer Prüfungspflicht in zweijährigen Abständen unterlägen, was die Hausverwaltung zum Anlass nahm, bei der Xa diesbezügliche Sachverständigengutachten anzufordern (Anl. K 5, Bl.61, 62 d.A.). Bei den am 21.6.2001 überreichten Unterlagen vermisste die Klägerin solche über die Inbetriebnahme der Sicherheitsanlagen bzw. ihre Abnahme durch einen Sachverständigen. Am 21.8.2002 erhob die Klägerin gegen die Beklagten Klage u. a. auf Herausgabe von Inbetriebnahmeprotokollen über die Erstprüfung der Absperrvorrichtungen in den Lüftungsleitungen gegen die Übertragung von Feuer und Rauch. Der Rechtsstreit führte nicht zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Sache. Als die Stadt O1 im Juli 2004 eine Frist zur Vorlage der TÜV-Prüfberichte setzte, ließ die Klägerin im Januar 2005 die Lüftungsanlagen durch einen TÜV prüfen, der eine Reihe von Mängeln auflistete. Auf das Gutachten wird verwiesen (Anlage K 7, Bl. 67 ff. d.A.).

Die Klägerin hat behauptet, die jetzt festgestellten Mängel hätten schon bei der Abnahme vorgelegen. Für ihre Beseitigung sei der geltend gemachte Vorschuss erforderlich, zu dessen Berechnung auf S.13-15 der Klageschrift verwiesen wird (Bl. 13-15 d.A.). Die Beklagten hätten, vertreten durch einen Herrn F, am 18.5.2001 gegenüber der Hausverwaltung die Übergabe der fehlenden Prüfunterlagen zugesagt. Die Klägerin hat die Ansicht geäußert, dass die Mängel arglistig verschwiegen worden seien. Sie seien der Xa bekannt gewesen. Wenn sich dieses nicht ergäbe, müsse sich die Xa die Kenntnis eines etwa damals beauftragten Sachverständigen oder ein Organisationsverschulden zurechnen lassen. Hilfsweise hat die Klägerin den Anspruch als Schadensersatz aus der Vorenthaltung der "Prüfberichte" (Klageschrift S.17, Bl. 17 d.A.) geltend gemacht.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 63.715,08 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben eingewandt, die jetzt vorliegenden Mängel seien durch Umbauten anlässlich mehrerer unbestrittener Mieterwechsel an der Anlage verursacht worden, und haben sich auf Verjährung berufen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil ein Vorschussanspruch verjährt sei, auch wenn ein arglistiges Verschweigen der Mängel vorliege, weil die neue Regelverjährung ab 1.1.2002 von drei Jahren vor Klageerhebung abgelaufen sei. Für den Beginn der neuen Regelverjährung komme es auf subjektive Umstände nicht an. Ohnedies hätte die Klägerin sich einer Kenntnis der Mängel grob fahrlässig verschlossen, weil sie Wartungen an den Lüftungsklappen nicht durchgeführt habe. Ein Verzugsschaden zu vorenthaltenen Unterlagen erfasse die eingetretene Verjährungsfolge nicht. Zu den weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil verwiesen (Bl. 357- 365 d.A.).

Die Berufung der Klägerin macht geltend, dass § 199 Abs.1 BGB n.F. im Rahmen des Art. 229 § 6 Abs.4 Satz 1 EGBGB entsprechend angewendet werden müsse, wie dies in Rechtsprechung und Fachliteratur überwiegend vertreten werde. Eine grobe Fahrlässigkeit sei ihr nicht anzulasten. Aus einem Unterlassen der Wartung sei grobe Fahrlässigkeit nicht herzuleiten, weil die Mängelbeseitigungskosten sich überwiegend auf die wartungsfreien Luftschächte bezögen. Die Berufung auf die Verjährungseinrede sei rechtsmissbräuchlich. Jedenfalls bestünden Schadensersatzansprüche aus der Vorenthaltung der Prüfberichte, wenn nicht aus Verzug, dann aus positiver Forderungsverletzung oder Delikt.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 63.715,08 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das Urteil und weisen darauf hin, dass eine über die Schornsteinfegerprüfung hinausgehende Verpflichtung zur Begutachtung nicht bestanden habe. Die Prüfbescheinigungen des Bezirksschornsteinfegers seien der Klägerin sämtlich bereits 1997 ausgehändigt worden.

Auf die Streitverkündung der Beklagten zu 1.) ist die Beklagte zu 2.) der Beklagten zu 1.) als Streithelferin beigetreten, wie die D den Beklagten auf die Streitverkündung der Beklagten zu 2.).

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und gerechtfertigt worden. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg, weil das angefochtene Urteil nicht auf einem Rechtsfehler beruht, wie auch neues Vorbringen des Berufungsverfahrens keine abweichende Entscheidung rechtfertigt (§ 513 Abs.1 ZPO). Gewährleistungsansprüche der Klägerin sind nämlich verjährt.

Dem Anspruch auf Kostenvorschuss nach § 13 Nr.5 Abs.2 VOB/B idF. Dezember 1992, für den die Beklagten als Gesellschafter einer OHG oder einer BGB-Gesellschaft gemäß § 128 S.1 HGB oder § 128 S.1 HGB analog in Anspruch genommen werden, steht aus § 214 Abs.1 BGB iVm Art. 229 § 6 Abs.1 Satz 1 EGBGB ein Leistungsverweigerungsrecht entgegen, auf das sich die Beklagten berufen haben und das sie gemäß § 129 Abs.1 HGB als eigenes Gegenrecht geltend machen können.

Den Beklagten steht die Verjährungseinrede zu, weil in dem Generalunternehmervertrag unter Ziffer 10.2.1 (Bl. 39 d.A.) eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren vereinbart ist, die abgelaufen ist. Der Beginn der Gewährleistungszeit wurde in dem Schlussabnahmeprotokoll vom 6.11./12.11.1997 (Bl. 56 d.A.) mit dem 1.9.1997 vereinbart und eine erste Mängelrüge erfolgte nicht vor dem 16.5.2005 (Bl. 89 d.A.). Die jetzt gerügten Mängel wurden bei der Abnahme auch nicht vorbehalten, weil der in dem Ergänzungsprotokoll zur Schlussabnahme zum Brandschutz enthaltene Vorbehalt nicht auf bestimmte Mängel bezogen war (vgl. Heiermann/Riedl, VOB, 10. Aufl. 2003, B 12 Rz.14c). Hiervon ist auch das Landgericht ausgegangen (LGU S.7, Bl. 365 d.A.), ohne dass dies von der Berufung angegriffen wäre.

Eine regelmäßige Verjährungsfrist nach 195 BGB a.F wurde mit der Schlussabnahme nicht in Lauf gesetzt. Nach § 638 Abs.1 BGB a.F. belief sich allerdings die Verjährungsfrist für arglistig verschwiegene Mängel auf 30 Jahre. Die Xa verschwieg jedoch die behaupteten Mängel nicht arglistig und damit kommt es nicht darauf an, ob bei der Herabsetzung der 30-jährigen Verjährungsfrist mittels der Überleitungsvorschrift des Art. 229 Abs.4 Satz 1 EGBGB für den Beginn der neuen regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB n.F.) die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs.1 Ziff.2 BGB n.F. erfüllt sein mussten und bei der Klägerin vorlagen.

Die Xa hat die behaupteten Mängel nicht arglistig verschwiegen. Arglistig verschweigt der Bauunternehmer einen Mangel, wenn er ihn kennt, er sich darüber hinaus bewusst ist, dass der Mangel für Entscheidung des anderen zur Abnahme erheblich ist, und er ihn trotzdem entgegen Treu und Glauben nicht offen legt.

Dass die Xa oder ein von ihr beauftragter Sachverständiger die von der Klägerin behaupteten Mängel bei Abnahme kannte, hat die Klägerin pauschal vorgetragen. Ob der Vortrag angesichts der Stellung der Klägerin ausreichend schlüssig ist, obwohl er weder eine natürliche Person nach ihrem Namen noch nach ihrer Stellung in der Organisation der Xa oder den Sachverständigen benennt, kann dahin stehen. Denn jedenfalls haben die Beklagten ihn zulässig bestritten, denn sie sind insoweit einer sekundären Vortragslast nachgekommen, indem sie klargestellt haben, dass die Xa die Arbeiten durch einen Subunternehmer, die Xb, ausführen ließ, die eine Prüfung durch den Bezirksschornsteinfeger habe durchführen lassen. Einen Nachweis für die so ausreichend bestrittene Mangelkenntnis hat die Klägerin nicht erbracht. Eines Hinweises auf das Fehlen eines Beweisantritts bedurfte es nicht, weil die Klägerin sich dessen bewusst ist. Sie hat sich nämlich auf einen Organisationsmangel bei der Xa berufen (Klageschrift S.18, Bl.18 d.A., Berufungsbegründung S.8 Bl. 414 d.A.) und in der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter des Berufungsgerichts klarstellen lassen, dass entweder Kenntnis bei der Xa bzw. einem von ihr beauftragten Gutachter oder ein ihr zuzurechnender Organisationsmangel vorgelegen habe müsse.

Eine der Xa zuzurechnende Unkenntnis der behaupteten Mängel liegt nicht vor, auch wenn die Xa ein Sachverständigengutachten zur Prüfung der Lüftungsanlage nicht in Auftrag gab. Ein Organisationsverschulden setzt voraus, dass bei arbeitsteiliger Herstellung des Werks die organisatorischen Voraussetzungen dafür nicht geschaffen wurden, die Leistung sachgerecht zu beurteilen und festzustellen, ob sie bei Abnahme mangelfrei ist (vgl. BGH NJW 1992, 1754; Kleine-Möller/Merl, Handbuch des privaten Baurechts, 3. Aufl. 2005, Rz.1163). Bezogen auf die jetzt geltend gemachten Sicherheitsmängel an der Lüftungsanlage genügte die Xa ihrer Pflicht zur angemessenen Überwachung, in dem sie sich auf die durch ihre Subunternehmerin zu veranlassende Prüfung nach § 41 Abs.10 der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO) in der damals geltenden Fassung 1994 (GVBl. Brandenburg 1994 I 126) durch den Bezirksschornsteinfeger verließ. Nach dieser Bestimmung durften Lüftungsanlagen erst in Betrieb genommen werden, wenn deren Funktions- und Brandsicherheit durch den Bezirksschornsteinfegermeister schriftlich bescheinigt worden ist. Die jetzt geltend gemachten Mängel werden von der Klägerin ausdrücklich als Brandschutzmängel an den Lüftungsanlagen bezeichnet (Schriftsatz vom 20.10.2005, S.2, Bl. 230 d.A.).

Dass die Bescheinigungen bei der Schlussabnahme noch nicht vorlagen, führt auch deswegen nicht zu einem der Arglist gleichkommenden Organisationsverschulden bei Abnahme, weil das Ergänzungsprotokoll zur Schlussabnahme offen legt (Bl. 60), dass der Nachweis zum Brandschutz noch fehlte. Damit musste der Klägerin klar sein, dass die XA zum Zeitpunkt der Abnahme Mängelprüfungspflichten noch nicht genügt hatte.

Dessen ungeachtet stellen die von der Klägerin vorgetragenen Geschehensmöglichkeiten - Kenntnis oder Organisationsmangel - gedanklich keine Alternativen dar, weil durch sie andere hypothetische Geschehensabläufe nicht ausgeschlossen werden. Eine Kenntnis der Xa könnte nämlich trotz ordentlicher Organisation auf Grund Einzelfallverschuldens verhindert worden sein.

Die Geltendmachung der Verjährungseinrede durch die Beklagten ist nicht nach Treu und Glauben ausgeschlossen. Weil die Verjährungsvorschriften auch dem öffentlichen Interesse am Eintritt von Rechtsfrieden dienen (BGH NJW 1969, 858, 859), wie § 225 BGB a.F. zeigte, greift der Einwand unzulässiger Rechtsausübung nur bei einem groben Verstoß gegen Treu und Glauben durch (BGH, wie vor; auch MüKo/Grothe, 4. Aufl. 2001, § 194 Rz.13). Dass die Beklagten die Klägerin von der rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten hätten, ergibt sich aber nicht. Die Xa oder die Beklagten erweckten in der Klägerin nicht den Eindruck, einen Gewährleistungsanspruch später nur mit sachlichen Argumenten bekämpfen zu wollen. Die Klägerin hatte vielmehr noch zu unverjährter Zeit vom Fehlen von Prüfunterlagen erfahren und einen Anspruch auf Übergabe von Prüfunterlagen zu den haustechnischen Anlagen gegen die Xa geltend gemacht.

Der Klägerin steht auch kein Schadensersatzanspruch aus Verzug mit der Übergabe von Prüfunterlagen gemäß § 286 Abs.1 BGB a.F. iVm. § 249 S.1 BGB zu, der den Beklagten Anlass geben könnte, die Klägerin so zu stellen, als sei ihr Gewährleistungsanspruch nicht verjährt. Damit kann dahin stehen, ob ein infolge Verjährung eingetretener Schaden überhaupt im Schutzbereich eines Ersatzanspruchs wegen verzögerter Übergabe von Ausführungsdokumenten liegen könnte.

Die XA schuldete nämlich die Übergabe anderer Prüfungsunterlagen als die der Schornsteinfegerbescheinigungen nach § 41 Abs.10 BbgBO 1994 aus Ziffer 9.7.1a des Generalunternehmervertrags nicht. Dort ist geregelt, dass der Klägerin folgende Unterlagen zu übergeben sind: "alle Prüfatteste, Abnahmebescheinigungen etc. von staatlichen und hierfür besonders bestimmten Stellen (insbesondere Abnahmebescheinigungen des TÜV) für diejenigen Anlagen, die einer solchen Abnahme bedürfen" (Anl. K 1, Bl. 39 d.A.).

Aus der BbgBO 1994 selbst ergab sich eine weitergehende Verpflichtung nicht. Aus § 66 BbgBO 1994 iVm § 41 Abs.2 BbgBO 1994 folgt lediglich die Genehmigungspflichtigkeit der Lüftungsanlage.

Aus der brandenburgischen Technische-Anlagen-Prüfverordnung (BbgTAPrüfV, hier Anl. K 21, Bl. 442 d.A.) folgt eine solche Pflicht ebenfalls nicht, denn diese Verordnung trat erst im Jahr 1998 in Kraft (Verordnung vom 21.7.1998, GVBl. II 533). Zuvor etwa gültige Statuten sind von den Parteien trotz Hinweises auf den Geltungsbeginn der Prüfverordnung mit Beschluss vom 29.9.2006 (Bl. 602 d.A.) nicht vorgetragen (§ 293 ZPO). Auch aus dem Schreiben der Stadt O1 vom 16.3.2004 (Anl. K 23, Bl. 621) ergibt sich nichts anderes.

Soweit in der Baugenehmigung vom 31.7.1995 (Auszug Anl. K 2, Bl. 51) für die betriebsfähige Errichtung von genehmigungspflichtigen Lüftungsanlagen eine Nachweisung durch ein Sachverständigengutachten verlangt ist, ist dies durch den Nachtrag zur Baugenehmigung vom 6.6.1997 (Anl. A 1, Bl. 583 d.A.) wieder aufgehoben worden. Dort ist als "Änderung gegenüber der Baugenehmigung" für die Lüftungsanlage festgehalten: "Zur Bauzustandsbesichtigung ist die Bescheinigung des Bezirksschornsteinfegermeister bzw. soweit notwendig (Gaststättenbereich) von einem zugelassenen Sachverständigen über die Funktions- und Brandsicherheit der Lüftungsanlage beizubringen (§ 41 Pkt.10 BbgBO)." Da der Inhalt des Änderungsbescheids unstreitig ist, kommt eine Zurückweisung nach § 531 Abs.2 ZPO entgegen der von der Klägerin geäußerten Ansicht nicht in Betracht. Eine Gutachtensverpflichtung im Bereich von Gaststätten ist von der Klägerin nicht geltend gemacht.

Hinsichtlich der Schornsteinfegerbescheinigungen kann - mit Ausnahme jener zu den Klappen L 4.3 im Gebäudeteil D - ein Verzug mit der Übergabe an die Klägerin dahinstehen. Denn auch bei rechtzeitiger Übergabe hätten die Bescheinigungen die Klägerin nicht auf die jetzt geltend gemachten Mängel hingewiesen. Die von der Klägerin jetzt vorgelegten Bescheinigungen stellen die Anlage jeweils als mangelfrei dar ("Die Funktions- und Brandsicherheit der Lüftungsanlagen werden bescheinigt"). Dass die Prüfung nur eingeschränkt erfolgt wäre, wie die Klägerin meint, ergibt sich aus dem Hinweis auf eine Funktionsprobe nicht, nachdem im Kopf der Bescheinigung ausdrücklich auf die Rechtsgrundlage in § 41 Abs. 10 BbgBO Bezug genommen ist. Soweit die Klägerin geltend macht, zu einer Reihe von Anlagen eine Prüfbescheinigung nicht erhalten zu haben (Schriftsatz vom 20.10.2005, S.9, Bl. 237 d.A.), betreffen die als fehlend gerügten Bescheinigungen ganz überwiegend Anlagenteile, zu denen die Klägerin Mängel nicht geltend macht. Lediglich zu den Klappen L 4.3 fehlt eine Schornsteinfegerbescheinigung, obwohl die Klägerin auch insoweit Mängel eingewandt hat (Schriftsatz vom 20.10.2005, S.3, Bl. 231), dass nämlich je zwei Klappen nicht zugänglich oder nur schwer zugänglich seien.

Auch zu diesen vier Klappen L 4.3 ist ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus Verzug nicht schlüssig vorgetragen. Verzug trat allerdings nach § 284 Abs.2 Satz 1 BGB a.F. am 5.12.1997 ein, weil die Parteien in der Schlussabnahme diesen Kalenderzeitpunkt zur Übergabe der "Revisionspläne" vereinbarten (Bl. 58 d.A.), worunter sie, wie das Protokoll der 45. Bauherrenbesprechung ausweist (Bl. 165 d.A.), die Revisionsunterlagen insgesamt verstanden. Hiervon gehen auch die Beklagten aus, wie der Schriftsatz der Beklagten zu 1.) vom 25. August 2006 (S.3, Bl. 559 d.A.) ausweist. Ein möglicher Verzugsschadenseratzanspruch der Klägerin ist aber nicht schlüssig, weil die Klägerin einen Nachbesserungskostenaufwand zu den Klappen L 4.3 nicht vorgetragen hat. Sie macht vier Aufwandsgruppen geltend, denen die Mängel zu den Klappen L 4.3 nicht zuzuordnen sind. Die weitgehende oder volle Unzugänglichkeit der Klappen L 4.3 kann durch den Kostenaufwand in Höhe von 58.000 Euro nicht beseitigt werden, den die Klägerin für das Beseitigen "brandschutzwidriger Öffnungen" in den Schächten verlangt (Klageschrift S.13, Bl. 13 d.A.). Die Mängel betreffen auch nicht den Kostenvorschuss von 1.526,20 Euro, der für die Nachrüstung von Brandschutzklappen an anderer Stelle verlangt ist, sowie die Vorschüsse in Höhe von 1.214,70 Euro (Klappe im Bereich der Garage) sowie 532,00 Euro (Klappe im Keller).

Ein Anspruch auf Verzugsschadensersatz mit der Übergabe der Schornsteinfegerbescheinigungen wäre auch ohnedies verjährt. Die von den Beklagten erhobene Einrede betrifft auch den Schadensersatzanspruch. Verjährung des Nebenanspruchs trat nach § 224 BGB a.F. mit der Verjährung des Hauptanspruchs ein, also des Anspruchs auf Übergabe der Schornsteinfegerbescheinigungen. Dieser Anspruch unterlag nach § 196 Abs.2 BGB a.F. der vierjährigen Verjährung, gemäß § 201 BGB a.F. beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch fällig wurde. Fällig wurde der Anspruch am 5.12.1997 gemäß dem Schlussabnahmeprotokoll (Bl. 58 d.A.), so dass Verjährung mit Ablauf des 31.12.2001 eintrat. Eine Klage auf Herausgabe als mögliche Unterbrechungshandlung gab es bis dahin nicht. Eine Klage auf Herausgabe wurde erst im August 2002 eingereicht, weshalb hier dahinstehen kann, ob sie überhaupt auf die Schornsteinfegerbescheinigungen nach § 41 Abs.10 BbgBO 1994 bezogen war. Es lag auch keine Unterbrechung durch ein Anerkenntnis nach § 208 BGB a.F. vor, wiewohl die Klägerin behauptet, die Beklagte habe am 18.5.2001 die Übergabe fehlender Prüfunterlagen bis zum 31.5.2001 zugesagt (Klageschrift Bl.7 d.A., Zeugnis ...). Diese Erklärung durfte die Klägerin nämlich nicht auf die Herausgabe der Schornsteinfegerbescheinigung nach § 41 Abs.10 BbgBO 1994 beziehen. Die Hausverwaltung der Klägerin hatte die Beklagte am 9.3.2001 zur Übergabe von Sachverständigengutachten aufgefordert (Anlage K 5, Bl. 62 d.A.), wie sie auch später von der Beklagten "Prüfberichte" forderte und in der Klageschrift (Seite 20, Bl. 20 d.A.) sowie der Berufungsbegründung (S.13, Bl. 419 d.A.) "TÜV-Protokolle" reklamiert hat. Bei dieser Situation konnte die Klägerin die - behauptete - Zusage nur auf solche Unterlagen beziehen. Ein Anerkenntnis zu Schornsteinfegerbescheinigungen ergab sich daraus nicht.

Die von der Klägerin herangezogene Grundlage aus positiver Forderungsverletzung hat gegenüber Verzugsvorschriften zurückzutreten. § 823 Abs.2 BGB iVm. § 35 BbgBO rechtfertigt keinen Anspruch, weil die landesrechtliche Brandschutzbestimmung, die die Klägerin unrichtig aus der BbgBO 1998 heranzieht, den Eigentümer zwar vor Brandschäden, nicht aber vor Vermögensschäden im Zusammenhang mit einem Verjährungseintritt schützen will. Das gilt auch auf der Grundlage der bei Abnahme gültigen BbgBO 1994, die den Brandschutz in § 17 regelte.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs.1, 101 Abs.1, 708 Nr.10 und 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO fehlen. Der nachgereichte Schriftsatz der Streithelferin D veranlasst keine Wiedereröffnung der Verhandlung (§ 156 ZPO).

Ende der Entscheidung

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