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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 04.04.2006
Aktenzeichen: 5 U 201/04
Rechtsgebiete: HGB, BGB


Vorschriften:

HGB § 249 Abs. 1 Satz
HGB § 249 Abs. 1 Satz 1
HGB § 238 Abs. 1
BGB § 826
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt Garantieleistung bzw. Schadensersatz aus dem Fehlschlag einer Übernahme der Aktien aus einer Kapitalerhöhung der A AG, eines inzwischen insolventen thüringischen Unternehmens, das sich auf der Grundlage eines erwarteten allgemeinen Pflichtpfands für Getränkedosen und Getränkeflaschen die Herstellung von Automaten zur Pfandabwicklung vorgenommen hatte.

Die Beklagte, ein unter Landeseinfluss stehendes Unternehmen zur Wirtschaftsförderung und ganz überwiegender Mehrheitsaktionär der A AG, hatte die Klägerin, die nach einem zukunftsweisenden jungen Unternehmen suchte, für eine Beteiligung an einer Kapitalerhöhung interessieren können und dabei eigene Eigenkapitalleistungen versprochen. Nach Durchführung einer Due-Diligence-Prüfung durch die Klägerin wurde im November 2002 eine Planung erstellt, die für das Geschäftsjahr 2002 im ungünstigsten Fall einen Fehlbetrag am Betriebsergebnis von ca. 1,5 Mio. € vorsah.

Am 31.1.2003 fand bei der A AG eine Aufsichtsratssitzung statt, an der der damalige Geschäftsführer der Beklagten als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender und ein Angestellter der Beklagten, Herr C, als Finanzvorstand der A AG teilnahmen. In der Sitzung wurde vom Aufsichtsrat die Insolvenzreife der A AG wegen Zahlungsunfähigkeit festgestellt und die Frist für den Insolvenzantrag auf den 7.2.2003 bestimmt. Auf das Protokoll der Sitzung wird verwiesen (Anlage K 3).

An diesem Tag unterzeichnete die Klägerin, ohne Kenntnis von den Vorgängen der Aufsichtsratssitzung, den Beteiligungsvertrag mit der Beklagten, in dem die Beklagte zahlreiche Garantien für die Richtigkeit von betriebswirtschaftlichen Planungsunterlagen übernahm, u.a. für die Richtigkeit von Planzahlen zu 2002, zu Rückstellungen und zu drohenden Patentrechtsstreitigkeiten. Für den Fall des Garantieeintritts versprach die Beklagte, die Klägerin so zu stellen, als ob die garantierten Verhältnisse vorgelegen hätten. Zu den Einzelheiten wird auf den Vertrag und seine Anlagen Bezug genommen (Anlage K 1). Die Kapitalerhöhung wurde durchgeführt und die Klägerin übernahm die neuen Aktien, wodurch sie einen Anteil am Unternehmen von ca. 16% erhielt.

Im Juni 2003 wurde ein Entwurf zu dem Jahresabschluss 2002 von einem Wirtschaftprüfungsunternehmen vorgelegt, der zu einem Jahresfehlbetrag von 2.961.638,58 € kam. Wegen Zahlungsunfähigkeit wurde im September 2003 von der A AG das Insolvenzverfahren beantragt und alsbald eröffnet. Die Einführung eines allgemeinen Pflichtpfands war zuvor gescheitert.

Die Klägerin hat die Verletzung einzelner Garantien geltend gemacht. Sie hat behauptet, bei garantiegerechten Verhältnissen hätten sich die Geschäfte gut entwickelt und ihr Anteil hätte einen mindestens ihrer Zahlung von 1,25 Mio. € entsprechenden Wert behalten.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.250.000,00 € nebst 4% Zinsen seit 11.3.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Verletzung der Garantien im Einzelnen bestritten. Die Garantie zu § 30 Abs.2 b sei nicht auf die Planung vom November 2002 bezogen, sondern auf die in der Anlage 0 (6) (f) des Vertrags liegende Investoreninformation vom Juli 2002, die gegenüber der Planung vom November - unstreitig - einen wesentlich höheren Fehlbetrag für 2002 prognostiziert habe. Die Beklagte hat eingewandt, die Insolvenz sei durch das Ausbleiben einer politischen Entscheidung über das allgemeine Pflichtpfand entstanden, so dass der Schaden der Klägerin ohnehin entstanden wäre.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Die Garantiefälle hinsichtlich des Jahresfehlbetrags 2002 und zu den Gewährleistungsrückstellungen seien eingetreten, wobei zu dem Jahresfehlbetrag die Planungen vom November 2002 garantiert worden seien. Es hat der Klägerin entsprechend einem negativen Interesse den fehlgeschlagenen Aufwand zugesprochen, für den es auf den anderweitigen Fehlschlag der Investition nicht ankomme. Zu den Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil Bezug genommen (Bl. 212-223 d.A.).

Die Berufung der Beklagten kommt im Wesentlichen auf die erstinstanzlichen Einwände zurück, die es durch das Urteil als nicht oder nicht richtig gewertet angreift.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil.

Zu den Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 25.10.2004 (Bl. 292-317 d.A.) und 23.12.2005 (Bl. 365-369 d.A.) sowie deren nachgelassene Schriftsätze vom 7.2.2006 (Bl. 389-390 d.A.) und 7.3.2006 (Bl.420-428 d.A.) und den Schriftsatz der Klägerin vom 11.5.2005 (Bl. 326-336 d.A.) sowie deren nachgelassenen Schriftsatz vom 7.3.2006 (Bl. 401-414 d.A.) verwiesen. Die Beklagte hat einen Schriftsatz vom 31.3.2006 nachgereicht.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und gerechtfertigt worden. Das Rechtsmittel hat Erfolg, weil das angefochtene Urteil auf einer unzutreffenden Anwendung des Sachrechts beruht und auch durch neuen Vortrag im Berufungsverfahren nicht gestützt wird (§ 513 Abs.1 ZPO).

1. Der Klägerin steht ein Anspruch gegen die Beklagte aus § 31 Abs.1 Satz 1 des Beteiligungsvertrags nicht zu.

a) Die unter § 30 Abs.2 f des Beteiligungsvertrags abgegebene Garantie wurde nicht verfehlt. Diese Garantie bezog sich darauf, dass "die Gesamtheit der fälligen oder begründeten, aber noch nicht fälligen Verbindlichkeiten und die Gesamtheit der Rückstellungen nicht höher sind als in der als Anlage 30 (2) f beigefügten Darstellung per Datum gemäß Anlage". Die Anlage 30 (2) f bezieht sich auf die gebuchten Rückstellungen per 5.2.2003 und verweist zu den Verbindlichkeiten auf die Anlage 0 (6) (d), die zum 5.2.2003 eine Liste der Debitoren und Kreditoren enthält. Dabei ergibt das Rückstellungsverzeichnis Rückstellungen über zusammen 617.947,80 €, wie die Klägerin nach Korrektur ihrer Berechnung der Klageschrift (611.707,81 €, Klageschrift Seite 11, Bl.11 d.A.) mit der Bezugnahme auf das vorgelegte Gutachten in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 7.3.2006 einräumt (618.000,00 €, Gutachten B S.11). Diese Summe schließt Rückstellungen für Gewährleistungsfälle über 203.204,88 € ein. Die Angabe der Klägerin in dem nachgelassenen Schriftsatz (S.4, Bl. 404 d.A.), es seien 62.000,00 € für Gewährleistung zurückgestellt worden, ist dazu unverständlich, weil sie einen zeitlichen Bezugspunkt nicht erkennen lässt und mit der unbestrittenen Vertragsanlage 30 (2) f nicht in Einklang zu bringen ist.

Die Klägerin hat trotz Hinweises des Senats in der Sitzung vom 17.1.2006 (Protokoll Seite 2, Bl. 380 d.A.) die Voraussetzungen nicht vorgetragen, aus denen sich eine Verfehlung dieser Garantie ergeben könnte. Die Garantie ist in Ansehung ihres unterjährigen Bezugspunkts dahin auszulegen, dass sie auf die in der laufenden Buchhaltung gemäß § 238 Abs.1 HGB erfassten sonstigen betrieblichen Aufwendungen bezüglich zu bildender Rückstellungen bezogen ist (vgl. zur fakultativen laufenden Buchung der Rückstellung, Beckscher Bilanzkommentar/Hoyos/Ring, 6. Aufl. 2006, § 249 Rz. 16). Mangels abweichender Regelungen ist davon auszugehen, dass die Beteiligten des Vertrags bei den unterjährig maßgeblichen Rückstellungen von den Voraussetzungen ausgingen, wie sie für eine Bilanzrückstellung in § 249 Abs.1 Satz 1 HGB geregelt sind.

Die Höhe solcher am 5.2.2003 in der Buchhaltung der Beklagten zu berücksichtigenden Rückstellungen hat die Klägerin zunächst nur durch ihre Bezugnahme auf den Entwurf des Wirtschaftsprüfungsunternehmens D und E vom Juni 2003 zum Jahresabschluss 2002 vorgetragen (Anlage B8, Bl. 116 d.A.), woraus ihr Wille folgt, eine Rückstellung zum 31.12.2002 zu behaupten, die den dort errechneten Beträgen entspricht, nämlich 1.305.924,99 € für alle Rückstellungen, enthaltend 740.878,50 € für Gewährleistungen (Schriftsatz der Beklagten vom 8.3.2004, S.13, Bl. 87 d.A.). Die Klägerin geht davon aus, dass angesichts unstreitig ansteigender Reklamationen die gebuchten Gewährleistungsrückstellungen bis zum 5.2.2003, dem Stichtag der Garantie, zumindest gleich blieben.

Der Vortrag, dass zum 5.2.2003 statt Gewährleistungsrückstellungen über 203.204,88 € solche in Höhe von 740.878,50 € zu bilden gewesen wären, also eine Garantieverfehlung um 537.673,62 € vorlag, stellt sich als eine Rechtsbehauptung dar, als verkürzter Vortrag zu einer rechtlichen Einordnung nach § 249 Abs.1 Satz HGB. Mit der Rechtsbehauptung durfte sich die Klägerin indessen nicht begnügen, weil die Beklagte - qualifiziert - bestritten hat. Die Beklagte hat ausgeführt (Schriftsatz vom 8.3.2004, S.15, Bl. 89 d.A.), die Berücksichtigung der 203.204,88 € übersteigenden Rückstellungen in dem Abschlussentwurf vom Juni 2003 beruhe auf Mängelanzeigen, die erst nach dem Garantiestichtag eingegangen seien.

Die Klägerin hat die Tatsachen, die zur Beurteilung der Gebotenheit von 203.204,88 € übersteigenden Rückstellungsbuchungen für Gewährleistung per 5.2.2003 heranzuziehen wären, also die Voraussetzungen des § 249 Abs.1 Satz 1 HGB, nicht vorgetragen. Sie hat die Gewährleistungsrückstellungen nicht nach Einzel- und/oder Pauschalrückstellung zergliedert und nicht nachvollziehbare Ansatzpunkte für deren Bildung genannt. Auch das in dem nachgelassenen Schriftsatz durch die Klägerin vorgelegte Privatgutachten vermittelt Einzelheiten zu dem Rückstellungsbetrag des Abschlussentwurfs nicht.

Der Vortrag ist der Klägerin auch nicht deshalb erspart, weil sie ausreichend Hilfstatsachen vorgetragen hätte, die den Schluss auf solche Tatsachen zuließen, die ihrerseits die Voraussetzungen des § 249 Abs.1 Satz 1 HGB ausfüllen könnten.

Denn ein Schluss auf die am 5.2.2003 zu buchenden Rückstellungen für Gewährleistungen lässt sich aus den Abschlussarbeiten des Wirtschaftsprüfungsunternehmens D und E vom Juni 2003 nicht ziehen. Dies ist deshalb nicht möglich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Mitarbeiter des Wirtschaftsprüfungsunternehmens für die Gewährleistungsrückstellungen zum 31.12.2002 erst nach dem Bilanzstichtag und dem Garantiezeitpunkt, dem 5.2.2003, bekannt gewordene Mängelrügen beachteten. Für Gewährleistungsverpflichtungen, die dem Grunde und der Höhe nach ungewiss sind, sind nach § 249 Abs.1 Satz 1 HGB Rückstellungen zu bilden, wenn und soweit eine Inanspruchnahme aus ihnen wahrscheinlich ist (BFH vom 28.3.2000 in BB 2000, 1176; BFH vom 17.2.1993 in BB 1993, 1396). Ob eine Verbindlichkeit mit einiger Wahrscheinlichkeit besteht oder entstehen wird, ist dabei nach objektiven, am Bilanzstichtag vorliegenden oder spätestens bei Aufstellung der Bilanz erkennbaren Tatsachen zu prüfen (BFH vom 30.6.1983 in BB 1984, 175). Damit können unter Umständen auch am Bilanzstichtag gegebene, aber noch nicht gerügte Mängel als wertaufhellende Tatsachen (vgl. Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, 32. Aufl. 2006, § 243 Rz.12) Bedeutung gewinnen, weil sich aus ihnen ergibt, dass schon am Stichtag mit einer Inanspruchnahme zu rechnen war (vgl. BFH vom 17.2.1993, wie oben; für Berücksichtigung bis Bilanzaufstellung: Beckscher Bilanz Kommentar/Hoyos/Ring, § 249 Rz.100; Winnefeld, Bilanzhandbuch, 3. Aufl. 2002, M 292). Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass die Berechnungen vom Juni 2003 auf bis zum 5.2.2003 bekannt gewordenen Umständen beruhen. Auch aus dem Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 31.1.2003 lassen sich keine weiteren Hilfstatsachen entnehmen, die den Schluss zulassen würden, die im Juni 2003 errechneten Gewährleistungsrückstellungen bezögen sich auf bereits vor dem 5.2.2003 gerügte Mängel. Zwar wird dort ein hoher Gewährleistungsaufwand angesprochen (Anlage K 3, S.1 unten), eine Anfälligkeit der Automaten und die Zweckdienlichkeit, einen in der Branche erfahrenen Partner einzubeziehen (Protokoll S.3). Daraus ergeben sich aber keine Schlüsse auf die Höhe der zu dieser Zeit gebotenen Gewährleistungsrückstellungen.

Eine sekundäre Vortragslast der Beklagten besteht zur Zusammensetzung der im Juni 2003 errechneten Gewährleistungsrückstellungen nicht. Eine solche ist anerkannt, wenn eine darlegungspflichtige Partei außerhalb des für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, während der Gegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und ihm Angaben dazu zumutbar sind (BGHZ 86, 23, 29; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. 2005, vor § 284 Rz.34). Dass die Beklagte die wesentlichen Angaben zu den in den Abschlussarbeiten berücksichtigten Gewährleistungsrückstellungen kennen würde, ist von der Klägerin nicht behauptet. Dass der Mitarbeiter C der Beklagten damals als Finanzvorstand der A AG an den Arbeiten zum Entwurf des Abschlusses mitgearbeitet hatte (Schriftsatz der Klägerin vom 13.4.2004, S.22, Bl. 164 d.A.), lässt nicht auf einen aktuellen Kenntnisstand oder vorliegende Unterlagen zur Zusammensetzung der im Juni 2003 berechneten Rückstellungen bei der Beklagten schließen. Über das Vermögen der A AG ist inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

b) Die Garantievoraussetzungen zu § 30 Abs.2 u des Vertrags sind ebenfalls nicht eingetreten. Denn die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass die Unternehmensplanung vom November 2002 unsorgfältig erstellt wurde oder insoweit maßgebliche Umstände verschwiegen wurden. Die Unternehmensplanung vom November 2002 ist in § 30 Abs.2 u des Vertrags unrichtig mit Anlage 0 (6) (g) bezeichnet, befindet sich aber in Anlage 0 (6) (e) des Vertrags. Soweit die Klägerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 7.3.2006 behauptet, in der Novemberplanung sei zum 31.12.2002 ein "Gewährleistungsrückstellungsbedarf" von 29.327,00 Euro erfasst (S. 2, Bl. 402 d.A.), trifft dies nicht zu. Die Rückstellung für Gewährleistung beträgt dort - zum 31.12.2002 geplant - 90.682,03 Euro, weil der in den bisherigen Abschlüssen schon zurückgestellte Betrag von 61.355,03 Euro um den zusätzlichen Rückstellungsaufwand der Plan- GuV (Anlage B 1, Bl. 102 d.A.) zu erhöhen ist. Die Darstellung der Klägerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz, die Gewährleistungsrückstellung in der Zwischenbilanz sei "offensichtlich ungeprüft" und "wider besseres Wissen" aus der Bilanz zum 31.12.2001 übernommen worden (S.3, Bl. 403 d.A.) ermöglicht keine Beurteilung, in welchem Umfang bei der Aufstellung der Zwischenbilanz Veranlassung zu höheren Gewährleistungsrückstellungen bestand.

Eine Verfehlung dieser auf die sorgfältige und subjektiv vollständige Erstellung der Planung vom November 2002 bezogenen Garantie ist auch nicht in Ansehung aufgetretener technischer Schwierigkeiten der A AG bei der Entwicklung des Automaten "G" gegeben, zu deren Überwindung von Organmitgliedern der A AG später die Gewinnung eines Fachinvestors für zweckdienlich angesehen wurde (Aufsichtsratsprotokoll vom 2.4.2003, zu TOP 1, Bl. 342 d.A., und Aufsichtsratsprotokoll vom 31.1.2003, S.3, Anlage K 3). Dass das Ausmaß der nicht näher vorgetragenen technischen Probleme bereits bei der Aufstellung der Planung vom November 2002 bekannt war, ist nicht deutlich geworden.

c) Auch die Garantie zu § 30 Abs.2 d des Beteiligungsvertrags wurde nicht verfehlt. Dort gewährleistet die Beklagte, dass die A AG "nach Einzahlung der ausstehenden Kapitaleinlagen weder überschuldet noch zahlungsunfähig ist und keine Zahlungsunfähigkeit droht". Die Klägerin hat geltend gemacht, die A AG sei auch nach Zuführung der einstehenden Kapitaleinlagen überschuldet gewesen. Ein schlüssiger Vortrag zu der bestrittenen Rechtstatsache ist insoweit nicht erfolgt. Weder ist der Zeitpunkt benannt, auf den sich die Garantie bezieht, also den Zeitpunkt der Zahlung der in dem Beteiligungsvertrag versprochenen Kapitaleinlage durch die Klägerin, noch ist für diesen Zeitpunkt ein Überschuldungsstatus vorgetragen worden. Die Angaben aus dem Entwurf der Handelsbilanz zum 31.12.2002 (Bl. 117 d.A.) sind in diesem Zusammenhang nicht brauchbar. Bei Insolvenzeröffnung lag jedenfalls unstreitig keine Überschuldung vor.

d) Die Beklagte garantierte der Klägerin unter § 30 Abs.2 y, dass ihr keine "für den Bestand und den Umfang" der in Anlage 30 (2) (y) aufgeführten Patentrechte "relevanten Rechtsstreitigkeiten oder drohende Rechtsstreitigkeiten bekannt sind". Der Vortrag der Klägerin zu einer diesbezüglichen Garantieverfehlung ist nicht schlüssig. Aus der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch einen Dritten am 26.8.2003 (Klageschrift S.18, Bl. 18 d.A.) folgt für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 7.2.2003 nichts. Auch zu einem Konkurrenten F, mit dessen Patent- und Gebrauchsmusteranmeldung sich die Aufsichtsratssitzung vom 13.5.2002 (Anlage K 2, S. 3) beschäftigt hatte, fehlt ausreichender Vortrag, auf dessen Grundlage beurteilt werden könnte, in Bezug auf welches Schutzrecht der Klägerin durch diesen eine Rechtsstreitigkeit drohte. Dass F bis zum 7.2.2003 auch nur außergerichtlich ein Unterlassen gefordert hätte, ist nicht geltend gemacht. Selbst wenn es aber bis zum 7.2.2003 Unterlassens- oder Schadensersatzforderungen der F gegeben hätte, wäre deren Relevanz für die Schutzrechte der A AG aus dem Klägervortrag nicht zu beurteilen. Nach dem von der Beklagten auszugsweise vorlegten Gutachten, das der Insolvenzverwalter der A AG eingeholt hatte (Anlage B 15, Bl. 141, 142), war dies nicht der Fall. Dem ist die Klägerin nicht durch weiteren Vortrag entgegengetreten.

e) Der Klägervortrag zur Garantie unter § 30 Abs.2b des Beteiligungsvertrags ergibt nur eine Garantieverfehlung, die für die Entwertung des Klägeranteils nicht ursächlich geworden ist. Die unter § 30 Abs.2 b des Beteiligungsvertrags abgegebene Garantie bezieht sich darauf, dass sich die "Vermögens-, Finanz- und Ertragslage" der A AG "gegenüber der als Anlage 0 (6) (f) enthaltenen Planung vom November 2002 ("Stichtag") nicht substantielle verschlechtert hat und insbesondere keine Änderungen eingetreten sind, die für den Abschluss dieses Vertrags nach bestem Wissen und Gewissen von wesentlicher Bedeutung sind" (Anlage K 1, S.23). Es kann dahinstehen, ob sich die Garantie, wie die Beklagte meint, auf die unter Anlage 0 (6) (f) des Vertrags abgelegte Investoreninformation vom Juli 2002 oder auf die unter 0 (6) (e) befindliche Unternehmensplanung der A AG "worst case/realistic case" bezieht, die eine handschriftliche Datierung mit "25.11.2002" trägt. Auch wenn man zugunsten der Klägerin von der Unternehmensplanung vom November 2002 ausgeht, liegt ein Ausgleichsanspruch nicht vor.

Die Klägerin sieht eine wesentliche Änderung gegenüber der Garantie, weil sich aus den Berechnungen des Wirtschaftsprüfungsunternehmens D und E in dem Abschlussentwurf vom Juni 2003 zum 31.12.2002 ein deutlich höherer Jahresfehlbetrag ergebe, als er in der Planung vom November 2002 für den ungünstigsten Fall beschrieben wurde.

Der von der Klägerin behauptete Jahresfehlbetrag des Abschlussentwurfs von 2.961.638,58 € (Anlage B8, Bl. 116-118 d.A.) ist um Gewährleistungsrückstellungen zu korrigieren, die sich erst auf Grund von Mängelrügen ergaben, die zwar nach Vertragsschluss, aber noch wirksam für den Bilanzstichtag bei der Beklagten eingingen. Insoweit wird auf die Ausführungen zu oben a) verwiesen. Denn die Garantieerklärung ist dahin auszulegen, dass sie sich auf die Verhältnisse bezog, die bei Vertragsabschluss bilanzwirksam waren. Dieses Verständnis findet seine Grundlage im Wortlaut, nämlich dem erläuternden Halbsatz ("insbesondere keine Änderungen eingetreten sind, die für den Abschluss des Vertrags bei objektiver Beurteilung nach bestem Wissen und Gewissen von Bedeutung sind"). Für den Vertragsschluss konnten nur bereits vorliegende Umstände von Bedeutung sein. Nur solche konnten "nach bestem Wissen und Gewissen" hinsichtlich ihrer wesentlichen Bedeutung bewertet werden. Diese Betrachtung ist auch interessengerecht. Es gibt keine Anhaltspunkte, warum die Beklagte für nachvertragliche Bewertungsänderungen hätte einstehen sollen. Die Klägerin hatte schließlich das Unternehmen geprüft und musste erkennen, dass zu am Bilanzstichtag ausgelieferten Geräten bis zur Bilanzaufstellung noch Mängelrügen eingehen könnten. Die Klägerin ist der Behauptung der Beklagten, die Rückstellungserhöhungen zum 31.12.2002 seien durch nachvertragliche Mängelrügen veranlasst worden, nicht durch weiteren Vortrag entgegengetreten, insbesondere hat sie diese Rückstellungen nicht zergliedert dargestellt und ihren Entstehungstatbestand nicht vorgetragen, worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 17.1.2006 hingewiesen hat (Protokoll, Bl. 380 d.A.). Die nachvertraglichen Erhöhungen der Gewährleistungsrückstellungen belaufen sich auf 537.673,02 €.

Bei der Betrachtung der Garantieverfehlung ist auch der Betrag an Gewährleistungsrückstellungen zu subtrahieren, um den sich die Planungen bei Vertragsschluss bereits als überholt herausgestellt hatten. Mit der Vertragsanlage 30 (2) (f) wurden Gewährleistungsrückstellungen von 203.204,88 € als gegeben vereinbart, also Erhöhungen gegenüber der Planung zum 31.12.2002 um 112.522,85 €. Dies ist die Differenz aus den in der Anlage zum Beteiligungsvertrag vereinbarten Gewährleistungsrückstellungen zu den in der Planung vom November 2002 enthaltenen von 90.682,03 € (vgl. Berechnung oben unter b). Denn die Beklagte durfte davon ausgehen, dass diese vereinbarte Erhöhung ihr von der Klägerin bei der Berechnung einer wesentlichen Planüberschreitung nicht entgegengehalten werden würde. Damit stellt sich die aus den Abschlussarbeiten zu gewinnende Vergleichsgröße auf 2.311.442,71 € (2.961.638,58 € ./. 537.673,62 € ./. 112.522,85 €).

Um eine Vergleichbarkeit des so bereinigten Jahresergebnisses mit den garantierten Verhältnissen der Planung vom November 2002 zu erreichen, muss das dort ausgewiesene Betriebsergebnis von minus 1.574.687,00 € (vgl zugehörige Plan- GuV Anlage B1, Bl. 102 d.A.) um das Finanzergebnis von minus 123.593,00 e auf 1.698.280,00 e erhöht werden. Die bereinigten Ergebniszahlen des Abschlussentwurfs liegen um 613.162,71 € höher, entsprechend 36%.

Die Garantie bezog sich jedoch nicht auf die Planzahlen vom November 2002 schlechthin, sondern auf einen rechnerisch nicht angegebenen Betrag, ab dem die Überschreitung der Planzahlen "substantiell" oder "von wesentlicher Bedeutung für den Vertragsabschluss" sein sollte. Die Klägerin hat behauptet (Schriftsatz vom 13.4.2004, S.17 unten), die von der Beklagten auf der Grundlage deren Zahlenwerks errechnete und als unerheblich bezeichnete Abweichung um 19% (Klageerwiderung S.7, Bl. 81 d.A.) sei "substantiell". Andere niedrigere Grenzwerte hat sie nicht geltend gemacht. Soweit sie dort ausgeführt hat, die A AG sei auf "jede 100.000,00 € für ihre Überlebensfähigkeit angewiesen" gewesen, ist der Vortrag auf die Lage bei der späteren Insolvenz der A AG bezogen.

Eines Hinweises an die Klägerin zur Angabe von Tatsachen, aus denen sich die bei 19% liegende Wesentlichkeitsgrenze ergibt, bedarf es indessen nicht, weil diese geringe Garantieverfehlung die Klageforderung ohnehin nicht stützt. Bei einem Grenzwert von 19% ergibt sich ein Grenzbetrag der Ergebnisgarantie von 2.020.953,20 €, der bis zum bereinigten tatsächlichen Fehlbetrag von 2.311.442,71 €, also um 290.489,51 €, aufzufüllen wäre. Für diese Lücke gegenüber der Garantie musste die Beklagte nach § 31 Abs.2 des Vertrags entsprechend ihrem Anteil gegenüber der A AG einstehen, also mit 92,84% oder 269.690,46 €. Ein Wertverlust am Anteils der Klägerin ergibt sich aus diesem Betrag nicht, also nicht, dass der Anteil der Klägerin heute ganz oder teilweise werthaltig wäre, wenn die A AG am 31.12.2002 einen um 269.690,46 € geringeren Fehlbetrag gehabt hätte.

Die Behauptung der Klägerin, bei garantiegerechtem Zustand wäre ihr Anteil an der A AG heute 1.250.000,00 € oder einen Teilbetrag hiervon wert, war bezogen auf die Nichterfüllung der Gesamtheit der eingewandten Garantieverletzungen. Dass auch eine einzelne Garantieverletzung und diese nur teilweise, nämlich die Verfehlung der Planung zum 31.12.2002 um 269.690,46 €, diese Folge gehabt hätte, ist nicht behauptet.

Es besteht keine Veranlassung, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten, um der Klägerin deswegen Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vortrags zu geben (§ 139 Abs.1 Satz 2 ZPO). Denn die Klägerin hat wiederholt geltend gemacht, dass der Niedergang der A AG auch technische Ursachen hatte. In der Klageschrift (S.19, Bl. 19) wird hervorgehoben, die A AG sei durch die technischen Probleme "überrollt" worden. Später ist geltend gemacht worden, die fehlende Serienreife habe dazu geführt, dass die prognostizierten Umsätze, die für den Erfolg von "ausschlaggebender Bedeutung" seien, nicht hätten erreicht werden können (Schriftsatz vom 13.4.2004, S.21, Bl. 163 d.A.). Das Scheitern des Projekts habe auf dem höherem Verlust und der fehlenden Serienreife beruht (Schriftsatz vom 13.4.2004, S.9, Bl. 151 d.A.).

2. Der Klägerin steht auch kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen vorsätzlicher Verletzung einer Aufklärungsverpflichtung zu (§§ 280 Abs.1, 311 Abs.2 Ziff.1 BGB), der sich allerdings auf den Ersatz ihres negativen Interesses richten würde. Eine Aufklärungsverpflichtung zu einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit ist von der Klägerin nicht vorgetragen, weil die Voraussetzungen der Zahlungsunfähigkeit selbst dem Klägervortrag nicht ausreichend zu entnehmen sind.

Eine Aufklärungspflicht ist auch nicht auf der Grundlage der Einschätzung des Aufsichtsrats in der Sitzung vom 31.1.2003 gegeben, Zahlungsunfähigkeit sei eingetreten, weil die Beklagte angesichts der in der Anlage zum Vertrag vereinbarten Liste der Debitoren und Kreditoren, Anlage 0 (6) (d) des Vertrags, ohnehin mit einer Zahlungsunfähigkeit zum 7.2.2003 rechnen musste. Die Liste weist nämlich ein ganz eklatantes Missverhältnis von Außenständen und Verbindlichkeiten aus. Verbindlichkeiten von 1.470.762,93 Euro standen Ansprüche der A AG gegen Dritte in Höhe von 89.584,90 Euro gegenüber. Fehlte aber eine Aufklärungsverpflichtung, kommt auch ein Anspruch aus einer sittenwidrigen Schädigung durch Unterlassen gemäß § 826 BGB nicht in Betracht, wie ihn die Klägerin sieht.

Selbst wenn man eine Hinweisverpflichtung der Beklagten annehmen wollte, hat die Klägerin ihre Behauptung nicht unter Beweis gestellt, dass sie bei Erteilung des Hinweises über die nun eingeklagte Summe nicht verfügt hätte, weil sie sich an einem zahlungsunfähigen Unternehmen nicht beteiligt hätte. Der Senat hat in der Sitzung vom 17.1.2006 auf die Problematik der Kausalität hingewiesen und der Klägerin hierzu eine Erklärungsfrist gewährt (Bl. 380 d.A.). Eine Vermutung aufklärungsgerechten Verhaltens kann die Klägerin nicht für sich beanspruchen. Denn die Klägerin hätte jenseits von einer Abstandnahme vom Vertrag einer Aufklärung auch anderweitig gerecht werden können, etwa durch Erweiterung der von dem Altgläubiger abzugebenden Garantien, ohne dass dies zum Überleben der A AG geführt hätte.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs.1, 708 Nr.10, 711 und 108 Abs.1 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO nicht gegeben sind. Der nachgereichte Schriftsatz der Beklagten vom 31.3.2006 gibt keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Ende der Entscheidung

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