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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 04.07.2006
Aktenzeichen: 5 U 82/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
Zur Frage, wann angenommen werden kann, dass der Geschäftsführer einer GmbH sein Amt niedergelegt hat.
Gründe:

I.

Gesellschafter der Beklagten mit jeweils 50 % sind die A (im folgenden: A) und die B (in folgenden kurz: B).

C ist, der Kläger ist es unstreitig jedenfalls bis 30.06.2004 gewesen, alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer der Beklagten. Der Kläger ist Geschäftsführer der A und an dieser mit 20 % beteiligt, die übrigen Gesellschaftsanteile werden von seiner Ehefrau und seinen beiden Töchtern gehalten. C ist Geschäftsführer der B.

Zwischen dem Kläger und der Beklagten war am 15.08.1995 ein Geschäftsführeranstellungsvertrag (Bezugnahme auf Bl. 14 ff d. A. ) geschlossen worden, das monatliche Bruttogehalt betrug zuletzt 9.033,51 €.

Am 30.06.2004 trafen sich der Kläger, C und die Steuerberaterin der Beklagten. Ausweislich eines im Anschluss an dieses Treffen am 18.09.2004 übersandten Protokolls (Bezugnahme auf Bl. 36-39 d.A.) über eine Gesellschafterversammlung vom 30.06.2004, das am 17.09.2004 ausgefertigt und von Herrn C und der Steuerberaterin unterzeichnet worden war, waren verschiedene Beschlüsse gefasst worden, u.a.

"D scheidet zum 30.06.2004 als Geschäftsführer bei der E aus".

Der Übersendung des Protokolls war die Übersendung mehrerer Protokollentwürfe vorausgegangen, der Kläger legte gegen das Protokoll Widerspruch ein, die Beklagte lehnte es ab, Änderungen vorzunehmen, und erwirkte die Löschung der Geschäftsführerstellung des Antragstellers im Handelsregister und die Beendigung der Kontovollmacht des Klägers über das Firmenkonto bei ... , der diesbezügliche Streit im einstweiligen Verfügungsverfahren wurde durch Entscheidung des Senats (Beschluss vom 1. Februar 2005 - 5 W 48/04) beendet.

Der Kläger hat behauptet, beim Treffen vom 30.06.2004 sei zwar über sein Ausscheiden als Geschäftsführer und Gesellschafter gesprochen worden, eine Einigung hierüber jedoch nicht erfolgt.

Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 30.06.2004 kein Beschluss getroffen wurde, wonach der Kläger als Geschäftsführer sowie Gesellschafter der Beklagten zum 30.06.2004 ausgeschieden ist,

hilfsweise, den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 30.06.2004, wonach das Ausscheiden des Klägers sowohl als Geschäftsführer wie auch als Gesellschafter zum 30.06.2004 beschlossen wurde, für nichtig zu erklären,

2. festzustellen, dass der Kläger weiterhin Geschäftsführer der Beklagten ist und sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten über den 30.06.2004 hinaus fortbesteht,

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn brutto EUR 63.234,67 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus jeweils EUR 9.033,51 seit dem 1.8.2004, 1.9.2004, 1.10.2004, 11.11.2004, 1.12.2004, 1.1.2005 und 1.2.2005 zu zahlen,

4. festzustellen, dass die Beklagte mit Wirkung vom 1.2.2005 monatlich EUR 9.033,51 brutto bis zur Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages zu zahlen hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, es sei eine abschließende Vereinbarung getroffen worden, wonach der Kläger als Geschäftsführer und die A als Gesellschafter bei der Beklagten ausscheide, die Beklagte habe unter Berücksichtigung der Rechtsansicht im Senatsbeschluss ein mögliches Angebot des Klägers auf Niederlegung seines Geschäftsführeramtes angenommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Unstreitig sei am 30.06.2004 entgegen dem Wortlaut des vorgelegten Protokolls kein Gesellschafterbeschluss getroffen worden, eine Vereinbarung über die Niederlegung des Geschäftsführeramtes sei nicht zustande gekommen, ein eventuelles schuldrechtliches Angebot des Klägers auf Niederlegung des Geschäftsführeramtes sei nicht angenommen worden. Deshalb bestehe der Dienstvertrag weiter, weshalb dem Kläger die geltend gemachten offenen Vergütungsansprüche zustehen, während sich die Beklagte in Annahmeverzug befunden habe.

Zu den weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil (Bl. 243 bis 251 d. A.) und den Berichtigungsbeschuss vom 3. Mai 2005 (Bl. 251a, 251b d. A.) verwiesen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie geltend macht, es könne dahinstehen, ob eine Gesellschafterversammlung stattgefunden habe, weil es sich jedenfalls bei der durch den Kläger bei dieser Gelegenheit abgegebenen Erklärung um eine Niederlegung des Geschäftsführeramtes gehandelt habe, hingegen nicht um eine wie auch immer geartete Vereinbarung über die Amtsbeendigung, vielmehr um eine einseitige Willenserklärung, die gegenüber den Gesellschaftern abzugeben gewesen und abgegeben worden sei, die in der Person des Klägers und des Herrn C auch ordnungsgemäß vertreten gewesen seien.

Die Annahme eines unter einer Bedingung gemachten Niederlegungsangebotes sei dagegen unrichtig, die Niederlegung als einseitige Willenserklärung sei bedingungsfeindlich und könne daher nicht bedingungsmäßig an eine Übertragung des 50 %-igen Kapitalanteils der Gesellschafterin A geknüpft worden sein, zumal der Kläger als Geschäftsführer der Beklagten in dieser Funktion mit dem Geschäftsanteil der A an der Beklagten nichts zu tun gehabt habe.

Einer Annahme der Amtsniederlegung durch die Gesellschafterversammlung habe es nicht bedurft, weil Erklärungsempfänger die Gesellschafter selbst seien, weshalb auch kein Beschluss über die Annahme einer Niederlegung erforderlich gewesen sei.

Dass der Kläger einseitig sein Amt habe niederlegen wollen, habe er unmittelbar nach der Gesellschafterversammlung durch ein entsprechendes Anschreiben an den Projektkunden F zum Ausdruck gebracht.

Zum Anstellungsvertrag meint die Beklagte, dass die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag zwar von der Abberufung oder der Amtsniederlegung grundsätzlich unberührt blieben, hier frage sich jedoch, ob sich dies auch so verhalte, wenn der Kläger mindestens bereits seit dem Jahre 2001 die Beklagte massiv hintergangen und zu ihren Lasten Mitarbeiter unter Verstoß gegen seine gesetzlichen und anstellungsvertraglichen Pflichten für die A abgerechnet habe, bisher seien über einen Zeitraum von mehreren Jahren ca. 435.000,00 € brutto bekannt geworden, die der Kläger gesetz- und vertragswidrig zugunsten der A - mittelbar in seine eigene Tasche - abgerechnet habe. Insoweit beruft sich die Beklagte auf die Klageschrift vom 30.05.2005 in einem Rechtsstreit der Parteien umgekehrten Rubrums vor dem Landgericht Wiesbaden (Az. 10 O 165/05) und die Klageerweiterung nebst Anlagen vom 10.06.2005 (Bezugnahme auf die Anlagen BK 2 und BK 3 in gesondertem Hefter), deshalb habe der Kläger seinen Zahlungsanspruch verwirkt.

Vorsorglich erklärt die Beklagte hilfsweise gegen einen gegebenenfalls bestehenden Vergütungsanspruch die Aufrechnung mit den im vorbezeichneten Klageverfahren geltend gemachten Schadensersatzansprüchen.

Im übrigen weist sie darauf hin, dass der Geschäftsführeranstellungsvertrag mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 17.06.2005 fristlos aus wichtigem Grund gekündigt worden sei (Bezugnahme auf Anlage BK 4 in gesondertem Hefter).

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des vorgenannten Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil, leugnet unter Bezugnahme auf seine Klageerwiderung im Rechtsstreit vor dem Landgericht Wiesbaden, die Beklagte hintergangen und zu ihren Lasten Abrechnungen zugunsten der A vorgenommen zu haben, und verweist darauf, gegen die erneute Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages sei ebenso wie gegen den entsprechenden Gesellschafterbeschluss Klage erhoben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen der Beklagten vom 29.06.2005 (Bl. 276 bis 281 d. A. sowie gesonderten Hefter) und vom 31.05.2006 (Bl. 312 bis 313 d. A.) sowie den Schriftsatz des Klägers vom 16.11.2005 (Bl. 296 bis 306 d. a.) verwiesen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte die Schriftsätze nebst Anlagen vom 9.06.2006 (Bl. 327 bis d.A.) und vom 16.06.2006 (Bl. 395 bis 399 d. A.) eingereicht, auf die verwiesen wird.

II.

Die Berufung der Beklagten ist bereits unzulässig und zu verwerfen, soweit sie sich mit dem umfassend eingelegten Rechtsmittel auch gegen die auf den Klageantrag zu 1. tenorierte Feststellung wendet, ohne gemäß § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO auszuführen, weshalb das angefochtene Urteil zu Unrecht zu der Feststellung gelangt sein könnte, in der Gesellschafterversammlung vom 30.06.2004 sei kein Beschluss getroffen worden, wonach der Kläger als Geschäftsführer sowie als Gesellschafter der Beklagten zum 30.06.2004 ausgeschieden sei. Die Berufungsbegründung greift das Urteil mit dem Argument an, der Kläger habe sein Amt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung niedergelegt. Dass ein dahingehender Beschluss getroffen und das Landgericht insoweit von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen wäre, wird nicht geltend gemacht. Außerdem enthält das angefochtene Urteil im Tatbestand auf Seite 4 mit Tatbestandswirkung (§ 314 ZPO) die Feststellung, zwischen den Parteien sei unstreitig, dass es entgegen dem Wortlaut des Protokolls am 30.06.2004 keine formelle Beschlussfassung über ein Ausscheiden des Klägers als Geschäftsführer bzw. der vom Kläger vertretenen A als Gesellschafter gegeben habe.

Im übrigen ist die Berufung zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und gerechtfertigt worden, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung und nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Zu Recht hat das Landgericht die Feststellung getroffen, dass der Kläger weiterhin Geschäftsführer der Beklagten ist und sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten über den 30.06.2004 hinaus fortbesteht.

Der Bestand der Stellung des Klägers als Organ der Beklagten wie auch seines Anstellungsverhältnisses mit der Beklagten sind durch die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 30.06.2004 nicht berührt worden.

Ein Abberufungsbeschluss gemäß §§ 46 Nr. 5, 47 Abs. 1 GmbHG ist unstreitig nicht getroffen worden.

Eine Niederlegung seines Amtes als Geschäftsführer durch den Kläger kann der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden.

Das Vorliegen dieses Tatbestandes der jederzeit und fristlos möglichen Beendigung des Amtes mit körperschaftsrechtlicher Wirkung durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung macht die Beklagte in der Berufungsbegründung mit der Behauptung geltend, der Kläger habe in der Gesellschafterversammlung seine Niederlegungsabsicht klar und deutlich zum Ausdruck gebracht und nachfolgend gegenüber Kunden - der F- entsprechendes auch verlautbart.

Mit diesem Vorbringen kann die Beklagte bereits nicht gehört werden, denn es handelt sich um neuen Tatsachenvortrag in zweiter Instanz, ohne dass Zulassungsgesichtspunkte aufgezeigt werden (§ 531 Abs. 2 ZPO). In erster Instanz hat die Beklagte eine einseitige Niederlegungserklärung des Klägers nicht, sondern eine Vereinbarung der "Gesellschafter" (Bl. 145 d. A.) bzw. anlässlich der Gesellschafterversammlung (Bl. 192, 193 d. a.) geltend gemacht. Des weiteren hat die Beklagte bezugnehmend auf den Senatsbeschluss im Verfahren 5 W 48/04 vorgetragen, "die Vereinbarung vom 30.06.2004 dahingehend (zu werten), dass der Kläger ein Angebot auf Niederlegung des Geschäftsführeramtes gemacht hat, das die Beklagte angenommen hat. Dies ist im Wege der Vereinbarung möglich ".

Selbst wenn der neue Vortrag berücksichtigt würde, fehlt es an einer schlüssigen Darlegung einer einseitigen Willenserklärung durch die Beklagte. Der - wie zugunsten der Beklagten unterstellt werden kann - Bekundung der Bereitschaft des Klägers bei jener Gesellschafterversammlung, als Geschäftsführer auszuscheiden, ist nicht der Erklärungswert beizulegen, er wolle ohne Rücksicht auf weitere aus Sicht des Klägers zu treffende Absprachen oder Vereinbarungen nunmehr definitiv sein Amt niederlegen. Der Kläger hat im Vorfeld der Versammlung per e-mail vom 28.06.2004 (Bl. 40 bis 43 d. A.) deutlich gemacht, sein Ausscheiden zum 30.06.2004 an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen (Auflösung der Pensionszusage, Zahlung einer Abfindung, Zahlung für die Übernahme des Gesellschaftsanteils) zu knüpfen, aber auch die Möglichkeit für eine "Fortsetzung A als Gesellschafter/Geschäftsführer" in den Raum gestellt. Auch das Protokoll der Gesellschafterversammlung verlautbart als getroffene "Beschlüsse" unter 2. ff weitere Regelungen in Zusammenhang mit dem Ausscheiden als "Gesellschafter und Geschäftsführer zum 30.06.2004", u. a. an den Kläger zu erbringende Zahlungen. Vor diesem Hintergrund ist für eine Auslegung (§§ 133, 157 BGB) der Erklärung des Klägers im Sinne einer streng einseitigen und nicht an weitere Voraussetzungen geknüpften Erklärung des Ausscheidens - im Protokoll unter Ziffer 1. der "Beschlüsse" festgehalten - kein Raum. Die Beklagte, auf deren Empfängerhorizont abzustellen ist, hatte unter Berücksichtigung des Grundsatzes der nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 133, Rz. 18 m. w. N.) keinerlei Anlass, den Kläger in diesem Sinne zu verstehen. Der Kläger erstrebte eine Gesamtlösung, eine isolierte einseitige Amtsniederlegung war offensichtlich für ihn rechtlich nachteilig, weil sie wegen der körperschaftsrechtlichen Wirkung mit der Aufgabe einer Rechtsposition verbunden gewesen wäre.

Ebensowenig liegt eine wirksame Vereinbarung über das Ausscheiden des Klägers vor.

Unbeschadet der Frage, ob eine derartige Vereinbarung lediglich schuldrechtliche Wirkung oder quasi dinglich körperschaftsrechtliche Wirkungen gehabt haben könnte, ist dem angefochtenen Urteil darin beizutreten, dass eine dahingehende Vereinbarung gemäß § 139 BGB nichtig gewesen ist. Auf der Grundlage des eigenen Vortrags der Beklagten in erster Instanz beinhaltete die Vereinbarung das Ausscheiden des Klägers als Geschäftsführer aus der Beklagten, die Regularien für die Abfindung des Klägers in Zusammenhang mit seinem Ausscheiden und die Konditionen, zu denen die von dem Kläger vertretene A aus der Beklagten als Gesellschafter ausscheiden sollte, die Ver-einbarung soll eine Abfindung des Kläger für sein vorzeitiges Ausscheiden und die Restvergütung und die Gegenleistung für die Übertragung des Geschäftsanteils durch die vom Kläger vertretene A vorgesehen haben. Die Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter und eine Vereinbarung, die eine dahingehende Verpflichtung begründet, bedarf notarieller Form (§ 15 Abs. 3, Abs. 4 S. 1 GmbHG), die nicht gewahrt ist. Dass ein dinglicher Abtretungsvertrag, der den Formmangel geheilt hätte (§ 15 Abs. 4 S. 2 GmbHG), geschlossen worden wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Damit ist eine dahingehende Vereinbarung teil- und gemäß § 139 BGB gesamtnichtig. Denn es ist nicht anzunehmen, dass der Kläger lediglich den nicht formbedürftigen Teil der Gesamtvereinbarung - insbesondere sein Ausscheiden als Geschäftsführer der Beklagten - vereinbart hätte, weil das ihn der unmittelbaren Einflussnahmemöglichkeit auf die Beklagte beraubt hätte.

Aus diesem Grund ist es rechtlich ohne Relevanz, dass der Kläger einem Kunden der Beklagten - der F- sein Ausscheiden bei dieser bekannt gegeben hat, weil diese Äußerung unstreitig vor dem Hintergrund der Abreden der Parteien vom 30.06.2004 gefallen ist und im Verhältnis zur Beklagten keine Erklärungswirkung entfaltet.

Aus den genannten Gründen ist auch der Geschäftsführeranstellungsvertrag weder vom Kläger einseitig gekündigt noch von den Parteien einvernehmlich aufgehoben worden.

Soweit die Beklagte mit der Berufungsbegründung ein Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 17.06.2006 unter Hinweis darauf, mit Beschluss der Gesellschafterversammlung sei der Geschäftsführeranstellungsvertrag des Klägers fristlos aus wichtigem Grund gekündigt worden, vorgelegt hat, ausweislich dessen der Kläger aus wichtigem Grund auch als Geschäftsführer abberufen worden ist, steht das nicht in Widerspruch zur angefochtenen Entscheidung und rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die im angefochtenen Urteil getroffene Feststellung bezieht sich auf der Grundlage des vom Kläger in erster Instanz gestellten Antrages allein auf die Gesellschafterversammlung vom 30.06.2004.

Dies sieht auch der Kläger nicht anders, der vorgetragen hat, beim Landgericht Frankfurt sowohl gegen die Kündigung (Az.: 2-31 O 378/05) geklagt wie den Gesellschafterbeschluss angefochten zu haben (Az.: 3-2 O 76/05).

Das Zahlungsbegehren des Klägers in Höhe von 63.234,57 ist begründet, der Kläger hat einen vertraglichen Anspruch (§ 611 Abs. 1 BGB) auf die Fortentrichtung des Gehaltes € für sieben Monate im Anschluss an den 30.06.2004, nachdem der Anstellungsvertrag nicht zum 30.04.2006 beendet worden ist.

Gegen die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten im angefochtenen Urteil, der Voraussetzung für den Anspruch auf Weiterzahlung der Vergütung ist (§ 615 BGB), erinnert die Beklagte in der Berufungsbegründung nichts, auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger der Beklagten seine Arbeitskraft noch einmal ausdrücklich angeboten.

Die Beklagte verkennt nicht, dass der Geschäftsführeranstellungsantrag selbst durch einen Abberufungsbeschluss oder eine sonstige Beendigung der organschaftlichen Stellung des Klägers unberührt geblieben ist.

Ihr in der Berufungsbegründung erhobener Einwand der Verwirkung, weil der Kläger die Beklagte massiv hintergangen und unter Verstoß gegen seine gesetzlichen wie anstellungsvertraglichen Pflichten Leistungen von Mitarbeitern der Beklagten für die A in einer Größenordnung von ca. 435.000,00 € abgerechnet habe, greift nicht durch. Dieser Vortrag ist neu, Zulassungsgründe sind nicht dargelegt worden (§§ 520 Abs. 3 Ziff. 4.; 531 Abs. 2 ZPO), und ist nicht zu berücksichtigen, nachdem der Kläger dieses Vorbringen nicht unstreitig gestellt, sondern in der Berufungserwiderung als gänzlich unsubstantiiert bezeichnet und sich insoweit auf seine Erwiderung zu der mit umgekehrten Parteirollen zum Landgericht Wiesbaden erhobenen Klage vom 30.05.2005 bezogen hat, in der er gesetz- und vertragswidriges Verhalten in Abrede stellen lässt. Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingereichten Schriftsätze der Beklagten vom 9. und 16. Juni 2006 sind nicht zu berücksichtigen (§ 296 a ZPO) und rechtfertigen die Wiedereröffnung (§§ 156 Abs. 1, 2 ZPO) der verfahrensfehlerfrei geschlossenen mündlichen Verhandlung nicht, in der diese Gesichtpunkte erörtert worden sind, ohne dass die Beklagte Zulassungsgründe dargelegt oder einen Schriftsatznachlass beantragt hat.

Der Zahlungsanspruch des Klägers ist nicht durch die von der Beklagten in der Berufungsbegründung hilfsweise erklärte Aufrechnung mit den im Verfahren vor dem Landgericht Wiesbaden geltend gemachten Schadensersatzansprüchen erloschen (§ 387, 388, 389 BGB). Der Einwand greift als bereits prozessual unzulässig nicht durch.

Die Aufrechnung ist in der Berufungsinstanz unzulässig (§ 533 ZPO), weil sie nicht auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat. Dass die vermeintlichen Schadensersatzansprüche der Beklagten erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz bekannt geworden seien und entsprechender neuer Vortrag zu berücksichtigen sein könnte (§ 531 Abs. 2 ZPO), hat die Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt. Im danach eingereichten Schriftsatz vom 9. Juni 2006 macht die Beklagte zwar geltend, die Gegenansprüche seien ihr erst nach Abschluss der ersten Instanz vorliegenden Verfahrens bekannt geworden. Dieser Vortrag ist aus den zum Verwirkungseinwand ausgeführten Gründen ohne Notwendigkeit der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht zu berücksichtigen.

Die Aufrechnung ist weiterhin mangels hinreichender Bestimmtheit des geltend gemachten Anspruchsgrundes der Gegenforderung (§§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 145 Abs. 3 ZPO) unzulässig. Die Aufrechnung stützt die Beklagte auf eine behauptete Gesamtforderung von 435.249,98 €. Diese soll sich ausweislich der mit der Berufungsbegründung vorgelegten, zum Landgericht Wiesbaden eingereichten Schriftsätze der Beklagten vom 30.05.2005 und 10.06.2005 (Anl. BK 2, 3 in gesondertem Hefter) aus ca. zwölf Einzelforderungen unterschiedlicher Höhe, die teils höher, teils niedriger als die hier bezifferte Klageforderung sind, zusammensetzen, ohne dass die Beklagte im einzelnen darlegt, welche der Einzelforderungen in welcher genauen Höhe und in welcher Reihenfolge der vorliegend bezifferten Klageforderung bzw. dem auf die Verpflichtung zur Fortentrichtung des Geschäftsführergehalts zielenden Feststellungsbegehren entgegengehalten werden.

Den Einwand anrechenbaren anderweitigen Erwerbs oder böswillig unterlassenen Erwerbs des Klägers (§ 615 Satz 2 BGB) hat die Beklagte nicht erhoben. Entsprechender Vortrag der insoweit als Dienstberechtigter darlegungsbelasteten Beklagten ist nicht dadurch gehalten, dass die Beklagte in Zusammenhang mit dem Verwirkungseinwand geltend macht, der Kläger habe durch Abrechnungen für die A statt für die Beklagte Beträge mittelbar zu seinen Gunsten abgerechnet. Die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der A ist unstreitig neben der als Geschäftsführer der Beklagten zulässig gewesen, begründet also eine Anrechnungspflicht ebensowenig wie ein etwa im Verhältnis zur Beklagten nicht gerechtfertigter Erwerb einer dritten Rechtspersönlichkeit, der A.

Die zuerkannten Zinsen in gesetzlicher Höhe sind von der Berufung unangegriffen unter Verzugsgesichtspunkten gerechtfertigt.

Letztlich hat das Landgericht zu Recht die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, mit Wirkung vom 01.02.2005 bis zur Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages an den Kläger monatlich 9.033,51 € brutto zu zahlen, getroffen.

Die Klage ist insoweit zulässig und nicht unter dem Gesichtspunkt fehlenden Feststellungsinteresses wegen der Möglichkeit, nach § 259 ZPO Klage auf künftige Leistung zu erheben, unzulässig. Die Klagen aus § 256 ZPO und § 259 ZPO schließen sich nämlich nicht aus (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl, § 259 Rz. 1 m. w. H. zur Rechtsprechung des BGH). Auch musste der Kläger nach dem 1.2.2005 in der mündlichen Verhandlung erster Instanz sein Begehren nicht teilweise - für einen Monat - auf Leistung umstellen, weil diese erst im Laufe des Rechtsstreits eingetretene Möglichkeit das Feststellungsinteresse nicht entfallen ließ.

Die sachliche Berechtigung des Begehrens folgt aus den Gründen des zur Zahlungspflicht der Beklagten Ausgeführten, hierauf wird Bezug genommen.

Der von der Beklagten erhobene Einwand, der Geschäftsführeranstellungsvertrag sei mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 17.06.2005 fristlos aus wichtigem Grund gekündigt worden, steht der Feststellung unbeschadet des Streits der Parteien um die Wirksamkeit der in jener Versammlung gefassten Beschlüsse schon deshalb nicht entgegen, weil die etwaige Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages nach Zeitpunkt und Umständen weder im Tenor noch den Gründen der angefochtenen Entscheidung näher bestimmt worden sind. Einer solchen Bestimmung bedurfte es nicht, weil die Klärung diesbezüglicher Streitfragen einer Leistungsklage des Klägers, sollte die Beklagte sich zur Zahlung nicht freiwillig verstehen, vorbehalten bleiben muss.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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