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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 04.09.2007
Aktenzeichen: 5 U 87/06
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 89 b Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt als ehemalige Vertragshändlerin der Beklagten Ausgleich für die Überlassung eines Kundenstamms sowohl für das Neuwagengeschäft als auch für das Geschäft mit Ersatzteilen.

Die Klägerin, die mehr als 30 Jahre Vertragshändlerin der Beklagten war, wurde von der Beklagten zum 31.10.2002 ordentlich gekündigt. Mit Schreiben vom 17.12. 2001 verlangte sie erstmals eine Ausgleichszahlung (Bezugnahme auf Anlage K 3, Konvolut Aktenhülle Band I). Nach Vertragsbeendigung übernahm die Klägerin eine X/Y-Vertretung, ab 2005 oder 2006 führt sie eine Vertretung für ....

Die Klägerin, die bis zur Verweisung des Rechtsstreits das Landgericht Köln angerufen hat, hat zum Neuwagengeschäft die Stammkundenerträge des letzten Vertragsjahrs um an die Stammkunden gezahlte Zusatzvergütungen (Boni, etc) erhöht und auf fünf Jahre hochgerechnet. Sie hat Kaufintervalle von mehr als fünf Jahren genügen lassen und auch Gebraucht- bzw. Vorführwagen als Vorkäufe anerkennen wollen. Sodann hat sie einheitlich einen als Verwaltungskostenanteil bezeichneten Betrag von 29% abgezogen. Nach Abzinsung und Umsatzsteueraufschlag hat sie keinen Billigkeitsabschlag hinnehmen wollen.

Nach klageabweisendem Versäumnisurteil (Zustellung 12.10.2005, Einspruchseingang 26.10.2005) hat die Klägerin unter Klageerweiterung beantragt,

das Versäumnisurteil vom 10.10.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 273.511,04 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 221.271,06 € ab 16.6.2005 bis 1.3.2005 sowie aus 255.805,56 € ab dem 2.3.2005 sowie aus 17.705,48 € ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten und die weitergehende Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat die Stammkunden auf Neuwagenkunden in einem Fünf-Jahreszeitraum zurückgeführt und dann den um die Zusatzvergütungen erhöhten Betrag als typisch auf fünf Jahre hochgerechnet. Es hat 29% abgezogen und einen Billigkeitsabschlag von 20% für den Markensog und von weiteren 5% für die Fortführung der Tätigkeit. Zum Teilegeschäft hat es einen Anspruch ganz versagt. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil Bezug genommen (Bl. 349 - 368 d.A.).

Die Berufung der Beklagten erstrebt die vollständige Abweisung der Klage: Der Anspruch bestehe dem Grunde nach schon nicht, weil der Beklagten keine Vorteile erwüchsen. Er sei falsch berechnet, weil weitere Geschäfte als Stammkundengeschäfte auszuschließen seien, wie auch die Zusatzleistungen nicht berücksichtigt werden dürften. Der Verwaltungsabschlag, der 6,70% der unverbindlichen Preisempfehlung betragen müsse, sei nicht berücksichtigt und nicht ein Markensog von 60%. Die Klägerin habe keine nachvollziehbare Höchstbetragsberechnung angestellt.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und das Versäumnisurteil vom 10.10.2005 (Klageabweisung) vollständig aufrechtzuerhalten.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und im Wege der Anschlussberufung,

das angefochtene Urteil unter Beibehaltung, dass das Versäumnisurteil vom 10.10.2005 aufgehoben wird, dahingehend abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, einen Betrag in Höhe von 273.511,04 € nebst Zinsen aus einem Betrag in Höhe von 221.271,06 € ab dem 16.6.2004 bis 1.3.2005 sowie aus einem Betrag in Höhe von 255.805,56 € ab dem 2.3.2005 sowie aus einem Betrag in Höhe von 17.705,48 € ab Rechtshängigkeit in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu bezahlen.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Anschlussberufung die erstinstanzlichen Positionen weiter.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und gerechtfertigt worden. Die Anschlussberufung ist ebenfalls zulässig, namentlich innerhalb der Berufungserwiderungsfrist eingelegt worden. Die Berufung der Beklagten führt zu einer Herabsetzung der Verurteilung, während die Anschlussberufung nur hinsichtlich des Zinsausspruchs teilweise Erfolg hat.

A) Neuwagengeschäft

Der Klägerin steht analog § 89b Abs.1 HGB ein Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte in der zuerkannten Höhe zu. Die Voraussetzungen der entsprechenden Anwendung dieser Bestimmung auf die Klägerin als Vertragshändlerin sind im Berufungsverfahren nicht in Frage gestellt worden, wie auch die ordentliche Beendigung des Händlervertrags zum 31.10.2002 außer Frage steht. Soweit von der Beklagten eingewandt wird, den Provisionsverlusten der Klägerin entsprächen keine Vorteile für die Beklagte, ist die dahingehende, in der BGH-Rechtsprechung anerkannte Vermutung (vgl. BGH NJW 1990, 2889, 2890; Baumbach/Hopt, 32. Aufl., § 89b Rz.47; Küstner Rz.1755 mwN.in Fn.23; Senat 5 U 173/99 S. 24) nicht entkräftet. Der Einwand, dass die Beklagte sich gegenüber den anderen Vertragshändlern zur Weitergabe der Vorteile an einen neuen Vertraghändler verpflichtet habe, führt nicht dazu, dass der Beklagten solche Vorteile nicht dem Grunde nach erwachsen. Durch die Weitergabe der Vorteile an einen Dritten kann sich die Beklagte nicht von einem Ausgleichsanspruch entlasten.

Die Grundstruktur der Berechnung des Ausgleichsanspruchs ist zwischen den Parteien unstreitig, wie sie der sogenannten vereinfachten Methode nach BGH - Renault II - vom 26.2.1997, BB 1997, 852, und der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats entspricht.

1.) Mehrfachkunden des letzten Vertragsjahrs (1.11.2001 bis 31.10.2002)

a) Grundrabatt

Die Klägerin hatte erstinstanzlich 31 Mehrfachkundengeschäfte geltend gemacht (Bl. 100ff. d.A.), zu denen das Landgericht neun Fälle nicht als Stammkundenumsätze anerkannt hat (6, 14, 27, 42, 45, 47, 55, 63, 66), weil bei diesen der Vorverkauf außerhalb des 5-Jahreszeitraums liege. Die Klägerin greift dies mit der Anschlussberufung an und verfolgt die erstinstanzliche Auffassung weiter, es komme auf einen längeren Zeitraum an. Dem kann der Senat nicht folgen. In der Mitsubishi-Entscheidung vom 22.3.2006 (WM 2006, 1328 - jurisweb zu Rz.20) hat der BGH erneut unter Hinweis auf die Entscheidung Renault II vom 26.2.1997 (s.o.) bestätigt, dass das durchschnittliche Nachkaufintervall erfahrungsgemäß bei fünf Jahren liegt, wobei die Mehrfachkundeneigenschaft nur zeitlich bestimmt worden ist. Dass bei Fahrzeugen der Marke Z der Prognosezeitraum ebenfalls rechtsfehlerfrei mit fünf Jahren angenommen werden kann, hat der BGH in der Volvo-Entscheidung vom 5.6.1996 bestätigt (ZIP 1996, 1299). Die Behauptung der Klägerin zu einem tatsächlich längeren durchschnittlichen Mehrfachkundenintervall, nämlich von sechs Jahren, bei ihren Kunden, die sich aus der Werkstattzufriedenheit und der Lebensdauer der Fahrzeuge ergäbe, ist bestritten und von der Klägerin nicht in einer Weise konkretisiert worden, dass sich ein durchschnittliches Kundenverhalten bei der Klägerin berechnen ließe.

Die Anschlussberufung beanstandet zusätzlich, das Landgericht habe bei seinen Kürzungen den Fünfjahreszeitraum nicht zutreffend berechnet. Das trifft nicht zu. Im Fall 6 lag der Vorkauf vor 14 Jahren und 5 Monaten, bei Fall 27 um 6 Jahre 10 Monate zurück, bei Fall 42 um 6 Jahre 4 Monate, bei Fall 45 um 6 Jahre 9 Monate, bei Fall 47 um 8 Jahre 2 Monate, bei Fall 55 um 6 Jahre 4 Monate und bei Fall 66 um 7 Jahre 5 Monate. Zu Nr.14 war der Vorkauf ein Vorführwagen (Anlage K 171), und im Fall 63 betraf der Vorkauf in 1999 einen Gebrauchtwagen (Anlage K 178), während ein anderer Vorkauf 7 Jahre 2 Monate zurücklag.

Mit ihrer Berufung will die Beklagte drei Stammkundenfälle im letzten Vertragsjahr aussondern (12, 22, 43). Zu Fall 12 ergibt sich der Vorkauf aus Anlage K 15, die entgegen der Beanstandung der Beklagten in einem der überlassenen LO (grüner Rücken) liegt, insoweit ist die Kürzung unberechtigt. Erfolglos ist auch der Berufungsangriff zu Fall 22. Dass der Vorkäufer A Geschäftsführer der B GmbH war, die im letzten Vertragsjahr kaufte, steht zur Überzeugung des Senats fest auf der Grundlage der Indiztatsache, dass er unter der Internetadresse der GmbH zum Zeitpunkt der landgerichtlichen Entscheidung als solcher angegeben war. Dies genügt als ausreichende Überzeugungsgrundlage, wie es auch als Grundlage für die Überzeugung dienen kann, dass er in der GmbH Entscheidungsträger war. Abweichende Umstände hat die Beklagte nicht plausibel gemacht. Theoretische Zweifel genügen nicht. Erfolglos rügt die Beklagte auch eine Verletzung des Fünfjahrszeitraums im Fall 43. Zwischen dem Vorkauf (30.9.1997) und dem Wiederholungskauf (25.3.2002) liegen nur vier Jahre und sechs Monate.

Mit Recht rügt die Berufung der Beklagten jedoch einen Rechenfehler des Landgerichts bei der Ermittlung der Summe unberechtigter Stammkundenumsätze zu den Händlerverkaufspreisen, die sich auf 210.675,67 € belaufen (Aufstellung der Beklagten Berufungsbegründung S. 4, Bl. 388 d.A.). Ausgehend von dem rechnerisch nicht beanstandeten Endbetrag der Stammkunden- Verkaufspreise der Einspruchsschrift (S.18, Bl. 104 d.A.) von 764.794,06 € ergeben sich unter Abzug der unberechtigten Umsätze (210.675,67 €) bereinigte Umsätze in Höhe von 554.118,39 €. Allerdings sind auch die Händlereinkaufspreise vom Landgericht nicht zutreffend berechnet worden. Der Betrag der anzuerkennenden Händlereinkaufspreise aus den Stammkundengeschäften beläuft sich sich entgegen der Annahme des Landgerichts nicht auf 528.871,69 €, sondern richtig auf 528.096,49 € (724.829,16 € abzüglich unberechtigter 196.732,67 €).

Das führt zu folgender Berechnung der Stammkundenmarge für das letzte Vertragsjahr:

Händlerverkaufspreise 554.118,39 €

Händlereinkaufspreise 528.096,49 €

Stammkundenmarge 26.021,90 €

b) Zusatzvergütungen

Die Zusatzvergütungen, die das Landgericht zuerkannt hat, werden von der Beklagten mit dem Hinweis angegriffen, dass es an vertraglichen Festlegungen für den Prognosezeitraum fehle, die Auslobungen vielmehr nur zeitlich begrenzt oder je auf einen konkreten Anlass bezogen gewesen seien.

In den Ausgleichsanspruch sind alle Zusatzleistungen der Beklagten an den Vertragshändler (Großabnehmerzuschüsse, Zulassungsboni, Boni, Rabatte, etc.) einzubeziehen, die einem berücksichtigungsfähigen Provisionsverlust des Handelsvertreters gleichstehen, ungeachtet ob bei Vertragsbeendigung insoweit bereits ein Anspruch dem Grunde nach entstanden war. Der Wortlaut des § 89b Abs.1 Ziff.2 HGB ("Ansprüche auf Provisionen verliert") steht dem nicht entgegen, wie auch die Betrachtung anderer Regelungszusammenhänge die Grenzen des hier maßgeblichen Begriffs "Anspruch auf Provision" nicht zu bestimmen vermag. Der Wortlaut lässt offen, ob "Ansprüche auf Provisionen" nur dann verloren sind, wenn sie bei Vertragsende bereits dem Grunde nach entstanden waren oder ob auch künftige entstehende Ansprüche erfasst sind, also solche aus künftigen Zahlungsversprechen der Beklagten zur jeweils marktangepassten Verkaufsförderung. Der Vergleich zu § 89 b Abs.2 ("Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung") ist nicht nützlich, denn der Sache nach sind die Zusatzleistungen Provisionen, nämlich jeweils eine nach dem Umfang der getätigten Geschäfte bemessene Zahlung als Gegenleistung für die erbrachten Dienste (Baumbach/Hopt § 87 Rz.2).

Die Einbeziehung solcher künftiger Ansprüche entspricht auch dem Regelungssinn, der in einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und der sozialen Absicherung der Handelsvertreter liegt (Baumbach/Hopt § 89b Rz.3 mwN.). Zur Erreichung dieses Ziels ist es ohne Belang, durch welche Umstände der Wert des Kundenstamms für den Handelsvertreter gebildet wird. Der Vertragshändler erwartet jedenfalls regelmäßig, dass das Bonussystem, wenn auch unter ständig veränderten, marktangepassten Bedingungen, beibehalten wird, und geht davon aus, daraus auch künftig Einnahmen erzielen zu können. Die Handelsvertreterrichtlinie vom 18.12.1986 (86/653/EWG, abgedruckt bei Hopt, HVR, 3. Aufl. 2003, Anhand Materialien I) stützt dieses Verständnis. Danach soll der Provisionsverlust nur Element einer Billigkeitsbetrachtung sein ("wenn und soweit ...die Zahlung eines solchen Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht."). Das kann im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung des § 89b Abs.1 Nr.2 HGB nicht unberücksichtigt bleiben (so auch Koller/Roth § 89b Rz.8: "auf Nr.2 ist zu verzichten, wenn dies der Billigkeit entspricht", vgl. auch BGH - Mitsubishi - NJW-RR 2006, 1328, Rz.25 bei juris; OLG München OLGR 2002, 216, OLG Köln VersR 2002, 437; Baumbach/Hopt § 89b Rz.24 für Handelsvertreter).

Die Höhe der Zusatzvergütungen ist im Berufungsverfahren teilweise umstritten. Der von der Beklagten geltend gemachte Abzug für den Kunden Nr. 41 (C) ist unberechtigt. Die Beklagte hatte erstinstanzlich dessen Stammkundeneigenschaft unstreitig gestellt (Schriftsatz vom 27.3.2006, S.16, Bl. 337 d.A.). Der Vorkauf vom 10.3.1998 ist nämlich mit den Unterlagen zu Fall 35 in Anlagenkonvolut K 86 belegt, nachdem die Klägerin die in der Einspruchsschrift unrichtige Bezeichnung des Vorkäufers im Schriftsatz vom 27.1.2006 (S.65, Bl. 293 d.A.) berichtigt hatte. Die X 40 - und die V 70 - Prämien (Nr. 4, 18, 29, 33, 41, 59) sind ebenfalls von der Beklagten erbrachte Zahlungen auf der Grundlage eines umsatzabhängigen Leistungsversprechens. Dies gilt auch für die Großabnehmerzuschüsse (Nr.33 und 52). Unberücksichtigt bleiben indessen die von der Z ... Bank - abgekürzt ... - gezahlten Werbekostenzuschüsse (Nr.24 und 25) mit 770,00 € und 775,00 €. Insoweit handelt es sich um von dritter Seite erbrachte Zahlungen, die, sofern sie nicht Kaufpreiszahlungen sind, Provisionen nicht gleichstehen (vgl. auch Senat 5 U 63/06 und 5 U 255/03). Damit sind die Zusatzleistungen in den Fällen 4 (1.124,84 €), 18 (770,00 € und 515,00 €), 29 (750,00 €), 33 (770,00 € und 1.327,47 €), 41 (750,00 €), 52 (1.958,63 €) und 59 (770,00 € und 100,00 €) zu berücksichtigen, während die Belastungen durch die Z ... Bank in den Fällen 12 und 18 als auf eine Drittbeziehung bezogen außer Betracht zu bleiben haben. Daraus ergibt sich ein berücksichtigungsfähiger Betrag an Zusatzleistungen von 8.835,94 €.

c) Abzüge

aa) Die Grundprovision ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH um die sich aus dem Z-Vertrag ergebenden händlertypischen Vergütungsanteile zu reduzieren, die sich auf 29% der gesamten Grundprovision belaufen (5% händlertypische Rabattanteile zu 17,5 % Gesamtrabatt, vgl. ständige Rechtsprechung des Senats: 5 U 172/99; 5 U 173/99; 5 U 152/00; 5 U 227/02 in Anlehnung an BGH - Volvo - ZIP 1996, 1299). Der Ansicht der Beklagten, die händlertypischen Zuschüsse müssten ungeschmälert zum Abzug gebracht werden, auch wenn die Klägerin einen Teil des ihr gewährten Rabatts an den Kunden weitergab, ist nicht zu folgen. Denn ein Nachlass von der unverbindlichen Preisempfehlung wird dem Kunden einheitlich aus dem Händlerrabatt gewährt.

Soweit der Senat bislang bei Großabnehmer- und Leasingzuschüssen keinen Abschlag vorgenommen hatte, ist daran nicht festzuhalten. Denn die Bereinigung um händlertypische Vergütungsbestandteile soll vom Hersteller gewährte Gegenleistungen für das vom Vertragshändler zu tragende Absatz-, Lager-, Preisschwankungs- und Kreditrisiko (vgl. BGH NJW 1996, 2300 - Volvo) und für den Aufwand für die Auslieferung der Ware (Küstner, Hdb. des gesamten Außendienstrechts, 7. Aufl. 2005, Rz.781) betreffen. Die hierfür entstandenen Kosten bezahlt der Händler naheliegend aus dem Gesamtgewinn, auf dessen rechnerische Zusammensetzung es, wie bereits oben ausgeführt, nicht ankommt. Wenn der Händler ein Fahrzeug zum Einkaufspreis an einen Großkunden verkauft und sich nur die Großkundenprämie als Gewinn errechnet, muss er seine händlertypischen Kosten aus der Zusatzleistung decken. Dem entspricht es, die sich aus der Grundprovision ergebende, vereinbarte Aufteilung von händlertypischen und vertretertypischen Anteilen auf die Zusatzvergütungen zu übertragen.

bb) Den Verwaltungskostenabschlag, also die - weitere - Herausrechnung der Vergütungsanteile für vermittlungsfremde Tätigkeit, die auch bei einem Handelsvertreter anfiele, hat das Landgericht zu Unrecht nicht vorgenommen, obwohl der doppelte Herabsetzungsschritt geboten ist (BGH - Mitsubishi -, wie oben). Die Klägerin hat geltend gemacht, mit der Provisionsaufteilung in dem Händlervertrag sei auch die Provision für verwaltende Tätigkeit geregelt, die zusammen mit dem händlertypischen Provisionsanteil 29% betrage. Die Beklagte hat eine Kostenaufstellung durchschnittlicher Kosten vorgelegt, von der Klägerin mit Nichtwissen bestritten, die erstinstanzlich zu 3,16 %, nach einem im Berufungsverfahren neuen Vortrag zu 6,70% kommt.

Bei der Schätzung gemäß § 287 Abs.2 ZPO sind nach Abzug der Vergütung für händlertypische Tätigkeiten die verwaltenden Tätigkeiten eines typischen Handelsvertreters zu bewerten. Den hierfür angemessenen Vergütungsbestandteil schätzt der Senat auf 2,5% der unverbindlichen Preisempfehlung. Dabei lässt er sich leiten von der Tatsache, dass in zahlreichen anderen Prozessen ( 5 U 172/99; 5 U 173/99, 5 U 152/00, 5 U 227/02, 5 U 62/06, 5 U 63/06) zwischen Z-Vertragshändlern und der Beklagten diese Größe von den Händlern nicht bestritten worden ist, wie dies aber der Fall gewesen wäre, wenn sie tatsächlich unangemessen hoch wäre. Auf diesen gerichtbekannten Umstand ist in der Senatssitzung hingewiesen worden, wenn auch versehentlich unprotokolliert.

Vortragspflichtig für einen darüber hinausgehenden Abzug ist die Beklagte (BGH VersR 2003, 1530, jurisweb Rz. 45). Dazu ist ihr Vortrag nicht schlüssig. Denn die sich aus dem Betriebsvergleich ergebenden Kosten, die sie mit 3,16% vorgerechnet hat, später mit 6,7%, sind nicht nur auf verwaltende Tätigkeiten bezogen. Mit den dort genannten Kostenarten wird auch typische vermittelnde Tätigkeit erfasst.

Die Einkaufspreise zu den Stammkundengeschäften belaufen sich auf 82,5% der MFK-UPE, weil die Stammprovision 17,5% des UPE beträgt. Auf der Grundlage der gezahlten Einkaufspreise für Stammkundengeschäfte von 528.096,49 € kommt man zu einer Unverbindlichen Preisempfehlung der gesamten Stammkundengeschäfte von 640.116,96 € und damit zu einem Verwaltungskostenabschlag von 16.002,92 €.

Damit bleibt ein bereinigter Verlust an Stammkundenprovisionen des letzten Vertragsjahrs wie folgt:

 Grundprovision26.021,90 €
Zusatzleistungen8.835,94 €
Zwischensumme 34.857,84 €
abzüglich 
händlertyp. Anteile (29% von 34.857,84 €) 10.108,77 €
verwaltende Anteile (2,5% von 640.116,96 €) 16.002,92 €
 8.746,15 €

d) Hochrechnung

Dass das letzte Vertragsjahr typisch war, wird zwar weder von Berufung noch Anschlussberufung in Frage gestellt. Weil aber die Beurteilung, ob ein typischer Verlauf gegeben ist, eine Wertung ist und die zugrunde liegenden Tatsachen von den Parteien abweichend vorgetragen sind, sind die Grundlagen zu klären, nämlich unter Betrachtung eines gesamten durchschnittlichen Nachkaufintervalls vor Vertragsbeendigung.

aa) vorletztes Vertragsjahr (1.11.2000 bis 31.10.2001)

Von der Stammkundenauflistung der Klägerin (Bl. 123 ff. d.A.) hat das Landgericht die Kunden in den Fällen 8, 10, 17, 20, 33, 55, 56, 60 und 61 aus zeitlichen Gründen - Vorkauf außerhalb des Fünfjahrszeitraums - ausgesondert und die Kunden in den Fällen 3, 9, 11, 13, 16, 48, 57 und 62, weil zuvor kein Neuwagen gekauft wurde. Soweit dies die Anschlussberufung unter Wiederholung ihrer Argumente zu vergleichbaren Fällen des letzten Vertragsjahrs angreift, wird auf die Ausführungen im Abschnitt A 1 a verwiesen. Zu Unrecht hat das Landgericht jedoch die Kundin D - Fall 63 - nicht als Stammkundin behandelt, hatte diese doch am 8.4.1998 zuvor ein Neufahrzeug gekauft (Fall Nr.42 in Anlage K 86). Dem ist auch im Berufungsverfahren die Beklagte nicht mehr entgegengetreten.

Zu den vom Landgericht anerkannten Stammkundengeschäften wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung gegen die Berücksichtigung der Fälle 21, 30, 38, 41 und 42.

Zu Nr.38 und 42 sind die Einwände der Beklagten zum Fünfjahrszeitraum unberechtigt, weil dieser konkret zu berechnen ist und die Vorkäufe nicht länger als fünf Jahre vor den Nachfolgegeschäften liegen (27.8.1996 zu 17.5.2001 und 8.8.1996 zu 17.5.2001).

Berechtigt sind dagegen die Angriffe der Berufung zu den Fällen 21, 30 und 41: Zu Nr.21 war erstinstanzlich nur vorgetragen worden, dass der Vorkäufer der Sohn der Nachfolgekäuferin sei, wobei sich die Anschriftengleichheit aus den Unterlagen ergab. Dieser Vortrag war nicht schlüssig. Nach der Fiat/Lancia-Entscheidung (BGH NJW 1996, 2305 sub B 2a) sind Ehegatten oder nahe Angehörige einzubeziehen, wenn der Ankauf oder die Zulassung bei ihnen in erster Linie durch steuerliche oder versicherungsrechtliche Überlegungen bestimmt wird. Dazu weiß man hier nichts. Es ergibt sich auch keine Vermutung für einen einheitlichen Anwerbungseffekt. Sohn und Mutter konnten trotz gleicher Anschrift ohne Weiteres, was bei erwachsenen Kindern nicht fern liegt, in getrennten Wohnungen des gleichen Hauses gelebt haben. Bei der gemeinsamen Anschrift handelt es sich nämlich um das Firmengelände der E (vgl. Fall 4 im drittletzten Vertragsjahr), bei denen der Sohn Geschäftsführer war. Die erst im Berufungsverfahren behauptete häusliche Gemeinschaft (= gemeinsamer Haushalt) ist bestritten und damit nach § 531 ZPO unbeachtlich.

Das Geschäft im Fall 30 ist unbeachtlich, weil der Verkauf vertragswidrig an einen Wiederverkäufer erfolgte, nämlich an die F GmbH und Co. KG. Ob der Geschäftsführer das Fahrzeug privat nutzen wollte, ist für den Verstoß ohne Belang. Die Interessen der Beklagten wurden schon dadurch verletzt, dass ein Weiterverkauf von der Klägerin nicht verhindert werden konnte.

Der Kunde 41 ist nicht Stammkunde, weil sein Vorkauf unstreitig außerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren lag (23.5.1996 zu 23.6.2001).

Es verbleiben als Stammkundengeschäfte die Nummern 2, 23, 25, 29, 31, 34, 35, 38, 42, 45, 58 und 63. Zu den Zusatzleistungen bleiben auch hier Gutschriften und Belastungen der Z ... Bank unbeachtlich (s.o). Die Gutschrift im Fall 31, bezeichnet mit "VRG" in Höhe von 2.053,62 DM, betraf ebenfalls einen Leasingzuschuss der .... Dies ergibt folgende Berechnung:

 Händlerverkaufspreise561.315,34 DM
Händlereinkaufspreise507.439,09 DM
Grundprovision53.876,25 DM
Zusatzleistungen15.098,98 DM
Zwischensumme68.975,23 DM
./. 
händlertypische Anteile (29% von 68.975,23 DM)20.002,82 DM
verwaltende Anteile (2,5% von 615.077,68 DM)15.376,94 DM
 33.595,47 DM

in Euro 17.177,09 €

bb) drittletztes Vertragsjahr (1.11.1999 bis 31.10.2000)

Das Landgericht hat nur aus der Auflistung der Klägerin zu den Mehrfachkunden (Bl. 143 ff. d.A.) die Kunden 3, 4, 7, 16, 18, 23, 33, 48, 49, 54 und 55 berücksichtigt, wobei die Anschlussberufung pauschal die Beachtlichkeit längerer Intervalle und der Vorverkäufe von Vorführ- oder Gebrauchtwagen einwendet. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Die Beklagte greift mit ihrer Berufung die Fälle 4, 7 und 54 an. Zu Nr.4 ging das Fahrzeug an die E, während der Vorkauf durch die Ehefrau des Geschäftsführers getätigt wurde. Das genügt für ein Näheverhältnis nicht, weil es sich um einen doppelt vermittelten Einfluss handelt (Ehefrau auf Ehemann, Ehemann auf KG).

Das Geschäft Nr.7 ist zu Recht berücksichtigt: Es betraf ausweislich der Unterlagen eine G (K 16, Nr.7). Diese ist mit der Vorkäuferin H identisch. Der Namenswechsel infolge Heirat ist unbestritten geblieben, wäre aber auch durch die Unterschriftsähnlichkeit und das gleiche Geburtsdatum in den Kaufanträgen (Vorkauf K 185) nachgewiesen. Der Vortrag ist bereits erstinstanzlich erfolgt (Schriftsatz vom 27.1.2006, S. 75, Bl. 303 d.A.).

Das Geschäft Nr. 54 muss ausscheiden, auch wenn der Vorkäufer - RA I - Mitgesellschafter der Nachfolgekäuferin, der BGB-Gesellschaft Rechtsanwälte I und J, war, die das Fahrzeug als Dienstfahrzeug erwarb. Es fehlt an einem Vortrag zur Identität des Entscheidungsträgers in der BGB-Gesellschaft.

Zu den verbleibenden Geschäfte haben ebenfalls Zusatzleistungen und Belastungen der Z ... Bank unberücksichtigt zu bleiben (s.o.), sodass nur die Zahlungen der Beklagten in den Fällen 3, 48 und 49 beachtlich sind. Die im Fall 3 aufgeführte Belastung ist auch durch die Z ... Bank erfolgt.

 Händlerverkaufspreise419.649,22 DM
Händlereinkaufspreise389.035,82 DM
Grundprovision30.613,40 DM
Zusatzleistungen9.164,06 DM
Zwischensumme39.777,46 DM
./. 
händlertypische Anteile (29% von 39.777,46 DM)11.535,46 DM
verwaltende Anteile (2,5% von 471.558,56 DM)11.788,96 DM
 16.453,04 DM

in Euro 8.412,31 €

cc) viertletztes Vertragsjahr (1.11.1998 bis 31.10.1999) Das Landgericht hat die Fälle 4, 5, 10, 11, 15, 22, 26, 27, 28, 30, 32, 34, 37, 38, 46, 48, 52, 56, 59 und 65 anerkannt.

Die Klägerin wendet ein, die Kunden 9, 43, 53 und 64 seien zu Unrecht unberücksichtigt geblieben.

Die Kundin Nr.9 (K) war keine Stammkundin, weil das Vorgeschäft einen Gebrauchtwagen betraf (Anlage K 135), der zudem nur von ihrem Sohn erworben wurde. Das Fahrzeug war bereits vier Jahre alt und hatte eine Laufleistung von ca. 94.000 km.

Zu Fall 43 wird Personenidentität des Vorerwerbers L mit dem Nachfolgeerwerber M behauptet und unter Zeugenbeweis gestellt. Die Behauptung der Klägerin ist aber nicht schlüssig, weil nicht ersichtlich ist, in welcher Rechtsform der Vorerwerber betrieben wird. Nach Anlage K 154, dort der Leasinganfrage, handelte es sich um eine KG, die mit einer Einzelperson nicht identisch sein kann.

Der Kunde 53 (N) ist als Stammkunde zu behandeln, weil er zu dem Neukauf vom 5.7.1999 (Nr.53 in Anl. K 131) am 13.5.1997 einen Vorkauf zu einem Neuwagen getätigt hatte (Anl. K 158).

Der Fall 64 hat unberücksichtigt zu bleiben, weil der Vorkauf durch eine andere Person getätigt wurde. Dass beide Käufer Handelsvertreter für ...-Versicherungen waren, schafft kein Angehörigenverhältnis oder auch nur vergleichbares Werbeverhältnis.

 Händlerverkaufspreise1.021.008,00 DM
Händlereinkaufspreise925.876,94 DM
Grundprovision95.131,06 DM
Zusatzleistungen12.055,00 DM
Zwischensumme107.186,06 DM
./. 
händlertypische Anteile (29% von 107.186,06 DM)31.083,96 DM
verwaltende Anteile (2,5% von 1.122.275,08 DM)28.056,88 DM
 48.045,22 DM

in Euro 24.565,13 €

dd) fünftletztes Vertragsjahr (1.11.1997 bis 31.10.1998)

Aus der Auflistung der Stammkunden durch die Klägerin (Schriftsatz vom 27.1.2006, S. 16 ff., Bl. 244 ff. d.A.) hat das Landgericht die Fälle 3, 9, 16, 19, 20, 21, 32, 35, 43, 46, 62, 63, 69, 72, 73, 75 und 76 anerkannt.

Soweit die Berufung die Berücksichtigung des Falls 72 als Stammkundengeschäft rügt, ist der Einwand berechtigt. Der Vorkauf liegt außerhalb des Fünfjahreszeitraums (25.9.1998 zu 21.4.1993).

Die Anschlussberufung hat keinen Erfolg, soweit sie auch insoweit längere Zeiträume und die Berücksichtigung von Gebraucht- und Vorführwagen reklamiert. Sie beanstandet aber mit Recht die Nichtberücksichtigung der Fälle 79-82, in denen für den gleichen Tag ein vierfacher Kauf vorliegt. Schon für den Doppelkauf ist anerkannt, dass bei ihm beide Fälle zu berücksichtigen sind, weil sich darin ein gesteigertes Vertrauen zeigt.

Zu den Fällen 6, 29, 42 und 60 wendet die Anschlussberufung ein, dass doch Personenidentität oder eine gleichstehende Nähebeziehung vorliege.

Dass es sich im Fall 6 bei Vor- und Nachkäufer um Eheleute handelte, ist erstinstanzlich nicht bestritten worden und die nötige häusliche Gemeinschaft bei der Anschriftsgleichheit der Eheleute zu vermuten (K 86 Nr.6 und K 89). Das neue Bestreiten der Ehe im Berufungsverfahren ist nach § 531 ZPO unzulässig, sodass insoweit ein Stammkundengeschäft anzunehmen ist.

Im Fall 29 ist der Vortrag der Klägerin, der Vorerwerber sei der Sohn des späteren Käufers, unschlüssig, weil sich daraus die geforderte häusliche Gemeinschaft oder eine vergleichbare Nähebeziehung nicht ergibt. Es liegt nicht einmal die gleiche Wohnanschrift der Käufer vor (Anl. K 86 Nr. 29 und Anl. K 100).

Im Fall 42 ist die Anschlussberufung erfolglos, schon weil das Vorgeschäft außerhalb des maßgeblichen Zeitraums liegt (6.3.1990 zu 9.4.1998).

Zu Fall Nr.60 ist der Vortrag unschlüssig. Dass die Vorerwerberin, Dr. O (K 112) die Tochter des Nacherwerbers P (K 86, Nr.60) ist, legt auch bei Anschriftengleichheit eine Vermutung für eine häusliche Gemeinschaft nicht nahe. Es ist nicht ungewöhnlich, dass erwachsene Kinder auch ohne gemeinsamen Haushalt im Haus der Eltern wohnen. Dessen ungeachtet fand der Nachfolgekauf für eine BGB-Gesellschaft "Praxis Dr. Q und Dr. O" statt.

Das führt zu folgender Berechnung:

 Händlerverkaufspreise 1.035.043,86 DM
Händlereinkaufspreise 934.073,69 DM
Grundprovision 100.970,17 DM
Zusatzleistungen 6.433,00 DM
Zwischensumme 107.403,17 DM
./. 
händlertypische Anteile (29% von 107.403,17 DM) 31.146,92 DM
verwaltende Anteile (2,5% von 1.132.210,53 DM) 28.305,26 DM
 47.950,99 DM

in Euro 24.516,95 €

 ee) Zusammenstellung: 
letztes Vertragsjahr 8.746,15 €
vorletztes Vertragsjahr 17.177,09 €
drittletztes Vj. 8.412,31 €
viertletztes Vj. 24.565,13 €
fünftletztes Vj. 24.516,95 €
Summe 83.417,63 €

Das letzte Vertragsjahr ist untypisch, weil es um 48% unter dem Durchschnitt aller fünf Jahre (16.683,53 €) liegt. Damit kommt es auf den auf fünf Jahre hoch gerechneten Durchschnittsbetrag an, der dem des Gesamtzeitraums entspricht, sodass sich ein Zwischenbetrag von 83.417,63 € ergibt.

e) Billigkeitskorrektur

Gemäß § 89b Abs.1 Nr.3 ist der Anspruch um 25% aus Billigkeitsgründen herabzusetzen. Dabei ist zu Gunsten der Beklagten der sogenannte Markensog zu berücksichtigen. Der von der Klägerin vertretenen Ansicht, der Werbeeinfluss der Beklagten spiele überhaupt keine Rolle oder sei schon in den niedrigeren Provisionen berücksichtigt, vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar liegt es nahe, dass für ein bekanntes Produkt die Provision niedriger ausfallen kann. Dass dies bei der Beklagten der Fall ist, ergibt sich hier nicht. Dem von der Beklagten erbotenen Sachverständigenbeweis zum Umfang ihres Werbeeinflusses auf die Kaufentscheidungen muss man nicht nachgehen, weil Schätzungsermessen nach § 287 Abs.2 ZPO besteht und eine sachverständige Aufklärung außer Verhältnis zu dem von einer Billigkeitskorrektur betroffenen Klagebetrag steht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass eine Begutachtung wegen des Einschlusses empirischer und psychologischer Elemente aufwändig wäre und ihr Ergebnis ohnehin einer zusätzlichen wertenden Betrachtung unterläge.

Zu Gunsten der Beklagten ist neben der Anwerbung der Großabnehmer durch ihre Großabnehmerzuschüsse das nachvertragliche Verhalten der Klägerin zu berücksichtigen, die von der Beklagten mit Eilverfahren zur Einhaltung nachvertraglicher Pflichten angehalten werden musste. Obwohl der Ausgleichsanspruch mit dem Ende des Händlervertrags entsteht, können solche späteren Ereignisse, auch wenn sie zur Verwirkung des Anspruchs nicht ausreichen, bei der Billigkeitsprüfung Beachtung finden, jedenfalls wenn sie, wie hier, Indizien für eine bereits vor Vertragsbeendigung vorhandene Einstellung sind. Das nachvertragliche Verhalten hat aber nur geringes Gewicht, denn eine finanzielle Einbuße der Beklagten hieraus ist nicht vorgetragen. Auch der Vertrieb von Nachfolgeprodukten hat nur untergeordnete Bedeutung. Die Nachfolgeprodukte X und Y sind der Marke Z wenig ähnlich. Das Produkt ..., das eher vergleichbar ist, wurde erst nach mehreren Jahren übernommen.

Dem steht gegenüber, dass die Klägerin sehr lange bei der Beklagten Vertragshändlerin war, nämlich 30 Jahre, davon lange Zeit in dem damals sogenannten Zonenrandgebiet, einem strukturschwachen Bereich, wie auch zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte der Klägerin ein ständig wechselndes Vergütungssystem zugemutet hat.

Damit verbleibt es bei einem Abschlag von 25%, sodass sich eine Zwischensumme von 62.563,22 € errechnet.

f) Abzinsung, Umsatzsteuer, Zinsen

Bei einem unbestrittenen Zinssatz von 5% pro Jahr erfolgt die Abzinsung nach der Multifaktorentabelle von Gillardon (Zahlen und Rechenbeispiel bei Küstner, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, 7. Aufl.,2003, Anm.165 unter Rz.775). Bei Faktor 52,9907 bei 60 Monaten Prognosezeitraum (62.563,22 € x 52,9907 : 60 = 55.254,48 €) zuzüglich 16% Umsatzsteuer ergibt sich ein Anspruch von 64.095,20 €.

Zinsen sind in Höhe von 5 % als handelsrechtliche Fälligkeitszinsen ab dem Antragszeitpunkt zu zahlen (16.6.2004). Verzug lag zunächst mangels Verschuldens an der Nichtzahlung nicht vor, denn die Klägerin hatte den Anspruch nicht in nachprüfbarer Weise geltend gemacht. Das erfolgte erst mit der Zustellung des Einspruchsschriftsatzes am 4.11.2005, sodass sich ab dann ein Zinssatz von 5 %-Punkten über Basiszins ergibt. Da es sich nicht um eine Entgeltforderung handelt, kommt der höhere Zinssatz des § 288 Abs.2 BGB nicht zur Anwendung.

g) Höchstbetragsbetrachtung

Der Anspruch übersteigt den Höchstbetrag nach § 89b Abs.2 HGB nicht. Dass es zu einer Kappung des Anspruchs kommt, hat die Beklagte vorzutragen, weil es sich um einen Anspruchsbegrenzungstatbestand handelt (vgl. Baumbach/Hopt, § 89b Rz.51, von Hoyningen/Huene in MüKo, HGB, 1996, Rz.147 zu § 89b; Baumgärtel/Reinicke, Handbuch der Beweislast, Bd.4, 1988, § 89b Rz.3; Senat 5 U 172/99 S.27 mwN.). Dessen ungeachtet liegt der Jahresdurchschnittsbetrag aus dem Grundbetrag gemäß der rechnerisch richtigen Aufstellung der Gesamtkundenmarge bei 162.110,21 € (Bl.287 d.A). Auch ohne Zusatzleistungen und unter Berücksichtigung des Abschlags für händlertypische Vergütungsteile übersteigt der Jahresdurchschnittsbetrag den hier errechneten Anspruch weit.

B) Teile- und Zubehörgeschäft

Die analoge Anwendung des §89b Abs.1 HGB auf einen Vertragshändler setzt voraus, das das Rechtsverhältnis zwischen dem Vertragshändler und dem Lieferanten so ausgestaltet ist, dass es den Händler in die Absatzorganisation des Lieferanten eingliedert, sodass er dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat, und er verpflichtet ist, dem Lieferanten bei Vertragsende seinen Kundenstamm zu übertragen, so dass sich dieser die Vorteile des Kundenstamm sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann (BGH vom 1.12.1993 - VIII ZR 41/93, BGHR HGB § 89b Vertragshändler 3). Die Voraussetzungen fehlen für das Teilegeschäft:

Zum Ersatzteilgeschäft - über die Theke - ist nicht ausreichend vorgetragen, dass die Käufer namentlich erfasst wurden und die Klägerin verpflicht war, diese der Beklagten mitzuteilen. Dass Neuwagenkunden im Einzelfall auch Ersatzteilerwerber sein können, führt nicht zu einer solchen Mitteilung. Die Mitteilung wäre auch sinnlos, weil sich die Beklagte diese Kundenbeziehung nicht oder nur schwer nutzbar machen könnte.

Soweit sich die Klägerin auf Ersatzteile bezieht, die sie im Rahmen der Werkstatt einbaute, war sie ohnehin nicht Vertragshändler, sondern Werkunternehmer, für den die Gleichstellung zum Handelsvertreter nicht in Betracht kommt, weil insoweit keine auf einer Werbung zu dem Ersatzteil beruhende Leistung der Werkstatt vorliegt (vgl. auch OLG Frankfurt 11 U 55/04 unter Hinweis auf BGH NJW-RR 1988, 42, 44).

Soweit die Klägerin Zubehör in Stammkundenneuwagen eingebaut hat, ergibt sich eine Mitteilung an die Beklagte ebenfalls nicht. Selbst wenn sie erfolgt wäre, fehlte die Übertragung nutzbarer Vorteile auf die Beklagte, denn zu dem Zubehör sind Stammkundengeschäfte , d.h. keine Wiederholungskäufe einzelner Kunden, nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs.1, 281 Abs.3 Satz 2 und 344 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr.10 und 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO angesichts des Charakters der Ausgleichsnorm als Billigkeitsregelung nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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