Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 23.06.2009
Aktenzeichen: 5 U 89/08
Rechtsgebiete: AktG


Vorschriften:

AktG § 123
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft, die nicht im Sinne von § 3 Abs. 2 AktG börsennotiert ist.

Ihre Satzung (Anl. B 1 in ges. Hefter), auf die ebenso wie auf sämtliche weitere nachfolgend bezeichneten Aktenstellen verwiesen wird, regelt in § 10 (Einberufungsfrist und Teilnahme an der Hauptversammlung) Abs. 3:

"Die Aktionäre haben darüber hinaus ihre Berechtigung zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung ihres Stimmrechts nachzuweisen. Dazu ist ein in Textform (§ 126b BGB) in deutscher Sprache durch das depotführende Institut erstellter Nachweis über den Anteilsbesitz bis zum Ablauf des 7. Tages vor dem Tage der Hauptversammlung an die Gesellschaft oder einen in der Einberufung genannten Dritten unter den dort mitgeteilten Anschriften zu übermitteln. Der Nachweis muss sich auf den 21. Tag vor der Hauptversammlung beziehen. Diese Vorschrift steht unter dem Vorbehalt, dass die Aktien in die Girosammelverwahrung einbezogen sind."

Zu ihrer Hauptversammlung am 23. Januar 2008 lud die Beklagte mit am 14. Dezember 2007 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentliche Einladung (Bl. 77 bis 106 d. A.) ein, in der es zur Teilnahme an der Hauptversammlung heißt:

"Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts sind nur diejenigen Aktionäre berechtigt, die sich spätestens bis zum Ablauf des 16.1.2008 - Mittwoch -, 24.00 Uhr (7. Tag vor der Hauptversammlung) in Textform (§ 126b BGB) in deutscher oder englischer Sprache angemeldet haben.

Die Aktionäre haben darüber hinaus ihre Berechtigung zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts nachzuweisen. Dies hat zum Ablauf des 16.1.2008 24.00 Uhr (7. Tag vor der Hauptversammlung) durch Vorlage eines in Textform (§ 126 b BGB) in deutscher oder englischer Sprache erstellten Nachweise des depotführenden Instituts über ihren Anteilsbesitz zu Beginn des 2.01. 2008 - Mittwoch -, 0.00 Uhr (21. Tag vor der Hauptversammlung) zu geschehen ..."

Ausweislich der notariell beurkundeten Niederschrift über die Hauptversammlung legten zu Protokoll des Notars u. a. der Kläger zu 2) für sich persönlich und als Vertreter für die Klägerin zu 1) Widerspruch gegen die Tagesordnungspunkte 3, 4, 6, 7 und 9 ein.

Mit am 18. Februar 2008 (Klägerin zu 1) und 25. Februar 2008 (Kläger zu 2) eingegangener Klage hat die Klägerin zu 1) Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung zu TOP 4, 5 und 7, der Kläger zu 2) entsprechende Klage zu den TOP 3, 4, 6, 7 und 9 erhoben.

Nach Anforderung der Vorschüsse mit Schreiben vom 21.2.2008 (Klägerin zu 1) und 28.2.2008 (Kläger zu 2) sind die Vorschüsse am 7. März 2008 (Klägerin zu 1) und 10. März 2008 (Kläger zu 2) gezahlt worden. Die Zustellung beider Klagen an den Vorstand Z1 der Beklagten erfolgte am 14.3.2008 (Bl. 145 d.A.), an das Aufsichtsratsmitglied Z3 ausweislich Postzustellungsurkunden (Bl. 140, 141 d.A.) am 13.03.2008 an seine Privatanschrift.

Die Kläger haben geltend gemacht, die in Streit stehenden Beschlüsse seien nichtig, weil die Einladung fehlerhaft gewesen sei. In Abweichung von der Satzung habe sie gefordert, der Nachweis habe sich auf den Beginn des 21. Tages vor der Hauptversammlung zu beziehen.

Die Beklagte hat Verfristung der Klagen eingewandt, bestritten, dass die Kläger schon vor der Bekanntmachung der Tagesordnung Aktionäre der Beklagten gewesen seien, und die Klagen für rechtsmissbräuchlich gehalten, weil die Klägerin nur eine, der Kläger nur 17 Aktien der Beklagten halte. Sie hat u. a. zu dem zu TOP 5 gefassten Beschluss darauf hingewiesen, dass seitens der Kläger insoweit Widerspruch nicht erhoben worden sei, und zudem angeblichen Einladungsmangel geltend gemacht, mit der Satzungsfassung habe sich die Beklagte an die gesetzliche Regelung sklavisch anlehnen wollen, was bezüglich des Legitimationsnachweises, bei dem es sich um eine Frist handele, misslungen sei, aber im Sinne des Gesetzes ausgelegt werden müsse, weil anderenfalls eine Legitimationswirkung zu keinem Zeitpunkt mehr erreicht werden könne, denn über den maßgeblichen Zeitpunkt werde stets Streit bestehen.

Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der vor dem Landgericht gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Bl. 272 bis 289 d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht, auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird verwiesen, hat der Klage des Klägers zu 2) in Bezug auf den zu TOP 3 gefassten Beschluss mit der Begründung, dieser sei anfechtbar, der Kläger auch anfechtungsbefugt, weil der Entlastungsbeschluss unter Verstoß gegen die Berichtspflichten des Aufsichtsrats zustande gekommen sei, stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen, insbesondere bezüglich der Beschlussfassungen zu den übrigen Tagesordnungspunkten einen Ladungsmangel und Anfechtungsgründe bezüglich der zu TOP 4, 5 und 7 gefassten Beschlüsse verneint.

Gegen diese Beurteilung wenden sich die Kläger unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen mit ihrer Berufung, mit der sie einen vollständigen Erfolg ihrer Klagen erreichen wollen.

Beide Kläger sind der Ansicht, zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, auf die Berechnung des Nachweisstichtages seien die Regelungen der Fristenberechnung anzuwenden, die Klägerin zu 1., meint, Vieles spreche dafür, den ganzen Tag als Anknüpfungspunkt in Betracht zu ziehen, der Wortlaut der Satzung gebe klar vor, dass das Ende des 21. Tages vor der Hauptversammlung der naheliegendere und daher maßgebliche Zeitpunkt sei.

Der Kläger zu 2. verweist darauf, dass die nachträgliche Ausstellung der Bankbescheinigung (Erstellung des auf diesen Tag bezogenen Nachweises) zudem technisch ohne weiteres möglich sei, deshalb sei nicht nachvollziehbar, warum der record date grundsätzlich auf den Beginn des 21. Tages vor der Hauptversammlung zu verschieben sein sollte.

Die Klägerin zu 1. beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 24. Juni 2008 zum Az. 3-5 O 82/08 abzuändern und

- den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 23. Januar 2008 zum Tagesordnungspunkt 4 "Ermächtigung zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien",

- den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 23. Januar 2008 zum Tagesordnungspunkt 5 "Aufhebung des bestehenden genehmigten Kapitals, Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals mit der Möglichkeit zum Ausschluss des Bezugsrechts und der entsprechenden Änderung des § 3 (Grundkapital) Ziffer 5 der Satzung",

- den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 23. Januar 2008 zum Tagesordnungspunkt 7 "Beschlussfassung über die Vergütung des Aufsichtsrates für das Geschäftsjahr 2006/2007 ",

für nichtig zu erklären,

hilfsweise,

festzustellen, dass die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 4, 5 und 7 mit den in den Hauptanträgen benannten Inhalten nichtig sind.

Der Kläger zu 2. beantragt,

unter teilweiser Abänderung des am 26.6.2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main, Az. 3-5 O 82/08

- den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 23. Januar 2008 zum Tagesordnungspunkt 4, mit dem die Hauptversammlung der Ermächtigung zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien zugestimmt hat,

- den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 23.1.2008 zu Tagesordnungspunkt 6, mit dem die Hauptversammlung über die Vergütung des Aufsichtsrates für das Rumpfgeschäftsjahr 2004, das Geschäftsjahr 2005 und das Rumpfgeschäftsjahr 2006 Beschluss gefasst hat,

- den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 23. Januar 2008 zum Tagesordnungspunkt 7, mit dem die Hauptversammlung über die Vergütung des Aufsichtsrates für das Geschäftsjahr 2006/2007, Beschluss gefasst hat,

- den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 23. Januar 2008 zum Tagesordnungspunkt 9, mit dem die Hauptversammlung über die Vergütung des Aufsichtsrates für weitere Geschäftsjahre ab dem Geschäftsjahr 2007/2008 Beschluss gefasst hat, für nichtig zu erklären,

für nichtig zu erklären

hilfsweise,

jeweils festzustellen, dass der jeweilige vorgenannte Beschluss nichtig ist,

äußerst hilfsweise,

jeweils festzustellen, dass der jeweilige vorgenannte Beschluss unwirksam ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zum vermeintlichen Ladungsmangel.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufungen der Kläger sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und nach Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung gerechtfertigt worden.

Die Rechtsmittel sind aber nicht begründet, weil das angefochtene Urteil weder auf einem Rechtsfehler zum Nachteil der Kläger beruht noch die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO).

Die Nichtigkeitsklage ist zulässig, zu Unrecht macht die Beklagte geltend, die Klagen seien unter Berücksichtigung des geringen Anteilsbesitzes der Kläger - eine bzw. 17 Aktien - rechtsmissbräuchlich, weil dieser Umstand allein nicht taugliche Grundlage für die Annahme ist, die Kläger verfolgten mit ihren Klagen sachfremde Ziele.

Die Nichtigkeitsklagen, darin tritt der Senat dem Landgericht im Ergebnis bei, sind jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht bezüglich der Hauptversammlung vom 23. Januar 2008 einen Nichtigkeitsgrund verneint, weil die Bekanntgabe der Bedingungen für eine Teilnahme an Abstimmungen nicht gegen § 121 Abs. 3 AktG verstoßen hat (§ 241 Nr. 1 AktG). Die Beschlüsse sind nicht in einer Hauptversammlung gefasst worden, die unter Verstoß gegen § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG einberufen war. Nach dieser Bestimmung sind in der Einberufung u. a. die "Bedingungen" anzugeben, von denen die Teilnahme an der Hauptversammlung abhängt. Zu solchen "Bedingungen", also Voraussetzungen im Rechtssinne, gehört der Nachweis der Berechtigung zur Teilnahme.

Die Beklagte durfte und musste in der Einladung zur streitgegenständlichen Hauptversammlung darauf hinweisen, dass sich der Nachweis des depotführenden Instituts bezüglich des Anteilsbesitzes der Aktionäre auf den Beginn, also 0.00 Uhr, des 02.01.2008 (21. Tag vor der Hauptversammlung) zu beziehen hat, obwohl in § 10 Abs. 3 S. 3 der Satzung lediglich geregelt ist, dass sich der Nachweis auf den 21. Tag vor der Hauptversammlung beziehen muss.

Auszugehen ist davon, dass die Beklagte, die nicht im Sinne von § 3 Abs. 2 AktG börsennotiert ist, nicht an die gesetzlichen Vorgaben des § 123 Abs. 3 S. 2 und 3 AktG für börsennotierte Aktiengesellschaften gebunden ist, wo für börsennotierte Gesellschaften mit Inhaberaktien bestimmt ist, dass ein in Textform erstellter Nachweis des Anteilsbesitzes durch das depotführende Institut, der sich auf den Beginn des 21. Tages vor der Versammlung zu beziehen hat, ausreichend ist. Denn § 123 Abs. 3 Satz 1 AktG begründet bei nicht börsennotierten Gesellschaften hinsichtlich der Legitimation der Aktionäre grundsätzlich Satzungsfreiheit im Sinne des § 23 Abs. 5 S. 2 AktG (vgl. Hüffer, AktG 8. Aufl., § 123 Rdz. 10). Damit durfte die Beklagte für den Nachweis des Aktienbesitzes eine von börsennotierten Gesellschaften abweichende Regelung treffen.

Mit der Regelung in § 10 Abs. 3 ihrer Satzung ist das aber nicht geschehen.

Dass auch im Fall der Beklagten der Beginn des 21. Tages vor der Hauptversammlung, also 0:00 Uhr, der maßgebliche Zeitpunkt ist, lässt sich entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht in Anwendung des § 123 Abs. 4 AktG begründen, der u. a. anordnet, dass von der Hauptversammlung zurückrechnende Fristen vom nicht mitzählenden Tage der Versammlung zurückzurechnen sind. Diese Vorschrift ist auf den sog. record date nicht anwendbar. Denn beim record date handelt es sich um eine Stichtags- und nicht um eine Fristenregelung (vgl. Hüffer, a. a. O., Rz. 12). Der Begriff des Stichtags seinerseits meint keinen - ausweislich der missverständlichen Gesetzesbegründung zum UMAG (vgl. BT-Drucks. 15/5092, S. 14) auch nicht gewollten - Legitimationszeitraum, sondern entsprechend dem anglo-amerikanischen Vorbild der Regelung einen Legitimationszeitpunkt (vgl. Simon/Zetsche, NZG 2005, 369, 372; K. Schmidt/M. Lutter/Ziemons, AktG, § 123, Rz. 30). Der Grund hierfür ist, die Stimmrechtsverdoppelung betreffend solche Aktien zu verhindern, die am Legitimationsstichtag aus einem Depotbestand in einen anderen umgeschrieben werden, ohne einen Umschreibestopp für den gesamten Stichtag einzuführen, der sich auch als ein aussichtsloses Unterfangen darstellte, weil er von sämtlichen depotführenden Instituten weltweit, deren Kunden Aktien einer Gesellschaft verwahrten, beachtete werden müsste (vgl. Simon/Zetsche, a. a. O.).

Dafür, auf den Nachweisstichtag die Regelung des § 123 Abs. 4 AktG anzuwenden (so aber Heidel/Pluta, AktG 2. Aufl., § 123 Rz.34), besteht kein praktisches Bedürfnis. Depotführende Institute können den Nachweis auch bezogen auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag ausstellen (vgl. Bürgers/Körber, Heidelberger Kommentar zum AktG, § 123, Rz. 12), weil die Bescheinigung, die sich nur auf den Stichtag beziehen muss, danach ausgestellt werden kann (vgl. Hüffer, a. a. O., § 123 Rz. 12).

Anerkannt ist, dass Gesellschaften ohne Börsennotierung Satzungsregelungen in Anlehnung an § 123 Abs. 3 S. 2 und 3 AktG fassen (vgl. Hüffer, a. a. O., § 123, Rz. 10). Mit dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 ihrer Satzung hat die Beklagte sich an die Gesetzesregelung angelehnt, allerdings ohne einen präzisen Zeitpunkt für den record date zu bestimmen. Damit ist die Satzungsregelung lückenhaft, weist also eine planwidrige Unvollständigkeit auf. Ohne Bestimmung eines genauen Zeitpunkts am 21. Tag besteht die Gefahr der aktienrechtlich unzulässigen Doppelanmeldung, die die Satzungsregelung erkennbar nicht ermöglichen will. Der Entscheidung kann ebenso wenig zugrunde gelegt werden, dass die Satzungsregelung die Bestimmung eines Legitimationszeitraums bezweckt und deshalb für die Legitimation die Aktionärsstellung einen ganzen Tag beibehalten werden müsste. Denn zum einen ist die (weltweite) Beachtung eines Umschreibestopps nicht gewährleistet. Zum anderen und entscheidend spricht gegen diese Annahme, dass es keine sachliche Rechtfertigung dafür gibt, die Teilnahme des Aktionärs an der Hauptversammlung davon abhängig zu machen, dass er für die Dauer eines bestimmten Zeitraumes vor der Hauptversammlung, also während des gesamten 21. Tages vor der Versammlung, Aktionär der Beklagten gewesen ist. Ein solches Erfordernis schränkt zum Nachteil des Aktionärs die Möglichkeit der Veräußerung der Aktie ein, ohne ihm unter dem Gesichtspunkt der Legitimation einen Vorteil zu bringen, denn für die Legitimation anerkannt und ausreichend ist die Anknüpfung an einen singulären Zeitpunkt. Die Satzungsregelung bedarf daher der ergänzenden Auslegung. Diese richtet sich bei materiellen Satzungsbestimmungen trotz Vertragsnatur der Satzung nach deren Eintragung nicht nach §§ 133, 157 BGB, sondern diese unterliegen einer im Grundsatz objektiven Auslegung (vgl. Hüffer, a.a.O., § 23, Rdz. 39). Die Regelungen in § 10 der Satzung (Einberufungsrist und Teilnahme an der Hauptversammlung) sind nicht individualrechtlicher Natur, sondern dem körperschaftsrechtlichen Bereich zuzurechnen, weil sie nicht nur für die Gründungsgesellschafter und derzeitige Gesellschafter gelten, sondern für einen unbestimmten Personenkreis, zu dem auch künftige Gesellschafter und Gläubiger der Gesellschafter gehören, von Bedeutung sind (vgl. MünchKommAktG/Heider, 3. Aufl., § 2, Rdz. 41, 42). Objektive Auslegung bedeutet, dass die Bestimmungen unter Berücksichtigung von Wortlaut, Zweck und systematischer Stellung aus sich selbst heraus auszulegen sind und zwar so, dass stets eine einheitliche Auslegung gewährleistet ist und für die Allgemeinheit nicht erkennbare Erwägungen und Absichten der Gesellschafter nicht verwertet werden können (vgl. Hüffer, a. a. O., § 23, Rz. 39). Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte in der Satzung finden, können bei der Auslegung grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Vorliegend wird mit dem Wortlaut der Satzungsbestimmung der Wille des Satzungsgebers deutlich, eine an die Regelungen für die börsennotierte Gesellschaft angelehnte Bestimmung für die Legitimation zu treffen. In Konsequenz dessen ist es gerechtfertigt, gleichermaßen wie im Fall der börsennotierten Gesellschaft auf den Beginn des 21. Tages abzustellen. Für diesen Zeitpunkt spricht aus dem letztgenannten Grund weitaus mehr als für jeden beliebigen anderen theoretisch in Betracht kommenden Zeitpunkt an diesem Tag. Mit diesem Zeitpunkt wird im Wege der Auslegung ein Ergebnis gefunden, das internationalen Standards bei der Vorbereitung von Hauptversammlungen, denen mit der Einführung des record dates entsprochen werden sollte (vgl. Heidel/Pluta, a. a. O., § 123, Rz. 23), gerecht wird.

Nach alledem ist die Formulierung in der Einladung satzungsgemäß und zutreffend, damit scheiden sowohl Nichtigkeit wie auch Anfechtbarkeit der Beschlussfassungen unter diesem Gesichtspunkt aus. Andere Nichtigkeitsgründe sind nicht ersichtlich.

Die Anfechtungsklagen gegen die zu TOP 4 bis 7 und 9 gefassten Beschlüsse sind unbegründet.

Zu Recht hat das Landgericht die Begründetheit nicht daran scheitern lassen, dass die Kläger die Klagefrist (§ 246 Abs. 1 AktG) versäumt hätten, auf die diesbezüglichen Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung (LGU S. 7) wird unter Hinweis darauf Bezug genommen, dass beide Klagen dem Aufsichtsrat Z3 der Beklagten an dessen Wohnanschrift, wie sich aus der Liste der Mitglieder des Aufsichtsrats (Anl. B 4 in ges. Hefter) ergibt, zugestellt worden sind, weshalb es für die Klage des Klägers zu 2. nicht darauf ankommt, ob ihre Zustellung an die Aufsichtsratsmitglieder Z2 und Z4 jeweils korrekt oder eine Ersatzzustellung nach § 178 ZPO zulässig war.

Der Klägerin zu 1. fehlt indes die Anfechtungsbefugnis (§ 245 AktG), soweit sie sich gegen den zu TOP 5 gefassten Beschluss wendet. Sie war, vertreten durch den Kläger zu 2., in der Hauptversammlung erschienen, hat jedoch gegen diesen Beschluss nicht, was erforderlich gewesen wäre (§ 245 Nr. 1 AktG), zur Niederschrift des Notars Widerspruch erhoben. Ausweislich des Protokolls der Hauptversammlung (Anl. B 2 [S. 24] in ges. Hefter) hat der Kläger zu 2. für die Klägerin zu 1. Widerspruch lediglich gegen die Tagesordnungspunkte 3, 4, 6, 7 und 9 eingelegt. Dem Hinweis der Beklagten hierauf ist die Klägerin zu 1. nicht mehr entgegengetreten, ungeachtet dessen wäre die Erhebung des ursprünglich für ihre Behauptung, Widerspruch sei erhoben worden, angetretenen Beweises - Vernehmung des Klägers zu 2. und notwendigen Streitgenossen als Zeugen - auch prozessual unzulässig gewesen, darüber hinaus ist bereits nicht ersichtlich, der Beweisantritt sei für eine von der Klägerin zu 1. gar nicht behauptete Unrichtigkeit des Protokolls in diesem Punkt erfolgt.

Bezüglich der zu den Tagesordnungspunkten 4, 6, 7 und 9 gefassten Beschlüsse kann die Anfechtungsbefugnis der Kläger jeweils dahinstehen, denn die Beschlussfassungen verletzten weder das Gesetz noch die Satzung (§ 243 Abs. 1 AktG).

Anfechtungsgründe gegen die zu Top 6 (Vergütung des Aufsichtsrates für das Rumpfgeschäftsjahr 2004, das Geschäftsjahr 2005 und das Rumpfgeschäftsjahr 2006) und zu Top 9 (Festsetzung der Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder für weitere Geschäftsjahre ab dem Geschäftsjahr 2007/2008) sind von dem Kläger zu 2. nicht angeführt worden und auch nicht ersichtlich. Die Klägerin, auf deren Vorbringen sich der Kläger ergänzend bezogen hat, hat diese Beschlüsse nicht angefochten und insoweit keinen Vortrag gehalten.

Die bezüglich den zu TOP 4 und 7 gefassten Beschlüsse von beiden Klägern geltend gemachten Anfechtungsgründe greifen aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung (S. 12 [Bl. 283 d. A.] 3. Absatz bis S. 16 [Bl. 287 d. A.] 1. Abs.), die sich der Senat zu eigen macht und auf die Bezug genommen wird, nicht durch. Rechtsfehler werden insoweit von den Klägern in zweiter Instanz nicht gerügt.

Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass der Senat im Ergebnis auch der Erwägung des Landgerichts, das Bestreiten der Klägerin zu 1., der zu Top 7 gefasste Beschluss sei von einem Beschlussvorschlag des Aufsichtsrats (§§ 124 Abs. 3 S. 1, 113 Abs. 1 S. 2 2. Alternative, 108 AktG) gedeckt gewesen, sei prozessual unbeachtlich, beitritt. Nach der Rechtsprechung des BGH ist es im Zivilprozess wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig, eine Behauptung ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhaltes willkürlich aufs Geratewohl, gleichsam ins Blaue hinein aufzustellen, bei der Annahme eines solchen missbräuchlichen Verhaltens ist allerdings Zurückhaltung geboten, weil es einer Partei oft nicht erspart bleiben wird, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse haben kann, die sie nach Lage der Dinge aber für wahrscheinlich hält, in der Regel wird nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte den Vorwurf einer Behauptung ins Blaue hinein rechtfertigen können (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2002 - V ZR 170/01, NJW-RR 2003, 960, Juris Rdz. 9). Dem Landgericht ist letztlich beizutreten, weil hier nach Lage der Dinge klägerseits nicht für wahrscheinlich gehalten werden konnte, dass die Einladung zu Top 7 der Wahrheit nicht entsprochen haben soll, als in ihr ausgeführt ist, der Aufsichtsrat habe die entsprechende Beschlussfassung vorgeschlagen, was seinerseits voraussetzt, dass der Aufsichtsrat in irgendeiner Weise einen entsprechenden Beschluss gefasst hat. Ausweislich Anlage B 4 bestand der Aufsichtsrat aus den drei Personen, die klägerseits (im Fall des Klägers zu 2. mit einer offensichtlichen Unrichtigkeit - Auslassung des Nachnamens - bei dem Aufsichtsrat Z4) in den jeweiligen Rubren der Klageschriften als Aufsichtsratsmitglieder bezeichnet sind. Auf Seite 2 der Niederschrift des Notars über die Hauptversammlung ergibt sich, dass eben diese drei Aufsichtsratsmitglieder in der Hauptversammlung angetroffen worden waren. Die angetroffenen Aufsichtsratsmitglieder waren also diejenigen, die den entsprechenden Beschluss gefasst haben müssen. Dass dem nicht so gewesen sein könnte, die Aufsichtsratsmitglieder ohne jedwede Beanstandung eine Hauptversammlung abhalten und Beschlussfassungen zulassen, zu denen - zumindest partiell - wahrheitswidrig in der Einladung von entsprechenden Vorschlägen dieser Aufsichtsratsmitglieder berichtet wird, ist nicht vorstellbar und begründet die Annahme, dass das Bestreiten der Klägerin nicht auf Erwägungen beruhen kann, die sie für wahrscheinlich halten durfte. Die Unbeachtlichkeit des Einwandes folgt letztlich weiter daraus, dass, was im Senatstermin angesprochen worden ist, die Kläger, nachdem die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast genügend zu einer Aufsichtsratssitzung vom 13.11.2007 und der Beschlussfassung durch den Aufsichtsrat vorgetragen hat, beweisfällig geblieben sind, weil die Kläger den ihnen möglichen Beweisantritt - Vernehmung der Aufsichtsratmitglieder als der gegnerischen Partei - unterlassen haben.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2.

Ende der Entscheidung

Zurück