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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 23.05.2006
Aktenzeichen: 5 U 94/05
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 89 b
1. Bei der für den Ausgleichsanspruch nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB anzustellenden Prognose, in welchem Umfang Nachbestellungen zu erwarten sind, ist auf einen "Stammkundenumsatz" abzustellen.

2. Dies geschieht dadurch, dass die Mehrfachkundenprovisionen des letzten Vertragsjahrs, sofern dieses keinen atypischen Verlauf genommen hat, mit dem Prognosezeitraum multipliziert wird, der bei Kraftfahrzeugen mit fünf Jahren bemessen wird.

3. Hat lediglich das letzte Vertragsjahr einen atypischen Verlauf genommen, kann ein Durchschnittswert unter Heranziehung eines längeren Zeitraums gebildet werden.

4. Der Ausgleichsberechnung zu Grunde zu legen ist der einer Handelsvertreterprovision vergleichbare Teil des Händlerrabatts, der auf der Grundlage der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreisen um händlertypische Bestandteile zu bereinigen ist.


Gründe:

I.

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Autohaus A GmbH (Schuldnerin) einen Ausgleichanspruch als Kraftfahrzeug-Vertragshändlerin entsprechend § 89 b HGB gegen die beklagte Kraftfahrzeugherstellerin geltend, der im Wege der Globalzession zur Sicherheit an die ...bank abgetreten ist.

Die spätere Schuldnerin war seit dem 1. September 1985 B-Vertragshändlerin in O1 (Erstvertrag vom 15./30. August 1985, Bl. 197 - 201 d. A.). Mit Schreiben vom 20. März 2002 kündigte die früher als Aktiengesellschaft verfasste Beklagte das Vertragsverhältnis fristgemäß ordentlich zum 30. September 2003. Die Kündigung erfolgte im Rahmen einer Beendigung sämtlicher Händlerverträge im Hinblick auf die geänderte GVO und eine beabsichtigte Neustrukturierung des Vertriebs.

Die spätere Schuldnerin geriet unter anderem in Folge nicht kostendeckender Gebrauchtwagengeschäfte in Liquiditätsschwierigkeiten, die dazu führten, dass ihr von der Beklagten im Frühjahr 2003 kein Zugriff mehr auf Neubestellungen über die EDV gewährt wurde und sie Neuwagen nur noch gegen Vorkasse erhalten konnte. Am 8. August 2003 stellte die Schuldnerin Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, dem nach vorangegangener vorläufiger Verwaltung am 1. Oktober 2003 stattgegeben wurde (Bl. 117 d. A.). Am 16. Oktober 2003 zeigte der zum Insolvenzverwalter bestellte Kläger Masseunzulänglichkeit an (Bl. 118 d. A.).

Der Kläger bemühte sich erfolglos, die Fortführung des Betriebs mittels eines Service-Partner-Vertrags zu ermöglichen (vgl. Schreiben vom 6. Oktober 2003, Bl. 313 d. A.). Dem trat die Beklagte jedoch nicht näher. Nachdem sich eine Fortführung nicht abzeichnete, liquidierte der Kläger den Betrieb. Im April 2004 wurde die Einrichtung versteigert.

Mit Schreiben vom 23. April 2004 meldete der Kläger bei der Beklagten einen Ausgleichsanspruch dem Grunde nach an (Bl. 62 d. A.) und forderte sie mit Schreiben vom 21. Juli 2004 zur Zahlung auf (Bl. 63 - 66 d. A.), was die Beklagte ablehnte.

Der Kläger hat unter Bezugnahme auf eine 54seitige Liste (Bl. 8 - 61 d. A.) einen Ausgleichsanspruch in Höhe von € 1.102.745,60 errechnet, den er nach Kappung gemäß § 89 b Abs. 2 HGB auf € 445.553,79 begrenzt hat. Wegen der Methode der Berechnung wird auf die Klageschrift Bezug genommen. Der Kläger hat behauptet, die in der Liste aufgeführten Verkäufe seien sämtlich für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs relevante Stammkundengeschäfte.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 445.553,79 nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Aktivlegitimation des Klägers im Hinblick auf die Sicherungsabtretung des Anspruchs bestritten und einen Anspruch des Klägers auch im Übrigen nicht für begründet gehalten. Zum einen fehle es an den Voraussetzungen des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 HGB. Die Beklagte habe aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die die Schuldnerin geworben habe, nach Beendigung des Vertragsverhältnisses keine erheblichen Vorteile, weil der Bezirk nach dem insolvenzbedingten Ausscheiden der Schuldnerin einer intensiven Neubearbeitung bedurft habe. Insbesondere fehle es auch daran, dass die Schuldnerin in Folge der Beendigung des Vertragsverhältnisses Ansprüche auf Provision verloren habe, die sie bei Fortsetzung gehabt hätte, weil in dem für die Prognose maßgeblichen Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses absehbar gewesen sei, dass die Schuldnerin ihre Tätigkeit wegen der Insolvenz nicht werde fortsetzen können. Nicht die Beendigung des Vertragsverhältnisses sei für einen Provisionsverlust ursächlich, sondern die Insolvenz. Zum anderen habe der Kläger auch die Anspruchsvoraussetzungen zur Höhe nicht hinreichend dargelegt und den Anspruch nicht richtig berechnet. Es fehle insbesondere eine nachvollziehbare Darlegung der Mehrfachkundenumsätze. Der Kläger unterlasse es zudem, seine Mehrfachkundenumsätze durch Vorlage der Einkaufs- und Verkaufsrechnungen zu belegen, ohne die eine Überprüfbarkeit nicht gegeben sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Einstellung des Betriebs wegen Insolvenz abzusehen gewesen sei und eine Kausalität der Vertragsbeendigung für die Provisionsverluste fehle und weil der Kläger auch den Stammkundenanteil nicht substanziiert vorgetragen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands in erster Instanz und der Begründung wird auf das Urteil nebst Berichtigungsbeschluss Bezug genommen (Bl. 208 - 215 b d. A.).

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter. Er bekämpft die Hauptbegründung des Landgerichts als unrichtig, weil ein insolventer Betrieb nicht stets auf Beendigung gerichtet sei. Im vorliegenden Fall sei ein Scheitern nicht vorgezeichnet gewesen. Der Betrieb sei noch bis 31. März 2004 ordnungsgemäß fortgeführt worden. Bis dahin habe der Kläger wegen einer Aufrechterhaltung des Betriebs verhandelt, die möglich gewesen wäre, wenn die Beklagte es nicht abgelehnt hätte, ein neues Vertragsverhältnis einzugehen. Die genannte Stammkundenquote von 55 % beziehe sich auf das Verhältnis der Mehrfachkundenumsätze zu den Gesamtumsätzen im letzten Vertragsjahr.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt vom 23. März 2005 zum Az. 3-9 O 3/05 zu verurteilen, an den Kläger € 445.553,79 nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und vertieft ihren Standpunkt, dass dem Kläger wegen nicht zu prognostizierender Provisionsverluste kein Ausgleichsanspruch zustehe.

Wegen des Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird ergänzend auf die Schriftsätze des Klägers vom 20. Juni 2005 (Bl. 239 - 242 d. A.), 2. März 2006 (Bl. 298 - 307 d. A.) und 23. März 2006 (Bl. 451 - 453 d. A.) sowie diejenigen der Beklagten vom 10. Oktober 2005 (Bl. 253 - 270 d. A.) und 23. Februar 2006 (Bl. 271 - 276 d. A.), ferner auf die im Senatstermin vom 28. März 2006 zur Niederschrift abgegebenen Erklärungen (Bl. 455 - 458 d. A.), Bezug genommen. Die Beklagte hat in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11. April 2006 (Bl. 474 - 482 d. A.) ergänzende Ausführungen gemacht.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das Urteil des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), und nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen rechtfertigen ebenfalls keine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Zu Recht hat das Landgericht allerdings die Prozessführungsbefugnis des Klägers ungeachtet der zur Sicherheit erfolgten Abtretung des Anspruchs an die ...bank bejaht, denn der Kläger ist gemäß § 166 Abs. 2 InsO gesetzlich befugt, eine Forderung einzuziehen, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat.

Ein Ausgleichsanspruch entsprechend § 89 b HGB steht dem Kläger indessen nicht zu.

Die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendbarkeit der Vorschrift auf das zwischen der Schuldnerin und der Beklagten begründete Vertragshändlerverhältnis liegen zwar vor. Zwischen den Parteien ist nicht strittig, dass die Schuldnerin in die Absatzorganisation der Beklagten eingegliedert war und dass sie ihrer Vertragspflicht zur Übertragung des Kundenstamms nachgekommen ist.

Der Senat folgt dem Landgericht und der Beklagten nicht darin, dass der Ausgleichsanspruch bereits deshalb entfällt, weil die Schuldnerin wegen Insolvenz nicht in Folge der Beendigung des Vertragsverhältnisses Ansprüche auf Provision verliert, die sie bei Fortsetzung desselben aus bereits abgeschlossenen oder künftig zustande kommenden Geschäften mit von ihr geworbenen Kunden hätte (§ 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB). Diese Ansicht ist im Ansatz verfehlt, weil die Fortsetzung des Handelsvertretervertrages und die gleich bleibende Tätigkeit des Handelsvertreters zu unterstellen sind, sodass es nicht darauf ankommt, ob der Handelsvertreter überhaupt noch weitere provisionspflichtige Geschäfte hätte vermitteln können (BGHZ 24, 214, 217; BGHZ 24, 223, 227; BGHZ 141, 248, 252 f.; BGH NJW 1998, 1070; BGH NJW-RR 1988, 42, 43 unter 4; OLG Celle NJW 1968,1141 f.; Baumbach/Hopt, 32. Aufl. 2006, § 89 b HGB Rn. 7, 26; Ebenroth/Löwisch, § 89 b HGB Rn. 36; Heymann/Sonnenschein/Weitenmeyer, 2. Aufl. 1995, § 89 b HGB Rn. 39). Anderenfalls dürfte auch einem alten oder kranken Handelsvertreter kein Ausgleichsanspruch zustehen, wenn er in Folge seines Alters oder seiner geschädigten Gesundheit absehbar nicht mehr in der Lage wäre, seine Arbeit für den Unternehmer fortzusetzen. Das stünde aber nicht damit in Einklang, dass mit dem Ausgleichsanspruch Vorteile abgegolten werden sollen, die dem Unternehmer durch die bisher geleistete Tätigkeit des Handelsvertreters zugekommen sind, nicht aber eine Vergütung für eine Tätigkeit gewährt wird, die der Handelsvertreter zukünftig hätte erbringen können.

Soweit Stumpf/Ströbl, MDR 2004, 1209, und Wendel/Ströbl, WRP 2005, 999, diese gefestigte Rechtsprechung für den Fall des Insolvenz des Vertragshändlers neuerdings in Frage stellen, gibt es dafür keinen rechtfertigenden Grund. Darauf, ob der Handelsvertreter bei der gedachten Fortsetzung des Vertragsverhältnisses noch zur Vermittlung weiterer provisionspflichtiger Geschäfte im Stande gewesen wäre, kommt es rechtlich nicht an. Deshalb spielt es auch keine Rolle, ob ein solcher Hinderungsgrund im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung bereits angelegt und erkennbar war oder noch nicht prognostiziert werden konnte. Soweit es auf eine derartige Prognose ankommt, betrifft dies andere Fallgestaltungen. Es trifft im Übrigen auch nicht zu, dass ein entscheidender ausgleichsrelevanter Unterschied zum Tod des Handelsvertreters, den auch die Beklagte als für den Ausgleichsanspruch unschädlich ansieht, darin bestehe, dass die finanzielle Krise sich regelmäßig in einem schleichenden Prozess dahin auswirke, dass bei Vertragsbeendigung kein nennenswerter Kundenstamm mehr vorhanden sei. Vielmehr kann eine Insolvenz nach außen hin überraschend in ein intakt scheinendes Verkaufsgeschäft einbrechen. Soweit sinkende Verkaufszahlen vorangegangen sein sollten, wird dies bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs hinreichend erfasst. Es kommt einzig darauf an, welche Vorteile ein Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit vom Handelsvertreter (Vertragshändler) geworbenen Kunden nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses hat, nicht aber auf einen Vergleich zwischen Umsätzen am Ende des Vertragsverhältnisses zu einem früheren Zeitpunkt. Gegebenfalls kann wegen eines derartigen Rückgangs im Rahmen der Billigkeit (§ 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB) noch eine Korrektur vorgenommen werden (BGH NJW 1990, 2889, 2890).

Der Ausgleichsanspruch scheitert entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht daran, dass es an einem wesentlichen Unternehmervorteil fehle, weil das Vertragsgebiet völlig neu habe bearbeitet werden müssen. Für den Unternehmervorteil (§ 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB) genügt es, dass der Vertragshändler die aufgebaute Geschäftsbeziehung mit den geworbenen Kunden darlegt und gegebenenfalls nachweist. Alsdann wird vermutet, dass die Geschäftsbeziehung sich während des Prognosezeitraums ebenso fortentwickelt, wie es vor Vertragsende der Fall war (Ebenroth/Löwisch § 89 b HGB Rn. 37 m. w. N.). Der Eintritt der Insolvenz entkräftet diese Vermutung noch nicht. Vielmehr hätte die Beklagte konkret aufzeigen müssen, dass ihre Unternehmervorteile geringer ausgefallen oder gar völlig in Wegfall geraten sind. Dem ist sie durch den pauschalen Vortrag, sie habe das Vertragsgebiet neu bearbeiten müssen, nicht gerecht geworden.

Die Entscheidung des Landgerichts ist im Ergebnis dennoch zutreffend, weil die weitere Begründung trägt, dass der Kläger zur Anspruchshöhe nicht ausreichend vorgetragen hat.

Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung (BGH NJW 1996, 2298 - "Volvo"; BGH NJW 1996, 2302 - "Fiat/Lancia"; BGH NJW 1997, 1503 - "Renault II"), die dem Kläger bekannt ist und die er bereits in der Klageschrift ausdrücklich zu Grunde gelegt hat, ist bei der für § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB anzustellenden Prognose, in welchem Umfang Nachbestellungen zu erwarten sind, auf einen "Stammkundenumsatz" abzustellen, der vom Vertragshändler vorzutragen ist. Dies geschieht dadurch, dass die Mehrfachkundenprovisionen des letzten Vertragsjahrs, sofern dieses keinen atypischen Verlauf genommen hat, mit dem Prognosezeitraum multipliziert wird, der nach ständiger Rechtsprechung bei Kraftfahrzeugen mit fünf Jahren bemessen wird. Hat lediglich das letzte Vertragsjahr einen atypischen Verlauf genommen, kann ein Durchschnittswert unter Heranziehung eines längeren Zeitraums gebildet werden. Der Ausgleichsberechnung zu Grunde zu legen ist der einer Handelsvertreterprovision vergleichbare Teil des Händlerrabatts, der auf der Grundlage der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreisen um händlertypische Bestandteile zu bereinigen ist (vgl. BGH NJW 1996, 2298, 2300), die hier unstreitig 30 % betragen.

Der Kläger hat mit der Behauptung, das letzte Vertragsjahr sei atypisch verlaufen, einen Zeitraum von fünf Jahren zu Grunde gelegt. Ob dies eine konkrete Darlegung zur Atypizität des letzten Vertragsjahrs mit Darstellung des Verlaufs mehrerer Jahre erforderte (vgl. OLG Saarbrücken NJW-RR 2003, 900, 902), kann auf sich beruhen, weil der Kläger jedenfalls die maßgeblichen Stammkundenumsätze nicht hinreichend vorgetragen hat. Es reichte nicht aus, die der Klagesschrift beigelegte Liste in der Weise zu erläutern, dass in ihr im Wege des Abgleichs nur solche Neuwagenkunden enthalten seien, die in der "eigentlichen Kundenliste" der Schuldnerin mindestens zweimal auftauchten, weil diese "eigentliche Kundenliste" als eine solche beschrieben war, in der sämtliche Kunden für Neuwagen, Gebrauchtwagen und Kundendienst aufgenommen waren (Schriftsatz vom 9. März 2005, Seite 4 = Bl. 183 d. A.). Da Stammkunden solche Mehrfachkunden sind, die in einem überschaubaren Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden (BGH NJW 1998, 66, 68), war damit kein schlüssiger Vortrag gehalten, weil die Stammkundeneigenschaft auf diese Weise nicht beurteilt werden konnte. Weder war so nachzuvollziehen, dass ein beachtlicher Vorkauf getätigt worden war, noch aus welchen sonstigen Gründen eine Nachbestellung anzunehmen war. Unklar blieb auch die vom Kläger genannte Stammkundenquote von 55 %. Da der Kläger erläuterte, dass in der Liste überhaupt nur Stammkunden enthalten seien, war es unverständlich, wieso die daraus abgeleiteten Zahlen auf eine Stammkundenquote von 55 % gekürzt worden waren. Das hätte nur dann Sinn ergeben, wenn die Liste alle Neuwagenumsätze aufgeführt hätte, und würde auch damit übereinstimmen, dass der Kläger sich ursprünglich auf die "Münchner Formel" bezogen hat, deren Berechnung auf den erzielten Netto-Händlerverkaufspreisen für Neuwagen an Endkunden des letzten Vertragsjahrs aufbaut (vgl. LG München MDR 1998, 1489). Da eine wirksame Einigung auf die "Münchener Formel" nicht festgestellt werden kann, war diese für die Ermittlung der Höhe untauglich (OLG Saarbrücken NJW-RR 2003, 900, 902; Ebenroth/Löwisch § 89 b HGB Rn. 129; Intveen, BB 1999, 1881, 1885). Darauf hat der Kläger durch ergänzenden Vortrag auch reagiert.

Infolge des vorgenannten Mangels war es dem Senat auch nicht verlässlich möglich, einen Mindestbetrag des Ausgleichsanspruchs im Wege der Schätzung (vgl. BGH NJW 2000, 1413, 1415) zu bestimmen.

Der Kläger hat zwar sein Vorbringen zweitinstanzlich mit Schriftsatz vom 2. März 2006 ergänzt, dem eine Liste mit Erstkaufdaten (Anlage K 12 = Bl. 405 ff. d. A.) beigefügt ist. Dieses Vorbringen ist indessen gemäß §§ 520, 530, 296 Abs. 1 ZPO nicht zuzulassen, weil es nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist erfolgt ist und seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Senats die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und der Kläger die Verspätung auch nicht genügend entschuldigt hat.

Die Zulassung würde verzögern, weil der Rechtsstreit ohne diese im Sinne einer Zurückweisung der Berufung entscheidungsreif ist, die Zulassung jedoch die Notwendigkeit nach sich zöge, den bereits in erster Instanz für die Richtigkeit der Zahlen benannten Zeugen Z (Schriftsatz vom 9. März 2005, Seite 15 = Bl. 195 d. A.) zu hören und dem Kläger aufzugeben, die Ein- und Verkaufsbelege in geordneter Aufstellung vorzulegen, deren Mühe sich der Kläger bislang nicht unterzogen hat. Eine prozessleitende Ladung des Zeugen Z, die nach der Terminslage des Senats in Betracht gekommen wäre, konnte der Senat nicht veranlassen, weil die Beklagte zulässigerweise erst im Termin zur mündlichen Verhandlung zu dem ergänzenden Vorbringen Stellung genommen und bestritten hat.

Eine genügende Entschuldigung der Verspätung liegt nicht vor; sie ist auch nach Erörterung der möglichen Zurückweisung in mündlicher Verhandlung vor dem Senat nicht gegeben worden.

Der Kläger ist insbesondere nicht dadurch entschuldigt, dass er keinen ausreichenden Hinweis (§ 139 ZPO) auf den Schlüssigkeitsmangel erhalten habe. Zwar hat das Landgericht weder prozessvorbereitend noch im Termin einen Hinweis dokumentiert, was erforderlich gewesen wäre (§ 139 Abs. 4 ZPO). Jedoch ist der Kläger durch die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils in ausreichender Weise hingewiesen worden. Der Kläger hat diesen Hinweis auch richtig verstanden, denn er hat die fehlenden Angaben in zweiter Instanz verspätet nachgereicht. Diese Verzögerung beruhte nach den Erklärungen der Prozessbevollmächtigten des Klägers in mündlicher Verhandlung nicht auf fehlender Erkenntnis, sondern auf Schwierigkeiten der Kontaktaufnahme.

Dass der Kläger auch in gegebenenfalls verlängerter Berufungsbegründungsfrist nicht in der Lage gewesen wäre, die fehlenden Angaben nachzubringen, ist nicht ausreichend dargetan. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 2. März 2006 ausgeführt, er habe "noch einmal die Daten der Gemeinschuldnerin ausgewertet" (Seite 8 = Bl. 305 d. A.). Es ist nicht ersichtlich, wieso dies nicht schon fristgerecht hätte erfolgen können. Soweit die Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, eine Frau C habe erst nach längerer Krankheit für Auskünfte zur Verfügung gestanden, fehlt die Darlegung, dass innerhalb der Begründungsfrist nicht andere Auskunftspersonen, etwa der erstinstanzlich als Zeugen benannten früheren Geschäftsführer Z, hätten befragt werden können.

Die Kosten der Berufung fallen dem Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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