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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 10.10.2005
Aktenzeichen: 5 UF 167/02
Rechtsgebiete: VAHRG


Vorschriften:

VAHRG § 1 II
VAHRG § 1 III
Weder die für die Versorgungssysteme der KÄV Hessen und LÄK Hessen unter bestimmten Voraussetzungen mögliche Realteilung gemäß § 1 Abs. 2 VaHRG noch das für eine VBL-Anwartschaft durchzuführende Quasisplitting gemäß § 1 Abs. 3 VaHRG genießen grundsätzlichen Vorrang. Verbliebe jedoch ein schuldrechtlich auszugleichender Betrag, der nicht öffentlich-rechtlich ausgeglichen werden kann (hier bezüglich einer Anwartschaft der VBL wegen Unwirtschaftlichkeit einer Begründung in der gesetzlichen Rentenversicherung), darf das Gericht die Quotierungsmethode so modifizieren, dass ein schuldrechtlich auszugleichender Rest möglichst nicht mehr verbleibt (BGH, FamRZ 1994, 90 ff., S. 92 unter Ziffer 3 b). Bei der für die Realteilung wieder vorzunehmenden Umkehrung der Umrechnung zur Dynamisierung der Versorgung der LÄK Hessen ist mit dem Barwertfaktor des Pflichtigen zu dividieren, weil nach den Richtlinien der Landesärztekammer Hessen (I Ziffer 3) - anders als in der Bayerischen Ärzteversorgung (vgl. hierzu BGH FamRZ 1988, 1254 ff.) - nicht der Barwert geteilt wird, sondern die Höhe der Realteilung durch den Ausgleich des Nominalwertes der Versorgung bestimmt wird (Beibehaltung von OLG Frankfurt, FamRZ 1989, 70, 71; ebenso 3. Senat, Beschluss vom 15.2. 2005, 3 UF 9/05).
Gründe:

Die am 04.06.1981 geschlossene Ehe der Parteien ist durch Urteil des Amtsgerichts Gießen vom 23.08.2001, rechtskräftig seit 23.08.2001, geschieden worden.

Im abgetrennten Verfahren hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluss den Versorgungsausgleich durchgeführt und zugunsten der Antragsgegnerin monatliche Rentenanwartschaften von EUR 286,48 durch Realteilung bei der Landesärztekammer Hessen und von EUR 190,72 bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen begründet. Dabei hat es versehentlich auch eine Zusatzversorgung der Antragsgegnerin bei der VBL zugrunde gelegt, obwohl dort nur der Antragsteller eine Anwartschaft hat.

Auf die zulässigen Beschwerden der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der Landesärztekammer Hessen ist der Versorgungsausgleich wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern.

Der Antragsteller hat während der Ehezeit vom 1.6.1981 bis 30.4.2001 eine volldynamische monatliche Versorgungsanwartschaft von 1.282,69 DM bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen erworben.

Er hat ferner eine unverfallbare teildynamische Versorgungsanwartschaft bei der Landesärztekammer Hessen in Höhe von monatlich 3.312,50 DM bzw. jährlich 39.750,00 DM, die zunächst zur Vergleichbarkeit mit dynamischen Versorgungen umzurechnen ist. Die im Anwartschaftsstadium statische und im Leistungsstadium volldynamische Versorgung ist nach dem Lebensalter des Antragstellers zum Ende der Ehezeit von 44 Jahren mit dem Kapitalisierungsfaktor 3,6 gemäß Tabelle 1 der BarwertVO vom 26.5.2003 zuzüglich 65 % gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 BarwertVO, mithin mit 5,94 zu vervielfältigen, so dass sich ein Barwert von 236.115 DM ergibt. Dies entspricht nach Multiplikation mit 0,0000957429 (der für das Ende der Ehezeit maßgeblichen Rechengröße) 22,6063 Entgeltpunkten,diese x 48,58 DM (aktueller Rentenwert) einer monatlichen dynamischen Rentenanwartschaft von 1.098,21 DM.

Der Antragsteller hat schließlich noch eine auf die Ehezeit bezogene, unverfallbare Anwartschaft bei der VBL in Höhe von monatlich 179,99 DM bzw. jährlich 2.159,88 DM. Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 07.07.2004 (XII ZB 277/03) inzwischen entschieden, dass die Versorgungsanrechte der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes im Anwartschaftsstadium als statisch, im Leistungsstadium jedoch als volldynamisch zu beurteilen sind. Dies hat zur Folge, dass auch für dieses (noch nicht bezogene) Anrecht eine Umrechnung nach der neuen Barwertverordnung vom 26.05.2003 mit einem um 65 % erhöhten Faktor der Tabelle 1 (hier 3,6 x 1,65 = 5,94) vorzunehmen ist (2.159,88 DM x 5,94 = 12.829,69 DM. Dies entspricht nach Multiplikation mit der für das Ende der Ehezeit maßgeblichen Rechengröße 0,0000957429 zunächst 1,2284 Entgeltpunkten und nach weiterer Multiplikation mit dem Rentenwert von 48,58 DM einer monatlichen dynamischen Rentenanwartschaft von 59,68 DM.

Der Gesamtwert der dynamischen bzw. dynamisierten Rentenanwartschaften des Antragstellers beträgt hiernach monatlich DM 2.440,58.

Die Antragsgegnerin hat während der o.g. Ehezeit ebenfalls eine volldynamische monatliche Versorgungsanwartschaft von 536,67 DM bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen erworben.

Sie hat ferner auch eine unverfallbare teildynamische Versorgungsanwartschaft bei der Landesärztekammer Hessen in Höhe von monatlich 2.191,90 DM bzw. jährlich 26.302,80 DM, die zunächst zur Vergleichbarkeit mit dynamischen Versorgungen umzurechnen ist. Die im Anwartschaftsstadium statische und im Leistungsstadium volldynamische Versorgung ist nach dem Lebensalter der Antragsgegnerin zum Ende der Ehezeit von 45 Jahren mit dem Kapitalisierungsfaktor 3,8 gemäß Tabelle 1 der BarwertVO vom 26.5.2003 zuzüglich 65 % gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 BarwertVO, mithin mit 6,27 zu vervielfältigen, so dass sich ein Barwert von 164.918,56 DM ergibt. Dies entspricht nach Multiplikation mit 0,0000957429 (der für das Ende der Ehezeit maßgeblichen Rechengröße) 15,7898 Entgeltpunkten, diese x 48,58 DM (aktueller Rentenwert) einer monatlichen dynamischen Rentenanwartschaft von 767,07 DM.

Der Gesamtwert der dynamischen bzw. dynamisierten Rentenanwartschaften der Antragsgegnerin beträgt hiernach monatlich DM 1.303,74.

Insgesamt sind somit zugunsten der Antragsgegnerin gemäß § 1 Abs. 2 und 3 VAHRG auszugleichen: 2.440,58 DM - DM 1.303,74 = 1.136,84 DM, hiervon 1/2 = 568,42 DM (dynamisch).

Dieser Ausgleich ist nach der so genannten Quotierungsmethode (vgl. BGH, FamRZ 1994, 90 f.) grundsätzlich im Verhältnis der Höhe der o.g. Anwartschaften des ausgleichspflichtigen Antragstellers vorzunehmen, das heißt, weder die für die Versorgungssysteme der KÄV Hessen und LÄK Hessen hier mögliche Realteilung gemäß § 1 Abs. 2 VAHRG noch das für die VBL-Anwartschaft des Antragstellers durchzuführende Quasisplitting gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG mit Begründung von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung genießen grundsätzlichen Vorrang. Allerdings führte vorliegend ein Ausgleich nach § 1 Abs. 3 VAHRG zu Lasten der Anwartschaften (von 59,68 DM) des Antragstellers bei der VBL deswegen zu einem unwirtschaftlichen Ergebnis, weil die Antragsgegnerin keine Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung hat und bei einem nur geringen Ausgleich durch Begründung monatlicher Anwartschaften mangels Erfüllung der Wartezeit damit keine Rente erwerben könnte. Deshalb hat das Amtsgericht den nach der Realteilung noch verbleibenden Restbetrag nicht gemäß § 1 Absatz 3 VAHRG ausgeglichen, sondern dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten. Jedoch hat der Bundesgerichtshof in der oben zitierten Grundsatzentscheidung zur Quotierungsmethode (FamRZ 1994, 90 ff.) für diese Fallkonstellation eine Ausnahme zugelassen. Verbleibt nämlich ein schuldrechtlich auszugleichender Betrag, der nicht öffentlich rechtlich ausgeglichen werden kann (hier die Anwartschaft der VBL wegen Unwirtschaftlichkeit), darf das Gericht die Quotierungsmethode so modifizieren, dass ein schuldrechtlich auszugleichender Rest möglichst nicht mehr verbleibt (BGH, FamRZ 1994, 90 ff., S. 92 unter Ziffer 3 b). Das heißt, die anteiligen Quoten beim Ausgleich mit der Kassenärztlichen Vereinigung und der Landesärztekammer können ausnahmsweise so erhöht werden, dass ein auszugleichender Betrag der VBL entfällt.

Danach sind für die Antragsgegnerin bei der Kassenärztlichen Vereinigung monatliche Anwartschaften von DM 568,42 x 1.282,69 / 2.380,90 = DM 306,23 = EUR 156,57, bezogen auf den 30.04.2001, durch Realteilung zu begründen, was einem Anspruchssatz von 1,1920 % entspricht.

Bei der Landesärztekammer ergibt sich grundsätzlich ein Ausgleichbetrag von DM 262,19 (DM 568,42 x 1.098,21/ 2.380,90). Für diesen dynamischen Betrag ist nun allerdings wieder die Umkehrung der Umrechnung zur Dynamisierung der Versorgung vorzunehmen, und zwar im Wege der Division mit dem Barwertfaktor des Pflichtigen (3,6 x 165 %), weil nach den Richtlinien der Landesärztekammer Hessen (I Ziffer 3) - anders als in der Bayerischen Ärzteversorgung (vgl. hierzu BGH FamRZ 1988, 1254 ff.) - nicht der Barwert geteilt wird, sondern die Höhe der Realteilung durch den Ausgleich des Nominalwertes der Versorgung bestimmt wird. Ob die Regelung der Landesärztekammer Hessen damit den versicherungsmathematischen Grundsätzen besser gerecht wird als die Bayerische Ärzteversorgung hat der Senat nicht zu beurteilen. Er behält deswegen die bestehende Rechtsprechung des OLG Frankfurt bei (FamRZ 1989, 70, 71; ebenso 3. Senat, Beschluss vom 15.2. 2005, 3 UF 9/05). Der ermittelte dynamische Ausgleichsbetrag von DM 262,19 ist somit für die Realteilung wie folgt zurückzurechnen:

262,19 DM : (12 x 3,6 x 165 % x 0,0000957429 x 48,58) = 790,83 DM = 404,35 EUR, weshalb sich als Ausgleichsbetrag zur Begründung von Anrechten für die Antragsgegnerin im Wege der Realteilung bei der LÄK Hessen nicht dynamische monatliche 404,35 EUR, bezogen auf den 30.04.2001 ergeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 8 GKG in der Fassung bis 30.06.2004, 93 a ZPO. Die Wertfestsetzung folgt aus § 17 a GKG i. d F. bis 30.06.2004.

Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 621e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO bestehen keine Gründe, nachdem der Bundesgerichtshof eine Grundsatzentscheidung zur Teildynamik der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes getroffen hat und der Senat in der Frage der Rückrechnung der dynamisierten Anwartschaft bei der Landesärztekammer Hessen die bisherige Rechtsprechung des OLG Frankfurt am Main beibehalten und wegen der Verschiedenartigkeit der Regelung in der Bayerischen Ärzteversorgung auch nicht von der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen ist.

Ende der Entscheidung

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