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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 04.04.2005
Aktenzeichen: 5 UF 317/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1629 II 3
BGB § 1666
BGB § 1667
BGB § 1796
Die Entziehung der Vermögenssorge gemäß § 1666 BGB durch den Richter kommt bei einer Gefährdung von Vermögensinteressen nur als letztes Mittel in Betracht, wenn Maßnahmen gemäß § 1667 BGB nicht mehr ausreichen. Dies kann nicht dadurch umgangen werden, dass der Rechtspfleger bereits bei jeder denkbaren Vermögensgefährdung einen "erheblichen Interessengegensatz" im Sinne von § 1796 BGB annimmt und gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 3 BGB eingreift.
Gründe:

Das Amtsgericht (Familiengericht) hat am 17.5.2004 mit Zustimmung der Kindesmutter und des Jugendamtes des Landkreises Gießen eine (weitere) Ergänzungspflegschaft für das Kind S. XYZ mit dem Wirkungskreis Vertretung des Kindes bei der Geltendmachung der Herausgabe des Sparbuchs der Postbank Hamburg Nr. ... gegenüber dem Kindesvater W. XYZ und Verwaltung des Sparbuchs angeordnet sowie eine bis dahin bestehende Ergänzungspflegschaft zur Vertretung des Kindes im Rechtsstreit 12 C 234/02 des Amtsgerichts Soest für beendet erklärt. Auf den angefochtenen Beschluss des Familiengerichts vom 17.5.2004 sowie die Gründe des Nichtabhilfebeschlusses vom 8.11.2004 (des Vormundschaftsgerichts ?) wird Bezug genommen. Die Ergänzungspflegerin hatte zuvor mit einem Schriftsatz vom 23.3.2004 zum Aktenzeichen 26 F 1544/02 SO des Amtsgerichts Gießen mitgeteilt, dass der vor dem Amtsgericht in Soest geführte Prozesse rechtskräftig abgeschlossen ist und der Beklagte zur Auskunft verurteilt wurde, die er mittlerweile auch erteilt habe. Nach seiner Auskunft betrage das Guthaben auf dem umstrittenen Sparbuch EUR 2.898,68. Auf Grund des Guthabens sei auch davon auszugehen, dass der einzuzahlende Betrag dort eingezahlt wurde. Jedoch ergebe sich eine Gefährdung der Vermögensinteressen des Kindes daraus, dass es überhaupt eines gerichtlichen Verfahrens bedurfte, bis der Kindesvater über den Stand des Sparbuchs Auskunft erteilt habe. Deshalb hatte sie angeregt, die weitere Ergänzungspflegschaft für ein Verfahren einzurichten, das auf die Entziehung der Vermögenssorge gerichtet ist betreffend das Sparbuch der Postbank Hamburg Nr. .... Zwar sei ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Kindesvaters zwischenzeitlich wieder eingestellt, es lasse jedoch Rückschlüsse auf die finanzielle Situation des Kindesvaters zu, so dass zu befürchten sei, das Guthaben des Sparbuches werde vom Vater für eigene Zwecke verbraucht.

Es war dann der Rechtspfleger des Amtsgerichts, der der Meinung war, der Aufgabenkreis des Ergänzungspflegers solle jetzt erweitert werden auf die Geltendmachung der Herausgabe des Sparbuchs und auf die Verwaltung des Sparbuches, dies obwohl das Amtsgericht Soest einen Anspruch auf Herausgabe des Sparbuches in dem zwischenzeitlich beendeten Rechtsstreit gerade nicht gesehen hatte.

Die Beschwerde des Antragsgegners, der am erstinstanzlichen Verfahren überhaupt nicht beteiligt worden ist und auch erst durch ein Schreiben der Ergänzungspflegerin vom 1.6.2004 von deren Bestellung erfahren hat, ist zulässig und begründet.

Zwar kann über das Sorgerecht oder Teile davon (insbesondere bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1666 BGB) erforderlichenfalls auch ohne Antrag eine Regelung getroffen werden (vgl. hierzu OLG Frankfurt am Main, OLGR Frankfurt 2003, 153-154 = NJW-RR 2003, 1517-1518). Völlig zu Recht weist jedoch der Antragsgegner darauf hin, dass für ein solches Verfahren, das hier auf eine teilweise Entziehung der Vermögenssorge gerichtet war, die richterliche Zuständigkeit des Familiengerichts bestanden hätte. Der Rechtspfleger ist über die Anregung der Ergänzungspflegerin hinausgegangen und hat entgegen deren Intention, die auf ein Verfahren gemäß §1666 BGB gerichtet war, gleich selbst in die Vermögenssorge eingegriffen. Bei diesem Eingriff handelte es sich der Sache nach nicht mehr nur um eine bloße Ergänzungspflegschaft wie zuvor zur Führung des Rechtsstreits beim Amtsgerichts Soest, sondern um die Übertragung eines Teils der Vermögenssorge selbst, was auch von der Ergänzungspflegerin selbst eingeräumt wird. Ausnahmsweise sieht § 1629 Abs. 2 Satz 3 BGB in Verbindung mit § 1796 BGB allerdings auch eine Entziehung der Vertretungsmacht für einzelne Angelegenheiten im Falle eines erheblichen Interessengegensatzes vor. Hierfür genügt allerdings nicht die bloße Möglichkeit eines Interessengegensatzes, dieser muss vielmehr konkret festgestellt werden (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, § 1629, Rdn. 20, 24 ff., § 1796 Rdn. 2 ff. jeweils mit weiteren Nachweisen). Solche Feststellungen sind im vorliegenden Fall nicht getroffen, ausreichende Anhaltspunkte sind auch nicht ersichtlich. Tatsächlich geht es um Maßnahmen, für die der Gesetzgeber speziell in §1667 BGB das notwendige Instrumentarium zur Verfügung gestellt hat. Aus den abgestuften Maßnahmen, die §1667 BGB vorsieht, ist zu entnehmen, dass bei einer Gefährdung von Vermögensinteressen des Kindes die Entziehung der Vermögenssorge nur als letztes Mittel in Betracht kommt. Dies kann nicht dadurch umgangen werden, dass der Rechtspfleger gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 3 BGB eingreift und bereits bei jeder denkbaren Vermögensgefährdung einen "erheblichen Interessengegensatz" im Sinne von § 1796 BGB annimmt. Vor dem Hintergrund einer möglichen Vorgehensweise nach § 1667 BGB war deswegen vorliegend weder die Entziehung der Verwaltung des Sparbuchs geboten noch die von der Verfahrenspflegerin eigentlich nur angestrebte Einleitung eines Verfahrens gemäß § 1666 BGB. Ebenso wenig bestand für den Wirkungskreis "Geltendmachung der Herausgabe des Sparbuchs" noch ein Anlass zu einer Ergänzungspflegschaft, nachdem ein entsprechender Klageantrag vor dem Amtsgericht Soest aufgrund der rechtlichen Hinweise des dortigen Gerichts, dass ein solcher Anspruch nicht bestehen dürfte, nicht weiter verfolgt und statt dessen lediglich noch Auskunft begehrt worden ist, die der Antragsgegner, wie von der Ergänzungspflegerin mitgeteilt, auch erteilt hat.

Der angefochtene Beschluss über eine weitere Ergänzungspflegschaft nach Abschluss des Rechtsstreits vor dem Amtsgerichts Soest war deswegen (ersatzlos) aufzuheben. Sofern noch Bedenken hinsichtlich einer Vermögensgefährdung bestehen sollten, mögen beim Amtsgericht Maßnahmen gemäß § 1667 BGB in Betracht gezogen werden, ehe an eine Entziehung der Vermögenssorge gedacht werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a FGG und § 21 GKG neuer Fassung, die Wertfestsetzung auf § 30 Absatz 2 Kostenordnung . Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 und 3 ZPO) besteht keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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