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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 18.09.2007
Aktenzeichen: 5 W 27/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 926
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Verfügungsklägerin hatte gegen die Verfügungsbeklagte eine einstweilige Verfügung mit Beschluss des Landgerichts vom 19.06.2007 erwirkt, mit der der Verfügungsbeklagten aufgegeben wurde, alle in ihrem Besitz befindlichen, zur vollständigen Lohn- und Finanzbuchhaltung gehörenden Daten bestimmter Gesellschaften auf einem heute üblichen Datenträger an die Verfügungsklägerin herauszugeben und zwar in der Weise, dass die Daten der Lohn- und Finanzbuchhaltung, also aus den Bereichen Lohn- und Gehaltsabrechnung sowie Finanz- und Rechnungswesen, auf einem bestimmten Softwareprogramm eigenständig lauffähig sind.

Zugleich wurden der Verfügungsbeklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt. Nach Widerspruch der Verfügungsbeklagten gegen den Beschluss hat das Landgericht Beweis erhoben, die Verfügungsbeklagte hat dann die herausverlangten Daten an ein von der Verfügungsklägerin genanntes Unternehmen überspielt.

Daraufhin hat die Verfügungsklägerin beantragt festzustellen, dass die einstweilige Verfügung in der Hauptsache erledigt sei, die Verfügungsbeklagte hat beantragt, unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Mit Urteil vom 08.08.2007, gegen das die Verfügungsbeklagte die Berufung zum erkennenden Senat eingelegt hat (5 U 158/07), über die noch nicht entschieden ist, hat das Landgericht festgestellt, dass das einstweilige Verfügungsverfahren in der Hauptsache erledigt sei und der Verfügungsbeklagten die weiteren Kosten des Verfahrens auferlegt . Den weiteren Antrag der Verfügungsbeklagten auf Fristsetzung zur Klageerhebung hat das Landgericht abgelehnt, der hier gegen gerichteten sofortigen Beschwerde der Verfügungsbeklagten mit Beschluss vom 14. August 2007 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten ist statthaft (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, ohne Rücksicht darauf, dass nicht der Richter, sondern der Rechtspfleger funktionell für die Entscheidung über einen Antrag, dem Antragsteller einer einstweiligen Verfügung gemäß den §§ 926 Abs. 1, 936 ZPO eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage zu setzen, zuständig ist (§ 20 Nr. 14 RPflG) und daher die Entscheidung auch grundsätzlich durch Beschluss und nicht durch Urteil getroffen wird. Nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz ist gegen eine Entscheidung jedenfalls auch das Rechtsmittel gegeben, das statthaft gewesen wäre, wäre die Entscheidungen in der richtigen Form erlassen worden. Dies ist die nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässige sofortige Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG), so dass durch die Entscheidung der funktional unzuständigen Kammer in ihrer richterlichen Besetzung nicht ein Rechtsmittel eröffnet worden ist, das sonst nicht gegeben wäre.

Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Dem Antrag der Verfügungsbeklagten fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.

Der Wortlaut der Vorschrift des § 926 ZPO setzt eine noch bestehende einstweilige Verfügung voraus, bereits hieran fehlt es, nachdem das Landgericht die erlassene einstweilige Verfügung nicht aufrechterhalten, sondern auf Antrag der Verfügungsklägerin ausgesprochen hat, dass das einstweilige Verfügungsverfahren in der Hauptsache erledigt ist.

Nach Sinn und Zweck der Vorschrift soll es dem Verfügungsbeklagten ermöglicht werden, den Verfügungskläger, wenn er die Rechte aus einer einstweiligen Verfügung nicht verlieren will, zu zwingen, im ordentlichen Verfahren den Verfügungsanspruch nachzuweisen, weil dieser bislang nur summarisch (§§ 936 , 920 Abs. 2, 921 ZPO) geprüft worden ist und der Verfügungsbeklagte die lediglich glaubhaft gemachte Behauptung des Klägers vielleicht nur mit den begrenzt zulässigen Beweismitteln des Verfügungsverfahrens nicht erschüttern konnte, wobei ein das Verfügungsverfahren abschließendes Erledigungsurteil ebenfalls nur auf summarischer Prüfung, insbesondere der Frage beruht, ob der Verfügungsanspruch von Anfang an begründet war oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 28.05.1973 - II ZR 135/71, NJW 1973, 1329).

Eine auf Leistung der Beklagten gerichtete Hauptsacheklage könnte die Verfügungsklägerin unstreitig nicht erheben, weil an klageweiser Geltendmachung des Verfügungsanspruchs kein Interesse mehr besteht, nachdem die Verfügungsklägerin die herausverlangten Daten erhalten hat.

Ein schutzwürdiges Interesse der Verfügungsbeklagten, der Verfügungsklägerin eine Frist für eine Leistungsklage zu setzen, ist nicht ersichtlich und wird von der Verfügungsbeklagten auch nicht geltend gemacht.

Allerdings könnte der Verfügungsklägerin die Möglichkeit bleiben, nach entsprechender Fristsetzung eine Klage auf Feststellung dahin zu erheben, dass der Verfügungsanspruch im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war (vgl. OLG Nürnberg, OLGReport Nürnberg 2005, 521).

Das Interesse der Verfügungsbeklagten, dass in einem solchen Feststellungsprozess die Rechtslage abweichend zu ihren Gunsten geklärt werden könnte, ist aber nicht schutzwürdig, weil die gerichtliche Erledigungserklärung in der Zukunft für die Parteien keine praktische Bedeutung hat, vielmehr lediglich die Verfügungsbeklagte ein Interesse an der Abänderung der Kostenentscheidung hat, und dies berechtigterweise nur dann, wenn diese auf unzutreffenden Voraussetzungen beruhte (vgl. BGH a. a. O.). Der Senat schließt sich der Entscheidung des Bundesgerichtshofes an, dass es hierzu in keinem angemessenen Verhältnis steht, wenn die Verfügungsklägerin, nur um die umstrittene Kostenentscheidung zu verteidigen, gezwungen würde, die Feststellung zu betreiben, dass ihr Anspruch von Anfang an begründet war. Hier wie in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Grunde liegenden Falle beruhte die Erledigung des Verfügungsantrags außerdem auf einer Handlung der Verfügungsbeklagten, zu der diese nicht gezwungen war, wenn sie weiterhin den Standpunkt einnehmen wollte, den Anspruch der Verfügungsklägerin bereits erfüllt zu haben. In einem solchen Fall besteht kein hinreichender Grund, der Verfügungsbeklagten noch die Rechte aus § 926 Abs. 2 ZPO zu geben (vgl. BGH a. a. O.).

Der abweichenden Ansicht des OLG Nürnberg (a. a. O.), das Rechtsschutzbedürfnis sei allein aus dem Kosteninteresse der Verfügungsbeklagten gegeben (zustimmend Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Auflage, § 926, Randziffer 12), vermag der Senat nicht beizutreten. Sie wird nicht durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 01.04. 1993 - I ZR 70/91, NJW 1993, 2685, 2687) gestützt, in der der BGH ausgeführt hat, dass, wenn der Verfügungskläger auf den erstrittenen Titel verzichtet und ihn an den Verfügungsbeklagten herausgegeben, sich sein Verzicht jedoch nicht auch auf die Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung bezogen hatte, insbesondere der Verfügungsbeklagte mit seinen eigenen außergerichtlichen Kosten dieses Verfahrens belastet blieb, ein Rechtsschutzinteresse des Verfügungsbeklagten am Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO nicht verneint werden könnte. Denn in dem jener Entscheidung zu Grunde liegenden Fall war ein Hauptsacheverfahren durchgeführt und in dessen Rahmen festgestellt worden, dass der Erlass der einstweiligen Verfügung nicht gerechtfertigt war.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg läuft auch darauf hinaus, dass der Verfügungskläger in entsprechenden Fällen zu einer Klage genötigt wird, der es ihrerseits am Rechtsschutzbedürfnis fehlte. Die Verfügungsklägerin hat kein Interesse an einer derartigen Klage auf Feststellung, dass der Verfügungsanspruch im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war, weil die Verfügungsklägerin einen Kostentitel in Gestalt des landgerichtlichen Urteils im einstweiligen Verfügungsverfahren in Händen hält. Allein die Verfügungsbeklagte hat aus Kostengründen ein Interesse daran, die Verfügungsklägerin zu dieser Klage zu zwingen. Das Feststellungsinteresse lässt sich jedoch nicht mit den Kosten des Verfahrens der einstweiligen Verfügung begründen, weil in diesem Verfahren selbstständig über die dortigen Kosten befunden werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.1973 - VI ZR 171/72, NJW 1974,503). Außerdem stellte es einen unzulässigen Zirkelschluss dar, wenn das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag gemäß § 926 Abs. 1 ZPO mit der Möglichkeit einer Klage begründet würde, für die das Rechtsschutzbedürfnis schlicht aus dem Antrag der Gegenseite gemäß § 926 Abs. 1 ZPO gefolgert würde.

Im übrigen ist hier anders als in dem der Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg zu Grunde liegenden Falle eine Kostenentscheidung zu Gunsten der Verfügungsbeklagten auch noch nicht ausgeschlossen, weil die Verfügungsbeklagte Berufung gegen das landgerichtliche Urteil eingelegt hat, über die der Senat noch nicht entschieden hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts gemäß § 3 ZPO orientierte sich am Gesamtbetrag der bislang im einstweiligen Verfügungsverfahren entstandenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten. Hiernach ergibt sich ein Betrag in der Gebührenstufe bis 6.000,-- € auf Basis eines Streitwerts von 25.000,-- € im einstweiligen Verfügungsverfahren als 1/3 des Hauptsachestreitwerts, den der Senat im Hinblick auf die Wertfestsetzung im Berufungsverfahren (5 U 158/05) gemäß Beschluss vom heutigen Tage in Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 19.06.2007 auf 75.000,-- festgesetzt hat.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen einer Zulassung sind nicht gegeben (§§ 574 Abs. 1 Satz 2, 542 Abs. 2, 574 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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