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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 11.12.2007
Aktenzeichen: 5 W 30/07
Rechtsgebiete: AktG, UmwG
Vorschriften:
AktG § 246 a | |
UmwG § 16 |
Gründe:
I.
Die Antragsgegner zu 1.) bis 5.) wenden sich als Kläger unter Streithilfe des Antragsgegners zu 6.) in dem oben bezeichneten Rechtsstreit gegen die Wirksamkeit der Beschlüsse der Antragstellerin, durch die in der Hauptversammlung vom 15.1.2007 die Zustimmung zu einer Ausgliederung (TOP 1) und zu einem Unternehmensvertrag mit dem späteren Träger des ausgegliederten Betriebs (TOP 2) beschlossen wurde. Hinsichtlich der geltend gemachten Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe wird auf die beigezogene Akte des Klageverfahrens verwiesen. Soweit dort zwei weitere Kläger beteiligt sind, ist hinsichtlich des einen die Klage zurückgenommen worden, während die Angriffe des anderen einen hier nicht interessierenden Tagesordnungspunkt betreffen.
Mit dem Freigabeverfahren hat die Antragstellerin ihr Interesse an einer vorzeitigen Eintragung geltend gemacht, Sie hat behauptet, bei einer Eintragung der Ausgliederung und Beherrschung für 2007 noch steuerliche Vorteile von etwas mehr als 1 Mio. € erzielen zu können, die ihr ansonsten verloren seien.
Die Antragsgegner zu 1.) bis 5.) sind dem entgegengetreten und haben die im Klageverfahren geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe im Wesentlichen wiederholt. Der Antragsgegner zu 6.) hat die Ansicht vertreten, nur als Nebenintervenient an dem Freigabeverfahren beteiligt zu sein und ist der Freigabe entgegengetreten.
Das Landgericht hat durch die angefochtene Entscheidung die Anträge als unbegründet zurückgewiesen, weil die Klage nicht offensichtlich unbegründet sei und auch kein vorrangiges Vollzugsinteresse bestünde. Auf der Aktionärsseite seien elementare Rechte betroffen. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen (Bl. 173- 176 d.A.).
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin den Freigabeantrag weiter.
Die Antragstellerin beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und
1. festzustellen, dass die Erhebung der Anfechtungsklagen der Antragsgegnerin zu 1 bis 6 (Az. 3-5 O 36/07 Landgericht Frankfurt am Main) gegen den Beschluss der außerordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 15.1.2007 zu Tagesordnungspunkt 1 - Beschlussfassung über die Zustimmung zu dem Entwurf des Ausgliederungsplans über die Ausgliederung des Geschäftsbetriebs der F1 AG (Ausgliederung zur Neugründung) - der Eintragung des Beschlusses nicht entgegensteht,
2. festzustellen, dass die Erhebung der Anfechtungsklagen der Antragsgegnerin zu 1 bis 6 (Az. 3-5 O 36/07 Landgericht Frankfurt am Main) gegen den Beschluss der außerordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 15.1.2007 zu Tagesordnungspunkt 2 - Beschlussfassung über die Zustimmung zu dem Entwurf eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags zwischen der F1 AG und der neu zugründenden F2 GmbH - der Eintragung des Beschlusses nicht entgegensteht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen.
Die Antragsgegner zu 1.) bis 5.) haben die Anerkennung der Anträge erklärt, während der Antragsgegner zu 6.) sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert hat, bis auf die Erklärung, an dem Vergleich nicht beteiligt zu sein.
Die Erklärung der Antragsgegner zu 1.) bis 5.) ist zusammen mit einer Einigung im Rahmen des § 278 Abs.6 ZPO erfolgt, anlässlich derer die Antragsgegner zu 1.) bis 5.) und die dortige Klägerin A eine Erledigung der Hauptsache, hilfsweise eine Klagerücknahme erklärt haben, und sich die Antragstellerin zur Übernahme der Gerichtkosten und außergerichtlicher Kosten der Antragsgegner zu 1.) bis 5.) bereit erklärt hat.
II.
Die sofortige Beschwerde ist nach § 16 Abs.3 Satz 6 UmwG zu dem Antrag zu 1.) und nach § 246a Abs.3 Satz 3 AktG zu dem Antrag zu 2.) statthaft und innerhalb der Frist des § 569 Abs.1 ZPO formgerecht eingelegt worden. Der Senat kann entscheiden, ohne dass zuvor eine Entschließung des Landgerichts über eine Abhilfe herbeizuführen wäre (vgl. Senat 5 W 4/02 = OLGR 2002, 250; Senat 5 W 43/06 = ZIP 2007, 629; OLG Karlsruhe DB 2007, 331, u.am.). Auch der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren bedarf es nicht (vgl. BT-Drucksache 15/5092, S.28 reSp. a.E.). Die Beschwerde hat überwiegend Erfolg.
Die Anträge auf Freigabe sind allerdings unzulässig, soweit sie sich gegen den Antragsgegner zu 6.) richten. Dieser ist Antragsgegner, auch wenn er im erstinstanzlichen Freigabeverfahren mitgeteilt hat, er sehe sich nur als Nebenintervenient des Freigabeverfahrens (Bl. 67 d.A.). Die Partei eines zivilprozessualen Verfahrens wird durch den Kläger oder Antragsteller bestimmt. Der Freigabeantrag gegenüber dem Antragsgegners zu 6.) ist unzulässig, weil dieser nicht Kläger des Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsrechtsstreits ist. Der Freigabeantrag ist nach allgemeiner Ansicht gegen die Kläger des Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsprozesses zu richten (vgl. zu § 16 UmwG etwa Lutter/Bork, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 16 Rz. 16; Semler/Stengel, UmwG, 2. Aufl. 2007, § 16 Rz. 23; zu § 246a AktG etwa Spindler/Stilz, AktG, 2007, § 246a Rz.9).
Im Übrigen sind die Anträge zulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt auch vor, soweit die Beschlussfassung zu Tagesordnungspunkt 1 (Umwandlung) betroffen ist. Auf die infolge der Beendigung des Rechtsstreits dazu mögliche Negativerklärung muss sich die Antragstellerin jetzt nicht verweisen lassen, weil die Beschlussfassungen zu den Tagesordnungspunkten 1 und 2 Teil eines einheitlichen Umgestaltungskonzepts sind und zu Tagesordnungspunkt 2 ohnehin eine gerichtliche Entscheidung nötig ist.
Die Anträge sind mit ihrem Bezug auf "Anfechtungsklagen" der Antragsgegner dahin auszulegen, dass sie die im Rechtsstreit gegen die Wirksamkeit der Beschlüsse erhobenen Klagen betreffen, die sich auch als Nichtigkeitsklagen darstellen. Dies beruht darauf, dass die Antragstellerin mit ihrer Antragsschrift die Unbeachtlichkeit der Nichtigkeitsgründe geltend gemacht hat, sowie auf dem Umstand, dass Anfechtungsklage- und Nichtigkeitsklage ohnehin Teil eines einheitlichen Streitgegenstands sind (Hüffer, AktG, 7. Aufl. 2006, § 246 Rz.13 mwN.).
Mit diesem Inhalt sind die Freigabeanträge begründet. Es kann dahin stehen, ob sich dies bereits aus den Wirkungen des § 307 ZPO ergibt, nachdem die Antragsgegner zu 1.) bis 5.) in ihren Vergleichserklärungen die Anerkennung des Freigabebegehrens der Antragstellerin erklärt haben. Für die Zulässigkeit der Anerkennung nach § 307 ZPO sprechen allerdings beachtliche Gründe: Trotz der weitreichenden Wirkungen zur Bestandssicherung der Eintragung (§ 246a Abs.1 a.E., Abs.3 Satz 5 AktG) ist das Verfahren bewusst der ZPO unterstellt worden, in dem es der einstweiligen Verfügung, genauer der Leistungsverfügung, gleichgestellt worden ist (vgl. K.Schmidt FS Happ 2006, 256, 264, 265 mwN. in Fn.24; auch BT-Drucksache 15/5092 S.28). Es ist damit trotz der Drittwirkung ein Verfahren mit Dispositionsmaxime und Beibringungsgrundsatz. Die Drittinteressen führen auch nicht, wie jetzt geklärt ist (vgl. OLG Düsseldorf AG 2005, 654; OLG Stuttgart AG 2005, 662; K.Schmidt, wie oben, S.268), zu einer notwendigen Beteiligung der Nebenintervenienten des Rechtsstreits im Freigabeverfahren.
Zu einer abschließenden Entscheidung der Zulässigkeit eines prozessualen Anerkenntnisses ist der Senat aber nicht genötigt, weil die Freigabe auf Grund der veränderten Verfahrenslage ohnehin nach der zweiten Alternative der jeweils heranzuziehenden Bestimmung (§ 16 Abs.3 Satz 2 UmwG, § 246a Abs.2 AktG) zu erklären ist. Denn das alsbaldige Wirksamwerden der Beschlüsse ist gegenüber der mit der Klage geltend gemachten Schwere der Rechtsverletzungen zur Abwendung wesentlicher Nachteile der Antragsstellerin vorrangig geworden. Das Interesse der Kläger am Aufschub der Eintragung ist, wie der im Rechtsstreit geschlossene Vergleich zeigt, befriedigt. Auf die Aufschubinteressen des Nebenintervenienten des Klageverfahrens kommt es nicht mehr an, nachdem dieses durch die zeitgleichen Prozesserklärungen der Kläger - bis auf Nebenentscheidungen - beendet ist. Dem gegenüber steht das durch ein Gutachten eines Wirtschaftprüfers glaubhafte Interesse der Antragstellerin an der Vermeidung hoher steuerlicher Nachteile.
Die Kostenentscheidung beruht zu den Gerichtskosten und zu den Kosten der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner zu 1.) bis 5.) auf der Kostenübernahme durch die Klägerin. Der unstreitige materiellrechtliche Kostenerstattungsanspruch überlagert, wenn er in einem gerichtlichen Vergleich ausgedrückt ist, den prozessualen Erstattungsanspruch (Schneider, Kostenentscheidung im Zivilurteil, 2. Aufl. 1977, S.68). Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 97 Abs.1, 91 Abs.1 ZPO. Die Wertfestsetzung richtet sich nach § 53 Abs.1 Satz 1 Ziff.4 und 5 GKG iVm. § 3 ZPO. Die Festsetzung findet gemäß § 53 Abs.1 Satz 2 GKG eine Begrenzung in dem Betrag von 500.000 €, obwohl das Interesse der Antragstellerin höher zu bewerten ist. Der Grenzwert kann nur überschritten werden, wenn die Bedeutung für alle Parteien höher ist. Die Abänderung zu der erstinstanzlichen Wertfestsetzung folgt aus § 63 Abs.3 GKG.
Ende der Entscheidung
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