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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 17.10.2005
Aktenzeichen: 5 WF 190/05
Rechtsgebiete: RVG, ZPO


Vorschriften:

RVG § 46
ZPO § 121 III
ZPO § 121 IV
Bei der Frage, ob durch die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts Mehrkosten im Sinne von § 121 Abs. 3 ZPO entstehen, ist auch im Wege einer Gesamtbetrachtung zu prüfen, ob neben einem Prozessbevollmächtigten am Ort des Prozessgerichts zusätzlich ein Verkehrsanwalt gemäß § 121 Abs. 4 ZPO am Wohnort des Antragsgegners beizuordnen wäre (BGH, NJW 2004, 2749, 2750). Bei einer Beauftragung im Rahmen eines Scheidungsverfahrens, dessen Umfang und Schwierigkeit im Hinblick auf etwaige Folgesachen zu Beginn der Beauftragung meistens noch gar nicht feststeht, sind die besonderen Voraussetzungen, die bei größerer Entfernung einen Verkehrsanwalt erfordern, regelmäßig anzunehmen Ob eine Beiordnung mit der Einschränkung, dass die Kosten des beigeordneten auswärtigen Anwalts nicht die Kosten eines am Gerichtsort ansässigen und eines Korrespondenzanwalts überschreiten dürfen, erfolgen kann oder die Beachtung des § 121 Abs. 3 ZPO im so verstandenen Sinne einer späteren Vergleichsberechnung im Kostenfestsetzungsverfahren vorbehalten bleiben soll, bleibt offen.
Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde gegen die Einschränkung der Beiordnung des auswärtigen Rechtsanwaltes "zu den Bedingungen eines Rechtsanwalts mit Sitz am Ort des Prozessgerichts" für das Scheidungsverfahren und ein EA-Verfahren (Unterhalt) ist begründet. Soweit das Amtsgericht ausgeführt hat, gemäß § 121 Abs. 3 ZPO komme nur die Beiordnung mit der angefochtenen Maßgabe in Betracht, ist diese Auslegung der Vorschrift zu eng, denn bei der Frage, ob durch die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts Mehrkosten im Sinne von § 121 Abs. 3 ZPO entstehen, ist auch im Wege einer Gesamtbetrachtung zu prüfen, ob neben einem Prozessbevollmächtigten am Ort des Prozessgerichts zusätzlich ein Verkehrsanwalt gemäß § 121 Abs. 4 ZPO am Wohnort des Antragsgegners beizuordnen wäre (BGH, NJW 2004, 2749, 2750, OLG Hamm 5 WF 66/05, NJW 2005, 1724 f., und 6 WF 269/04, MDR 2005, 538, OLG Nürnberg MDR 2005, 539 f, OLG Naumburg, OLGR Naumburg 2005, 567, OLG Karlsruhe, NJW 2005, 2718 f.). Nur wenn dieses nicht der Fall ist, kann ein auswärtiger Rechtsanwalt noch "zu den Bedingungen eines am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts" beigeordnet werden. Bei einer Beauftragung im Rahmen eines Scheidungsverfahrens, dessen Umfang und Schwierigkeit im Hinblick auf etwaige Folgesachen zu Beginn der Beauftragung meistens noch gar nicht feststeht, vorliegend aber bereits ein EA-Verfahren über Unterhalt nach sich gezogen hat und bezüglich Sorgerecht und Versorgungsausgleich Zwischenverfügungen erforderlich gewesen sind, sind die besonderen Voraussetzungen, die bei größerer Entfernung einen Verkehrsanwalt erfordern, regelmäßig anzunehmen. Der Gleichheitssatz erfordert, die nicht bemittelten Parteien insoweit nicht schlechter zu stellen (vgl. zuletzt BVerfG, NJW 2004, 1789), so dass bei weiter Entfernung zum Gerichtsort allenfalls noch in einfach gelagerten Fällen auf die Heranziehung eines Korrespondenzanwaltes verzichtet werden kann. Bei einer Entfernung von ca. 125 Kilometern zum Gerichtsort wäre der Antragsgegner hiernach vorliegend berechtigt, zusätzlich zu einem etwa beigeordneten Hauptbevollmächtigten aus Gießen seinen derzeitigen Bevollmächtigten als Korrespondenzanwalt beiordnen zu lassen, was letztendlich - wie auch der bereits vorgelegte Festsetzungsantrag des EA-Verfahrens mit den darin enthaltenen Reisekosten zeigt - sogar höhere Kosten auslösen würde. Der Antragsgegnervertreter hat hier auch zugestimmt, dass im Falle seiner Beiordnung als Hauptbevollmächtigter insgesamt keine höheren Kosten festgesetzt werden als für einen Hauptbevollmächtigten am Gerichtsort und einen Korrespondenzanwalt in der Summe entstehen könnten. Es kann deswegen hier dahingestellt bleiben, ob eine Beiordnung mit der vorgenannten Einschränkung - eventuell sogar ohne vorherige Rückfrage - erfolgen könnte (so OLG Karlsruhe, NJW 2005, 2718 f., Rechtsbeschwerde zum BGH ist eingelegt, Az. II ZA 12/05) oder die Beachtung des § 121 Abs. 3 ZPO im so verstandenen Sinne einer späteren Vergleichsberechnung im Kostenfestsetzungsverfahren vorbehalten bleiben soll, wofür die Neuregelung des § 46 RVG spricht (vgl. OLG Hamm, MDR 2005, 538, OLG Nürnberg MDR 2005, 539 f.) und der § 48 RVG nicht entgegensteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 1, 3 GKG, KV Nr. 1811, §127 Abs. 4 ZPO.

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