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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 26.04.2007
Aktenzeichen: 6 U 13/06
Rechtsgebiete: BGB, MarkenG, UWG, ZPO
Vorschriften:
BGB § 242 | |
MarkenG § 14 | |
MarkenG § 125 | |
UWG § 3 | |
UWG § 4 | |
UWG § 6 | |
ZPO § 144 |
2. Als "offene" Imitationswerbung können auch Merkmale des Nachahmungserzeugnisses eingestuft werden, in denen - ohne dass die Marke des nachgeahmten Parfums ausdrücklich genannt wird - der angesprochene Verkehr einen Hinweis des Herstellers darauf erkennt, dass das so bezeichnete und ausgestattete Parfum in der Duftnote einem bestimmten Markenparfum entspreche.
3. Die Frage, ob nach § 144 ZPO von Amts wegen eine Verkehrsbefragung durchgeführt werden soll, liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts.
Gründe:
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 I, 1 ZPO). Die Klägerinnen verfolgen mit ihrer Berufung die vom Landgericht abgewiesenen Klageanträge weiter; hinsichtlich der mit der Berufungsbegründung zunächst auch gestellten Anträge zu I. 3. b) und I. 4. hat die Klägerin zu 1) die Berufung zurückgenommen. Der Beklagte zu 2) wendet sich mit seiner Berufung gegen die Verurteilung gemäß Ziffer 3. des Tenors des angefochtenen Urteils, soweit die Feststellung der Schadensersatzpflicht sich auf den Zeitraum vor dem 1.1.2003 erstreckt; hinsichtlich der Verurteilung zu Ziffern 2. c) und d) hat der Beklagte zu 2) die zunächst eingelegte Berufung zurückgenommen.
Im Berufungsverfahren wiederholen und vertiefen beide Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Klägerinnen stützen die mit den Berufungsanträgen zu I. 1. und 2., II. weiterverfolgten Klageansprüche weiterhin in erster Linie auf Wettbewerbsrecht (§§ 6 II Nr. 6, 4 Nr. 9 b UWG) und nur hilfsweise auf Markenrecht. Wegen der Gestaltung der sich gegenüberstehenden Produktausstattungen
A/A Woman - a/b
B/she/B/he - c/she/c/he
C - d
D - e/f
E - f Woman/f Homme
wird auf die als Anlagenkonvolut BK 3 eingereichten Produkte der Parteien verwiesen.
Der Senat hat zunächst einen Beweisbeschluss vom 9.11.2006 erlassen, wonach ein demoskopisches Gutachten zu der Behauptung der Klägerinnen eingeholt werden sollte, potentielle Käufer von Damen- und Herrenparfums entnähmen der Gesamtausstattung (bestehend aus der Bezeichnung sowie Form und Farbe von Flakon und Umverpackung) der angegriffenen Parfumerzeugnisse den Hinweis darauf, dass diese Parfumerzeugnisse in der Duftnote den Markenparfums der Klägerinnen nachgestellt seien. Nachdem der Klägervertreter schriftsätzlich nochmals darauf hingewiesen hatte, dass diese Beweisaufnahme nach seiner Auffassung überflüssig sei, die Klägerinnen jedoch einer von Amts wegen gemäß § 144 ZPO angeordneten Beweisaufnahme "nicht im Wege" stünden, hat der Senat mit begründetem Beschluss vom 11.12.2006 (Bl. 502 d.A.) angekündigt, den Beweisbeschluss aufzuheben und auf der Grundlage des bisherigen Parteivorbringens sowie der eigenen Sachkunde des Senats zu entscheiden, soweit die Klägerinnen nicht einen Beweisantrag zum Inhalt des bereits erlassenen Beweisbeschlusses stellen. Mit Schriftsatz vom 22.1.2007 hat der Klägervertreter erklärt, einen solchen Beweisantrag nicht zu stellen, weil die Klägerinnen eine Beweiserhebung nach wir vor nicht für erforderlich hielten. Daraufhin hat der Senat den Beweisbeschluss aufgehoben und Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Im Termin hat der Senat nochmals erläutert, warum er auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung aus eigener Sachkunde die für eine Verurteilung erforderlichen Feststellungen nicht treffen könne; wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 26.4.2007 (Bl. 533), Bezug genommen. Der Klägervertreter hat daraufhin erklärt, die Klägerinnen hielten gleichwohl nach wie vor eine Meinungsumfrage zu den vom Senat aufgeworfenen Fragen schon deshalb nicht für erforderlich, weil es allein auf die Erkenntnisse der von dem Beklagten belieferten Wiederverkäufe ankomme; nur falls es innerhalb dieses eingeschränkten Verkehrskreises auf die Frage der Bekanntheit der Originalprodukte ankäme, würden die Klägerinnen auf einer Meinungsumfrage bestehen und einen entsprechenden Beweisantrag stellen.
Die Klägerinnen beantragen zu ihrer Berufung, wie folgt zu erkennen:
Das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 22.12.2005 wird abgeändert.
I. Anträge der Klägerin zu 1.
1. dem Beklagten zu 2. wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt,
a) im geschäftlichen Verkehr mit Parfumwaren unter den Dachmarken "Y" und/oder "X" die Zeichen a - f zu benutzen, insbesondere, diese Zeichen auf Parfumprodukten oder ihrer Umverpackung anzubringen, unter diesen Zeichen Parfumprodukte anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck zu besitzen, unter diesen Zeichen Parfumprodukte einzuführen oder auszuführen oder die Zeichen im Geschäftsverkehr oder in der Werbung für Parfumprodukte zu benutzen;
b) im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland Parfumprodukte in den auf S. 3 und S. 5 der Klageschrift eingeblendeten Ausstattungen mit Ausnahme der Ausstattungen der Produkte "Z" und "W" anzubieten, zu bewerben und/oder zu vertreiben oder anbieten oder bewerben oder vertreiben zu lassen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung der für ihn registrierten Wortmarken a - f) a, Registriernummer ... einzuwilligen.
3. Der Beklagte zu 2. wird verurteilt, der Klägerin zu 1. Auskunft zu erteilen
a) über den Umfang des Vertriebes des Parfumproduktes "Z" seit dem 01.01.2003, gegliedert nach Quartalen, dem gezielten Umsatz und Gewinn (ohne Berücksichtigung von Gemeinkosten) sowie Art und Umfang der für das Produkt betriebenen Werbung.
II. Anträge der Klägerin zu 2.
1. Dem Beklagten zu 2. wird es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt, im geschäftlichen Verkehr mit Parfumwaren
a) unter den Dachmarken "Y" und/oder "X" das Zeichen g zu benutzen, insbesondere, dieses Zeichen auf Parfumprodukten oder ihrer Umverpackung anzubringen, unter diesem Zeichen Parfumprodukte anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck zu besitzen, unter diesen Zeichen Parfumprodukte einzuführen oder auszuführen oder das Zeichen im Geschäftsverkehr oder in der Werbung für Parfumprodukte zu benutzen;
b) Parfumprodukte in den auf S. 4 der Klageschrift eingeblendeten Ausstattungen anzubieten, zu bewerben und/oder zu vertreiben oder anzubieten oder bewerben oder vertreiben zu lassen.
2. Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung der für ihn registrierten Wortmarke g, Registriernummer ... einzuwilligen.
3. Der Beklagte zu 2. wird verurteilt, der Klägerin zu 2. Auskunft zu erteilen über Namen und Anschriften sämtlicher gewerblicher Abnehmer in der Bundesrepublik Deutschland, die mit Parfumprodukten gem. Ziff. 1. beliefert wurden, unter Angabe des Lieferdatums sowie unter Vorlage der Belege (Lieferscheine und Rechnungen).
4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2. der Klägerin zu 2. allen Schaden zu ersetzen hat, der ihr aus den Handlungen gem. Ziff. 1. entstanden ist und noch entstehen wird.
Der Beklagte zu 2) beantragt,
die Berufung der Klägerinnen zurückzuweisen.
Der Beklagte zu 2) beantragt zu seiner Berufung,
das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit festgestellt wurde, dass sich die Schadensersatzverpflichtung des Beklagten zu 2.) auf Zeiträume vor dem 01.01.2003 erstreckt.
Die Klägerinnen beantragen,
die Berufung des Beklagten zu 2) zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufungen sind zulässig. Die Berufung der Klägerin zu 1) hat zu einem geringen Teil Erfolg. Im übrigen sind die Berufungen der Parteien unbegründet.
1. Die Berufung der Klägerin zu 1) hat hinsichtlich des Berufungsantrages zu I. 3. a) teilweise Erfolg. Der Klägerin zu 1) steht der insoweit geltend gemachte Auskunftsanspruch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu.
Der Beklagte zu 2) hat mit der Benutzung der Parfumbezeichnung "Z" in die Rechte der Klägerin zu 1) an der eingetragenen Gemeinschaftsmarke "V" (Nr. die Red.) eingegriffen. Dies hat das Landgericht im Rahmen der Ausführungen zum Unterlassungsanspruch zutreffen dargelegt; hiergegen erhebt der Beklagte zu 2) im Berufungsverfahren auch keine Einwendungen. Da dem Beklagten zu 2) insoweit auch jedenfalls Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, hat er der Klägerin zu 1) den daraus entstehenden Schaden dem Grunde nach zu ersetzen (§§ 14 VI, 125 b Nr. 2 MarkenG). Da die Klägerin die Höhe des Schaden derzeit nicht beziffern kann, hat sie nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) einen Anspruch auf Erteilung der zur Schadensermittlung erforderlichen Auskünfte. Sie kann daher vom Beklagten zu 2) wie zuerkannt Angaben über die mit den widerrechtlich gekennzeichneten Erzeugnissen erzielten Umsätze sowie über Art und Umfang der betriebenen Werbung verlangen.
Unbegründet ist die Berufung dagegen, soweit die Klägerin zu 1) mit ihrem Antrag auch Auskunft über der erzielten Gewinn verlangt, da Angaben hierüber zur Schadensberechnung bei Kennzeichenverletzungen regelmäßig nicht erforderlich sind (vgl. BGH GRUR 06, 419, 420 - Noblesse - sowie Ingerl/Rohnke, Markengesetz, Rdz. 138 vor §§ 14-19 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs).
2. Die Berufung des Beklagten zu 2), mit der sich dieser gegen die Feststellung der Schadensersatzpflicht gemäß Ziffer 3. des Tenors des landgerichtlichen Urteils für den Zeitraum vor dem 1.1.2003 wendet, hat keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob an dem Erfordernis, das Auskunftsbegehren auf den Zeitraum ab der ersten bekannt gewordenen Verletzungshandlung zu beschränken (vgl. BGH GRUR 88, 307, 308 - Gaby; GRUR 95, 50, 54 - Indorektal/Indohexal), festzuhalten ist. Denn für das Schadensersatzfeststellungsbegehren besteht dieses Erfordernis nach der genannten Rechtsprechung ohnehin nicht (vgl. BGH - Indorektal/Indohexal - aaO, S. 53).
3. Soweit die Klägerinnen den Beklagten zu 2) mit den Berufungsanträgen zu I. 1., 2., II. auf Unterlassung, Einwilligung in die Markenlöschung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung in Anspruch nehmen, hat die Berufung keinen Erfolg.
a) Den Klägerinnen stehen die mit den Berufungsanträgen zu I. 1. b) und II. 1. b) geltend gemachten, gegen Angebot und Vertrieb von Parfumerzeugnissen, deren Gesamtgestaltung den in diesen Anträgen wiedergegebenen Abbildungen entspricht, gerichteten Unterlassungsansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
aa) Der Beklagte zu 2) verstößt insoweit nicht gegen §§ 3, 6 II Nr. 6 UWG.
Nach Auffassung des erkennenden Senats kann die Vorschrift des § 6 II Nr. 6 UWG allerdings grundsätzlich auch auf Fälle der vorliegenden Art Anwendung finden, in denen Parfumerzeugnisse, die in ihrer Duftnote Markenparfums nachgestellt sind, auch hinsichtlich der Bezeichnung und sonstiger Ausstattungsmerkmale an das nachgeahmte Markenparfum angenähert werden.
Zwar ist der Duft von Parfumerzeugnissen als solcher - vorbehaltlich etwa bestehender Schutzrechte - wettbewerbsrechtlich nicht schutzfähig ist und darf daher von Konkurrenten nachgestellt werden. Dem Vertreiber solcher Duftimitate ist es nach § 6 II Nr. 6 UWG jedoch verboten, sein Erzeugnis in der Werbung als Imitation des Markenparfums darzustellen. Untersagt ist dabei nicht jeglicher Hinweis, der es dem Verkehr in Verbindung mit einem "Übersetzungscode" ermöglicht, den Bezug zu einem Markenparfum herzustellen, sondern nur eine "offene" Imitationswerbung (vgl. hierzu die Entscheidung des erkennenden Senats GRUR-RR 04, 359, 361 - Markenparfum). Als "offene" Imitationswerbung in diesem Sinn können nach Auffassung des Senats (insoweit noch offen gelassen in Senat a.a.O. - Markenparfum, S. 361) jedoch auch Merkmale des Nachahmungserzeugnisses eingestuft werden, in denen - ohne dass die Marke des nachgeahmten Parfums ausdrücklich genannt wird - der angesprochene Verkehr einen Hinweis des Herstellers darauf erkennt, dass das so bezeichnete und ausgestattete Parfum in der Duftnote einem bestimmten Markenparfum entspreche. Ein solcher Hinweis kann sich für den Verkehr möglicherweise auch aus der Bezeichnung des Duftimitats und dessen Ausstattung, insbesondere Form und Farbe des Flakons und der Umverpackung ergeben. Wenn die Gesamtgestaltung des Duftimitats nämlich erkennbar an die entsprechenden Merkmale eines bekannten Markenparfums angenähert ist, ist es zumindest nicht ausgeschlossen, dass der Verkehr dies als zwar indirekte, aber für sich hinreichend aussagekräftige Aussage des Herstellers ansieht, das so angebotene Parfum rieche genauso wie das ähnlich bezeichnete und aufgemachte, dem Verkehr geläufige Markenparfum. Dies kann auch dann gelten, wenn die Annäherung an das Markenparfum den markenrechtlich (§ 14 II Nr. 2, 3 MarkenG) gebotenen Abstand (gerade noch) einhält. Entscheidend ist allein, ob die Annäherung dem Verkehr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls den genannten Schluss mit hinreichender Sicherheit ermöglicht.
Gegen die grundsätzliche Anwendbarkeit von § 6 II Nr. 6 UWG auf die genannte Fallgestaltung spricht nicht, dass die Vorschrift eine Bezugnahme auf die fremde Marke in der "Werbung" voraussetzt. Der Begriff der (vergleichenden) Werbung, zu dem nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. GRUR 02, 354, 355 Tz. 31 - Toshiba/Katun) grundsätzlich jede Äußerung in einer beliebigen Form zählt, kann auch non-verbale Mitteilungen erfassen (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., Rdz. 28 zu § 6). Hierzu muss nach Auffassung des erkennenden Senats auch die Bezeichnung und die Ausstattung eines Produkts gerechnet werden, soweit der Verkehr mit ihr eine "offene" Imitationswerbung im oben dargestellten Sinn verbindet (a.A. OLG Köln MarkenR 06, 33, 35).
Auch der Grundsatz des Vorrangs des Markenrechts (vgl. Senat - Markenparfum - a.a.O., S. 360 mit entsprechenden Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs) steht der Anwendung des § 6 II Nr. 6 UWG im vorliegenden Zusammenhang nicht entgegen. Dies folgt schon daraus, dass sich die wettbewerbsrechtliche Beurteilung auf die Annäherung nicht nur an die Marke der Klägerinnen, sondern zugleich auch an die weiteren Element der Gesamtausstattung des Originalerzeugnisses bezieht; dieser besondere Umstand kann bei der markenrechtlichen Beurteilung keine Berücksichtigung finden.
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt verstößt der Beklagte zu 2) gleichwohl nicht gegen § 6 II Nr. 6 UWG, weil nach dem der Entscheidung zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand nicht davon ausgegangen werden kann, dass der angesprochene Verkehr der Gesamtausstattung der beanstandeten Parfumerzeugnisse einen Hinweis des Herstellers darauf entnimmt, diese Erzeugnisse stimmten in der Duftnote mit den Markenparfums der Klägerinnen überein.
Für die Beurteilung ist das Verständnis derjenigen Personen zugrunde zu legen, die als Interessenten für Duftimitate in Betracht kommen. Dazu gehören insbesondere alle Verbraucher, die selbst mehr oder weniger regelmäßig Parfum benutzen und kaufen und deshalb zumindest als potentielle Käufer von Duftimitaten anzusehen sind. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen ist es dagegen nicht gerechtfertigt, ausschließlich auf das Verständnis der vom Beklagten zu 2) belieferten Wiederverkäufer abzustellen. Denn angesprochen werden von der Gesamtausstattung der beanstandeten Parfumerzeugnisse auch und gerade die Endverbraucher, die auf diese Weise zum Kauf bewegt werden sollen. Dementsprechend richtet sich das Unterlassungsbegehren der Klägerinnen auch nicht gegen bestimmte, an Wiederverkäufer gerichtete Werbeaussagen, sondern gegen die Gesamtausstattung der angegriffenen Erzeugnisse als solche, deren Angebot und Vertrieb dem Beklagten zu 2) im übrigen unabhängig davon untersagt werden soll, ob er sich hierzu überhaupt der Einschaltung von Wiederverkäufern bedient. Es wäre mit dem im Wettbewerbsrecht allgemein geltenden Grundsatz, dass es für die Beurteilung der Verkehrsauffassung auf das Verständnis des verständigen Durchschnittsadressaten der Werbung ankommt, nicht vereinbar, das generelle Verbot eines Wettbewerbsverhaltens mit dem Verständnis eines kleinen, besonders sachkundigen Teils des angesprochenen Verkehrs zu begründen. Aus diesem Grund kann auch nicht etwa auf das Verständnis derjenigen Verbraucher abgestellt werden, die mit den von den Klägerinnen vertriebenen Parfummarken besonders vertraut sind.
Dass die demnach maßgeblichen, an Duftimitaten interessierten Verbraucherkreise den Gesamtausstattungen der beanstandeten Parfumerzeugnisse eine "offene" Imitationswerbung im eingangs dargelegten Sinn entnehmen, kann nicht festgestellt werden.
Der Senat geht allerdings davon aus, dass bei den genannten Verbraucherkreisen eine gewisse Sensibilität dafür unterstellt werden kann, dass Hersteller von Parfumerzeugnissen möglicherweise den Versuch unternehmen könnten, durch die Gestaltung ihrer Erzeugnisse Hinweise auf eine imitierte Duftnote eines Markenparfums zu geben. Eine wichtige Besonderheit bei Parfumerzeugnissen besteht darin, dass diese regelmäßig nicht allein wegen ihres wohlklingenden Namens oder wegen ihrer ansprechenden Ausstattung gekauft werden; das entscheidende Kaufkriterium ist vielmehr der Duft, der dem Käufer entweder - weil es sich um ein bereits selbst benutztes Markenparfum handelt - bereits bekannt ist oder von ihm vor dem Kauf geprüft wird. Diese Duftprüfung gestaltet sich jedoch selbst im Ladengeschäft schwierig, weil angesichts der großen Auswahl eine Orientierung kaum möglich ist und ohnehin nur eine begrenzte Anzahl von Düften nebeneinander unterschieden werden können. Bei einer Bestellung im Versandhandel ist eine Duftprüfung ohnehin nicht möglich. Gleichzeitig weiß zumindest ein großer Teil des angesprochenen Verkehrs, dass Markendüfte an sich imitiert, diese Imitationen aber nicht als solche "im Klartext" bezeichnet werden (dürfen). Für dieses Vorverständnis des Verkehrs sorgen nicht zuletzt auch entsprechende Werbeäußerungen der Imitathersteller und -händler, wie sie die Klägerin beispielhaft vorgelegt haben (vgl. insbesondere Anlagen K 26, Bl. 118 d.A.; K 38, Bl. 228 d.A.; Anlage K 39, Bl. 229 d.A.: "Alternativen zu allen bekannten Markendüften"). Unter diesen Umständen entwickeln die angesprochenen Verbraucher nach der Lebenserfahrung einen Sinn dafür, ob der Hersteller eines unbekannten Parfums ihnen nicht mit der Wahl der an ein Markenparfum - wenn auch nur entfernt - angelehnten Bezeichnung und Ausstattung einen Hinweis darauf geben will, dass es sich um ein Duftimitat dieses Markenparfums handelt.
Auch im Hinblick auf diese generelle Bereitschaft des Verkehrs, auf etwaige Imitationshinweise in der Gesamtausstattung eines Parfumerzeugnisses zu achten, kann eine unzulässige vergleichende Werbung i.S.v. § 6 II Nr. 6 UWG jedoch nur angenommen werden, wenn zum einen das Originalparfum so bekannt ist und zum andern die vorgenommene Annäherung an dessen Gesamtausstattung so stark ist, dass der Verkehr zwischen dem angegriffenen Erzeugnis und dem Originalerzeugnis tatsächlich eine gedankliche Verbindung herzustellen weiß. Dabei besteht zwischen den beiden genannten Gesichtspunkten insoweit eine Wechselbeziehung, als die Annäherung desto unauffälliger erfolgen kann, je bekannter das Originalerzeugnis ist.
Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen vermag der erkennende Senat im vorliegenden Fall auf Grund eigener Sachkunde und unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung nicht festzustellen, dass ein hinreichend großer Teil der Verbraucher, die den angegriffenen Parfumerzeugnissen im Handel begegnen, aus deren Gesamtausstattungen den Schluss zieht, der Duft des darin enthaltenen Parfums entspreche - jedenfalls nach Behauptung des Herstellers - demjenigen der Parfummarken der Klägerinnen.
Der Vergleich der sich gegenüberstehenden Gesamtausstattungen an Hand der als Anlage BK 3 vorgelegten Muster ergibt allerdings, dass die beanstandeten Erzeugnisse jeweils sowohl in der Bezeichnung als auch in der Form und Farbe der Flakons und Umverpackungen den Originalerzeugnissen erkennbar angenähert sind. In allen Fällen entsprechen Form und Größe des Flakons des beanstandeten Erzeugnisses im wesentlichen dem Originalerzeugnis. Das gleiche gilt für die Umverpackungen, deren Farbtöne zudem ähnlich denjenigen ist, die die Klägerinnen für ihre Erzeugnisse verwenden. Zwar kommt diesen Form- und Farbgestaltungen als solchen keine besondere Originalität zu, da sie isoliert auch für die Parfumerzeugnisse anderer Hersteller verwendet werden. Die bei den beanstandeten Erzeugnissen jeweils vorgenommene mehrfache Annäherung an das Originalparfum, nämlich hinsichtlich Bezeichnung sowie Form und Farbe von Flakon und Umverpackung, ermöglicht es jedoch jedenfalls demjenigen, dem das Originalerzeugnis geläufig ist, ohne weiteres, die gedankliche Verbindung zu diesem Originalerzeugnis herzustellen. Dies gilt insbesondere für diejenigen Teile des angesprochenen Verkehrs, die - wie etwa Wiederverkäufer - mit den Verhältnissen auf dem Parfummarkt gut vertraut sind; auf das Verständnis dieses Verkehrskreises kann jedoch aus den bereits genannten Gründen für die Beurteilung nicht (allein) abgestellt werden.
Ob darüber hinaus auch die übrigen - wesentlich größeren - Teile des angesprochenen Verkehrs der Gesamtausstattung der angegriffenen Erzeugnisse eine "offene" Imitationswerbung im oben dargestellten Sinn entnehmen, hängt entscheidend davon ab, ob der Bekanntheitsgrad der Originalparfums so groß ist, dass hinreichende Teile der an Duftimitationen interessierten Verbraucher allein beim Betrachten der vom Beklagten zu 2) vertriebenen Parfumerzeugnisse erkennen, dass mit deren Gesamtausstattung auf das Originalerzeugnis Bezug genommen werden soll. Diese Frage, die der Senat in anderen Fällen mit Rücksicht auf die gerichtsbekannt überragende Bekanntheit der imitierten Erzeugnisse bereits bejahen konnte, vermag der erkennende Senat im vorliegenden Fall aus eigener Sachkunde einschließlich der Anwendung allgemeiner Erfahrungssätze nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu beurteilen.
Bei allen streitgegenständlichen Parfummarken auf Klägerseite handelt es sich nach Kenntnis der Mitglieder des Senats nicht um "berühmte" Parfums, deren Gesamtausstattung weiten Teilen des angesprochenen Verkehrs ohne weiteres geläufig ist. Auch der Vortrag der Klägerinnen über die in Deutschland erzielten Umsätze, die sich jeweils im einstelligen Millionenbereich bewegen sollen (Seiten 8, 9 der Klageschrift, Bl. 9, 10 d.A.) rechtfertigen nicht den Schluss auf eine überragende Verkehrsbekanntheit.
Unter diesen Umständen könnte die streitentscheidende Frage, ob potentielle Käufer von Damen- und Herrenparfums der Gesamtausstattung (bestehend aus der Bezeichnung sowie Form und Farbe von Flakon und Umverpackung) der angegriffenen Parfumerzeugnisse den Hinweis darauf entnehmen, dass diese Parfumerzeugnisse in der Duftnote den Markenparfums der Klägerinnen nachgestellt seien, nur durch ein demoskopisches Sachverständigengutachten geklärt werden, dessen Einholung der Senat auch zunächst mit Beweisbeschluss vom 9.11.2006 angeordnet hat. Nachdem die Klägerinnen jedoch im Anschluss an den Hinweisbeschluss des Senat vom 11.12.2006 und erneut in der letzten mündlichen Verhandlung klargestellt haben, dass sie einen Beweisantrag auf Einholung eines solchen Gutachtens nicht stellen wollen, war der Beweisbeschluss aufzuheben und auf der Grundlage des wechselseitigen Parteivortrags sowie der eigenen Sachkunde des Senats zu entscheiden, da - worauf ebenfalls im Senatsbeschluss vom 11.12.2006 hingewiesen worden ist - im Hinblick auf die Besonderheiten des vorliegenden Falles kein hinreichender Anlass besteht, ein solches Gutachten von Amts wegen einzuholen.
Die Frage, ob gemäß § 144 ZPO von Amts wegen eine Verkehrsbefragung durchgeführt werden soll, liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (vgl. BGHZ 66, 68; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 6. Aufl., Rdz. 5 zu § 144; Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Rdz. 7 ff. m.w.N.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Rdz. 17 zu Kap. 47). Da demoskopische Gutachten hohe Kosten verursachen, zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung führen und zudem stets mit besonderen Risiken verbunden sind, liegt es im Interesse der beweisbelasteten Partei, einen entsprechenden Beweisantrag nur zu stellen, wenn es ihr wirklich unerlässlich erscheint (vgl. BGH GRUR 90, 1053, 1054 f. - Versäumte Meinungsumfrage). Für einen Verzicht auf die Erhebung eines solchen Beweises sprechen aus der Sicht der beweisbelasteten Partei insbesondere dann gute Gründe, wenn es nach ihrer Auffassung auf die Klärung der tatsächlichen Fragen aus Rechtsgründen nicht ankommt und - jedenfalls im Rahmen einer Überprüfung durch die höhere Instanz - die Möglichkeit besteht, dass sie mit dieser Position durchdringt. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt, nachdem der erkennende Senat die Revision gegen die vorliegende Entscheidung zugelassen hat. Da die Klägerinnen zudem in Kenntnis der Absicht des Senats, eine Beweiserhebung nur bei Stellung eines entsprechenden Beweisantrages durchzuführen, von der Stellung eines solchen Antrages abgesehen haben, bestand im Rahmen der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens nach § 144 ZPO kein Anlass, das demoskopische Gutachten von Amts wegen einzuholen.
Die demnach verbleibende Unsicherheit darüber, ob der angesprochene Verkehr tatsächlich in der Gesamtausstattung der angegriffenen Parfumerzeugnisse eine (indirekte) "offene" Imitationswerbung sieht, geht zu Lasten der insoweit beweispflichtigen Klägerinnen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Gesamtausstattungen der angegriffenen Parfumerzeugnisse jeweils auch die weiteren Marken "Y" bzw. "X" tragen. Auch unter Zugrundelegung des Vortrags der Klägerinnen kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Marken im Verkehr als Dachmarken für Duftimitate über einen großen Bekanntheitsgrad verfügen. Allein die Tatsache, dass die Erzeugnisse der Beklagten auch bei Kaufhaus U und Kaufhaus T vertrieben worden sind, reicht zum Beleg für einen hohen Bekanntheitsgrad dieser Dachmarken ebenso wenig aus wie der Umstand, dass der Beklagte zu 2) seit vielen Jahren im Duftimitatgeschäft tätig ist. Im übrigen würde die Kenntnis der Tatsache, dass es sich bei den beiden Dachmarken um solche für Duftimitate handelt, dem Verkehr gerade noch nicht den weiteren Schluss darauf ermöglichen, welches Markenparfum bei dem einzelnen Erzeugnis imitiert worden ist.
bb) Angebot und Vertrieb der mit den Berufungsanträgen zu I. 1. b) und II. 1. b) beanstandeten Parfumerzeugnisse verstoßen auch nicht gegen § 4 Nr. 9 b) UWG.
Da - wie unter aa) dargelegt - nicht davon ausgegangen werden kann, dass ausreichende Teile des angesprochenen Verkehrs überhaupt eine Verbindung zwischen den Gesamtausstattungen der vom Beklagten zu 2) vertriebenen Erzeugnisse mit den Originalparfums der Klägerinnen herstellen, fehlt es auch an der Grundlage für den Vorwurf einer unlauteren Rufausbeutung oder Rufausnutzung i.S.v. § 4 Nr. 9 b) UWG.
cc) Markenrechtliche Ansprüche stehen den Klägerinnen ebenfalls nicht zu, weil mangels Ähnlichkeit zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen sowohl eine Verwechslungsgefahr (§ 14 II Nr. 2 MarkenG) als auch eine Rufausbeutung (§ 14 II Nr. 3 MarkenG analog) ausscheidet. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil (S. 21, 22 UA) verwiesen werden, gegen die die Klägerinnen in der Berufungsbegründung auch keine substantiierten Einwendungen erhoben haben.
b) Aus den unter a) dargestellten Gründen stehen den Klägerinnen erst recht keine Unterlassungsansprüche allein gegen die Produktbezeichnungen der beanstandeten Parfumerzeugnisse zu (Berufungsanträge zu I. 1. und II. 1.).
Die Klägerinnen können sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich die beanstandeten Bezeichnungen in der Zwischenzeit am Markt jedenfalls als Synonym für das Duftimitat des jeweiligen Markenparfums etabliert hätten. Selbst wenn man diesen Vortrag als richtig unterstellt, beruht ein derartiger Zuordnungseffekt - der mit jeder, auch einer völlig unähnlichen, Bezeichnung erzielt werden kann - gerade nicht auf einer noch als offene Imitationswerbung im Sinne von § 6 II Nr. 6 UWG einzustufenden Angabe auf der Ware selbst, sondern allein auf einem gewissen Markterfolg des Duftimitats. Insoweit handelt sich lediglich um eine unvermeidbare Folge des Umstandes, dass der Duft eines Parfums als solcher nicht geschützt ist.
c) Auch hinsichtlich der von der Klägerin zu 2) weiter geltend gemachten Folgeansprüche auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung (Berufungsanträge zu II. 3. und 4.) kann die Klage mangels Wettbewerbs- oder Markenverletzung des Beklagten zu 2) keinen Erfolg haben.
d) Ebensowenig können die Klägerinnen vom Beklagten zu 2) Einwilligung in die Markenlöschung (Berufungsanträge zu I. 2. und II. 2.) verlangen.
Ein Nichtigkeitsgrund nach § 51 I MarkenG liegt nicht vor, da aus den bereits genannten Gründen den für den Beklagten zu 2) eingetragenen Marken ein besseres Kennzeichnungsrecht der Klägerinnen nicht entgegensteht.
Der Löschungsanspruch lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der böswilligen Markenanmeldung (§ 50 I Nr. 4 MarkenG) rechtfertigen. Da der Beklagte zu 2) - wie oben dargelegt - nicht gehindert ist, die streitgegenständlichen Marken in rechtlich zulässiger Weise zu benutzen, kann die Anmeldung dieser Marken nicht als missbräuchlich eingestuft werden.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 I, 97 I, 516 III ZPO. Die zwischen den beiden Klägerinnen vorgenommene Kostenquotelung beruht auf dem unterschiedlichen Anteil, mit dem die Klägerinnen am Gesamtstreitwert des Verfahrens beteiligt sind.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Soweit die Berufung der Klägerinnen zurückgewiesen worden ist, war die Revision zuzulassen, da die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Parfumausstattungen der streitgegenständlichen Art den Tatbestand der vergleichenden Werbung nach § 6 II Nr. 6 UWG erfüllen, bisher höchstrichterlich noch nicht geklärt ist und sich in einer Vielzahl vergleichbarer Fälle stellen kann (§ 543 II, 1 Nr. 1 ZPO). Im übrigen sind die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung dagegen nicht erfüllt.
Ende der Entscheidung
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