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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 29.03.2007
Aktenzeichen: 6 U 154/06
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 3
UWG § 4
UWG § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II i.V.m. 313 a I, 1 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche (§§ 3, 4 Nr. 7, 8 UWG) sind nicht gegeben, weil es am Erfordernis der Wettbewerbshandlung i.S.v. § 2 I Nr. 1 UWG fehlt. Bei Anwendung der - vom Landgericht zutreffend dargestellten - allgemeinen Grundsätze für die Beurteilung der Wettbewerbsabsicht kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegner mit der beanstandeten Äußerung jedenfalls auch das Ziel verfolgt haben, den eigenen oder fremden Absatz zu fördern.

Die angegriffene Aussage mag zwar geeignet sein, den Absatz der von der Antragstellerin erbrachten Dienstleistungen zu beeinträchtigen. Damit kann sie zugleich auch objektiv den Absatz der Mitbewerber der Antragstellerin fördern. Bei Berücksichtigung der Gesamtumstände kann jedoch nicht angenommen werden, dass der Veröffentlichung der Aussage durch die Antragsgegner auch ein entsprechendes Ziel der Wettbewerbsförderung (Wettbewerbsabsicht) zugrunde lag.

Als Indiz für eine solche Absicht ist es allerdings anzusehen, wenn der Handelnde selbst zu den konkreten Mitbewerbern gehört. Letzteres hat das Landgericht hier mit Recht bejaht. Die von der Antragstellerin erbrachten Hilfsleistungen für veröffentlichungswillige, aber nicht etablierte Autoren stehen in einem - wenn auch eher weiten - Austauschverhältnis zu den von den Antragsgegnern angebotenen Anleitungsbüchern für den gleichen Verkehrskreis. Eine Wettbewerbsabsicht wäre daher zu bejahen, wenn die beanstandete Aussage in unmittelbarem Zusammenhang mit der eigenen Werbung der Antragsgegnerin zu 1) für ihre Verlagsprodukte verwendet worden wäre (vgl. dazu die Beschlüsse des erkennenden Senats vom 2.4.2006 in den Parallelfällen 6 W 151/06 und 6 W 152/06, in denen sich die dort in Rede stehenden Aussagen auf der Verlagshomepage der Antragsgegnerin zu 1 befanden).

Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit darin, dass die beanstandete Aussage im Rahmen eines redaktionellen Beitrags für die vom Antragsgegner zu 2) herausgegebene Online-Publikation "X-Magazin" verbreitet worden ist. Derartige elektronische Publikationen sind wettbewerbsrechtlich im Grundsatz nicht anders zu behandeln als vergleichbare Printmedien (vgl. hierzu OLG Hamburg GRUR-RR 05, 385 - Ladenhüter). Wenn und soweit sie tatsächlich der Befriedigung eines Informationsbedürfnisses dienen sollen, kann in ihnen enthaltenen kritischen Stellungnahmen zu Wirtschaftsunternehmen im Interesse der Pressefreiheit grundsätzlich kein Wettbewerbsförderungsziel unterstellt werden, es sei denn, die konkreten Umstände des Einzelfalles ließen einen solchen Schluss ausnahmsweise zu.

Im vorliegenden Fall spricht jedenfalls nach dem äußeren Eindruck nichts dagegen, das "X-Magazin" des Antragsgegners zu 2) als elektronische Publikation im oben genannten Sinn einzustufen, da die angesprochenen Autoren in den einzelnen Beiträgen über sie interessierende Fragen informiert werden, ohne dass dies in den einzelnen Artikeln mit einer direkten Werbung für die Verlagsprodukte der Antragsgegnerin zu 1) in Verbindung gebracht wird; dies gilt auch für den Artikel mit der in Rede stehenden konkreten Äußerung.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass sich auf der Startseite der Homepage anzeigenartige Hinweise auf einzelne Verlagserzeugnisse der Antragsgegnerin zu 1) befinden, bei deren Anklicken der Nutzer auf die Verlagshomepage der Antragsgegnerin zu 1) weitergeleitet wird. Das vermag für sich allein den Schluss auf eine Wettbewerbsabsicht jedenfalls deshalb nicht zu begründen, weil sich die fraglichen Anzeigen nicht in unmittelbarer Nähe zu der beanstandeten Äußerung befinden, auf welche man erst nach mehrfachem "Weiterklicken" von der Startseite aus stößt.

Der Internetnutzer, der sich auf diese Weise von der Startseite bis zum Artikel mit der fraglichen Äußerung vorgearbeitet hat, wird die auf der Startseite präsentierten Bücher - die mit den Leistungen der Antragstellerin ohnehin nur eingeschränkt funktional austauschbar sind - nicht als Alternative zu dem Leistungsangebot der Antragstellerin begreifen.

Soweit die Antragstellerin in der Berufungsinstanz erstmals vorträgt, ursprünglich seien die beanstandeten Aussagen einige Tage auf der Eingangsseite selbst direkt neben den Buchanzeigen wiedergegeben worden und erst anschließend von anderen Meldungen "verdrängt" worden, hat sie diese - von den Antragsgegnern bestrittene - Behauptung nicht glaubhaft gemacht. Im übrigen richtet sich der Unterlassungsantrag ("so wie geschehen im Internetauftritt ...") allein gegen diejenige Verletzungsform, die sich aus den mit der Antragsschrift vorgelegten Ausdrucken ergibt.

Kein ausreichendes Indiz für eine Wettbewerbsabsicht ist weiter, dass sich die Antragsgegner in ihrem Online-Magazin mehrfach kritisch mit der Antragstellerin befasst haben; dies ist auch im Rahmen einer "echten" Presseberichterstattung nichts Ungewöhnliches.

Schließlich lässt sich die Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts auf die streitgegenständliche Äußerung nicht mit der Vermutung begründen, dass die Antragsgegnerseite das "X-Magazin" letztlich auch unterhalte, um auf diese Weise Autoren anzulocken in der Hoffnung, dass diese bei näherer Beschäftigung mit der Publikation früher oder später auf das gewerbliche Verlagsangebot, insbesondere die Verlagshomepage der Antragsgegnerin zu 1), stoßen. Für eine solche Annahme spricht zwar, dass das Magazin des Antragsgegners zu 2) kostenlos aufrufbar ist und auch eine andere Finanzierungsquelle nicht ersichtlich ist. Auch das reicht aber nicht aus, um den Schluss zu rechtfertigen, dass der konkreten Äußerung eine Wettbewerbsabsicht zugrunde lag; denn aus den bereits genannten Gründen fehlt es an der für den Leser erkennbaren unmittelbaren Verbindung zwischen der Kritik an der Antragstellerin und der Anpreisung der eigenen Leistungen der Antragsgegnerin zu 1).

2. Zivilrechtliche Abwehransprüche (§§ 1004, 823, 824 BGB) stehen der Antragstellerin hinsichtlich der beanstandeten Äußerungen ebenfalls nicht zu.

Die in der angegriffenen Aussage enthaltene Tatsachenbehauptung, die Antragstellerin führe Prozesse gegen Autoren, ist als solche nicht kreditschädigend i.S.v. § 824 BGB, da diese Tatsache für sich kein Umstand ist, der das Ansehen eines Verlages in den Augen Dritter beeinträchtigen könnte. Die mit der Aussage weiter verbundene kritische Bewertung ("Vorsicht: ...") stellt eine mit der Pressefreiheit ohne weiteres vereinbare Meinungsäußerung dar. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die Antragsgegner in der Aussage einen Link zur Verfügung stellen ("mehr hier"), mit dem sie den hiermit verbunden Vorwurf näher erläutern.

Soweit die Antragstellerin in der Senatsverhandlung erstmals den Inhalt der mittels dieses Links zur Verfügung gestellten Informationen (Anlage Ast 8) beanstandet hat, ist dies vom bisher streitgegenständlichen Unterlassungsbegehren nicht gedeckt. Die Antragstellerin hat weder mit der Formulierung ihres Antrags noch in ihrem bisherigen Sachvortrag zu erkennen gegeben, dass sie ein Verbot der beanstandeten Äußerung mit der Begründung anstrebe, dass die in der Anlage Ast 8 enthaltene Darstellung unrichtig oder sonst zu beanstanden sei. Sie hat im Gegenteil noch mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 16.2.2007 (S. 3) klargestellt, dass der Inhalt des weiterführenden Links für die Beurteilung unerheblich sei. Einer etwaigen Ausweitung des Verfügungsbegehrens stünde im übrigen neben der fehlenden Dringlichkeit entgegen, dass die Frist für die hierzu einzulegende Anschlussberufung (vgl. hierzu Senat GRUR-RR 06, 59, 60 - Produktidentität) abgelaufen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.

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