Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 19.04.2001
Aktenzeichen: 6 U 184/00
Rechtsgebiete: ZugabeVO, RabattG, UWG, ZPO


Vorschriften:

ZugabeVO § 1 Abs. 1 S. 1 u. 2
RabattG § 1
UWG § 1
UWG § 3
ZPO § 92 I
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
In dem Angebot und Verkauf eines Radiorekorders zum Preis von 1.-- DM und eines schnurlosen Telefons für 4,99 DM bei Abschluss eines Stromliefervertrages liegt ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 S. 1 u. 2. ZugabeVO vor (Abgrenzung zu BGH WRP 1990,90 - Netzkartenvertrag und Mobiltelefon).
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 184/00

Verkündet am 19.04.2001

In dem Rechtstreit

...

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.04.2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung und die Anschlussberufung gegen das am 07.07.2000 verkündete Urteil der 12. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens werden - unter Abänderung der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils - gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 180.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet Die Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbefristete Bürgschaften eines inländischen, als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

Beschwer der Klägerin: 175.000,-- DM

Beschwer der Beklagten: 175.000,-- DM

Tatbestand:

Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen; die Beklagten betreiben Einzelhandel unter anderem mit Elektrogeräten. In einer gemeinsamen Werbebeilage zur "O. P." vom 23.03.2000 boten die Beklagten die im nachfolgend wiedergegebenen Klageantrag genannten, in der Werbung mit Markennamen, Gerätekennzeichnung und Ausstattung beschriebenen Geräte zu gegenüber dem sonst verlangten Kaufpreis - stark herabgesetzten Preisen für den Fall an, dass der Käufer zusammen mit dem Gerätekauf einen "a."-Stromliefervertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten abschloss. In der Werbung wurden jeweils der normale Kaufpreis (Preis ohne Stromvertrag DM...."), der herabgesetzte Kaufpreis (mit dem Sternchenhinweis "Preis nur gültig in Verbindung mit einem Abschluss eines Stromliefervertrages von a.") und die "a."-Stromtarife mit den drei Komponenten "Mindestlaufzeit", "Grundgebühr" und "Verbrauchsgebühr" genannt. Wegen der Einzelheiten wird auf die als Anlage K 1 zur Klageschrift überreichte Werbebeilage verwiesen.

Die Klägerin hat geltend gemacht, das Angebot eines Radiorecorders zum Preis von 1,-- DM und eines schnurlosen Telefons von 4,99 DM verstießen unter den genannten Umständen gegen die Zugabeverordnung. Die Werbung für die übrigen Geräte stelle einen Rabattverstoß in Form der Ankündigung eines Sonderpreises (§ 1 II Rabattgesetz) dar. Im übrigen seien alle Angebote unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens mit 1 UWG unvereinbar.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagen bei Meidung von Ordnungsgeld bis DM 500.000,--, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen-, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

1. für den Abschluss eines 24-Monats-Stromlieferungsvertrages mit dem Angebot eines Radiorecorders zum Preis von DM 1,-- und/oder eines schnurlosen Telefons zum Preis von DM 4,99 wie in dem als Anlage Ast 1 beigefügten Prospekt zu werben;

2. eine der gemäß Ziffer 1. angekündigten Zugaben zu gewähren;

3. für den Abschluss eines 24-Monats-Stromlieferungsvertrags mit den Angeboten

a) eines Videorecorders zum Preis von DM 49,-- anstatt von DM 249,-- und/oder

b) eines DVD-Players zum Preis von DM 199,-- anstatt von DM 399,- und/oder

c) eines Farbtintenstrahldruckers zum Preis von DM 99,-- anstatt von DM 499,-- und/oder

d) eines 17 Zoll Farbmonitors zum Preis von DM 299,-- anstatt von DM 499,- - und/oder

e) eines Tischkühlschranks zum Preis von DM 69,-- anstatt von DM 299,- und/oder

f) eines Geschirrspülers zum Preis von DM 325,-- anstatt von DM 555,-- und/oder

g) eines Espressoautomaten zum Preis von DM 69,-- anstatt von DM 299,-- und/oder

h) eines Fax-Gerätes zum Preis von DM 77,85 anstatt von DM 379,- und/oder

i) eines Fotoapparates zum Preis von DM 299,-- anstatt von DM 499,-- und/oder

j) eines tragbaren Minidisc-Recorders zum Preis von DM 399,-- anstatt von DM 599,- wie in dem als Anlage Ast 1 beigefügten Prospekt zu werben;

4. die gemäß Ziffer 3. angekündigten Sonderpreise ZU gewähren.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben geltend gemacht, ihre Werbung sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden. Insbesondere stellten die einzelnen Geräte sowie der Stromliefervertrag eine funktionelle Einheit dar, so dass die gekoppelte Abgabe nicht den Eindruck hervorrufe, die Geräte seien eine unentgeltliche Nebenleistung zum Stromliefervertrag.

Mit Urteil vom 7.7.2000, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagten gemäß den Klageanträgen zu 1) und 2) verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Gegen die Verurteilung wenden sich die Beklagten mit der Berufung. Die Klägerin hat unselbstständige Anschlussberufung eingelegt, mit der sie das erstinstanzliche abgewiesene Klagebegehren weiterverfolgt.

Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Beklagten beantragen zu ihrer Berufung, das Landgerichtliche Urteil abzuändern, soweit es zu Lasten der Beklagten ergangen ist, und die Klage auch insoweit abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten abzuweisen.

Die Klägerin beantragt zu ihrer Anschlussberufung, das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 7.7.2000 abzuändern und den Klageanträgen Ziffer 3.) und 4.) entsprechend - den Beklagten bei Meidung von Ordnungsgeld bis DM 500.000,--, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

2.1 für den Abschluss eines 24-Monats-Stromlieferungsvertrages mit den Angeboten

2.1.1 eines Videorecorders zum Preis von DM 49,-- anstatt von DM 249,-- und/oder

2.1.2 eines DVD-Players zum Preis von DM 199,-- anstatt von DM 399,-- und/oder

2.1.3 eines Farbtintenstrahldruckers zum Preis von DM 99,-- anstatt von 299,-- und/oder

2.1.4 eines 17 Zoll Farbmonitors zum Preis von 299,-- anstatt von DM 499,-- und/oder

2.1.5 eines Tischkühlschranks zum Preis von DM 69,-- anstatt von DM 299,-- und/oder

2.1.6 eines Geschirrspülers zum Preis von DM 325,-- anstatt von DM 555,-- und/oder 2.1.7 eines Espressoautomaten zum Preis von DM 69,-- anstatt von DM 299,-- und/oder

2.1.8 eines Fax-Geräts zum Preis von DM 77,85 anstatt von DM 379,-- und/oder

2.1.9 eines Fotoapparats zum Preis von DM 299,-- anstatt von DM 499,-- und/oder

2. 1.10 eines tragbaren Minidisc-Recorders zum Preis von DM 399,-anstatt von DM 599,--

wie in dem als Anlage ASt 1 der Klageschrift vom 15. Mai 2000 beigefügten Prospekt zu werben;

2.2 die gemäß Ziff. 2.1 angekündigten Sonderpreise zu gewähren.

Die Beklagten beantragen, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin sind zulässig; beide Rechtsmittel haben jedoch in Sache keinen Erfolg.

1. Berufung der Beklagten Wie der erkennende Senat bereits im vorausgegangenen Eilverfahren (6 U 180/00) mit Urteil vom 14.12.2000 (OLG Report 2001, 84) ausgeführt hat, stehen der Klägerin die mit den Anträgen zu 1. und 2. der Klageschrift geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus §§ 1 I, 2 I ZugabeV0 zu.

In dem beanstandeten Angebot und Verkauf eines Radiorecorders zum Preis von 1,-- DM und eines schnurlosen Telefons zum Preis von 4,99 DM, jeweils bei gleichzeitigem Abschluss eines "a."-Stromliefervertrages, liegt ein Verstoß gegen §§ 1 Abs. 1 S. 1 und 2 ZugabeVO, weil auch der verständige Durchschnittsverbraucher in den angebotenen Geräten eine gegen ein Scheinentgelt gewährte Nebenleistung zu der in der Stromabnahme liegenden entgeltlichen Hauptleistung sieht. Zur Begründung wird in vollem Umfang auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil, denen der Senat folgt ( 543 Abs. 1 ZPO), Bezug genommen.

Dieser Beurteilung steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur gekoppelten Abgabe eines ohne besondere Berechnung angebotenen Mobiltelefons und eines entgeltlichen Netzkartenvertrages (vgl. BGH WRP 1999, 90 = GRUR 1999, 264 - Handy für 0,00 DM) nicht entgegen. Denn die besonderen Umstände, die den Bundesgerichtshof in diesem Fall zur Verneinung einer Zugabe veranlasst haben, liegen - wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat im vorliegenden Fall nicht vor.

Die enge Funktionseinheit zwischen Mobiltelefon und Netzkartenvertrag, die nach Ansicht des Bundesgerichtshofs für den Verkehr das Vorliegen eines Gesamtangebots nahelegt, besteht bei dem beanstandeten Angebot nicht. Während ein Mobiltelefon nicht ohne Netzkarte und eine Netzkarte nicht ohne Mobiltelefon benutzt werden können, beide Leistungselemente also als funktionelle Einheit erworben werden, liegen die Dinge beim Kauf eines Radiorecorders oder eines schnurlosen Telefons und dem gleichzeitigen Abschluss eines Stromliefervertrages anders. Denn da der Betrieb der erworbenen Elektrogeräte nur eine der vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten des Stromliefervertrages ist, ist der Kauf der Geräte - anders als im vom Bundesgerichtshof entschiedenen Handy-Fall - nicht der notwendige Anlass für den Abschluss des Stromliefervertrages; vielmehr hat der Verbraucher einen solchen Stromliefervertrag bereits mit der Folge, dass er diesen Vertrag kündigen muss, um überhaupt von dem Angebot der Antragsgegnerinnen sinnvoll Gebrauch machen zu können. Damit fehlt es an der engen Funktionseinheit, die - trotz Darstellung eines Leistungsteils als quasi unentgeltlich - die Annahme einer entgeltlichen Gesamtleistung nahelegen kann.

Weiter hat der Bundesgerichtshof in der Handy-Entscheidung maßgeblich darauf abgestellt, dass die gekoppelte Abgabe von Handy und Netzkartenvertrag dem Verkehr seit Jahren geläufig ist und in der Praxis das eine ohne das andere überhaupt nicht angeboten wird. Gerade diese einheitliche und von Beginn des Handy-Verkaufs an geübte Praxis soll es dem Verkehr zusätzlich erleichtern zu erkennen, dass in den Netzkartengebühren in Wahrheit auch der Preis für das Handy enthalten ist. Hiermit ist die Situation im vorliegenden Fäll ebenfalls nicht vergleichbar. Es ist seit jeher einhellige Praxis der Stromversorgungsunternehmen, mit den Verbrauchern schlichte Stromlieferverträge ohne sonstige Leistungselemente abzuschließen; bei diesen Verträgen sind die vereinbarten Entgelte allein die Gegenleistung für die Stromlieferung. In seinem Vorverständnis geprägt von dieser Praxis kommt der Verbraucher daher bei dem beanstandeten Angebot nicht ohne weiteres auf den Gedanken, dass in den in der Werbung genannten Tarifen für die Stromlieferung entgegen allgemeiner Übung auch ein Entgeltanteil für die angebotenen Geräten enthalten sein könnte. Er geht vielmehr davon aus, dass es sich bei den Tarifen um die"normalen" Tarife des Stromlieferunternehmens handelt, die dieses jedem Kunden - und zwar auch bei Abschluss eines reinen Liefervertrages - in Rechnung stellt. Folglich stellen der Radiorecorder und das Telefon bei dem angegriffenen Angebot in der Tat eine praktisch unentgeltliche Zuwendung dar, mit der der Absatz der Stromleistung gefördert werden soll.

Die Beklagten können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Verkehr werde das auf das Handy-Netzkarten-Angebot bezogene Verständnis auf das vorliegende Angebot übertragen. Dagegen sprechen wiederum die dargestelIten wesentlichen Unterschiede zwischen diesen Angeboten. Soweit der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung ausgeführt hat, der Verkehr werde erkennen, dass der Erwerb des Mobiltelefons letztlich mit der im Rahmen des Netzkartenvertrages zu erbringenden Leistung finanziert werden muss, weil ein Kaufmann ein wertvolles Gerät nicht ohne weiteres verschenkt, gelten auch diese Überlegungen nach Auffassung des erkennenden Senats nur für die Besonderheiten des dort zu entscheidenden Falles und lassen sich nicht verallgemeinern. Die Zugabeverordnung ist gerade in der Überzeugung des Gesetzgebers erlassen worden, dass der Verbraucher in der Regel nicht in der Lage ist, den vom Bundesgerichtshof dargestellten Zusammenhang zu erkennen, sondern sich in der Erwartung, tatsächlich etwas geschenkt zu bekommen, in seiner Kaufentscheidung unsachlich beeinflussen lässt. Diese Einschätzung hat den Gesetzgeber veranlasst, eine solche Form der Wertereklame grundsätzlich zu verbieten. Wenn daher - wie auch im vorliegenden Fall -- zwei nicht in enger Funktionseinheit miteinander stehende Leistungen gekoppelt angeboten werden, kann der Zugabecharakter allenfalls dann verneint werden, wenn sich aus weiteren Umständen für den Verkehr hinreichend deutlich ergibt, dass in Wahrheit in dem genannten Preis für die eine Leistung zugleich ein Anteil für die andere Leistung enthalten ist. Solche Umstände sind hier aus den bereits genannten Gründen nicht gegeben.

Die Klägerin ist zur Geltendmachung der Unterlassungsansprüche befugt, weil sie in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zu dem von den Beklagten begünstigten Stromlieferunternehmen steht und daher durch den Zugabeverstoß unmittelbar betroffen ist (vgl. hierzu BGH WRP 98, 973 - Fotovergrößerungen).

2. Anschlussberufung der Klägerin

Dagegen stehen der Klägerin - wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - die mit den Klageanträgen zu 3. und 4. (Berufungsanträge zu 2.1 und 2.2) geltend gemachten Unterlassungsansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

a) Die im Klageantrag zu 3. aufgeführten Angebote stellen keinen Verstoß gegen die Zugabeverordnung dar, da der Käufer hier für das an den Stromliefervertrag gekoppelte Gerät zwar einen sehr niedrigen, aber immerhin nicht völlig zu vernachlässigenden Preis (z. B. mindestens 49,-- DM für einen Videorecorder) zahlen muss; eine solche Kaufsumme kann nicht mehr als ein geringfügiges Scheinentgelt im Sinne von § 1 I S. 2 ZugabeV0 angesehen werden. Die Klägerin stützt ihr Klagebegehren insoweit auch nicht auf die Vorschriften der Zugabeverordnung.

b) Die Beklagten räumen ihren Kunden weiter keine Sonderpreise wegen der Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen (§ 1 II RabattG) ein Zur Bildung eines"bestimmten Verbraucherkreises" im Sinne dieser Vorschrift reichen nur solche Gemeinsamkeiten aus, die zu einer unterschiedlichen Behandlung der Kunden führen (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, Rdz. 24 zu § 1 RabattG m. w. N.). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, da die Beklagten die an den Abschluss eine "a."Stromliefervertrages gekoppelten vergünstigten Gerätepreise jedem Verbraucher gewähren.

c) Die Koppelung eines vergünstigten Verkaufspreises für ein Elektrogerät mit dem gleichzeitigen Abschluss eines Stromliefervertrages verstößt angesichts der Gesamtumstände des vorliegenden Falles auch nicht unter deml Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens gegen 1 UWG (a. A. für einen ähnlich gelagerten Fall OLG Köln, Urteil vom16.02.2001 - 6 U 181/00, Bl. 190 ff. d. A.).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. WRP 2001, 392 - 1-Pfennig- Farbbild) verstößt nicht jedes besonders preisgünstig erscheinende Angebot gegen § 1 UWG; denn die von einem attraktiven Angebot ausgehende Anlockwirkung ist die gewollte Folge des Leistungswettbewerbs. Übertrieben und damit wettbewerbswidrig ist die von einem besonders günstigen Angebot ausgehende Anlockwirkung - von Fällen der Irreführung oder sonstiger Unlauterkeitsmerkmale abgesehen - erst dann, wenn mit einem Übermaß insbesondere geldwerter Vorteile derart auf die Entschließungsfreiheit des Kunden eingewirkt wird, dass dieser seine Entscheidung nicht mehr nach der Güte und Preiswürdigkeit, sondern nur noch danach trifft, wie er in den Genuss des Vorteils gelangt (vgl. BGH WRP 99, 517, 518 - Am Telefon nicht süß sein? n. w. N.) Maßstab ist dabei die Sichtweise des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers (vgl. speziell zur Frage des übertriebenen Anlockens BGH WRP 2000, 724, 726 - Space Fidelity Peep-Show - sowie allgemein im Wettbewerbsrecht BGH WRP 2001, 258, 260 - Rückgaberecht).

Ausgehend von diesen Grundsätzen geht von dem beanstandeten Angebot nach Auffassung des erkennenden Senats kein übertriebener Anlockeffekt aus.

Allerdings scheitert die Annahme eines übertriebenen Anlockens nicht schon daran, dass die gekoppelten Leistungen als ein einheitliches Angebot erscheinen (so BGH a. a. 0. - Am Telefon nicht süß sein?); denn wie bereits im Rahmen der zugaberechtlichen Beurteilung ausgeführt, besteht hier aus der Sicht des Verkehrs keine enge Funktionseinheit zwischen den von den Beklagten beworbenen Elektrogeräten und dem Abschluss eines Stromliefervertrages. Gleichwohl ist aus anderen Gründen die Möglichkeit einer unsachlichen Beeinflussung der Kaufentscheidung im oben genannten Sinn im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Zwar ist nicht zu verkennen, dass der dem Kunden mit der Koppelung gewährte geldwerte Vorteil, der - im Fall des Tintenstrahldruckers (Antrag zu 3c) - einen Betrag bis zu 400,-- DM ausmacht erheblich ist und daher großes Interesse an dem Angebot wecken kann. Gleichwohl ist nicht zu befürchten, dass der verständige Durchschnittsverbraucher bei diesem Angebot ohne größeres Nachdenken allein deshalb zugreift, weil er unbedingt in den Genuss des geldwerten Vorteils gelangen will. Dagegen spricht schon, dass der Verbraucher - der in der Vergangenheit stets nur mit einem einzigen Stromlieferanten zu tun hatte - mit der Möglichkeit, den Stromlieferanten zu wechseln, nicht vertraut ist und daher erfahrungsgemäß zu einem solchen Wechsel nicht ohne weiteres zu bewegen sein wird. Er wird sich schon deswegen vor einer Kaufentscheidung auch mit dem anderen Teil des vorliegenden Kopplungsangebots, nämlich dem neuen Stromliefervertrag und dessen Preiswürdigkeit, näher befassen. Zumindest weiß der Verbraucher, dass der zum Erwerb des verbilligten Geräts nötige Abschluss eines "a."-Stromliefervertrages die Kündigung seines bestehenden Vertrages voraussetzt. Zwar bieten die Beklagten ihm in der Werbung an, die Kündigung zu übernehmen. In jedem Fall muss der Kunde jedoch seine letzte Stromrechnung heraussuchen. Spätestens bei dieser Gelegenheit erkennt er, dass sich das mit dem langfristigen Wechsel des Stromlieferanten verbundene Gesamtangebot finanziell nur lohnt, wenn ihm auch unter Berücksichtigung der jeweils zu zahlenden Stromtarife noch ein Vorteil verbleibt. Dies wiederum kann er ohne weiteres ermitteln und abschätzen, da die Tarifbedingungen des "a."-Vertrages in der Werbung vollständig und deutlich erkennbar mitgeteilt werden und der Käufer sich unschwer auch über die von ihm bisher gezahlten Stromtarife informieren kann. Jedenfalls wird sich kein verständiger Verbraucher für das gekoppelte Angebot der Beklagten entscheiden, ohne zuvor diese Prüfung jedenfalls kursorisch angestellt zu haben.

An dieser Beurteilung ändert auch die der Werbebeilage vorangestellte Überschrift "irgendwo besseres Angebot gesehen? Das gibt's doch gar nicht!" nichts, mit der lediglich in allgemeiner Form die Aufmerksamkeit des Lesers auf die als besonders günstig dargestellten Angebote gelenkt werden soll. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände erscheint daher im Ergebnis eine unsachliche, den Vorwurf des übertriebenen Anlockens rechtfertigende Beeinflussung des Verbrauchers ausgeschlossen.

Mit dieser Beurteilung nach § 1 UWG steht nicht im Widerspruch, dass der Senat in den Fällen der Abgabe gegen ein Scheinentgelt einen Zugabeverstoß bejaht (vgl. oben Ziffer 1.). Denn während der Zugabeverordnung gewissermaßen die unwiderlegliche Vermutung des Gesetzgebers zugrunde liegt, dass der Verbraucher durch unentgeltlich oder fast unentgeItlich erscheinende Nebenleistungen immer, das heißt ohne Rücksicht auf die weitere n Begleitumstände unsachlich beeinflusst werden kann, ist diese Frage im Rahmen der Beurteilung nach § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens stets im Hinblick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen.

d.) Schließlich enthält das beanstandete Angebot auch keine mit §§ 1, 3 UWG nicht zu vereinbarende Preisverschleierung oder Irreführung über die Preisgestaltung. Dem Verbraucher werden alle für die Beurteilung der Preiswürdigkeit des Angebots erforderlichen Informationen in der gebotenen Klarheit offengelegt. Ebenso wenig ist vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die in der Werbung genannten Preise für die Geräte ohne Abschluss eines "a."-Stromliefervertrages von den Beklagten in dieser Höhe etwa überhaupt nicht verlangt werden oder unrealistisch hoch kalkuliert sind.

3.

Im Hinblick auf die möglicherweise bevorstehende Aufhebung der Zugabeverordnung weist der Senat darauf hin, dass - nach einer etwaigen Aufhebung der Zugabeverordnung - aus den unter 2. genannten Gründen auch die mit den Klageanträgen zu 1. und 2. beanstandeten Angebote keinen Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens darstellen würden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück