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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 17.08.2000
Aktenzeichen: 6 U 74/00
Rechtsgebiete: UWG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 1
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Zur Unzulässigkeit der Auslobung von Prämien für Reisebüros durch Reiseveranstalter bei der Vermittlung von Reisen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 74/00

3/8 O 164/99 Landgericht Frankfurt am Main

Verkündet am 17.8.2000

In dem Rechtsstreit ... hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.8.2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung gegen das Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 1.3.2000 wird auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Verurteilung zur Unterlassung am Ende lautet: und/oder solche Buchungswettbewerbe, wie unter a), b) und c) genannt,

tatsächlich durchzuführen."

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 85.000,- DM abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor

der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch in Form einer unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen Bürgschaft eines inländischen, als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

Beschwer der Beklagten: 70.315,65 DM.

Tatbestand

Die Klägerin, ist eine Vereinigung zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte ist ein großer deutscher Reiseveranstalter, der im August 1999 mit den aus Bl. 15-17 d.A. ersichtlichen Schreiben Buchungswettbewerbe angekündigt hat.

Die Klägerin hat in diesen Buchungswettbewerben eine wettbewerbswidrige Absatzförderung durch Gewährung von Sondervorteilen an Reisebüros und deren Mitarbeiter gesehen und die Beklagte auf Unterlassung sowie Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat beantragt, 1. die Beklagte bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 500.000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft, zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in an Reisebüros und deren Mitarbeiter gerichteten Werbescheiben oder sonst werblich a) für.einen Buchungswettbewerb zu werben, bei weichem für einen möglichst hohen Verkauf von Kabinen für eine von der Beklagten angebotene Kreuzfahrt innerhalb eines bestimmten Zeitraums der Gewinn einer Kreuzfahrt ausgelobt wird - wie in dem als Anlage K 1 beigefügten Werbeschreiben der Beklagten vom 30.8.1999 für die Kreuzfahrt 'Schätze Griechenlands' und/oder b) für die Buchung von mindestens ...-Reisen aus dem Katalog ... Nordamerika" 1999/2000 den Gewinn je eines Mietwagengutscheins auszuloben und/oder dem Verkäufer, der in einem bestimmten Zeitraum die meisten Winterbuchungen bei der Klägerin vornimmt, für das Jahr 2000 die kostenlose Überlassung eines Kraftfahrzeugs zuzusagen - wie in dem als. Anlage K 2 beigefügten Werbeschreiben der Beklagten vom 30.8.1999 Der Buchungswettbewerb von ... und ... läuft: Gewinnen Sie das Millennium-Auto von ..." und/oder c) dem Verkäufer, der in einem bestimmten Zeitraum die meisten Musical-Tickets verkauft, den Gewinn eines Musical-Wochenendes in Deutschland als ersten Preis oder zwei Musical-Tickets nach freier Wahl aus einem bestimmten Angebot als 2. bis 100. Preis auszuloben - wie in dem als Anlage K 3 beigefügten Werbeschreiben der Beklagten vom 2.8.1999 9Buchungswettbewerb - Buddy - Das Musical & STELLA Musicals.U und/oder die unter a), b) und c) vorgenannten Buchungswettbewerbe tatsächlich durchzuführen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 315,65 DM nebst 4% Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, daß es keinem gewerblichen Anbieter verwehrt sei, durch geeignete Werbemaßnahmen den Absatz seiner Produkte zu fördern. Insbesondere dürfe der Kunde nicht erwarten, daß der Expedient am Counter objektiv und neutral den Willen des Kunden erforsche und dann ebenso das dem Kunden zu unterbreitende Angebot erarbeite.

Mit Urteil vom 1.3.2000, auf das zu näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Rechtsstandpunktes gegen dieses Urteil.. Wegen der Einzelheiten ihres Sachvortrags wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Verurteilung zur Unterlassung am Ende lautet: und/oder solche Buchungswettbewerbe, wie unter a), b) und c) genannt,

tatsächlich durchzuführen".

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer zu den Akten gereichten Schriftsätze, auf die zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Beklagte mit zutreffenden Gründen, denen sich der Senat anschließt (§ 543 ZPO), zur Unterlassung verurteilt. Denn in Fällen übertriebenen Anlockens gegenüber nachgeordneten Vertriebsstufen gelten - mit Einschränkungen - dieselben Grundsätze, die auf Fälle des übertriebenen Anlockens gegenüber Letztverbrauchern Anwendung finden (vgl. Baumbach-Hefermehl, UWG 21. Auf., § 1 UWG Rdn. 896 ff m. Nachw.). Im Streitfall hat die Beklagte gegenüber Reisebüros und deren Mitarbeitern hohe Sachpreise ausgelobt, nämlich Kreuzfahrten im Falle des Gewinnspiels Bl. 15 d.A., Gutscheine für Mietwagen in den USA im Falle des Gewinnspiels Bl. 16 d.A. und Musical-Wochendenden mit 2 Übernachtungen und Frühstück sowie Tickets im Falle des Gewinnspiels Bl. 17 d.A.. Diese in ihrem Wert ganz erheblichen Gewinne sind, wovon das Landgericht zutreffend ausgegangen ist, geeignet, einen so erheblichen Anlockeffekt auf die umworbenen Reisebüros und ihre Mitarbeiter auszuüben, daß diese ihre Kunden nicht mehr unter sachlichen Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Reisewünsche ihrer Kunden objektiv beraten. Die von der Beklagten behauptete Häufung solcher Prämien für Reisebüro- Mitarbeiter steht dem Effekt der Beeinflussung nicht entgegen. Denn derjenige, der solche individuellen Prämien verspricht, darf damit rechnen, daß diese Prämien entsprechend ihrem Gegenstand und den persönlichen Neigungen der angesprochenen Mitarbeiter ihren Anreiz trotz möglicherweise weiterer Auslobungen entfalten. Da der Verkehr, der Reiseleistungen in Reisebüros nachfragt, eine objektive Beratung erwartet, besteht aufgrund der von der Beklagten für den Verkauf der beworbenen Reiseleistungen ausgelobten Preise die Gefahr, daß die umworbenen Reisebüros und deren Mitarbeiter ihre Fachhändlerfunktion gegenüber den Verbrauchern nicht mehr wahrnehmen. Soweit die Beklagte meint, der Reiseleistungen in Reisebüros nachfragende Verkehr dürfe nicht erwarten, daß er von den Mitarbeitern von Reisebüros objektiv und neutral beraten werde, steht dem die tatsächliche Verkehrserwartung entgegen, was die Mitglieder des Senats als Teil des angesprochenen Verkehrs aus eigener Sachkunde beurteilen können.

Die angegriffenen Werbemaßnahmen verstoßen daher gegen § 1 UWG und sind angesichts des von ihnen ausgehenden Nachahmungsdrucks für die Mitbewerber der Beklagten insbesondere geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt der Reisedienstleistungen. wesentlich zu beeinträchtigen. Da die Abmahnung des Wettbewerbsverstoßes zu Recht erfolgt ist, steht der Klägerin auch der geltend gemachte Aufwendungsersatz zu, so daß die Berufung mit der durch die Antragspräzisierung vorgenommenen Klarstellung zurückzuweisen ist. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, wobei die in zweiter Instanz vorgenommen Änderung im letzten Teil. des Unterlassungsbegehrens lediglich das bereits ursprünglich begehrte Unterlassungsgebot klarstellt und daher keine teilweise Klagerücknahme beinhaltet.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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