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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 30.08.2001
Aktenzeichen: 6 U 93/00
Rechtsgebiete: UWG, MarkenG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 1
MarkenG § 4
MarkenG § 18
MarkenG § 3 Abs. 2
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG § 14
ZPO § 91
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Zum Schutzumfang einer farbigen dreidimensionalen Marke (Rohrverbindungsstück in einem bestimmten Grünton).
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 93/00

Verkündet am 30.08.2001

In dem Rechtsstreit ...

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. August 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin wird auf die Berufung der Beklagten das am 8. März 2000 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelsachen des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbefristete Bürgschaften eines inländischen, als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

Beschwer der Klägerin : 250.000,00 DM

Tatbestand:

Die Klägerin, ein in Deutschland ansässiges Unternehmen, stellt her und vertreibt grüne Rohre aus Polypropylen für die Trinkwasserversorgung. Sie ist Inhaberin der am 1.1.1995 angemeldeten, unter der Nummer ... beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen dreidimensionalen Farbmarke, die ein T-förmiges Rohrverbindungsstück in grüner Farbe zeigt (Bl. 9 d.A.). In einem die Löschung der Marke betreffenden Beschwerdeverfahren hat die Klägerin am 11.12.1998 vor dem Bundespatentgericht (AZ: 33 W (pat) 177/97) hinsichtlich der Farbe erklärt, der Grünton der Marke liege zwischen RAL Nr. 6001 und RAL Nr. 6002. Ferner hat sie im Wege der Teillöschung das Warenverzeichnis, welches ursprünglich lautete : Rohre und Rohrverbindungsstücke (Fittings) aus Polypropylen für die Trinkwasserversorgung", wie folgt gefasst : T-förmige Rohrverbindungsstücke (Fittings) aus Polypropylen für die Trinkwasserversorgung" (Bl.11a d.A.). Auch die Beklagte, ein in Italien ansässiges Unternehmen, vertreibt grüne Kunststoffrohre für die Trinkwasserversorgung. Wegen der Farbgestaltung wird auf das zu den Akten gereichte T-förmige Rohrstück der Beklagten Bezug genommen. Die Beklagte vertreibt ihre Rohre bisher nicht in Deutschland, hat diese aber auf der vom 23.- 27.3.1999 in Frankfurt stattgefundenen internationalen Messe ISH vorgestellt. Aus diesem Anlass hat die Klägerin am 25.3.1999 eine Unterlassungs- und Sicherstellungsverfügung erwirkt (AZ : 3/8 O 41/99 Landgericht Frankfurt am Main), aufgrund derer sie die ausgestellten Rohre hat sequestrieren lassen.

Die Klägerin meint, durch den Messeauftritt habe die Beklagte ihr Markenrecht verletzt und gegen § 1 UWG verstoßen.

Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM zu unterlassen, Rohre und/oder Rohrverbindungsstücke aus Polypropylen in dem grünen Farbton, der sich aus der nachfolgenden, (aus Blatt 2 der Akte ersichtlichen) Abbildung ergibt, anzubieten oder in den Verkehr zu bringen; in die Vernichtung der Rohre und Rohrverbindungsstücke einzuwilligen, die der Gerichtsvollzieher S. K. am 25. März 1999 im Vollzug der am selben Tag ergangenen einstweiligen Verfügung des Landgerichts Frankfurt (AZ: 3/8 O 41/99) auf dem Messestand der Beklagten in Frankfurt weggenommen hat.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 8.3.2000, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM zu unterlassen, T-förmige Rohrverbindungsstücke aus Polypropylen in dem grünen Farbton, der sich aus der nachfolgenden (aus Blatt der Akten ersichtlichen) Abbildung ergibt, anzubieten oder in den Verkehr zu bringen; 2. in die Vernichtung der Rohrverbindungsstücke gemäß Ziffer 1. einzuwilligen, die der Gerichtsvollzieher S. K. am 25. März 1999 im Vollzug der am selben Tag ergangenen einstweiligen Verfügung des Landgerichts Frankfurt (AZ: 3/8 O 41/99) auf dem Messestand der Beklagten in Frankfurt weggenommen hat.

Hiergegen richten sich die Berufungen beider Parteien, mit denen sie das landgerichtliche Urteil jeweils im Umfang ihres Unterliegens angreifen.

Die Klägerin beantragt, unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das landgerichtgerichtliche Urteil abzuändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Beklagte insgesamt nach den erstinstanzlich gestellten Klageanträgen zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt, unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin das landgerichtliche Urteil aufzuheben, soweit der Klage stattgegeben wurde, und die Klage insgesamt abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die zulässige Berufung der Beklagten führt zur Abänderung des landgerichtlichen Urteils und zur vollständigen Klageabweisung.

Die Klägerin hat keinen markenrechtlichen Unterlassungs- und Vernichtungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 4, 14 Abs. 2 Nr. 2, 18 MarkenG.

Der markenrechtliche Schutz kann allerdings nicht deswegen versagt werden, weil die Marke der Klägerin möglicherweise nicht hätte eingetragen werden dürfen. Die Eintragungsfähigkeit der Marke erscheint zwar schon deshalb zweifelhaft, weil mit der Anmeldung Schutz für eine farbige dreidimensionale Marke begehrt wurde, deren Formbestandteil gemäß § 3 Abs. 2 MarkenG nicht schutzfähig wäre, da er die Form eines üblichen T-förmigen Rohrverbindungsstücks (Fittings) darstellt. Der Senat ist jedoch im Verletzungsverfahren an die erfolgte Eintragung der Marke gebunden.

Ein markenrechtlicher Anspruch der Klägerin scheidet aber mangels Verwechslungsgefahr zwischen ihrer Marke und dem Produkt der Beklagten aus. Ein Anspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt voraus, dass für das Publikum aufgrund der Ähnlichkeit der Kennzeichen und der erfassten Waren und Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das angegriffene Kennzeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird (EuGH, GRUR Int. 1998, 56, 57 = WRP 1998, 39, 41 Erwägungsgrund 18 ­ Springende Raubkatze). Maßgebend für die Bestimmung des markenrechtliche Schutzes ist die Gestaltung der Marke, wie sie eingetragen ist (vgl. BGH, WRP 1998, 755, 757 ­ Nitrangin, Senat, WRP 1999, 551, 552 BiC Cristal). Eingetragen ist ein T-förmiges Rohrstück in einem bestimmten Grünton. Bei der Frage der Verwechslungsgefahr und damit bei der Bestimmung des Schutzumfangs müssen zwar grundsätzlich die nach § 3 Abs. 2 MarkenG nicht schutzfähigen Bestandteile einer Formmarke unberücksichtigt bleiben, nehmen also nicht an der Schutzwirkung teil (vgl. BGH, GRUR 2000, 888, 889 ­ MAG-LITE). Unter Anwendung dieses Grundsatzes ist die Klägerin der Ansicht, das T-förmige Rohrstück habe als nicht schutzfähiger Bestandteil ihrer Marke außer Betracht zu bleiben, so dass es allein auf die grüne Farbe ankomme. Dabei verkennt sie jedoch die dogmatische Basis dieses Grundsatzes. Der Grundsatz stellt eine Beschränkung des Schutzumfangs dar, die dem Freihaltebedürfnis der Mitbewerber Rechnung trägt. Er kann von der Klägerin nicht dafür herangezogen werden, den Schutzbereich ihrer Marke zu erweitern. Denn die Nichtbeachtung des Formelements in der Kombinationsmarke der Klägerin darf nicht dazu führen, dass die Klägerin Schutz für das Farbelement wie bei einer abstrakten Farbmarke ohne Rücksicht auf die ebenfalls eingetragene Form beanspruchen kann. Denn eingetragen ist eine farbige dreidimensionale Marke, die ein T-förmiges Rohrstück in einem bestimmten Grünton zeigt. Hätte die Klägerin ihre grüne Farbe abstrakt schützen wollen, hätte nichts näher gelegen, als sie als eine reine Farbmarke für Rohre und Rohrverbindungsstücke eintragen zu lassen. Als eine solche ist die Klagemarke aber nicht eingetragen. Im vorliegenden Fall findet daher der oben genannte Grundsatz keine Anwendung. Vielmehr ist auch das eingetragene Formelement zur Bestimmung ­ hier zur Begrenzung - des Schutzumfangs der Marke heranzuziehen. Die Marke wird danach nicht allein geprägt durch die grüne Farbe. Wenn auch die Form der Marke allein nicht schutzfähig wäre, da es sich um eine gängige Form für Rohre handelt, so erhält die Marke als Gesamtzeichen doch ihre Kennzeichnungskraft nicht allein durch die grüne Farbe, sondern durch das Zusammenspiel von Farbe und Form.

Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass der Schutzumfang dabei auf das eingetragene T-förmige Rohr beschränkt ist, weil das Warenverzeichnis, für das die Marke ursprünglich eingetragen war, im Wege der Teillöschung ausdrücklich im Löschungsverfahren vor dem BPatG auf T-förmige Rohrverbindungsstücke (Fittings) aus Polypropylen für die Trinkwasserversorgung beschränkt worden ist. Entgegen der Ansicht des Landgerichts scheidet aber eine Verwechslungsgefahr auch hinsichtlich des Farbelements der Kombinationsmarke mit der von der Beklagten verwendeten Farbe aus, so dass die Klägerin hinsichtlich des gesamten Rohrprogramms - auch in Bezug auf T-förmige Rohrverbindungsstücke - keine Ansprüche gegen die Beklagte hat.

Bei der Bestimmung des Schutzumfangs von Farbmarken ist das hohe Freihaltebedürfnis an der Verwendung von Farben zur Kennzeichnung von Produkten zu beachten. Die Registrierung einer einzigen Farbmarke kann wegen dieses hohen Freihaltebedürfnisses nicht zur Folge haben, dass alle umliegenden Farbschattierungen für andere Unternehmen ebenfalls unverwendbar werden (vgl. HABM , GRUR Int. 2001, 69, 70 Nr. 14 ­ ARAL BLAU WEISS; Sack, WRP 2001, 1022, 1030). Dasselbe hat im vorliegenden Fall einer Kombinationsmarke zu gelten, bei der das Formelement aus einer freihaltebedürftigen Warenwiedergabe besteht und daher dem Farbelement zur Bestimmung des Schutzumfangs wesentliche Bedeutung zukommt. Vorliegend kann die Klägerin nicht generellen Schutz für die Farbe Grün beanspruchen. Zwar ist eine Beschränkung des Schutzumfangs ihrer Marke durch die RAL-Angabe im Beschwerdeverfahren nicht erfolgt, weil die RAL-Angabe neben der Einreichung eines Farbmusters nur der notwendigen graphischen Darstellung der Marke dient. (vgl. BGH, GRUR 1999, 730, 731 ­ magenta/grau). Jedoch zeigt diese Angabe, dass ein bestimmter Farbton Ausgangspunkt des markenrechtlichen Schutzes ist und nicht etwa allgemein grün". Da auch bezüglich der Farbe der dreidimensionalen Marke der Grundsatz gilt, dass der markenrechtliche Schutz von der Gestaltung auszugehen hat, wie sie eingetragen ist, ist Ausgangspunkt der Beurteilung zunächst der konkrete Grünton, der sich der farbigen Abbildung des Rohrverbindungsstücks aus der Eintragung entnehmen lässt. Ferner ist hier insbesondere zu sehen, dass die Kennzeichnungsvorschriften für Rohre nach der DIN 2403 (Bl. 222 d.A.) ­ unabhängig von ihrer konkreten Reichweite - grün als Markierungsfarbe für Wasserrohre vorsehen. Es sind dort eine Anzahl von Markierungsmöglichkeiten genannt, von denen eine das Streichen des ganzen Rohres mit der Gruppenfarbe ist. Auch in Italien, dem Heimatmarkt der Beklagten, ist die grüne Farbe zur Kennzeichnung von Wasserleitungen vorgesehen (Bl. 220 d.A.). In diesem Umfeld, wo es den Mitbewerbern frei bleiben muss, ebenfalls grüne Rohre für Trinkwasser anzubieten, kommt eine Einengung des Schutzumfangs der Marke auf eine graduelle Nahezuidentität oder gar auf 1 : 1 (Identität) in Betracht (vgl. Erdmann, GRUR 2001, 609, 612). Ob eine solche Einengung hier angebracht ist, kann letztlich dahinstehen, weil die angesprochenen Verkehrskreise die Fachleute für Wasserinstallation sind. Solche Fachleute kennen sich auf dem Markt der Rohranbieter aus und achten auch auf geringe Unterschiede in der Farbgebung und auf sonstige Kennzeichnungen der angebotenen Produkte. Legt man das zugrunde, reichen die Farbunterschiede zwischen der Marke der Klägerin und dem Produkt der Beklagten aus, um eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Die für die Klägerin eingetragene Marke weist einen satten, natürlich erscheinenden (Wiesen-)Grünton auf. Demgegenüber handelt es sich bei der von der Beklagten verwendeten Farbe um einen hellen Grünton, der mit einem gewissen Türkiseinschlag künstlich und nicht der Natur entnommen wirkt. Diese Unterschiede in der Farbgebung reichen angesichts des Spezialmarktes, auf dem sich die Parteien begegnen, aus, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Das um so mehr, als es auf dem deutschen Markt neben der Klägerin auch noch andere Anbieter von grünen Kunststoffwasserrohren gibt, dem Verkehr also ohnehin schon verschiedene Grüntöne am Markt begegnen und er daher gewohnt ist, auf Unterschiede im Farbton zu achten.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 1 UWG. Diese Vorschrift kann nur in den Fällen herangezogen werden, in denen der Schutz des Markengesetzes versagt (vgl. für bekannte Marken BGH, WRP 1998, 1181, 1182 = GRUR 1999, 161, 162 ­ MAC Dog; WRP 1999, 931, 935 ­ Big Pack; WRP 1999, 1279, 1283 ­ SZENE). Das heißt aber nicht, dass immer dann, wenn kein Anspruch aus § 14 MarkenG gegeben ist, ein Rückgriff auf § 1 UWG möglich ist, sondern nur dann, wenn Schutz nach dem Markengesetz schon dem Grunde nach nicht zu erlangen ist, weil etwa keine kennzeichenmäßige Benutzung oder eine Verwendung außerhalb des geschäftlichen Verkehr vorliegt (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdn. 524 ff., auch BGH, WRP 1999, 1279, 1283 ­ SZENE, zu § 15 Abs. 3 MarkenG). Vorliegend scheitert der markenrechtliche Anspruch der Klägerin nicht an der fehlenden Einschlägigkeit des Markengesetzes, sondern daran, dass bei grundsätzlicher Anwendbarkeit des Markengesetzes einzelne Tatbestandsmerkmale der Anspruchsnorm nicht erfüllt sind. Gesichtspunkte, die nicht bereits bei der markenrechtlichen Beurteilung Berücksichtigung gefunden haben, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.



Ende der Entscheidung

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