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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 17.12.2005
Aktenzeichen: 6 UF 302/04
Rechtsgebiete: BGB, BetrAVG
Vorschriften:
BGB § 1587 a III | |
BGB § 1587 a IV | |
BetrAVG § 16 III 1 |
Gründe:
I.
Auf den dem Antragsteller am 28.06.2004 zugestellten Antrag der Antragsgegnerin und den der Antragsgegnerin am 29.06.2004 zugestellten Antrag des Antragstellers hat das Amtsgericht durch das angefochtene Urteil die am 16.10.1992 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich unter ihnen in der Weise geregelt, dass es vom Rentenkonto des Antragstellers bei der Beteiligten zu 1) Rentenanwartschaften in Höhe von 223,03 EUR monatlich auf das Rentenkonto der Antragsgegnerin bei der Beteiligten zu 1) übertragen hat und darüber hinaus zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragstellers bei der Firma Z AG Rentenanwartschaften in Höhe von 96,26 EUR monatlich auf dem Rentenkonto der Antragsgegnerin bei der Beteiligten zu 1) begründet hat.
Gegen das ihm am 23.11.2004 zugestellte Urteil hat der Antragsteller rechtzeitig am 22.12.2004 Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet. Er macht geltend, der Ausgleich seiner Betriebsrentenanwartschaft sei im Wege des erweiterten Splittings gemäß § 3b Abs. 1 VAHRG durchzuführen, insoweit sei der Ausgleich auf 2 % der allgemeinen Bezugsgröße nach SGB IV § 18, dies entspricht zum Ende der Ehezeit einem Betrag von 48,30 EUR, zu begrenzen.
Hinsichtlich des verbleibenden Betrags in Höhe von 47,96 EUR sei der schuldrechtliche Versorgungsausgleich anzuordnen, da ein Ausgleich durch Beitragsentrichtung für den Antragsteller eine unzumutbare Härte bedeuten würde.
Die Antragsgegnerin und die Beteiligte zu 1) sind der Beschwerde nicht entgegengetreten.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Trägers der Betriebsrente des Antragstellers eingeholt.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 621e Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 517 ZPO eingelegt.
Die Beschwerde ist auch begründet und führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung. Dabei war nur über den im 2. Ausgleichsschritt durchgeführten Ausgleich der Betriebsrentenanwartschaft des Antragstellers zu entscheiden, da der Ausgleich der Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung einen abtrennbaren Teil der Entscheidung betrifft, der mit der Beschwerde nicht angegriffen wurde.
Der Antragsteller rügt zu Recht, dass der Ausgleich hinsichtlich seiner Betriebsrente nicht im Wege des Quasisplittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG, das nur zulässig ist, wenn sich das auszugleichende Anrecht gegen einen öffentlichrechtlichen Versorgungsträger richtet, sondern im Wege des erweiterten Splittings nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG durchzuführen ist und der Ausgleich insoweit auf 2 % des auf einen Monat entfallenden Teils der am Ende der Ehezeit maßgebenden Bezugsgröße nach § 18 SGB IV zu begrenzen ist.
Da die Entscheidung des Amtsgerichts, soweit sie angefochten wurde, vollständig auf ihre Richtigkeit zu überprüfen ist (vgl. etwa BGH FamRZ 1998, 1024) waren darüber hinaus weitere, nicht gerügte Fehler des Amtsgerichts zu korrigieren. So ist gemäß § 1587a Abs. 2 Nr. 3 BGB nur der Ehezeitanteil der Betriebsrente auszugleichen. Schließlich ist die Dynamisierung der Betriebsrente im Leistungsstadium zu beachten.
Die Betriebsrente des Antragstellers, die er bei seiner Arbeitgeberin, der Firma Z AG erworben hat, ist damit im Versorgungsausgleich wie folgt zu behandeln:
Die Arbeitgeberin hat mitgeteilt, dass zum Ende der Ehezeit eine Anwartschaft auf eine künftige Jahresrente von 6.405,72 EUR ab Vollendung des 65. Lebensjahres am 14.10.2012 bestanden hat. Den Anfangszeitpunkt der für die Rente maßgebenden Betriebszugehörigkeit hat sie mit dem 09.02.1976 angegeben.
Gemäß § 6 Abs. 5 der Regeln der Altersversorgung für Lohnempfänger der Arbeitgeberin des Antragstellers ist zu beachten, dass die Gesamtversorgung aus betrieblicher Versorgung und darauf anzurechnender Versorgungsleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Form limitiert ist, dass sie nicht mehr als 80 % des Durchschnittsverdienstes betragen darf, der in den letzen 60 Monaten vor Ende der Ehezeit 2.924,96 EUR betragen hat, andernfalls wird die Betriebsrente um den übersteigenden Betrag gekürzt.
Limitierung
Eine Limitierung greift vorliegend nicht ein, da die Betriebsrente zuzüglich der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung 80 % des Durchschnittsverdienstes der letzten 60 Monate (bezogen auf das Ende der Ehezeit) nicht erreicht. Das zeigt folgende überschlägige Berechnung: Ausweislich der Auskunft der Beteiligten zu 1) hat der Antragsteller bisher eine Rentenanwartschaft von 42,9614 Entgeltpunkten erworben. Bis zum Erreichen der Altersrente können jährlich maximal 2 weitere Entgeltpunkte (§ 76 Abs. 2 S. 3 SGB VI) hinzukommen. Bis zum Erreichen der Altersgrenze am 14.10.2012 ist damit der Erwerb einer Rentenanwartschaft in Höhe von 16,75 Entgeltpunkten [(8 Jahre + 4,5 Monate) x 2] möglich, so dass sich die maximale Rentenanwartschaft des Antragstellers auf 59,7114 Entgeltpunkte beläuft. Multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert zum Ende der Ehezeit von 26,13 EUR ermittelt sich so eine gesetzliche Rente in Höhe von 1.560,26 EUR. Zusammen mit der Betriebsrente in Höhe von 533,81 EUR (6.405,72 EUR Jahresrente / 12) monatlich beläuft sich die höchstmögliche Gesamtversorgung somit auf 2.094,07 EUR und liegt damit deutlich unter dem Wert von 80 % des Durchschnittsverdienstes der letzten 60 Monate von 2.339.97 EUR (80 % von 2.924,96 EUR).
Ratierliche Berechnung
Da bei Zustellung des Scheidungsantrags die Betriebszugehörigkeit des Antragstellers andauerte, ist in den Versorgungsausgleich nur der Teil der Versorgung einzubeziehen, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zu der in der Versorgungsregelung vorgesehenen festen Altersgrenze entspricht (§ 1587a Abs. 2 Ziffer 3a BGB). Dabei ist die Zeit der Betriebszugehörigkeit in entsprechender Anwendung des § 1587 Abs. 2 BGB in vollen Monaten anzusetzen, beginnend mit dem 1. des Monats des Betriebseintritts bis zum letzten des Monats, der dem Betriebsaustritt vorausgeht (BGH FamRZ 2001, 284, 286; OLG Köln, FamRZ 1999, 1430, 1431). Nach dieser Maßgabe entfällt auf die Ehezeit eine Jahresbetriebsrentenanwartschaft von 2.038,18 EUR:
Betriebszugehörigkeit gesamt: | 440 Monate (01.02.1976 bis 30.09.2012) |
Betriebszugehörigkeit in der Ehezeit: | 140 Monate (01.10.1992 bis 31.05.2004) |
Gesamtrentenanwartschaft jährlich: | 6.405,72 EUR |
Ehezeitanteil jährlich: | 2.038,18 EUR (6.405,72 : 440 x 140) Dynamik |
Anwartschaftsphase
Im Anwartschaftsstadium ist die Betriebsrentenanwartschaft als statisch einzustufen, da im Falle des Ausscheidens aus dem Betrieb die bis zu diesem Zeitpunkt erworbene Betriebsrentenanwartschaft sich nicht mehr kontinuierlich entsprechend der Lohnentwicklung erhöht (§ 2 Abs. 5 BetriebsAVG). Nach der Entscheidung des BGH, FamRZ 1989, 844, 845 ist eine solche Versorgung nicht als bis zum Leistungsbeginn volldynamisches Anrecht anzusehen.
Leistungsphase
Nach Maßgabe der vom Senat ergänzend eingeholten Auskunft der Arbeitgeberin des Antragstellers vom 16. Februar 2005 unterliegen die laufenden Betriebsrenten der Anpassungsprüfung nach § 16 BetriebsAVG, wobei die Renten im 3 Jahresturnus jeweils zum 01.01. eines Jahres angepasst werden. Die Anpassungen erfolgten in den letzten Jahren zu folgenden Prozentsätzen:
1995: | 7,7 % |
1996: | 5,9 % |
1997: | 5,3 % |
1998: | 4,9 % |
1999: | 3,9 % |
2000: | 3,4 % |
2001: | 3,6 % |
2002: | 4,8 % |
2003: | 4,9 % |
2004: | 4,1 % |
Ein Betriebsrentenempfänger, der zum 01.01.1992 in den Ruhestand getreten ist hat somit folgende Betriebsrentenerhöhungen bezogen:
1995 | 7,7 % |
1998 | 4,9 % |
2001 | 3,6 % |
2004 | 4,1 % |
Gesamt | 20,3 % |
: 12 Jahre ( 1993 bis 2004 ) | 1,69 % |
Für den Rentenbezieher ab dem 01.01.1995 stellt sich die Entwicklung wie folgt dar:
1998 | 4,9 % |
2001 | 3,6 % |
2004 | 4,1 % |
Gesamt: | 12,6 % |
: 9 Jahre ( 1996 bis 2004 ) | 1,40 % |
Demgegenüber ist im Zeitraum 1995 bis 2004 die Beamtenversorgung im Durchschnitt um 1,424 % und die gesetzliche Rentenversicherung im Durchschnitt um 1,059 % gestiegen ( vgl. BGH a.a.O. ).
Der Vergleich lässt erkennen, dass im Vergleichszeitraum die Betriebsrenten der Z AG trotz des Rückgangs der Steigerungssätze stärker gestiegen sind als die Beamtenpensionen und die gesetzlichen Renten. Nachdem der Bundesgerichtshof die VBL-Renten, die in der Leistungsphase jährlich um 1 % angepasst werden, nunmehr als volldynamisch beurteilt (BGH FamRZ 2004, 1474, 1476) sind auch die Betriebsrenten der Z AG in gleicher Weise einzustufen. Zudem hat der Antragsteller nach der Auskunft seiner Arbeitgeberin eine betriebliche Zusage über eine Mindestanpassung der Betriebsrente um 1 % pro Jahr ab Rentenbeginn erhalten, so dass die Frage, ob die durch § 16 BetriebsAVG eingeräumte Möglichkeit des Arbeitgebers, die Anpassungsprüfung der wirtschaftlichen Lage anzupassen und, soweit dies aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens vertretbar ist, eine Anpassung nicht vorzunehmen, (vgl. BGH FamRZ 1985, 1235, 1236) zu einer abweichenden Beurteilung der Dynamik im Leistungsstadium Anlass gibt, keiner Entscheidung bedarf, da die Mindestanpassung von 1 % gesichert ist.
Die Betriebsrente ist damit im Anwartschaftsstadium als statisch und im Leistungsstadium als dynamisch zu beurteilen. Der Ehezeitanteil ist daher nach Tabelle 1, Anmerkung 2 der Barwertverordnung in eine dynamische Rentenanwartschaft umzurechnen.
Die Umrechnung ist damit wie folgt vorzunehmen:
Jahresrente | 2.038,18 EUR |
Alter des Antragstellers zum Ehezeitende | 56 |
Barwertfaktor 6,6 x 165 % | 10,89 |
Barwert ( 10,89 x 2038,18 EUR ) | 22.195,78 EUR |
Entgeltpunkte (Faktor 0,0001742628) | 3,8679 |
aktueller Rentenwert zum Ehezeitende | 26,13 EUR |
dynamischer Wert 3,8679 x 26,13 | 101,07 EUR |
Es sind demnach weitere 50,54 EUR ( 1/2 von 101,70 EUR ) auszugleichen. Anstelle des schuldrechtlichen Ausgleichs kann nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG bis zur Höhe von 2 % der allgemeinen Bezugsgröße nach SGB IV § 18 die Anwartschaft des Antragstellers in der gesetzlichen Rentenversicherung zum Ausgleich herangezogen werden, somit bis zur Höhe von 48,30 EUR, so dass weitere Rentenanwartschaften in dieser Höhe vom Rentenkonto des Antragstellers auf das Rentenkonto der Antragsgegnerin zu übertragen sind.
Dem schuldrechtlichen Ausgleich bleiben demnach 2,24 EUR. Insoweit war dem Begehren des Antragstellers entsprechend, dem die Antragsgegnerin nicht entgegengetreten ist, der schuldrechtliche Versorgungsausgleich anzuordnen.
Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte folgt § 1587b Abs. 6 BGB.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 21 Abs. 1 S. 1, 49 Ziffer 2 GKG, 93a ZPO.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Frage der Leistungsdynamik bei einer Mindestanpassung von einem Prozent jährlich durch die Entscheidung des BGH vom 7.7.2004 ( FamRZ, 2004, 1474 ff. ) geklärt ist.
Ende der Entscheidung
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