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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 15.01.2002
Aktenzeichen: 6 UF 85/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1587 Abs. 2
BGB § 1587 o
Zur Berechnung einer Richterversorgung, wenn die Ehegatten eine von der Ehezeit abweichenden früheren Endstichtag vereinbart haben.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

6 UF 85/01

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen das am 02.04.2001 verkündete Scheidungsverbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürth/Odw. am 15. Januar 2002 beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird in seinem Ausspruch über den Versorgungsausgleich teilweise abgeändert.

Zu Lasten der Richterversorgungsanwartschaft des Antragsgegners bei dem Beteiligten zu 2) werden auf dem Rentenkonto der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 1) in Entgeltpunkte (West) umzurechnende Anwartschaften auf dynamische Rente in Höhe von monatlich 1.086,22 DM begründet, bezogen auf den 31.05.2000.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden unter den Parteien gegeneinander aufgehoben (§ 93a I ZPO).

Beschwerdewert: 500,00 Euro (§ 17a Ziffer 1 GKG).

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe:

Durch das angefochtene Verbundurteil hat das Amtsgericht auf den am 08. Juni 2000 zugestellten Scheidungsantrag der Antragstellerin die am 31.08.1984 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, daß es zu Lasten der Richterversorgungsanwartschaft des Antragsgegners auf dem Rentenkonto der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 1) dynamische Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 1.054,72 DM begründet hat. Der Ausgleichsberechnung hat es Auskünfte der Versorgungsträger zugrundegelegt, die die jeweils ehezeitlich erworbenen Versorgungsanwartschaften zum Stichtag 31.12.1998 ausweisen. Es hat insoweit Bezug genommen auf eine notarielle Vereinbarung der Parteien vom 01.07.2000, in deren Ziffer 7 S. 1 sie folgendes vereinbart haben:

Die Parteien sind sich darüber einig, daß im Scheidungsverfahren die Durchführung des Versorgungsausgleichs bis zum 31.12.1998 beschränkt sein soll.' Gegen das ihr am 04.04.2001 zugestellte Urteil hat die Beteiligte zu 1) am 25.04.2001 auf den Ausspruch über den Versorgungsausgleich beschränkte Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, das Amtsgericht habe die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Berechnung des Versorgungsausgleichs bei einer Beschränkungsvereinbarung der Parteien nicht beachtet.

Der Antragsgegner ist dem Rechtsmittel entgegengetreten. Die Versorgungsträger haben weitere Auskünfte erteilt. Die Parteien hatten rechtliches Gehör.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist gemäß den §§ 629a Abs. 2 S. 1, 621e Abs. 1 ZPO statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zu der aus der Beschlußformel ersichtlichen Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

1. Da der Scheidungsantrag am 08.06.2000 zugestellt worden ist, ist gemäß § 1587 II BGB der 31.05.2000 der für den Versorgungsausgleich maßgebliche Endzeitpunkt. Nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 90, 273), die er in jüngster Zeit nochmals bestätigt hat (FamRZ 01, 1444), können die Parteien durch Ehevertrag oder durch Vereinbarung nach § 1587o BGB den Versorgungsausgleich in der Weise teilweise ausschließen, daß vereinbart wird, die in einem bestimmten Teil der Ehezeit - also hier in der Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.05.2000 - erworbenen Versorgungsanwartschaften sollten nicht in den Ausgleich einbezogen werden. Das bedeutet zwar nicht, daß die Parteien das gesetzliche Ehezeitende vertraglich verändern können (BGH aaO S. 275). Ihre Abrede ist jedoch so zu verstehen, daß unbeschadet des gesetzlichen Ehezeitendes (hier der 31.05.2000) in den Ausgleich nur diejenigen Versorgungsanwartschaften einbezogen werden sollen, die beide Parteien jeweils bis zum 31.12.1998 erworben haben. Im Ergebnis haben sie daher vereinbart, sich rechnerisch so behandeln zu lassen, als sei der 31.12.1998 der nach § 1587 II BGB relevante Stichtag.

2. Dabei ist die Dispositionsbefugnis der Ehegatten weiter insoweit begrenzt, als sie den durch die §§ 1587 ff. BGB abgesteckten Rahmen für Eingriffe in öffentlich-rechtliche Versorgungsverhältnisse nicht überschreiten dürfen (BGH FamRZ 01, 1444, 1445). Die Vereinbarung darf also nicht dazu führen, daß im Ergebnis mehr Versorgungsanwartschaften übertragen oder begründet werden, als nach den Vorschriften des Versorgungsausgleichs möglich ist (unzulässiges 'Supersplitting').

3. Zu verwirklichen ist die Vereinbarung der Parteien nach der Rechtsprechung des BGH dadurch, daß die auf die gesamte Ehezeit entfallenden Versorgungsanwartschaften um diejenigen zu bereinigen sind, die sie in der Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.05.2000 erworben haben. Dem genügt es nicht, daß das Amtsgericht wegen der Vereinbarung bereits von den Versorgungsträgern nur die jeweils bis zum 31.12.1998 erworbenen Versorgungsanwartschaften hat berechnen lassen und diese in die Ausgleichsberechnung eingestellt hat. Diese Verfahrensweise ermöglicht zum einen nicht die notwendige Prüfung, ob sie zu einen unzulässigen Supersplitting führt. Sie trägt auch nicht dem Umstand Rechnung, daß in der gesetzlichen Rentenversicherung in der Trennungszeit und in der übrigen Ehezeit unterschiedlich hohe Rentenanwartschaften erworben worden sein können. Notwendig ist vielmehr, daß das Familiengericht jeweils die in der gesamten gesetzlichen Ehezeit bis zur Zustellung des Scheidungsantrags (§ 1587 II BGB) erworbenen Versorgungsanwartschaften der Parteien ermittelt und diese um diejenigen Versorgungsanwartschaften kürzt, die im Ausschlußzeitraum angefallen sind (BGH FamRZ 90, 273, 275).

4. Der Senat hat daher bei den beteiligten Versorgungsträgern neue Auskünfte über die zum Stichtag 31.05.2000 erworbenen Versorgungsanwartschaften eingeholt, aus denen sich folgendes ergibt:

a)

Die Antragstellerin hat bis zum 31.05.2000 bei der Beteiligten zu 1) insgesamt dynamische Rentenanwartschaften in Höhe von 161,00 DM erworben, wovon unter Berücksichtigung der Berechnungsvorschrift des BGH 153,28 DM auf die Zeit bis zum vereinbarten Endzeitpunkt (31.12.1998) und 7,72 DM auf die Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.05.2000 entfallen. Letztere Mitteilung hatte der Senat zunächst übersehen. Daher weicht die Berechnung insoweit von dem Anschreiben des Senats vom 13.09.2000 ab. Nach Maßgabe der BGH-Rechtsprechung sind daher auf Seiten der Antragstellerin unter Berücksichtigung der Parteivereinbarung Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 153,28 DM in die Ausgleichsberechnung einzubeziehen.

b)

Der Antragsgegner hat ausweislich der Neuberechnung des Oberlandesgerichts vom 27.06.2000 bis zum 31.05.2000 insgesamt ehezeitanteilige Anwartschaften auf Richterversorgung in Höhe von insgesamt 2.898,85 DM erworben. Dieser Betrag ist errechnet aus den vom Antragsgegner am 31.05.2000 nach Besoldungsgruppe R 2/Altersstufe 12 tatsächlich empfangenen ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen bei einer Gesamtzeit von 43,63 Jahren und einer ehezeitlichen Dienstzeit (bis 31.05.2000) von 15,84 Jahren.

aa)

Da die Richterversorgungsanwartschaft im Gegensatz zur gesetzlichen Rentenversicherung zeitkontinuierlich ansteigt, stellt sich hier das Problem unterschiedlich hoher Anwartschaften in der vereinbarten Trennungszeit und in der übrigen Ehezeit nicht. Nach dem von Johannsen/Hahne (2. Aufl., 1992, Rz. 5 zu § 1587c BGB) unter Hinweis auf OLG Frankfurt (FamRZ 81, 908, 910) vorgeschlagenen Schema ist daher grundsätzlich so zu rechnen:

Dienstzeit Ehe - Dienstzeit Trennung ungekürzte Vers. x ------------------------------------------------- = gekürzte Vers. Gesamtdienstzeit

bb)

Wie sich aus den weiteren Mitteilungen des Oberlandesgerichts vom 24.10.2000 und vom 04.01.2002 ergibt, ist der Antragsgegner erst zum 01.12.1999 - also nach dem von den Parteien vereinbarten Stichtag - von Besoldungsgruppe R 1 nach R 2 befördert worden. Mitgeteilt ist außerdem, daß der Antragsgegner am vereinbarten Stichtag erst die Altersstufe 11 erreicht hatte und erst nach dem 31.12.1998 in die Altersstufe 12 aufgerückt ist.

Da die Parteien übereingekommen sind, sich so behandeln zu lassen, als sei der 31.12.1998 das tatsächliche Ehezeitende i.S.d. § 1587 II BGB, beinhaltet ihre Abrede nach der Interpretation des Senats auch, daß für den Versorgungsausgleich sowohl die Beförderung des Antragsgegners als auch sein Aufrücken in die Dienstaltersgruppe 12 außer Betracht zu bleiben hat, denn so wäre es auch, wenn der 31.12.1998 tatsächlich der Stichtag i.S.d. § 1587 II BGB wäre (BGH FamRZ 99, 157; s.a. Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, Erl. 2 Tz. 2.9.1 Buchst. b zu § 57, Stand: 49. EL 1999).

c) Ausgehend von den Auskünften des Oberlandesgerichts vom 27.06.2001 und vom 24.10.2001 hätte der Antragsgegner am 31.05.2000 (tatsächliches Ende der Ehezeit i.S.d. § 1587 II BGB) nach Besoldungsgruppe R 1 Altersstufe 11 ein monatliches Grundgehalt von 8.729,23 DM bezogen. Bei einem Ruhegehaltssatz von 75 % beträgt die fiktiv zum 31.05.2000 berechnete Versorgungsanwartschaft unter Einbezug der jährlichen Sonderzuwendung 7.036,79 DM. Bei einer Gesamtzeit von 43,63 Jahren und einer ehezeitlichen Dienstzeit (bis 31.05.2000= von 15,84 Jahren errechnet sich daraus ein Ehezeitanteil von 2.554,73 DM.

d) Die Dienstzeit während der Ehe, die nach der Vereinbarung der Parteien vom 01.07.2000 von der Ausgleichsberechnung ausgenommen sein soll (01.01.1998 - 31.05.2000) beträgt 1,42 Jahre. Nach der oben (4.b.aa) dargestellten Berechnungsformel ergibt sich eine entsprechend der Parteiabrede gekürzte Versorgungsanwartschaft des Antragsgegners von

15,84 - 1.42 7.036,79 DM x ------------------------ = 2.325,71 DM 43,63

5. Insgesamt ergibt sich unter Berücksichtigung der Parteivereinbarung somit folgende Ausgleichsberechnung:

gekürzte Versorgungsanwartschaft Antragsgegner 2.325,71 DM gekürzte Rentenanwartschaft Antragstellerin 153,28 DM Differenz 2.172,43 DM davon 1/2 1.086,22 DM

Unter Berücksichtigung der Parteivereinbarung vom 01.07.2000 sind daher gemäß § 1587b II BGB zu Lasten der Richterversorgungsanwartschaft des Antragsgegners auf dem Rentenkonto der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 1) dynamische Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 1.086,22 DM zu begründen.

6. Dieses Ergebnis führt nicht zu einer Überschreitung der nach den gesetzlichen Vorschriften möglichen Beitragsbegründung:

Ohne Berücksichtigung der Parteivereinbarung währen zu übertragen:

ungekürzte Versorgung Antragsgegner (31.05.00/R2/12) 2.898,85 DM ungekürzte Versorgung Antragstellerin (31.05.00) 161,00 DM Differenz 2.737,85 DM davon 1/2 = Ausgleichsbetrag 1.368,93 DM

7. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, wie bei zeitlich begrenzt vereinbartem Teilausschluß des Versorgungsausgleichs die Versorgungsanwartschaft eines nachträglich beförderten und in eine höhere Altersstufe aufgerückten Richters zu behandeln ist, hat der Senat gemäß §§ 621e II; 546 I Ziffer 1 ZPO die weitere Beschwerde zugelassen.

Ende der Entscheidung

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