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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 06.11.2007
Aktenzeichen: 6 W 170/07
Rechtsgebiete: RVG-VV


Vorschriften:

RVG-VV Nr. 3100
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Das Landgericht hat die Beklagte mit Versäumnisurteil vom 05.07.2007 zu Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung und Erstattung anteiliger Abmahnkosten in Höhe einer halben Geschäftsgebühr verurteilt; weiter hat es der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Die Klägerin verlangt im Rahmen der Kostenfestsetzung Erstattung der ihrem Prozessbevollmächtigten im vorliegenden Verfahren entstandenen Verfahrensgebühr in voller Höhe.

Der Rechtspfleger hat unter Hinweis auf die Regelung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG die Verfahrensgebühr um die Hälfte der Geschäftsgebühr gekürzt. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde.

Die Einzelrichterin hat gemäß § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO das Verfahren dem Senat zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung übertragen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Rechtspfleger hat mit Recht von der geltend gemachten Verfahrensgebühr die Hälfte der Geschäftsgebühr abgezogen, die dem Klägervertreter aus der vorprozessualen Abmahnung entstanden ist. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 7.3.2007 - VIII ZR 86/06; NJW 07, 2049) führt die nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG vorgeschriebene anteilige Anrechnung einer bereits entstandenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr eines späteren, denselben Gegenstand betreffenden gerichtlichen Verfahrens dazu, dass sich nicht die Geschäftsgebühr, sondern die Verfahrensgebühr vermindert. Dem folgt der erkennende Senat aus Gründen der Rechtssicherheit.

Ohne Erfolg beruft die Klägerin sich darauf, die genannte Entscheidung sei nur auf diejenigen Fälle anzuwenden, in denen - wie in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden konkreten Sachverhalt - die Geschäftsgebühr bereits in voller Höhe tituliert worden ist, während eine Verminderung der Verfahrensgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren dann nicht geboten sei, wenn - wie im vorliegenden Fall - mit der Klage bereits nur die halbe Geschäftsgebühr geltend gemacht worden sei (so: Kammergericht, Beschl. v. 17.7.2007 - 1 W 256/07; OLG München, Beschl. v. 30.8.2007 - 11 W 1779/07). Wenn die Vorschrift der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG in der vom Bundesgerichtshof dargelegten Weise auszulegen ist, kann die danach eintretende Anrechnungswirkung nicht davon abhängen, ob und in welcher Höhe der Kläger den ihm zustehenden Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten bereits gerichtlich geltend gemacht hat oder bereits hat titulieren lassen (ebenso: OLG Frankfurt a.M. - 18. Zivilsenat, Beschlüsse vom 30.10.2007 - 18 W 275/07 - und - 18 W 282/07). Dementsprechend heißt es in der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch, die obsiegende Partei müsse darauf "verwiesen" werden, die volle Geschäftsgebühr gegebenenfalls außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens gerichtlich geltend zu machen (Rdz. 12). Daraus folgt, dass nach Auffassung des Bundesgerichtshofs die Verfahrensgebühr auch dann zu ermäßigen ist, wenn der Anspruch auf Erstattung der Geschäftsgebühr noch nicht gerichtlich geltend gemacht oder zugesprochen worden ist. Der Kläger hat insbesondere kein Wahlrecht, bei welcher Gebühr und im Rahmen welchen Verfahrens er die Anrechnung vornehmen will.

Die prozessökonomisch nachteiligen Folgen der dargestellten Auslegung der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG hat der Bundesgerichtshof erkannt; er hat sich aber wegen des seiner Auffassung nach klaren Wortlauts des Gesetzes nicht in der Lage gesehen, diesen Erwägungen Rechnung zu tragen (a.a.O. Rdz. 12). Es ist demnach dem Gesetzgeber vorbehalten, diese Konsequenzen der Regelung gegebenenfalls durch eine entsprechende Gesetzesänderung zu korrigieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), nachdem sich die aufgeworfene Frage in einer Vielzahl künftiger Verfahren stellt und jedenfalls das Kammergericht und das OLG München (jeweils a.a.O.) bei seiner Beurteilung von der Auffassung des erkennenden Senats abweichen.

Ende der Entscheidung

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