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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 20.05.2005
Aktenzeichen: 6 W 44/05
Rechtsgebiete: ArbGG, GVG, UWG


Vorschriften:

ArbGG § 2 I 3 a
GVG § 17 a
UWG § 17 II 2
1. Eine unerlaubte Handlung im Sinne von § 2 I Nr. 3 a ArbGG kann Verstöße gegen das UWG erfassen, auch wenn sich die klagende Partei ausschließlich auf wettbewerbsrechtliche Anspruchsgrundlagen stützt.

2. Ob für die Beurteilung von Wettbewerbsverstößen ehemaliger Arbeitnehmer die Arbeitsgerichte zuständig sind, hängt davon ab, welchen Anteil das frühere Arbeitsverhältnis an der Ermöglichung des Wettbewerbverstoßes hatte.


Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, §§ 17 a Abs. 4 GVG, 567, 569 ZPO.

Die Beschwerde ist auch begründet, denn der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist für das vorliegende Verfahren nicht zulässig. Vielmehr sind die Arbeitsgerichte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG ausschließlich zuständig.

Die Antragstellerin ist im Bereich des Handelsmarketing tätig. Die Antragsgegnerin war im Dezember 2004 als Praktikantin bei ihr tätig. Anschließend fand sie eine Anstellung bei der Firma A, einem Konkurrenzunternehmen der Antragstellerin. Als wesentlichen Wert ihres Unternehmens bezeichnet die Antragstellerin ihre Mitarbeiterdatei, um Aufträge zur Durchführung von Werbeaktionen abzuwickeln. Im Januar 2005 erlangte die Antragstellerin Kenntnis davon, dass Mitarbeiter, deren Namen in der Datei der Antragstellerin verzeichnet sind, von der Firma A kontaktiert worden waren. Die Antragstellerin wirft der Antragsgegnerin vor, eine Kopie der Mitarbeiterdatei gefertigt und ihrem neuen Arbeitgeber zur Verfügung gestellt zu haben. Sie sieht hierin eine unerlaubte Handlung gemäß § 17 UWG.

Damit handelt es sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit aus einer unerlaubten Handlung, die mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang steht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG). Der Begriff der unerlaubten Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG ist weit auszulegen; er umfasst auch Verstöße gegen das UWG (Ahrens-Bornkamm, Der Wettbewerbsprozess 5. Aufl., Kap. 15 Rn. 11; Melullis, Hdb. des Wettbewerbsprozesses 3. Aufl., S. 8). Ohne Einfluss auf die Zulässigkeit des Rechtsweges ist es, ob die klagende Partei sich ausschließlich auf wettbewerbsrechtliche Anspruchsgrundlagen stützt oder auch die Verletzung arbeitsvertraglicher Geheimhaltungspflichten darlegt; soweit der Senat in der Entscheidung "Know-how-Verletzung" (GRUR 1992, 209, 210) auf diesen Aspekt abgestellt hat, hält er an seiner Rechtsprechung nicht mehr fest.

Ein Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis besteht nicht nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Begehens der unerlaubten Handlung, hier der Weitergabe der Daten an den neuen Arbeitgeber, noch besteht (Grunsky, ArbGG 7. Aufl., § 2 Rn. 103; Baumbach/Hefermehl-Köhler, Wettbewerbsrecht 23. Aufl., § 12 Rz. 2.4; Ahrens-Bornkamm, Kap. 15 Rn. 13; LAG Frankfurt DB 1970, 885; OLG Zweibrücken NZA-RR 1998, 225; a. A. Asendorf, GRUR 1990, 229, 234). Vielmehr reicht es aus, wenn die unerlaubte Handlung in einer inneren Beziehung zu dem Arbeitsverhältnis steht und damit in der besonderen Eigenart des Arbeitsverhältnisses wurzelt (BGH MDR 1958, 331; Baumbach/Hefermehl-Köhler § 12 Rz. 2.4; Ahrens-Bornkamm, Kap. 15 Rn. 13). Ob für die Beurteilung von Wettbewerbsverstößen ehemaliger Arbeitnehmer die Arbeitsgerichte zuständig sind, hängt daher davon ab, welchen Anteil das frühere Arbeitsverhältnis an der Ermöglichung des Wettbewerbsverstoßes hatte. Im vorliegenden Fall wurde der von der Antragstellerin dargelegte Wettbewerbsverstoß allein durch die Tätigkeit der Antragsgegnerin als Praktikantin bei der Antragstellerin ermöglicht. Nur dadurch konnte die Antragsgegnerin an die Mitarbeiterdatei gelangen, in deren Weitergabe eventuell ein Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG liegt.

Ein Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis besteht also, so dass der Frage nicht nachgegangen werden muss, ob sich die ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte auch aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG wegen Verletzung nachvertraglicher Treuepflichten ergibt.

Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat gemäß § 17 b Abs. 2 GVG das Arbeitsgericht zu entscheiden (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 63. Aufl. § 17 a GVG Rn. 13, 12).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 17 a Abs. 4 S. 4 und 5 GVG) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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