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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 25.07.2005
Aktenzeichen: 6 W 6/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 259
BGB § 260
ZPO § 888
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat mit Recht gemäß § 888 ZPO Zwangsmittel gegen die Beklagte festgesetzt, weil die Beklagte ihren Verpflichtungen zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung gemäß Ziff. IV. und V. des Urteils der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 03.07.2002 nicht hinreichend nachgekommen ist. Auch die weiteren Angaben der Beklagten im Beschwerdeverfahren sowie die Vorlage weiterer Unterlagen (Anlagen B 1 - B 5) reichen zur Erfüllung der Auskunftspflicht noch nicht aus.

Die Auskunft ist eine Wissenserklärung, die die zur Durchsetzung der Gläubigerinteressen notwendigen Informationen enthalten muß. Hat der Schuldner Rechnung zu legen, so muß die Rechnungslegung ihrem Zweck entsprechend alle Angaben enthalten, die der Verletzte braucht, um sich für eine der ihm offenstehenden Schadensberechnungen zu entscheiden, die Schadenshöhe oder den Umfang der Bereicherung konkret zu berechnen und darüber hinaus die Richtigkeit der Rechnungslegung nachzuprüfen (vgl. BGH, GRUR 1982, 723, 725 - Dampffrisierstab I; GRUR 1984, 728, 730 - Dampffrisierstab II; WRP 1994, 757, 759 - Copolyester I). Der Anspruch auf Rechnungslegung über den bei einer Schutzrechtsverletzung erzielten Gewinn ist erst dann erfüllt, wenn der Schuldner in der gelegten Rechnung auch die Angaben über seine Gestehungskosten und Vertriebskosten so vollständig gemacht hat, wie er dazu in der Lage ist; sind die Angaben erkennbar unvollständig, besteht ein Anspruch des Gläubigers auf Ergänzung der Auskunft (BGH, GRUR 1982, 723, 725 f. - Dampffrisierstab I). Die Auskunft muß in einer Weise gegeben werden, daß sie von dem Gläubiger nachvollzogen und gegebenenfalls nachgeprüft werden kann (vgl. den Beschluß des Senats vom 20.03.2001 - 6 W 198/00).

Des weiteren hat der Auskunftsschuldner nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (Beschlüsse vom 16.07.1999 - 6 W 93/99; 17.08.1999 - 6 W 119/99; 04.10.1999 - 6 W 121/99) alles ihm Zumutbare zu unternehmen, um sich diejenigen Kenntnisse zu verschaffen, die zur Auskunftserteilung erforderlich sind; zu den insoweit erforderlichen Bemühungen zählen auch Erkundigungen bei Dritten. Gegebenenfalls hat der Auskunftsschuldner darzulegen, welche Anstrengungen er im einzelnen unternommen hat, um dieser umfassenden Nachforschungs- und Erkundigungspflicht nachzukommen.

Soweit der Auskunftsschuldner danach zu exakten Angaben nicht (mehr) in der Lage ist, hat er zumindest ungefähre Angaben zu machen, die sich der eigentlich gebotenen exakten Auskunft, soweit nach den Umständen möglich, annähern (Beschluß des Senats vom 17.08.1999 - 6 W 119/99). Denn die Verurteilung zu einer in jeder Hinsicht umfassenden Auskunft schließt - sollte diese umfassende Auskunft tatsächlich nicht gegeben werden können - die Verpflichtung ein, die Auskunft jedenfalls in dem möglichen, wenn auch beschränkten Umfang zu erteilen (Beschluß des Senats vom 07.08.2000 - 6 W 101/00).

Ein Anspruch auf (ergänzende) Auskunftserteilung besteht dann nicht mehr, wenn der Schuldner eine formell ordnungsgemäße Auskunft erteilt hat (vgl. Urteil des Senats vom 11.12.1995 - 6 U 221/94; Beschluß vom 20.03.2001 - 6 W 198/00). Der daran unter Umständen anknüpfenden Frage, ob die erteilte Auskunft richtig oder falsch ist, ist gegebenenfalls im Verfahren über die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nachzugehen. Bei erkennbarer Unvollständigkeit fehlt es indes an einer formell ordnungsgemäßen Auskunft. In diesem Fall ist der (titulierte) Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung noch nicht vollständig erfüllt und er kann daher im Wege der Zwangsvollstreckung gemäß § 888 ZPO weiterverfolgt werden. So verhält es sich in der vorliegenden Sache.

Die Auskünfte der Beklagten sind unvollständig, weil sie den bei den aufgeführten Umsatzgeschäften erzielten Gewinn (soweit ein solcher nach ihrer Darstellung angefallen ist) jeweils mit "ca. 3%" angegeben und sich hinsichtlich der Gestehungskosten mit der Erklärung begnügt hat, daß keine Nachkalkulationen verfügbar seien. Diese Mitteilungen genügen den oben dargelegten Voraussetzungen nicht. Denn es fehlen brauchbare und im einzelnen nachvollziehbare Angaben darüber, wie die Beklagte zu dem Schätzwert von 3% gelangt ist und von welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen sie dabei ausgegangen ist. Es genügt insoweit nicht, wenn sich die Beklagte darauf beruft, die Ermittlung von Gestehungskosten für einzelne Baugruppen wie z.B. Zerstäuber sei nicht eindeutig möglich, weil die Beklagte Nachkalkulationen von abgewickelten Projekten erst seit dem Jahr 2001 durchführe. Auch wenn es konkret zu benennende und darzulegende Gründe gäbe, die der Vornahme von Nachkalkulationen entgegenstehen, etwa weil verfügbare bzw. ermittelbare Anknüpfungstatsachen jeweils fehlen oder weil die Nachkalkulationen mit einem letztlich unzumutbaren Aufwand verbunden sind, so wäre die Beklagte doch dazu verpflichtet, ungefähre, einer präzisen Auskunft soweit wie möglich nahekommende, Angaben zu machen und die Grundlagen dieser Angaben nachprüfbar zu erläutern. Die bloße Mitteilung eines geschätzten Gewinnanteils, die weder die tatsächlichen Anknüpfungspunkte noch die - anhand der Vorgaben der Rechtsprechung (vgl. insb. BGH, WRP 2001, 276, 278 f. - Gemeinkostenanteil) zu überprüfende - Berechnungsweise erkennen läßt, genügt diesen Anforderungen ersichtlich nicht .

Des weiteren sind die Informationen über die Lieferung an die Firma A im Jahre 1999 unzulänglich, weil insoweit bereits Angaben zum Umsatz fehlen. Wenn der Zerstäuber, wie die Beklagte erklärt hat, "kostenlos anstelle eines Rabatts" geliefert wurde, so sind Angaben zu der Höhe des durch die Zusatzlieferung vermiedenen Preisnachlasses zu machen. Zu der Lieferung an die B AG im Jahr 1997 bedarf es noch einer Erläuterung der - geänderten - Umsatzangabe anhand der hierzu vorgelegten Anlage B 2.

Der weiteren Zwangsvollstreckung kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß der Vollstreckungstitel nicht ausreichend bestimmt sei. Die Beklagte beanstandet insoweit, die titulierte Verpflichtung zur "Vorlage nachvollziehbarer Belege" sei nicht vollstreckungsfähig. Dieser Einwand betrifft nur die Belegvorlage; er berührt nicht die Verpflichtung der Beklagten zur ordnungsgemäßen Auskunftserteilung und Rechnungslegung nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen. Davon abgesehen hätte auch eine - im Erkenntnisverfahren unbeanstandet gebliebene - unzureichende Konkretisierung der Verpflichtung zur Belegvorlage nicht ohne weiteres zur Folge, daß ein vollstreckbarer Anspruch auf die Vorlage von Belegen gänzlich ausscheidet. Vielmehr kann in einem solchen Fall die Vorlagepflicht auf solche Belege bezogen werden, die anerkanntermaßen stets vorzulegen sind, so daß insoweit - sofern sich aus dem Erkenntnisverfahren nichts anderes ergibt - von einem Einvernehmen der Parteien über den Umfang der Vorlagepflicht ausgegangen werden kann (vgl. zur Ermittlung des vollstreckungsfähigen Inhalts eines Titels im Wege der Auslegung auch den Beschluß des Senats vom 16.03.2004 - 6 W 257/04). Zu den Belegen, über deren Zugehörigkeit zu den bei einer Rechnungslegung vorzulegenden Unterlagen vernünftigerweise kein Streit bestehen kann, gehören insbesondere Rechnungen und Lieferscheine. Zu vollstrecken ist der Anspruch auf Belegvorlage im Rahmen eines umfassenderen Anspruchs auf Auskunftserteilung bzw. Rechnungslegung nach § 888 ZPO und nicht, wie die Beklagte meint, nach § 885 ZPO.

Aufgrund des bisherigen Verhaltens der Beklagten hält der Senat die Zwangsmittel in der vom Landgericht festgesetzten Höhe für angemessen und erforderlich, um die Beklagte zur gehörigen Erfüllung ihrer Auskunftspflicht anzuhalten. Der Senat hat der Beklagten eine Frist gesetzt, innerhalb der sie durch vollständige Auskunftserteilung und Rechnungslegung die Vollstreckung der festgesetzten Zwangsmittel abwenden kann.

Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist ( §§ 891 Satz 3, 97 Abs. 1 ZPO).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ( § 574 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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