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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 02.06.2004
Aktenzeichen: 6 WF 89/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 117
1. Ein Prozesskostenhilfeantrag, der wegen Fehlens einer vollständigen Erklärung auf den Vordrucken nach § 117 II und IV ZPO zurückgewiesen wurde, kann wiederholt werden, wenn die vollständige Erklärung beigefügt wird.

2. Ablehnende Prozesskostenhilfeentscheidungen sind der materillen Rechtskraft nicht fähig.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

6 WF 89/04

In der Familiensache

...

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Darmstadt vom 03.05.2004 am 2. Juni 2004 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die abschließende Entscheidung wird gemäß § 572 Abs. 3 ZPO dem Amtsgericht übertragen, das die Rechtsauffassung des Senats zu beachten hat.

Gründe:

Das gemäß § 127 II 2 ZPO zulässige Rechtsmittel der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob zurückweisende Prozesskostenhilfebeschlüsse in materieller Rechtskraft erwachsen können, hat der Senat nach Übertragung durch den Einzelrichter entschieden. Das erneute Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin vom 04.04.2004 ist nicht deswegen unzulässig, weil ihr früherer Prozesskostenhilfeantrag unanfechtbar zurückgewiesen worden ist.

Zwar ist anerkannt, dass auch in Beschlussform ergehende Entscheidungen entsprechend § 322 ZPO materielle Rechtskraft entfalten können (etwa Baumbach/Hartmann, 62. Aufl., Rz. 21 zu § 329 m.w.N.). Dass dies auch für einen ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss gilt, wird jedoch auch nach der ZPO-Reform von der überwiegenden Meinung, der sich der Senat bereits angeschlossen hat (6 WF 4/04, Beschluss vom 12.01.2004), verneint (etwa Zöller/Philippi, 24. Aufl., Rz. 44 zu § 127 ZPO; Baumbach/Hartmann, 62. Aufl., Rz. 102 zu § 127 ZPO; OLG Hamm, FamRZ 2004, 647, 648). Die insoweit vom Amtsgericht zitierte Entscheidung des OLG Oldenburg (FamRZ 2003, 1302) erachtet der Senat als in seiner Begründung unzutreffend. Eine sachliche Außenwirkung des Inhalts, dass er die zukünftige Geltendmachung von Erstattungsansprüchen gegenüber der Staatskasse (rechtskräftig) versagt, kann ein zurückweisender Prozesskostenhilfebeschluss schon deswegen nicht entfalten, weil die Rechtskraftwirkung gemäß § 325 I ZPO nur zwischen den Parteien wirkt, die Staatskasse aber am Prozesskostenhilfeverfahren gar nicht beteiligt ist (Zöller/Philippi, a.a.O., Rz. 1 zu § 118 ZPO).

Der Antragstellerin fehlt aber auch nicht das Rechtsschutzinteresse an einer erneuten Bescheidung ihres Prozesskostenhilfeantrages. Zwar ist das Rechtsschutzbedürfnis für einen erneuten Prozesskostenhilfeantrag streng zu prüfen und in der Regel zu verneinen, soweit keine neuen Tatsachen vorgetragen werden oder ersichtlich nur vorgeschützt sind (Baumbach/Hartmann, a.a.O., Rz. 102). Nach dieser Maßgabe hat etwa das OLG Hamm das Rechtsschutzbedürfnis für die Wiederholung eines abgelehnten Bewilligungsantrages verneint, der allein dem Zweck dient, nach Ablauf der Beschwerdefrist bei unveränderten wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen die versäumte Vorlage eines ordnungsgemäß ausgefüllten und mit den notwendigen Belegen versehenen Vordrucks nach § 117 IV ZPO zu ermöglichen, dessen Fehlen gerade der Grund für die Zurückweisung des ersten Prozesskostenhilfeantrages war (OLG Hamm, FamRZ 2004, 647, 648). Diese Auffassung erachtet der Senat jedoch als zu weit gehend. Die Hürde des Rechtsschutzbedürfnisses soll rechtsmissbräuchlichen Prozesskostenhilfeanträgen vorbeugen und verhindern, dass der Antragsteller das Gericht mit immer neuen Prozesskostenhilfeanträgen im Laufe des Verfahrens zur Hauptsache zu fortgesetzter neuer Prüfung der Erfolgsaussicht und Bedürftigkeit zwingen kann (Baumbach/Hartmann, a.a.O., Rz. 102 zu § 127 ZPO). Diese Gefahr besteht hier nicht. Die unanfechtbare Zurückweisung des ersten Prozesskostenhilfegesuchs der Antragstellerin ist deswegen erfolgt, weil sie sich - anwaltlich beraten - geweigert hat, den Vordruck nach § 117 II vollständig auszufüllen, weil sie der Meinung war, ihre Kostenarmut durch die Vorlage eines Sozialhilfebescheids bereits anderweitig hinreichend glaubhaft gemacht zu haben. In dieser Situation erscheint die Wiederholung ihres Prozesskostenhilfeantrages, nunmehr - durch die Beschwerdeentscheidung des Senats vom 09.03.2004 belehrt - unter Wahrung der formalen Voraussetzungen nicht als rechtsmissbräuchlich, sondern als von Einsicht bestimmt.

Trotz der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens hat der Senat davon abgesehen, gemäß § 574 ZPO die Rechtsbeschwerde zum BGH zuzulassen, weil es niemand gibt, der das Rechtsmittel zulässig einlegen könnte. Die Antragstellerin ist durch diesen Beschluss nicht beschwert. Die Staatskasse könnte eine Beschwerde nur dadurch stützen, dass die Antragstellerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Dies kann sie hier deswegen nicht, weil der Senat der Antragstellerin die Prozesskostenhilfe nicht bewilligt, sondern lediglich den antragsabweisenden Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben hat.

Ende der Entscheidung

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