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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 02.05.2001
Aktenzeichen: 7 U 58/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Anfechtung des Versicherungsvertrages durch den Versicherer wegen falscher Angaben des Versicherungsnehmers zu den an ihn gestellten Gesundheitsfragen und zu dessen Beweislast bei objektiv falschen Angaben.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit ...

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 10.03.2000 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung von DM 14.000,00 abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Der Kläger ist mit DM 94.000,00 beschwert.

Tatbestand:

Der Kläger hat die Beklagte auf Erbringung der bedingungsgemäß vereinbarten Leistungen aus einem zwischen den Parteien abgeschlossenen Berufsunfähigkeits- Zusatzversicherungsvertrag sowohl für die Vergangenheit wie für die Zukunft in Anspruch genommen sowie die Feststellung begeht, dass das zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsverhältnis nicht durch Anfechtung der Beklagten erloschen ist und unverändert fort besteht.

Der Kläger hatte mit der Beklagten einen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungsvertrag abgeschlossen und im Rahmen der Antragstellung am 25.02.1987 ein von dem Zeugen H., einem Agenten der Beklagten, ausgefülltes Formular, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 28, 29 d. A. verwiesen wird, unterzeichnet. Der Kläger verneinte alle an ihn gestellten Gesundheitsfragen, teilte ausschließlich mit, dass eine Oberschenkelverletzung im Jahre 1969 behandelt worden sei und inzwischen Heilung erfolgt sei. Nach dem behaupteten Eintritt des Versicherungsfalles forderte der Kläger von der Beklagten die Zahlung der versicherten Leistung. Die Beklagte lehnte Zahlung unter Hinweis darauf ab, dass der Kläger es bewusst unterlassen habe, für die Risikobeurteilung der Beklagten erhebliche Erkrankungen zum Zeitpunkt der Antragstellung offen gelegt zu haben. Sie hat deshalb die Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung erklärt.

Mit der Klage hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Erbringung der bedingungsgemäßen Leistung und den Ausspruch der Feststellung des Fortbestehens des Versicherungsverhältnisses verfolgt. Der Kläger hat behauptet, alle vom Agenten gestellten Gesundheitsfragen ordnungsgemäß beantwortet zu haben, insbesondere auch darauf hingewiesen zu haben, dass er an Rückenproblemen leide. Der Versicherungsagent habe aber die Beeinträchtigungen nicht für erheblich erachtet und deswegen eine Angabe für nicht erforderlich gehalten.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 17.000,00 nebst 4 % Zinsen hieraus aus jeweils DM 1.000,00 seit dem 01.06.1998, 08.07.1998, 01.08.1998, 01.09.1998, 01.10.1998, 01.11.1998, 01.12.1998, 01.01.1999, 01.02.1999, 01.03.1999, 01.04.1999, 01.05.1999, 01.06.1999, 01.07.1999, 01.08.1999, 01.09.1999 und 01.10.1999 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab Oktober 1999 bis 01.03.2006 monatlich DM 1.000,00, fällig spätestens am letzten eines jeden Monats nebst 4 % Zinsen hieraus seit jeweils dem 01.01. des Folgemonats zu zahlen,

3. weiterhin festzustellen, dass das zwischen den Parteien am 01.03.1987 geschlossene Versicherungsverhältnis nicht durch Anfechtung der Beklagten erloschen ist und unverändert fort besteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich zur Anfechtung deshalb für berechtigt gehalten, weil der Kläger bei Antragstellung nicht angegeben habe, wiederholt in ärztlicher Behandlung gewesen zu sein, insbesondere an immer wieder auftretenden Rückenproblemen, einem Lendenwirbelsäulensyndrom, Kreislaufproblemen, niedrigem Blutdruck und Herzbeschwerden gelitten zu haben. Weiterhin habe der Kläger verschwiegen, in den Jahren 1976 und 1984 Arbeitsunfälle mit Schädelprellungen erlitten zu haben sowie nicht angeben, dass im Jahre 1967 er sich einer Teilresektion seines Magens habe unterziehen müssen. Entscheidend für die von der Beklagten vorzunehmende Risikobeurteilung zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Annahme des Versicherungsantrages des Klägers wäre insbesondere die Kenntnis der massiven und lang anhaltenden Rückenbeschwerden des Klägers gewesen. Weiterhin hat die Beklagte bestritten, dass bei dem Kläger eine Berufsunfähigkeit zu mehr als 50 % vorliege. Der Kläger habe seine berufliche Tätigkeit nicht detailliert dargelegt, so dass auch deshalb ein Anspruch aus dem Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungsvertrag nicht gegeben sei.

Das Landgericht hat nach Vernehmung des Zeugen H. und der Ehefrau des Klägers als Zeugin (Bl. 97 ­ 99 d. A.) der Klage durch Urteil vom 10.03.2000 (Bl. 106 ­ 109 d. A.) stattgegeben.

Gegen dieses, der Beklagten am 14.03.2000 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 14.04.2000 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.06.2000 begründete Berufung der Beklagten. Mit der Berufung verfolgt die Beklagte die Abänderung der angefochtenen Entscheidung und Abweisung der Klage. Sie ist der Auffassung, dass ihre Anfechtung wegen arglistiger Täuschung im Zusammenhang mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages durchgreife, weil der Kläger zahlreiche Krankheiten, Beschwerden, Untersuchungen, Beratungen und Behandlungen in dem Antragsformular nicht angegeben habe. Der Kläger habe auch arglistig gehandelt, was sich auch daraus ergebe, dass er in dem Antragsformular ausgerechnet eine Verletzung aus dem Jahre 1969 angeführt habe, zeitlich später liegende Behandlungen und Erkrankungen dagegen nicht angegeben habe. Der Kläger habe den Zeugen H. nicht über die Gesamtheit seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgeklärt, sondern so getan, als ob es sich bei den Rückenbeschwerden um Bagatellen handele. Ihm sei auch bewusst gewesen, dass er bei Angabe seiner 76 Arztbesuche den Versicherungsschutz nicht oder jedenfalls nicht so erhalten werde, wie bei zugrunde gelegter voller Gesundheit durch die Beklagte.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 10.03.2000 abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Er gesteht zu, bei Ausfüllung des Antragsformulars objektiv falsche Angaben hinsichtlich seines Gesundheitszustandes gemacht zu haben. Der Zeuge H. habe den Kläger vor Ausfüllung des Antragsformulars nur allgemein nach seiner Gesundheit befragt, wobei der Kläger die wenig konkret gestellten Fragen wahrheitsgemäß beantwortet habe. Er habe gegenüber dem Zeugen H. angegeben, wegen seit längerem bestehender Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule in ärztlicher Behandlung zu sein. Der Zeuge H. habe diese Antwort jedoch nicht in das Formular aufgenommen und hierzu erklärt, dass Rückenprobleme seiner Meinung nach derart alltäglich seien, dass es darauf nicht ankommen könne. Weiterhin habe er dem Zeugen H. mitgeteilt, dass ihm ca. 2/3 seines Magens aufgrund einer Magenresektion fehlten. Auch diese Angabe habe der Zeuge H. nicht in den Versicherungsantrag aufgenommen. Da er die Frage nach Operationen und Strahlenbehandlungen sowie Unfällen bejaht habe, wäre es Sache des Versicherungsagenten gewesen, Details zu erfragen, was der Zeuge H. unterlassen habe. Dem Zeugen H. habe die Angabe des einen Unfalls genügt. Der Kläger habe auch die Frage zutreffend beantwortet, in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung in ärztlicher Behandlung gewesen zu sein. In dem Gespräch über seine Rückenprobleme mit dem Zeugen H. habe er diesem mitgeteilt, dass er sich deswegen in ärztlicher Behandlung befunden habe. Seine Antwort sei nur falsch im Antragsbogen wiedergegeben worden. Soweit die Beklagte habe anführen lassen, dass der Kläger in wenigen Jahren 76 mal in ärztlicher Behandlung gewesen sei, sei dies unrichtig. Vielmehr habe sich der Kläger in der Zeit vom 03.10.1973 bis zur Antragstellung 66 mal in der Behandlung des Arztes Dr. D. befunden. Hierbei müsse berücksichtigt werden, dass sich darunter Arztbesuche wegen einer Eignungsuntersuchung zur Feuerwehr, kleinen Splitterverletzungen, Erkältungen oder Überweisungen zu anderen Ärzten befunden hätten. Viele Arztbesuche hätten Erkrankungen betroffen, die von geringer Intensität gewesen seien, so dass sie nicht hätten angegeben werden müssen. Da die Angaben des Klägers durch den Zeugen H. nur selektiv in das Antragsformular aufgenommen worden seien, je nach dem, ob der Zeuge diese für beachtlich oder unbe- achtlich gehalten habe, könne von einer Bagatellisierung der Rückenprobleme nicht ausgegangen werden. Weiterhin meint der Kläger, dass die Beklagte das Vorliegen der Berufsunfähigkeit des Klägers zugestanden habe.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat auch Erfolg.

Auf die Berufung der Beklagten ist das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Da die Beklagte wirksam den zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrag angefochten hat, scheidet sowohl ein Anspruch auf bedingungsgemäße Leistungen des Klägers gegen die Beklagte für Vergangenheit und Zukunft aus und ist ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Ausspruch der Feststellung des Fortbestehens des Versicherungsverhältnisses zu verneinen (§ 22 VVG i. V. m. § 123 BGB). Dem Kläger ist im Zusammenhang mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages eine die Beklagte zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung berechtigende Verhaltensweise deshalb zur Last zu legen, da der Kläger sowohl die an ihn zulässig gestellten Gesundheitsfragen unrichtig beantwortet hat, er mit Täuschungsvorsatz gehandelt hat und auch das Bewusstsein und den Willen hatte, durch das Vorspiegeln oder Verschweigen von Tatsachen in der Beklagten einen Irrtum zu erregen und er auch wusste, dass dieser Irrtum auf den Entscheidungswillen des Versicherers einwirkte oder einwirken konnte (vgl. auch BGH NJW 1957, 988; BGH MDR 1984, 1008 = VersR 1984, 630; BGH VersR 1991, 1404; BGH NJW- RR 1991, 411; OLG Köln VersR 1992, 231; OLG Düsseldorf OLGR 1994, 243 = VersR 1995, 35; Römer/Langheid "VVG", § 22 Rz. 3).

Nach dem unstreitigen Sachverhalt hatte der Kläger bei Antragstellung in dem Antragsformular die von der Beklagten an ihn gestellten Gesundheitsfragen unzutreffend beantwortet. Da der Kläger sämtliche Gesundheitsfragen bis auf eine Operation aus dem Jahre 1969 verneint hatte, lag nach dem unstreitigen Sachverhalt eine fehlende Angabe zahlreicher Erkrankungen und Beschwerden vor. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien hatte sich der Kläger unmittelbar vor Antragstellung und Policierung in Behandlung befunden, wobei es keiner Klärung bedarf, ob diese Behandlung seit 1973 66 mal erfolgt ist, wie der Kläger zugestanden hat, oder ob die Darstellung der Beklagten zutrifft, wonach der Kläger sich 76 mal in ärztlicher Behandlung befunden hatte. Unstreitig war der Kläger noch sechs Wochen vor Antragstellung wegen eines LWS-Syndroms an den Orthopäden Dr. S. überwiesen worden, hatte an einer Gastroenteridis gelitten und darüber hinaus ein Kreislaufproblem, niedrigen Blutdruck und Herzbeschwerden, die auch medikamentös behandelt wurden. Eine Falschangabe des Klägers kann nicht mit der Begründung in Zweifel gezogen werden, dass der Kläger bei der Entgegennahme des Antrags auf Abschluss eines Versicherungsvertrages durch den empfangsbevollmächtigten Versicherungsagenten, den Zeugen H., auf all diese Beschwerdebilder und Krankheiten hingewiesen hat. Dabei ist nicht in Zweifel zu ziehen, dass der Zeuge H. als Auge und Ohr des Versicherers anzusehen ist, dem Versicherer alles als bekannt und mitgeteilt zuzurechnen war, was in dem Anbahnungsgespräch bei Ausfüllung des Antragsformulars von dem Kläger gegenüber dem Agenten vorgebracht worden ist (vgl. auch BGH VersR 1993, 1089; BGH VersR 1988, 234; OLG Hamm VersR 1992, 1642; OLG Hamm VersR 1996, 697 (700)). Die Beweisaufnahme hat jedoch ergeben, dass bei Ausfüllung des Antragsformulars seitens des Zeugen H. die Gesundheitsfragen gestellt, jedoch nicht zutreffend von dem Kläger beantwortet worden sind. Der Zeuge H., der angegeben hat, nur noch eine sehr schwache Erinnerung an die Ausfüllung des Fragebogens gehabt zu haben, hat bekundet, jeweils die obere Zeile bezüglich der Gesundheitsfragen vorgelesen zu haben, das darunter Stehende ggf. weggelassen zu haben. Nach der glaubhaften Bekundung des Zeugen H. geht auch der Senat davon aus, dass zwischen H. und dem Kläger über Rückenprobleme gesprochen worden ist, möglicherweise auch über einen Unfall, nicht jedoch über die weiteren oben dargestellten Beschwerden und Krankheitserscheinungen. Der Zeuge H. hat mit großer Bestimmtheit es verneint, dass über die Magenresektion gesprochen worden sei, weiterhin angegeben, nicht mehr zu wissen, ob wegen Kreislaufproblemen o. ä. Mitteilung erfolgt sind. Auch über medikamentöse Behandlungen sei nicht gesprochen worden. Allerdings hat er ebenso bestimmt angegeben, im Antragsformular vermerkt zu haben, wenn er im Anbahnungsgespräch erfahren hätte, dass der Kläger wegen des Rückenleidens längere Zeit in ärztlicher Behandlung gewesen sei, Medikamente verschrieben erhalten habe und sich in Kur befunden habe. Das spricht dafür, dass seitens des Klägers nur bruchstückhaft die Gesundheitsfragen zutreffend beantwortet worden sind, die oben dargestellten Erkrankungen und Beschwerden dagegen von ihm nicht angeführt worden sind. Unzutreffend hat der Kläger auch die Frage Nr. 9 des Fragebogens beantwortet, ob der Kläger in den letzten drei Jahren untersucht, beraten oder behandelt worden ist. Der Zeuge hat hierzu glaubhaft bekundet, dass der Kläger ihm dies gerade nicht mitgeteilt hat. Damit lag insgesamt eine unrichtige Darstellung des Klägers gegenüber der Beklagten hinsichtlich der ärztlichen Behandlung und Beratung unmittelbar vor der Antragstellung vor. Der Senat gesteht allerdings dem Kläger zu, dass hinsichtlich seiner Rükkenprobleme der Kläger aufgrund einer stark verkürzten Befragung durch den Zeugen H., die auch dieser für möglich, ja sogar für wahrscheinlich gehalten hat, davon ausging, dass er insoweit nichts mitzuteilen habe. Bei dieser Sachelage braucht der Frage nicht weiter nachgegangen zu werden, ob entsprechend der weiteren Bekundung des Zeugen, dass er selbst ein Rückenleiden dann vermerkt hätte, wenn ihm zusätzlich vom Kläger mitgeteilt worden wäre, dass er sich wegen des Rückenleidens längere Zeit in ärztlicher Behandlung befunden habe, ihm Medikamente verordnet worden seien, und er gerade deswegen in einer Kurbehandlung gestanden habe. Die Annahme der Richtigkeit der Bekundungen des Zeugen H. wird nicht durch die Aussagen der Ehefrau des Klägers erschüttert, die zu dem Gespräch anlässlich der Ausfüllung des Antragsformulars durch den Zeugen H. sich lediglich darauf beschränkt hat, Angaben dazu zu machen, was im Zusammenhang mit etwaigen Kreuzbeschwerden des Klägers besprochen worden ist.

Auch die weitere Voraussetzung einer wirksamen Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung durch die Beklagte liegt vor. Zu Lasten des Klägers ist von seinem Bewusstsein und dem Willen auszugehen, durch das Vorspie- geln oder Verschweigen von Tatsachen hinsichtlich seines Gesundheitszustandes gegenüber der Beklagten in dieser einen Irrtum zu erregen und weiterhin das Bewusstsein, dass dieser Irrtum auf den Entscheidungswillen des Versicherers einwirkte oder einwirken konnte. Die nach dem oben Ausgeführten vorliegende Täuschungshandlung des Klägers ist zunächst ursächlich für den Annahmeentschluss der Beklagten geworden. Der von der Beklagten durch Mitteilung ihrer Annahmebedingungen behaupteten Angabe, dass sie bei einer Mitteilung der Gesundheitsstörungen des Klägers den Versicherungsschutz nicht oder jedenfalls nach ihren Annahmerichtlinien nur zu erschwerten Bedingungen oder unter Ausklammerung erkannter Risiken angenommen hätte, ist der Kläger nicht entgegen getreten. Bei dem Kläger lag auch die Erkenntnis vor, der Versicherer werde den Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen. Der Senat folgt der Ansicht, dass bei Vorliegen objektiver Falschangaben der Versicherungsnehmer gehalten ist, in nachvollziehbarer Weise plausibel darzulegen und ggf. nachzuweisen, warum und wie es zu den objektiv falschen Angaben gekommen ist (vgl. auch OLG Hamm r + s 1990, 170; OLG Oldenburg r + s 1988, 31; Römer/Langheid, a.a.0., § 22 Rz. 6). Angesichts von Art, Schwere und Zweckrichtung der Falschangaben, insbesondere über kurz vor Ausfüllung des Antragsformulars zurückliegenden Behandlungen, Beschwerden und medikamentösen Verabreichungen wäre es Sache des Klägers gewesen, plausibel zu machen, warum und wie es zu den falschen Angaben gekommen ist. Das kann bzgl. des Klägers nicht festgestellt werden. Der Kläger hat insbesondere nicht dargelegt, warum er nicht vollständig Beschwerden und Krankheitserscheinungen mitgeteilt hat. Obwohl er noch wenige Wochen vor Antragstellung wegen Lendenwirbelsäulenbeschwerden in orthopädischer Behandlung war, ein halbes Jahr vor Antragstellung zum Internisten überwiesen worden ist, ein dreiviertel Jahr vor der Antragstellung unter Gastroenteridis und Brechdurchfall gelitten hatte und etwa ein Jahr vor Antragstellung wegen funktioneller Herzbeschwerden behandelt worden ist, hat dies gleichwohl aus nicht nachvollziehbaren Gründen dem Zeugen H., der immerhin diese unter die Oberbegriffe des Formulars fallenden Beschwerden erfragt hatte, nicht mitgeteilt. Damit lag insgesamt jedenfalls eine Bagatellisierung und Ausklammerung von Beschwerden vor, die die Beurteilung tragen, dass sowohl eine unrichtige Beantwortung von Gesundheitsfragen wie auch arglistiges Verhalten des Klägers zu bejahen ist. Nach alledem ist die Anfechtung des Versicherungsvertrages zu Recht erfolgt. Bei dieser Sachlage kann es offen bleiben, ob die weiteren Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs, zum einen auf Leistungen aus dem Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungsvertrag der Parteien, zum anderen die begehrte Feststellung an fehlender Berufsunfähigkeit des Klägers scheitert. Das bedarf deshalb keiner Klärung, weil schon die Anfechtung des Versicherungsvertrages durchgreift und damit diese Ansprüche ausgeschlossen sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Bemessung der Beschwer orientiert sich am Ausmaß des Unterliegens des Klägers in der Berufungsinstanz.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägervertreterin vom 24.04.2001 bot keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.



Ende der Entscheidung

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