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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 19.01.2005
Aktenzeichen: 7 U 80/99
Rechtsgebiete: VVG


Vorschriften:

VVG § 22
VVG § 25
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Die Kläger erwarben 1993 von der A1 das bei O1 gelegene Gut B, das u.a. mit einer im Jahre 1978 in Leichtbauweise errichteten Bürobaracke bebaut war. Dieses Gebäude benutzten die Kläger mit ihren beiden Söhnen bei ihren Aufenthalten zu Wohn- und Schlafzwecken und schlossen im Oktober 1993 für den teilweise noch aus "DDR-Zeiten" stammenden Hausrat eine verbundene Hausratversicherung zum Neuwert gegen Feuer-, Einbruchsdiebstahl- und Raub-, Leitungswasser-, Sturm- und Hagelschäden mit einer Versicherungssumme von 300.000.- DM (Bl. 188 d.A.).

Am späten Abend des 23. Juni 1994 brach in dem als Schlafzimmer genutzten Raum ein Feuer aus, das innerhalb kurzer Zeit das gesamte Barackengebäude mit nahezu allem Hausrat vernichtete. Das von der Staatsanwaltschaft gegen die Kläger wegen fahrlässiger Brandstiftung und versuchten Versicherungsbetruges eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde gegen Zahlung von Geldbußen nach § 153 a StPO eingestellt. Im Brandursachenermittlungsbericht der Polizeiinspektion O1 vom 13. Oktober 1994 wird als Brandursache eine im Schlafzimmer neben brennbaren Materialien aufgestellte und mit Duftoel gefüllte brennende Petroleumlampe angegeben (Bl. 119 bis 123 Bd. I der Ermittlungsakte).

Die Kläger, die die Brandursache auf einen möglichen Defekt des im Schlafzimmer abgelegten Föhns, nicht aber auf die dort aufgestellte Duftoellampe zurückführen, beanspruchen Neuwertentschädigung der in der Schadenaufstellung vom 18. Juli 1994 (Bl. 32 bis 74 d.A.) aufgeführten Hausratgegenstände zu den dort angegebenen Wiederbeschaffungspreisen in Höhe von zunächst 264.313.- DM und haben nach Reduzierung einiger Beträge betreffend Küche, Wohnzimmerschrank, Stühle und Gläser beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 256.288.- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10. Juli 1994 zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie beruft sich auf Leistungsfreiheit nach § 61 VVG und geht von vorsätzlicher Eigenbrandstiftung aus, in jedem Falle aber sei das unbeaufsichtigte Brennenlassen einer nicht mit einem Glaszylinder versehenen Petroleumlampe im Schlafzimmer als grob fahrlässig anzusehen, andere Brandursachen seien auszuschließen. Außerdem sei Leistungsfreiheit schon dadurch eingetreten, dass die Kläger über Schadensumfang und Schadenshöhe arglistig zu täuschen versucht hätten, indem sie in Wahrheit nicht vorhandene Gegenstände angegeben und überhöhte Wiederbeschaffungswerte für alte Möbel eingesetzt hätten. Schließlich hat sich die Beklagte auf Leistungsfreiheit gemäß § 14 Nr. 1 a VHB 84 wegen vorschriftswidriger Nutzung des Bürogebäudes zu Wohn-. und Schlafzwecken berufen.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte sei schon deshalb leistungsfrei, weil in der ungenehmigten Nutzung des Bürogebäudes zu Wohn- und Schlafzwecken eine Gefahrerhöhung im Sinne der §§ 22, 25 VVG zu sehen sei. Außerdem sei Leistungsfreiheit wegen nicht ausreichender schriftlicher Darlegung der Schadenshöhe sowie wegen arglistiger Täuschung über den Schadensumfang eingetreten, da einer Vielzahl von Angaben in der Schadenaufstellung die Unwahrheit "auf die Stirn geschrieben" sei. Die tatsächliche Brandursache sei ungeklärt, doch sei eine vorsätzliche Brandstiftung wahrscheinlicher als eine fahrlässige.

Gegen dieses ihnen am 1. April 1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 29. April 1999 bei Gericht eingegangene und nach rechtzeitig beantragter Fristverlängerung bis zum 14. Juni 1999 am 10. Juni 1999 begründete Berufung der Kläger, mit der sie eine Gefahrerhöhung im Rechtssinne in Abrede stellen, insbesondere sei ihnen nicht bekannt gewesen, dass die ehemaligen Büroräume nicht zu Wohn- und Schlafzwecken genutzt werden durften. Ihre Schadenaufstellung halten die Kläger für ausreichend substantiiert und wenden sich mit Entschiedenheit gegen den Vorwurf eines Täuschungsversuches über den erneut unter Beweis gestellten Schadensaum-Fang und die Schadenshöhe. Insoweit ergehe sich das angefochtene Urteil in nicht erwiesenen Vermutungen und sei auch in der Wortwahl unangemessen, die Betrachtungen des Landgerichts zur Brandursache seien verfehlt und laienhaft.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte zur Zahlung von 256.288.- DM (entspricht 131.037,97 €) nebst 4 % Zinsen seit dem 10. Juli 1994 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie räumt ein, bei Abschluss der verbundenen Hausratversicherung gewusst zu haben, dass die Räumlichkeiten zu Wohnzwecken genutzt werden, weshalb sie sich auch zu keiner Zeit auf Gefahrerhöhung berufen habe. Gleichwohl sei das angefochtene Urteil im Ergebnis zutreffend, da die Kläger nicht auf die bauordnungswidrige Umnutzung zu Wohnzwecken hingewiesen und damit eine zur Leistungsfreiheit führende Obliegenheitsverletzung im Sinne des § 14 Nr. 1 a VHB 84 begangen hätten. Sie beruft sich auch weiterhin auf Leistungsfreiheit wegen arglistiger Täuschung über Umfang und Höhe des eingetretenen Schadens, insbesondere sei weder ersichtlich noch dargetan, welche Gegenstände in welchem Zimmer vorhanden gewesen und vernichtet worden sein sollen und woraus sich die angegebenen Neuwerte ergäben. Als Brandursache komme allein die unbeaufsichtigt und ungesichert brennende Petroleumlampe im Schlafzimmer in Betracht, was als grob fahrlässiges Verhalten Leistungsfreiheit nach sich ziehe, überdies sei vorsätzliche Brandstiftung nach wie vor nicht auszuschließen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die zu den Akten überreichten Lichtbilder Bezug genommen. Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft O1 - 310 Js 22457/94 - war einschließlich der darin enthaltenen Lichtbildmappen Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 9. Februar 2000 (Bl. 243 d.A.), 6. März 2002 (Bl. 605 d.A.) sowie 18. Dezember 2002 (Bl. 667 d.A.) durch uneidliche Vernehmung der Zeugen Z1, Z2, Z3.1 und Z3.2 Z3, Z4.1, Z4.2 und Z4.3 Z4, Z5, Z6, Z7.1 und Z7.2 Z7, Z8 und Z9 sowie durch Einholung zweier jeweils mündlich erläuterter Sachverständigengutachten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 10. Mai 2001 (Bl. 330 bis 343 d.A.), 1. Juni 2001 (Bl. 366 bis 374 d.A.), 19. Dezember 2001 (Bl. 553 bis 562 d.A.), 16. Mai 2002 (Amtsgericht Kerpen, Bl. 615 d.A.), 17. Juli 2002 (Amtsgericht Köthen, Bl. 623 bis 626 d.A.), 20. November 2002 (Bl. 646 bis 656 d.A.) und 8. Oktober 2004 (Bl. 750 bis 754 d.A.) sowie die beiden Gutachten des Sachverständigen für Brand- und Explosionsursachen Dr. SV1 vom 28. Juli 2000 und 12. Mai 2004 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und rechtzeitig begründete Berufung der Kläger hat auch in der Sache Erfolg, denn die Klage ist begründet. Die Kläger haben Anspruch auf bedingungsgemäße Neuwertentschädigung gemäß §§ 1, 49 VVG, 18, 24 VHB 84, Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 61 VVG ist nicht eingetreten. Soweit die Beklagte eine vorsätzliche Brandstiftung für möglich hält, haben die brandtechnischen Ermittlungen hierfür keinen Anhaltspunkt ergeben. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat auch keine tragfähigen Indiztatsachen erhärten können, die auf eine vorsätzliche Eigenbrandlegung schließen ließen. Dass der Kläger nicht selbst die Feuerwehr gerufen hat, entfaltet keinerlei Beweiswert, zumal sich aus seiner polizeilichen Aussage vom 28. Juni 1994 (Bl. 19 EA I) ergibt, dass der Kläger zunächst bemüht war, seine Familie und sich sowie die nötigsten Sache in Sicherheit zu bringen und sodann von seinen Söhnen erfuhr, dass der inzwischen eingetroffene Zeuge Z8 die Feuerwehr bereits alarmiert hat.

Die Beklagte hat auch nicht den Nachweis für eine grob fahrlässige Herbeiführung des Brandgeschehens führen können. Zwar haben die spurentechnischen Feststellungen ergeben, dass von einer Brandentstehung im Schlafzimmer im Bereich der Wand zum Abstellraum 2 auszugehen ist, doch scheiden sowohl die an dieser Stelle brennend aufgestellte Duftoellampe als auch der dort abgelegte Föhn als Zündquelle aus. Da hinsichtlich der Duftoellampe nicht sicher festgestellt werden konnte, ob die Klägerin den vor dem Anzünden abgenommenen Glaszylinder danach wieder aufgesteckt hat oder nicht - die im Schlafzimmer vorgefundenen Glasreste konnten nach dem Brandursachen-Ermittlungsbericht nicht zugeordnet werden -, hat der Sachverständige beide Möglichkeiten untersucht und beide als Brandursache sicher ausgeschlossen. Bei einer mit Glaszylinder versehenen brennenden Petroleumlampe entstehen, wie der Sachverständige Dr. SV1 bei seiner Anhörung nachvollziehbar erläuterte, im Glaszylinder Temperaturen von 200 bis 250 Grad C, die auch leicht brennbares Material nur dann entzünden können, wenn dieses in unmittelbaren Kontakt mit dem erhitzten Glas kommt. Ein solcher unmittelbarer Kontakt kann schon nach der Chronologie des Geschehens am Brandabend als sicher ausgeschlossen werden, da dieser innerhalb weniger Minuten zur Entzündung des brennbaren Materials und damit zum Ausbruch des Brandes hätte führen müssen. Da aber zwischen dem Anzünden der Duftoellampe gegen 18.00 Uhr und Ausbruch des Feuers gegen 23.00 Uhr fünf Stunden vergangen sind, ist diese Möglichkeit als Brandursache ausgeschlossen. Dass eine mit Glaszylinder geschützte Duftoellampe auf andere Weise brennbares Material entzündet haben könnte, ist nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständige Dr. SV1 ebenfalls auszuschließen, insbesondere findet physikalischen Gesetzen gehorchend keine Wärmeabstrahlung nach unten auf eine etwaige brennbare Unterlagen statt, sondern nur nach oben. Dass die Duftoellampe durch äußere Einwirkung umgefallen sein und auf diese Weise den Brand verursacht haben könnte, scheidet aus. Insoweit kommt als Ursache für das Umfallen nach Lage der Dinge allein ein starker Luftzug in Betracht, doch war es nach den Feststellungen des Brandortbefundberichtes (Bl. 4 EA I) zur fraglichen Zeit windstill.

Auch für den Fall, dass die Klägerin nach dem Anzünden den Glaszylinder versehentlich nicht wieder aufgesteckt haben sollte, könnte nicht von einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles ausgegangen werden, da nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. SV1, denen der Senat auch insoweit folgt, hierdurch das Brandgeschehen nicht verursacht worden sein kann. Nach den gutachtlich dargelegten und bei seiner Anhörung überzeugend verdeutlichten physikalischen Gesetzen erfolgt auch bei einer nicht durch einen Glaszylinder abgeschirmten Flamme eine Wärmeabstrahlung im wesentlichen nach oben, zur Seite dagegen nur in einem Wärmekegel von wenigen Zentimetern Durchmesser, so dass brennbares Material nur entflammt werden kann, wenn es den um die Flamme bestehenden kritischen Radius von etwa 5 cm tangiert. Die Tatsache, dass der Brand erst etwa 5 Stunden nach dem Anzünden der Duftoellampe ausgebrochen ist, zeigt, dass brennbares Material innerhalb des kritischen Radius nicht vorhanden gewesen ist, da es sonst alsbald entzündet worden wäre. Soweit der Sachverständige bei seiner Anhörung die Möglichkeit offen ließ, dass über Stunden die Flamme ruhig brannte und erst gegen 23.oo Uhr durch Flackern der kritische Radius vergrößert worden und für diesen erreichbares brennbares Material entflammt haben könnte, gibt es hierfür keinen ersichtlichen Anhaltspunkt, da es - wie bereits ausgeführt - nach dem Brandortbefundbericht an dem fraglichen Abend windstill war.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der ihr obliegende Beweis der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles durch das unbeaufsichtigte Brennenlassen der Duftoellampe auch nicht dadurch geführt, dass alle anderen möglichen Brandursachen sicher auszuschließen wären. Dies ist allein für die im Gebäude aufgestellten Nachspeicheröfen möglich, da nach dem Untersuchungsbericht des von der Polizei-Inspektion O1 beauftragten Sachverständigen zur Prüfung von SV2 vom 12. September 1994 (Bl. 67 EA I) die Auswertung der unbeschädigt gebliebenen Zeitschaltuhr sowie des Schaltschützes ergeben hat, dass die elektrotechnische Anlage der Nachtspeicheröfen zum Zeitpunkt des Brandausbruches bereits seit Stunden abgeschalten war und deshalb als mögliche Brandursache ausgeschlossen ist.

Nach den gutachtlichen und bei seiner Anhörung anschaulich erläuterten Feststellungen des Sachverständigen Dr. SV1 scheidet der an der Brandausbruchsstelle abgelegte Föhn als Brandursache nur dann sicher aus, wenn er wie die meisten Föhngeräte mit einer Glimmerhülse und einem Bimetallschalter ausgestattet war. Nach der vom Sachverständigen durchgeführten Versuchsreihe kann durch einen mit eingeschalteten Heizwendeln abgelegten Föhn auch dann eine brennbare Unterlage nicht entflammen, wenn das Gebläse ausfällt, weil bei Erreichen einer kritischen Temperatur, die aufgrund der die Heizwendel abschirmenden Glimmerhülse für das Kunststoffgehäuse unbedenklich ist, das Gerät abschaltet.

Sollte dagegen, was im Nachhinein nicht mehr festgestellt werden konnte, der Föhn nicht mit einer solchen die Heizwendel umgebenden Glimmerhülse ausgestattet gewesen sein, ist nach den Darlegungen des Sachverständigen Dr. SV1 bei seiner Anhörung nicht auszuschließen, dass bei einem eingeschalteten Gerät irgendwann das Gebläse ausfällt und die Heizwendel das Gehäuse so stark erhitzen, dass es in Brand gerät. Ob dies vorliegend der Fall war, insbesondere ob der Föhn nicht mit einer Glimmer-Schutzhülse ausgerüstet war und ob er zur fraglichen Zeit überhaupt an das Stromnetz angeschlossen war, lässt sich in Ansehung der weitgehenden Zerstörung gerade dieses Teils des Gebäudes und seiner elektrischen Anlage im Nachhinein nicht mehr klären, weshalb die Beklagte den Nachweis der Leistungsfreiheit gemäß § 61 VVG nicht geführt hat.

Leistungsfreiheit der Beklagten ist auch nicht aus anderen Gründen eingetreten, insbesondere kann entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht von einer Gefahrerhöhung i. S. der §§ 23, 25 VVG, 14 Nr. 2 VHB 84 ausgegangen werden. Die Beklagte hat, worauf sie auch selbst zu Recht hinweist, zu keiner Zeit in Abrede gestellt, bei Abschluss der verbundenen Hausratversicherung Kenntnis von der Nutzung der Räumlichkeiten zu Wohnzwecken gehabt zu haben - andernfalls wäre der Abschluss einer Hausratversicherung auch nicht verständlich -, so dass eine nachträgliche Änderung der bei Vertragsabschluss tatsächlich vorhandenen gefahr-erheblichen Umstände nicht eingetreten ist.

Soweit die Kläger es unterlassen haben, gemäß § 62 der Bauordnung vom 20. Juli 1990 eine Änderung der seinerzeit zu Bürozwecken genehmigten Räume zu Wohn- und Schlafzwecken zu beantragen, kann die Beklagte sich nicht auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung gesetzlicher Sicherheitsvorschriften gemäß § 14 VHB 84 berufen, denn ihr war - wie bereits dargelegt - seit dem Vertragsabschluss im August 1993 bekannt, dass der Versicherungsort zu Wohnzwecken genutzt werden soll und genutzt wurde. Wenn sie gleichwohl die verbundene Hausratversicherung abschließt ohne die Kläger darauf hinzuweisen, dass sie den Versicherungszweck verfehlen werden, wenn sie keinen Antrag auf Umnutzung der Räumlichkeiten von Büro- zu Wohnzwecken stellen, ist es ihr nach Treu und Glauben versagt, den Klägern deren insoweit bestehende Unkenntnis als schuldhaft, und sei es auch nur in der Form der leichten Fahrlässigkeit, vorzuwerfen (vgl. Römer in VersR 1998, 1313 ff, 1321).

Schließlich ist die Entschädigungspflicht der Beklagten nicht gemäß § 22 VHB 84 entfallen, denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Vorwurf der Beklagten, die Kläger hätten durch unrichtige Angaben in der Schadenaufstellung über Umfang und Höhe des eingetretenen Schadens zu täuschen versucht, nicht berechtigt. Entgegen der Auffassung des Landgerichts erfüllt die handschriftliche Schadenaufstellung der Kläger vom 18. Januar 1994 (Bl. 32 bis 74 d.A.) die Anforderungen an schriftsätzlichen Sachvortrag in der Klageschrift (§ 253 ZPO), insbesondere sind diese durchaus lesbar und gemäß §§ 131, 137 Abs. 3 ZPO in prozessual zulässiger Weise in Bezug genommen (Bl. 15 d.A.).Dies reicht zur Anspruchsbegründung aus, denn die Beklagte ist aufgrund des Klagevorbringens in Verbindung mit der in Bezug genommenen Schadenaufstellung zur sachgemäßen Verteidigung in der Lage (vgl. BGH in NJW-RR 2002,1532; BGH in NJW 1995,1841), eine nochmalige Wiederholung der Angaben der Schadenaufstellung in der Klageschrift wäre eine bloße Förmelei und ist daher entbehrlich. Der Inhalt der Schadenaufstellung ist auch hinreichend substantiiert, denn die einzelnen Hausratgegenstände sind nach Räumen getrennt jeweils konkret bezeichnet und soweit möglich auch näher beschrieben.

Der Senat hat keinen Anlass, an der inhaltlichen Richtigkeit der Schadenaufstellung zu zweifeln, Anhaltspunkte für wahrheitswidrige Angaben haben sich in der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Die Auflistung in der Schadenaufstellung der Kläger stimmt hinsichtlich der Einrichtungsgegenstände mit den Angaben der Klägerin in ihrer polizeilichen Vernehmung am 6. Oktober 1994 (Bl. 107 EA I) überein, die sich in wesentlichen Teilen wiederum mit den Angaben der Zeugen Z3.1 und Z3.2 Z3 bei ihren Vernehmungen sowie der von dem Zeugen Z3.1 Z3 gefertigten Handskizze decken. Danach befanden sich im Wohnzimmer links außer einer Sitzgarnitur links und einem Clubtisch an der rechten Seite ein Wohnzimmerschrank und in der rechten oberen Ecke ein Schränkchen mit einem Fernsehapparat, was der Auflistung in der Schadenaufstellung entspricht. Entsprechendes gilt auch für die Einrichtungsgegenstände im großen Wohnzimmer rechts, in welchem nach den übereinstimmenden Skizzen der Klägerin und ihres Sohnes Z3.1 (Bl. 111 EA I und Bl. 351 d.A.) links der Wohnzimmerschrank, davor die Essecke mit 6 Stühlen, in der oberen linken Ecke die Rundsitzgarnitur mit Couchtisch und 2 Lehnsesseln und rechts neben der Tür die Stereoanlage sowie ein weiterer Fernsehapparat standen.

Diese klaren und widerspruchsfreien Angaben der Zeugen Z3.1 und Z3.2 Z3 verdienen den Vorzug vor den dem widersprechenden Aussagen der Zeugen Z4, die sich nach dem weiteren Ergebnis der Beweisaufnahme in wesentlichen Teilen als unwahr erwiesen haben. Nach den Angaben des Zeugen Z4.1 Z4 soll es sich bei dem großen Raum oben rechts nicht um ein eingerichtetes Wohnzimmer, sondern um den ehemaligen Versammlungsraum der zu DDR-Zeiten bestehenden LPG gehandelt haben, in dem sich keiner der in der Schadenaufstellung aufgeführten Einrichtungsgegenstände, sondern nur etwa 20 zusammengestellte Stahlrohrtische und circa 80 gestapelte Stahlrohrstühle befunden hätten. Zwar werden diese Angaben von der Ehefrau und dem Sohn des Zeugen Z4, der Zeugin Z4.2 und dem Zeugen Z4.3 Z4 im Kern bestätigt, doch hat die Auswertung der von der Brandstätte gefertigten Bilddokumentation sowie der zu den Akten gereichten Lichtbilder durch den Sachverständigen Dr. SV1 ergeben, dass die Angaben der Zeugen Z4 mit dem abgebildeten Brandschutt keinesfalls in Einklang zu bringen und deshalb falsch sind. In dem an Hand der unzerstört gebliebenen Nachtspeicheröfen als vormaliges Wohnzimmer rechts (Raum 8) identifizierten und vollständig ausgebrannten Bereich hat der Sachverständige lediglich eine bis zu vier Ziegelsteine hoch reichende Brandschuttmenge, nicht aber Stahlgestelle von 20 Tischen und 80 Stühlen festgestellt, die aber hätten vorhanden sein müssen, wenn die Angaben der Zeugen Z4 der Wahrheit entsprochen hätten. Zudem ist die ca. vier Ziegelsteine hochreichende Brandschuttmenge, die das Vorhandensein der entsprechenden Menge vollständig abgebrannter Einrichtungsgegenstände beweist, mit den Aussagen der Zeugen Z4 unvereinbar und spricht allein für die Richtigkeit der Angaben der Zeugen Z3 und bestätigt damit die Richtigkeit der Schadenaufstellung der Kläger insoweit.

Der Zeuge Z4.1 Z4 hat auch zu weiteren Punkten die Unwahrheit gesagt. So hat er entschieden in Abrede gestellt, dass es in den Räumen eine Tiefkühltruhe, einen Kühlschrank sowie Gartenstühle gegeben habe, obwohl der Sachverständige Dr. SV1 die Überreste dieser Gegenstände im Brandschutt feststellen konnte. Dass der Sachverständige den abgebildeten Brandschutt nicht in größerem Umfange einzelnen Gegenständen zuordnen konnte, liegt nach seiner einleuchtenden Erklärung daran, dass zum einen weite Teile des Gebäudes vollständig ausgebrannt sind und zum anderen daran, dass der Brandschutt nicht gezielt nach Resten der vernichteten Gegenstände untersucht und ausgewertet worden ist.

Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen Z4.1 Z4 ergeben sich nicht nur aus dem deutlichen Bemühen, den Klägern durch unwahre Angaben zu schaden, sondern auch aus der erkennbar gewordenen feindlichen Haltung des Zeugen gegenüber den Klägern. Diese erklärt sich der Senat daraus, dass sich der Zeuge Z4 zusammen mit dem in einer GbR verbundenen, inzwischen aber verstorbenen Zeugen Z10 Hoffnung auf Übernahme und Fortführung des nach eigenen Angaben ca. 100 ha großen landwirtschaftlichen Gutes B machten, die durch den Kauferwerb der Kläger zunichte gemacht wurde. So hat der Zeuge Z4.1 Z4 den Klägern in deutlicher Weise verübelt, dass sie sich nach seiner Auffassung viel zu selten auf dem Gut aufhielten, ihre Übersiedelung nach B mit immer neuen Vorwänden hinauszögerten und bei der täglichen Arbeit so gut wie gar nicht mit anpackten, sondern lediglich "repräsentiert" hätten, während die ganze Arbeit von ihm und Z10 und einem weiteren Angestellten zu bewältigen gewesen sei.

Hinzu kommt, dass der Zeuge Z4 wegen der von ihm und Z10 zu Unrecht für die GbR gebuchten Ernteerträge für die Jahre 1992 bis 1994 im Streit lag, in dessen Verlauf der Zeuge Z4 durch Bestätigung vom 2. August 1994 die vorgenommenen Fehlbuchungen anerkannte (Bl. 376 d.A.) und am 31. August 1994 sein Einverständnis mit der Aufhebung des am 30. September 1992 mit den Klägern geschlossenen Kooperationsvertrages erklärte (Bl. 375 d.A.). Vor diesem Hintergrund kann dem Zeugen Z4 deshalb auch nicht geglaubt werden, dass der Kläger - was dieser mit Nachdruck in Abrede stellt - ihn und den inzwischen verstorbenen GbR-Gesellschafter Z10 aufgefordert haben soll, zum Zwecke des Erlangens einer überhöhten Entschädigung gegenüber Polizei und Versicherung unzutreffende Angaben zu machen. Zwar hat die Zeugin Z5 bei ihrer Vernehmung bestätigt, dass sowohl Z4 als auch Z10 ihr gegenüber von einem derartigen Ansinnen des Klägers berichtet hätten, doch kommt dem Beweiswert lediglich dahin zu, dass Z4 und Z10 diese Äußerungen gemacht haben, nicht aber dahin, dass der Inhalt der Äußerung auch der Wahrheit entsprachen. Von der beantragten Beeidigung des Zeugen Z4.1 Z4 hat der Senat abgesehen, weil - wie das in wiederholten Vernehmungen trotz eindringlicher Ermahnungen zur Wahrheit an den Tag gelegte Beharren des Zeugen auf seinen unrichtigen Angaben zeigte - für den Senat nicht zu erwarten stand, dass der Zeuge unter Eid seine Aussage ändern werde.

Auch hinsichtlich der aus den übrigen Räumen aufgelisteten Hausratgegenstände folgt der Senat den auch insoweit glaubhaften Bekundungen der Zeugen Z3.1 und Z3.2 Z3, die, wovon sich das Gericht überzeugen konnte, über das vorhandene Mobiliar und die in den Räumen befindlichen Hausratgegenstände Bescheid wussten und dieses Vorhandensein deshalb im wesentlichen bestätigen konnten. Dass die Zeugen dabei nicht jedes Glas, jede Tischdecke oder jedes Kleidungsstück aufzählen konnten, schmälert den Beweiswert ihrer Aussage nicht, da dies von einem Zeugen auch nicht erwartet werden kann. Die Richtigkeit ihrer Aussagen wird, wie bereits dargelegt nicht von den unglaubhaften Angaben der Zeugen Z4 widerlegt und auch nicht durch die Bekundungen der übrigen Zeugen erschüttert, insbesondere nicht durch die der Zeugin Z2, die lediglich das Wohnzimmer links kannte und dessen Möblierung in wesentlicher Übereinstimmung mit den Angaben der Zeugen Z3 und der Schadenaufstellung beschrieben hat. Der Zeuge Z1 hatte, obwohl er am Vortag des Brandes sich im Wohnzimmer links aufgehalten hatte, keinerlei Erinnerung mehr an dessen Einrichtung. Entsprechendes gilt für die Angaben des Zeugen Z8, der ebenfalls am Tage vor dem Brandgeschehen im Gutsgebäude war und nur ein ungefähre Erinnerung an die einzelne Einrichtungsgegenstände hatte, die aber insoweit mit den Angaben der Zeugen Z3 und der Schadenaufstellung übereinstimmten. Der Senat folgt daher den glaubhaften Aussagen der Zeugen Z3, wobei nicht übersehen wurde, dass diese als Familienangehörige ein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben, doch haben sie bei ihren Vernehmungen durch ihre klaren und widerspruchsfreien Angaben erkennen lassen, dass sie sich nicht von diesem Interesse leiten lassen, sondern sichtbar um wahrheitsgemäße Aussagen bemüht waren.

Die gegen die einzelnen Wiederbeschaffungspreise erhobenen Einwände gehen insoweit fehl, als die Beklagte geltend macht, bei den zerstörten Einrichtungsgegenständen habe es sich überwiegend um alte, teilweise minderwertige Möbel aus DDR-Zeiten gehandelt, denn die Beklagte hat eine Neuwertversicherung abgeschlossen, so dass der Wiederbeschaffungspreis für Gegenstände gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand zu entschädigen ist (§ 18 Nr. 2 VHB 84). Hinsichtlich eines Teils des zerstörten Hausrates haben die Kläger Kaufbelege bzw. Kaufbestätigungen vorgelegt (Bl. 114 bis 126 d.A.), aus denen sich für die genannten Gegenstände Wiederbeschaffungspreise ergeben, die mit denen der Schadenaufstellung vom 18. Juli 1994 übereinstimmen. Soweit die Kläger für die übrigen Hausratgegenstände den Wiederbeschaffungspreis geschätzt haben, sind - soweit nicht bezüglich einiger Schätzbeträge eine nachträgliche Korrektur um rund 8.000.- DM vorgenommen worden ist - die Ansätze im Rahmen des § 287 ZPO nicht zu beanstanden, so dass das angefochtene Urteil abzuändern und wie erkannt mit den Nebenentscheidungen aus §§ 24 Nr. 2 VHB 84, 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO zu entscheiden war.

Ende der Entscheidung

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