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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 30.05.2006
Aktenzeichen: 8 U 155/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 831
BGB § 847
Zum Umfang der Aufklärungspflicht des Arztes bei gynäkologischen Operationen.
Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern Schadensersatz wegen Behandlungsfehlern, insbesondere fehlender Indikation, bei drei vom Beklagten zu 1) durchgeführten gynäkologischen Operationen. Außerdem macht sie Aufklärungsmängeln geltend. Die Beklagte zu 2) ist der Krankenhausträger, bei welchem der Beklagte zu 1) seinerzeit angestellt war.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 07.03.2003 (Bl. 697-708 d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagten durch die genannte Entscheidung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.225,84 € = 20.000,00 DM verurteilt, weil die Klägerin vor der zweiten Operation nicht ausreichend aufgeklärt worden sei. Die Vorinstanz hat angenommen, dass alle drei Operationen indiziert gewesen seien und sich dabei auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. SV1 gestützt. Auch ein Fehler bei der Durchführung der Eingriffe sei dem Beklagten zu 1) nicht nachgewiesen worden. Vor der zweiten Operation sei die Klägerin indessen nicht rechtzeitig aufgeklärt worden, da sie erst einen Tag vor dem Eingriff informiert worden sei. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Klägerin sehr belastet gewesen sei. Sie habe sich im Zeitpunkt der Aufklärung bereits im Krankenhaus befunden und sei auf die Operation vorbereitet worden. Die Hysterektomie sei zudem nicht dringend gewesen. Der Schaden besteht nach Ansicht des Landgerichts in einer Verstärkung der psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin. Dies gehe aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. SV2 hervor. Die weiteren, von der Klägerin angegebenen Beschwerden könnten den Beklagten jedoch nicht zugerechnet werden, weil solche Beeinträchtigungen auch ohne die Operationen eintreten könnten. Die Feststellungsanträge hat das Landgericht demgemäß für teilweise begründet erachtet.

Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Die Beklagten machen geltend, dass die Klägerin selbst die vom Landgericht angenommene fehlerhafte psychische Verarbeitung der Hysterektomie in Abrede stelle.

Im übrigen wiederholen sie ihre Verjährungseinrede. Ihrer Auffassung nach ist der Lauf der Verjährungsfrist bei Aufklärungsmängeln anders zu beurteilen als bei Behandlungsfehlern. Hier habe die Klägerin bereits zur Zeit der Aufklärung am Tag vor der Operation gewusst, dass sie erst einen Tag vor dem Eingriff über diesen informiert worden sei.

Zudem sei die Risikoaufklärung nicht verspätet erfolgt. Der BGH habe in seiner Entscheidung NJW 2003, 2012 f. die Aufklärung einen Tag vor der Operation nicht als verspätet angesehen. Außerdem handele es sich hier nicht um eine Risiko-, sondern um eine therapeutische Aufklärung, die einen Behandlungsfehler darstelle, wenn sie unterbleibe. Hier sei aber kein Schaden nachgewiesen, da unklar bleibe, ob die psychische Situation der Klägerin sich durch die unterbliebene Aufklärung verschlimmert habe oder nicht. Die Beklagten verweisen insoweit auf die Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. SV1 und Dr. SV2.

Sie beantragen,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Zum Einwand der Verjährung trägt sie vor, sie habe im Zeitpunkt der gebotenen Aufklärung nicht gewusst, welche Eingriffe der Beklagte zu 1) durchführen werde und ob diese Eingriffe indiziert gewesen seien oder nicht. Bei richtiger Aufklärung wäre sie in einen ernsthaften Entscheidungskonflikt geraten.

Es sei auch nicht richtig, dass ihr Gesundheitszustand durch die Hysterektomie nicht negativ beeinflusst worden sei. Sie sei nämlich seit Anfang August 1990 nicht mehr depressiv gewesen, wie sich aus dem Anästhesieprotokoll vom 17.06.1991 ergebe.

Zur Begründung ihrer eigenen Berufung trägt die Klägerin vor, dass für sämtliche drei Eingriffe keine medizinische Indikation bestanden habe. Der Sachverständige Prof. Dr. SV1 sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass vor der ersten Operation ein Karzinomverdacht bestanden habe. Ausweislich der Krankenunterlagen des Beklagten zu 1) habe lediglich eine "zystische Resistenz" vorgelegen.

In dem Gutachten dieses Sachverständigen sei auch der Umfang der bei ihr, der Klägerin, zurückgebliebenen Dauerschäden nicht abschließend festgestellt worden. Dies sei darauf zurückzuführen, dass der Sachverständige sein Gutachten ausschließlich nach Aktenlage und ohne vorherige Untersuchung ihrerseits gefertigt habe. Das Landgericht habe zudem die von ihr vorgelegten Gutachten des Dr. SV3 nicht berücksichtigt. Es habe außerdem übersehen, dass die Punktion zur Entleerung von Eierstockzysten gefährlich sei, weil es dadurch zu Entzündungen und Verwachsungen in der Umgebung des Eierstocks und zu weiteren Komplikationen kommen könne. Das Landgericht hätte daher einen groben Behandlungsfehler feststellen und zur Beweislastumkehr gelangen müssen. Nach Auffassung der Klägerin hätte das Landgericht die ausgesprochenen Feststellungen nicht lediglich auf die Folgen einer psyschichen Fehlverarbeitung der fehlerhaften ärztlichen Behandlung der Beklagten beschränken dürfen, sondern hätte die Ersatzpflicht der Beklagten für sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus Anlass der Operationen feststellen müssen.

Verzugszinsen begehrt die Klägerin ab dem 28.02.1996 aufgrund eines Mahnschreibens ihrer Rechtsanwälte vom 13.02.1996, woraufhin die Beklagten ihre Einstandspflicht abgelehnt hätten.

Sie beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes weiteres Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 4% seit dem 28.02.1996 zu zahlen.

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr als Folgen der ärztlichen Behandlung vom 17.06. bis zum 29.06.1991 und vom 07.04. bis zum 18.04.1992 entstanden sind und noch entstehen werden, soweit kein Anspruchsübergang auf Sozialversicherungsträger erfolgt oder erfolgt ist,

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr, der Klägerin, sämtliche immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr als Folgen der ärztlichen Behandlung vom 17.06 bis zum 29.06.1991 und vom 07.04. bis zum 18.04.1992 noch entstehen werden.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie berufen sich auch insoweit auf Verjährung und wiederholen ihr Vorbringen, dass die Aufklärung der Klägerin ordnungsgemäß erfolgt sei. Sie bestreiten, dass die Klägerin vor den Eingriffen nicht mehr an Depressionen gelitten habe. Im Übrigen berufen sie sich auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 6.7.2004 (Bl. 829, 830 d. A.) und vom 21.4.2005 (Bl. 886 d.A.) durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. SV4 vom 26.7.2005. Außerdem hat der Sachverständige sein Gutachten im Senatstermin am 13.12.2005 mündlich erläutert.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten (Bl. 893-906 d. A.) und das Sitzungsprotokoll vom 13.12.2005 (Bl. 1044, 1048, 1049 d. A.) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg, während die Berufung der Klägerin unbegründet ist.

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Klägerin einen Behandlungsfehler des Beklagten zu 1) nicht nachgewiesen hat. Dagegen steht ihr wegen unzureichender Aufklärung vor der zweiten Operation am 18.6.1991 ein Schmerzensgeld aus unerlaubter Handlung zu (§§ 847 I, 823 I, 831 I BGB a.F.), das dem Senat allerdings lediglich in Höhe von 3.000,00 € angemessen erscheint.

Dem Beklagten zu 1) ist bei den drei Operationen der Klägerin, die er am 19.2.1990, 18.6.1991 und am 8.4.1992 bei der Klägerin durchgeführt hat, kein Behandlungsfehler unterlaufen.

Der vom Landgericht beauftragte Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat in seinem Gutachten vom 05.07.1999 Fehler bei Durchführung der Eingriffe nicht festgestellt. Das gleiche gilt für seine mündliche Anhörung am 13.04.2000 und am 14.11.2002.

Die Eingriffe waren auch jeweils medizinisch indiziert.

Bei dem ersten Eingriff handelte es sich um eine fraktionierte Abrasio (Ausschabung) und Pelviskopie (endoskopische Inspektion des Beckenraumes) mit ausgedehnter Adhäsiolyse (Ablösung von Verwachsungen) und Ovarialzystenpunktion links. Der Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat in seinem Gutachten festgestellt, dass es nach dem Entdecken eines doppelseitigen zystischen Adnexprozesses (Adnexe: Eileiter und Eierstöcke) gerechtfertigt war, eine weitere Abklärung zu unternehmen. Wenn wie hier ein Karzinom bei der Vaginalsonographie nicht mit genügender Sicherheit ausgeschlossen werden könne, sei die Laparoskopie die Methode der Wahl. Wegen der Notwendigkeit einer sicheren Abklärung sei es daher richtig gewesen, beide Eierstöcke freizulegen, um einen echten Ovarialtumor als Zweitbefund bei postentzündlichen Verwachsungen sicher auszuschließen (Gutachten vom 5.7.1999, Seite 15, Bl. 319 d. A.).

Auch der in der Berufungsinstanz beauftragte Sachverständige Prof. Dr. SV4 führt in seinem Gutachten vom 26.7.2005 aus, dass die Indikation zur diagnostischen Laparoskopie vorlag, weil zystische Adnexprozesse beidseits wegen ihrer Genese und Dignität abzuklären waren. Heute befürworte man in solchen Fällen zwar ein abwartendes Management, weil bei Bestehen harmloser Funktionsgebilde der Ovarien, wie z. B. Follikelzysten, die sich auch wieder zurückbilden könnten, eine Operation vorerst vermieden werden sollte. Da aber bei der Beurteilung zystischer Adnexprozesse stets ein kleines Ovarialkarzinom oder eine Vorstufe davon in Betracht käme, sei hier von einer Indikation auszugehen (S. 2 u. 3 des Gutachtens, Bl. 894, 895 d. A.).

Eine Indikation für die diagnostische Adhäsiolyse hält der Sachverständige für gegeben, da der bei der Klägerin vorliegende "Verwachsungsbauch" eine visuelle Darstellung der Adnexe verhinderte (S. 4 des Gutachtens, Bl. 896 d. A.).

Die Indikation zur fraktionierten Abrasio hat der Sachverständige in seinem Gutachten zwar lediglich als "nachvollziehbar" gewertet. Aus der Dokumentation ergebe sich eine zu starke Menstruation (Hypermenorrhoe) und eine schmerzhafte Monatsblutung (Dysmenorrhoe) der Klägerin. Die Abrasio diene nicht nur der Abklärung des Verdachts auf maligne Neoplasien, der hier nicht vorgelegen habe, sondern auch zum Ausschluss anderer krankhafter Veränderungen, z. B. eines Corpuspolyps u. a..

Bei seiner mündlichen Anhörung am 13.12.2005 hat der Sachverständige dann aber zusammenfassend festgestellt, dass er die erste Operation auch nach heutigen Gesichtspunkten für indiziert halte, weil zuvor noch nicht laparaskopisch abgeklärt gewesen sei, welche Vorgänge sich im Bauch der Klägerin abspielten. Insgesamt müsse man sagen, dass Anfang der neunziger Jahre noch mehr operativ geklärt worden sei als heute (Bl. 1068 d. A.).

Unter diesen Umständen sieht der Senat die erste Operation insgesamt als indiziert an, denn für diese Frage ist der Facharztstandard zur Zeit des Eingriffs maßgebend. Das bedeutet gemäß den Ausführungen des Sachverständigen, dass es 1990 noch den ärztlichen Behandlungsregeln entsprach, in Fällen wie dem vorliegenden zu operieren.

Die zweite Operation im Juni 1991, die in einer abdominalen Hysterektomie unter Mitnahme der rechten Adnexe und der linken Tube (Eileiter) sowie einer ausgedehnten Adhäsiolyse bestand, war ebenfalls medizinisch angezeigt.

Der Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat in seinem Gutachten vom 5.7.1999 zunächst eine Indikation zur Abklärung festgestellt. Aufgrund des Befundes von bis zu faustgroßen zystischen Tumoren im kleinen Becken, die innerhalb von vier Monaten aufgetreten und im Juni 1991 wesentlich größer als bei der vorausgehenden Laparoskopie vor 16 Monaten gewesen seien, ergebe sich diese Indikation (Gutachten Seite 17, Bl. 321 d. A.). Bei einer 47jährigen Frau mit einer Oligomenorrhoe, d. h. den Zeichen einer nahen Menopause (Zeitpunkt der letzten Menstruation) und zusätzlichen, wenn auch insgesamt relativ harmlosen Befunden am Uterus (Subseröse Myome, Myomatosis, Zervixpolyp <Gebärmutterhalspolyp>) sowie erheblichen Verwachsungen im kleinen Becken, sei es bei einer Entfernung der Adnexe üblich und zu empfehlen, den Uterus mit zu entfernen (Gutachten Seite 18, Bl. 322 d. A.).

Der Sachverständige Prof. Dr. SV4 hält die zweite Operation ebenfalls für indiziert und führt in seinem Gutachten vom 26.7.2005 aus, der Operateur habe im damaligen Zeitpunkt aufgrund der 16 Monate zuvor ausgeführten diagnostischen Laparoskopie gewusst, dass ausgedehnte entzündliche Veränderungen im kleinen Becken (Verwachsungsbauch, "frozen pelvis") mit Ausbildung einer Saktosalpinx rechts vorgelegen hätten. In dieser Situation habe die Möglichkeit einer Neoplasie für den Eingriff gesprochen. Auch die Größe des polyzystischen Adnexprozesses von mehr als 7 cm sei ein Grund für eine Operation gewesen (S. 6 und 7 des Gutachtens, Bl. 898, 899 d. A.). Ebenso sei die Hysterektomie bei einer Gesamtbetrachtung aufgrund der Vergrößerung des Uterus und der gegebenen Hyper- und Dysmenorrhoe selbst bei bestehender Depression indiziert und zu vertreten (S. 10 des Gutachtens, Bl. 902 d. A.). Bei seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige angegeben, der Kombinationseingriff sei gut zu vertreten gewesen. Ein Zuwarten bei weiteren Kontrolluntersuchungen hätte den zystischen Prozess nicht verändert. Der Adnexprozess hätte sich wieder gezeigt, so dass für die Klägerin im Zuwarten kein Gewinn gelegen hätte. Der zystische Adnexprozess hätte sich derart vergrößern können, dass dies zu einer notfallmäßigen Einweisung der Klägerin ins Krankenhaus hätte führen können (Protokoll des Senatstermins vom 13.12.2005, Bl. 1069 d. A.).

Auch wenn der Sachverständige die zweite Operation zunächst als "nicht zwingend indiziert" bezeichnet hat, ist der Eingriff unter diesen Umständen als medizinisch angezeigt anzusehen.

Das gilt auch für die dritte Operation am 8.4.1992.

Sie umfasste eine Adnexektomie links mit Adhäsiolyse und Ovarektomie, die als Relaparotomie durchgeführt wurde.

Diesen Eingriff hält der Sachverständige Professor Dr. SV1 für indiziert, weil bei einem restanten Ovar häufig Beschwerden, insbesondere Schmerzsituationen, auftreten (Seite 22 d. Gutachtens, Bl. 326 d. A.). Er ist sogar der Auffassung, dass der rechte Eierstock bereits bei der zweiten Operation hätte entfernt werden müssen.

Nach Auffassung des Sachverständigen Prof. Dr. SV4 war zwar hier das Risiko eines malignen Gewächses gering. Er befürwortet den Eingriff jedoch wegen der intraoperativ gefundenen großen peritonealen Einschlusszyste und einer hühnereigroßen Ovarialzyste. Zwar wäre zur Sanierung der Zysten theoretisch auch ein ovarerhaltender Eingriff durchführbar gewesen. Jedoch habe die Fixierung des linken Ovars in Adhäsionen und die Vernarbung mit der Umgebung eine Ovarektomie als geboten erscheinen lassen (Seite 12 d. Gutachtens, Bl. 904 d. A.).

Diese Stellungnahme hat der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung bestätigt (Protokoll des Senatstermins vom 13.12.2005, Bl. 1070 d. A.).

Die Einwendungen der Klägerin gegen die Ausführungen der Sachverständigen sind unbegründet.

Soweit beide Gutachter davon ausgehen, dass bei der Klägerin eine Hyper- und Dysmenorrhoe vorlag, beruht dies auf der ärztlichen Dokumentation des Beklagten.

Bereits am 14.6.1985 findet sich dort der Eintrag "Ohne Pille: Dysmenorrhoen !!" (Bl. 1115 d.A.). Am 13.6.1991 hat der Beklagte notiert: "Klage: Periode 14 Tage überfällig!" (Bl. 1114 R d. A.). Zudem heißt es im Operationsbericht vom 20.2.1990 "Diagnose: 1. Klimakterische Oligo-Hypermenorrhoe...." (Bl. 27 d. A.).

Der ärztlichen Dokumentation soll der Richter nach Auffassung des BGH im Normalfall Glauben schenken (BGH NJW 1978, 1681ff., 1682). Hier besteht kein Anlass, an den Angaben des Beklagten zu zweifeln. Sie wurden niedergelegt lange bevor der Streit der Parteien begann. Durch Vorlage einer ordnungsgemäßen Dokumentation genügt der Arzt seiner Beweispflicht über Anamnese und Behandlung des Patienten (BGH a.a.O.). Demnach ist nachgewiesen, dass die Klägerin bereits 1985 ohne Pille unregelmäßige Monatsblutungen hatte, dass bei dem Eingriff am 20.2.1990 eine Oligo-Hypermenorrhoe bei der Klägerin bestand und dass ihre Regelblutung am 13.6.1991 seit zwei Wochen überfällig war. Die Sachverständigen hatten also von diesen Tatbeständen auszugehen.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die von ihr vorgelegten Gutachten der Ärzte Dr. SV3 und Prof. Dr. SV5 nicht berücksichtigt worden seien.

Der Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat das Gutachten von Dr. SV3 mehrfach bei seiner Stellungnahme herangezogen, wie ihr auch ausdrücklich zu entnehmen ist. Dem Sachverständigen Prof. Dr. SV4 war durch Beweisbeschluss des Senats vom 6.7.2004 (Bl. 829, 830) aufgegeben worden, die Gutachten von Dr. SV3 und Prof. Dr. SV5 in sein eigenes Gutachten mit ein zu beziehen. Wenn die gerichtlichen Sachverständigen den Aussagen der von der Klägerin herangezogenen Gutachter nicht folgen, bedeutet dies nicht, dass sie diese nicht beachtet haben.

Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 8.3.2006 (Bl. 1138-1151 d. A.) weitere Einwendungen gegen das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. SV4 erhebt, sind diese Rügen verspätet, denn die Schriftsatzfrist war zur Stellungnahme auf die mündliche Erläuterung des Gutachtens im Termin vom 13.12.2005 gewährt worden (Beschluss des Senats vom 20.12.2005, Bl. 1073 ff., 1074 d. A.).

Die Frist zur Stellungnahme auf das schriftliche Gutachten dieses Sachverständigen war bereits am 20.9.2005 (Beschluss des Senats vom 26.8.2005, Bl. 916 d. A.) abgelaufen. Auch der Antrag, den Sachverständigen erneut mündlich anzuhören, der ebenfalls mit dem oben angegeben Schriftsatz gestellt wurde, ist verspätet. Hier gilt das gleiche wie für die darin vorgebrachten Einwendungen gegen das schriftliche Gutachten. Zudem hat der Sachverständige auf Antrag der Klägerin im Senatstermin am 13.12.2005 sein Gutachten bereits mündlich erläutert (Protokoll Bl. 1044 f., 1048 f. d. A.).

Dem Beklagten zu 1) fällt allerdings eine unzulängliche Aufklärung der Klägerin vor der zweiten Operation am 18.6.1991 zur Last, für die auch die Beklagte zu 2) gemäß § 831 I BGB einzustehen hat.

Die Beklagten haben eine ausreichende Aufklärung der Klägerin über diesen Eingriff nicht bewiesen.

Die von den Beklagten vorgelegten, von der Klägerin am 17.06.1991 unterschriebenen Aufklärungsformulare stellen keinen ausreichenden Nachweis für eine ordnungsgemäße Information der Patientin über den geplanten Eingriff dar.

Abgesehen davon, dass die Aufklärung vom Arzt in einem persönlichen Gespräch mit dem Patienten zu erfolgen hat, enthält das erste Formular, betreffend die Entfernung der Gebärmutter durch Bauchschnitt und die "Mitentfernung der erkrankten Organe", nur eine pauschale Information über das Operationsverfahren und die Risiken Thrombose, Embolien, Blutungen, Darmlähmung, Infektionen sowie Verwachsungen und Blasenentzündung (Bl. 219 d. A.). Auch die Verletzung an umliegenden Organen, wie Harnblase, Harnleiter und Darm wird erwähnt. Von irgendwelchen Hormonstörungen durch den geplanten Eingriff ist in dem Formular keine Rede. Es wird lediglich gesagt, dass bei jüngeren Frauen (die Klägerin war damals 47 Jahre alt), wenn beide Eierstöcke entfernt werden (was bei der Klägerin nicht der Fall war), Wechseljahrsbeschwerden auftreten können, die sich durch Medikamente weitgehend ausgleichen lassen. Hinweise auf mögliche psychische Beeinträchtigungen finden sich in dem Formular ebenfalls nicht. Es sind in ihm keinerlei handschriftliche Eintragungen enthalten.

Das zweite Aufklärungsformular gleichen Datums betrifft operative Eingriffe an Eileitern und Eierstöcken (Bl. 221-224 d. A.). Auch hier ist wieder "Entfernung der erkrankten Organe" angekreuzt. Darunter steht handschriftlich: Eierstock, Eileiter bei krankhaftem Befund. Auch hier wird wieder das Operationsverfahren erklärt und Komplikationen wie zum Beispiel Thrombosen usw. genannt. Hinweise auf Beschwerden, die durch eine eingeschränkte oder ganz entfallende Hormonproduktion verursacht werden, enthält das Formular nicht. Es wird auch hier nichts über eventuelle psychische Beeinträchtigungen gesagt. Handschriftliche Eintragungen zu besonderen Risiken und Fragen der Patientin sind in dem Schriftstück wiederum nicht enthalten.

Diese Informationen waren für die Aufklärung der Klägerin vor dieser doch verhältnismäßig umfangreichen Operation nicht ausreichend, und zwar auch deswegen nicht, weil die Formulare erst am 17.6.1991 unterzeichnet worden sind und daher ein irgendwie geartetes Gespräch anlässlich der Ausfüllung auch kaum vorher stattgefunden haben kann.

Die Beklagten haben auch kein Gespräch des Beklagten zu 1) als Operateur mit der Klägerin nachgewiesen, das den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Aufklärung entsprochen hätte.

Der Beklagte zu 1) hat zwar bei seiner informatorischen Anhörung im Senatstermin am 13.12.2005 angegeben, dass er die Klägerin bei einem vorausgehenden Gespräch am 13.6.1991 zur Sanierung einer zystischen Resistenz durch Eröffnung des Bauches geraten habe. Am 17.6.1991 habe er dann mit der Klägerin noch einmal ein ausführliches Gespräch geführt, nämlich nachdem er sich die Sache nochmals durch den Kopf habe gehen lassen. Er habe ihr zu der dann am 18.6.1991 durchgeführten Operation geraten, um die verschiedenen Probleme - Retroflexio der Gebärmutter, myomatöser Zustand, Polyp, Wachstum der Gebärmutter - ein für allemal zu sanieren. Teilweise sei dieses Gespräch von einer Mitarbeiterin geführt worden. Er habe aber zuvor den Rahmen des Eingriffs abgeteckt.

Die informatorische Anhörung der Klägerin im Senatstermin vom 6.7.2004 hat ein ähnliches Ergebnis gehabt. Die Klägerin hat angegeben, der Beklagte zu 1) habe ihr vor dem zweiten Krankenhausaufenthalt lediglich mitgeteilt, dass sich wieder eine Zyste gebildet habe, weswegen sie wieder in die Klinik gegangen sei. Als sie sich bereits im Krankenhaus befunden habe, sei ihr eröffnet worden, dass er ihr auch gleich die Gebärmutter herausnehmen wolle. Auf ihre Nachfrage habe er geäußert, dieses Organ brauche sie nicht mehr. Die Entfernung dieses Organs sei ein Vorteil, wenn sie in die Wechseljahre komme. Daraufhin habe sie das Aufklärungsformular unterschrieben. Auch bei einem weiteren Gespräch am gleichen Tag habe der Beklagte zu 1) nicht von seinem Vorhaben abgelassen. Er habe ihre Einwände "weggewischt" und sie an seine Assistentin verwiesen. Diese habe auf ihre Frage, warum die Gebärmutter entfernt werden solle, geantwortet, dass sie die Maßnahmen ihres Chefs nicht kritisieren könne (Protokoll vom 6.7.2004, Bl. 828 d. A.).

Diese Gespräche stellen keine ordnungsgemäße Aufklärung dar, denn bei dem ersten Gespräch stand der Umfang des Eingriffs noch gar nicht fest. Dies war bei dem zweiten Gespräch zwar der Fall, dieses war indessen - abgesehen von der Frage seines Inhalts - verspätet, denn eine ordnungsgemäße Aufklärung, die das Selbstbestimmungsrecht des Patienten ausreichend wahrt, setzt voraus, dass der Arzt den Patienten bereits im Zeitpunkt der Terminsbestimmung für den Eingriff dessen Risiken aufzeigt und diese nicht erst mitteilt, wenn sich der Patient bereits wegen der Operation im Krankenhaus befindet (BGH NJW 2003, 2012 ff.). Da bei dem Vorgespräch am 13.6.1991 gemäß den eigenen Angaben des Beklagten zu 1) Art und Umfang des Eingriffs vom 18.6.1991 noch gar nicht feststand, wurde die Klägerin mit diesen Informationen am 17.6.1991 - am Vortag der Operation - erstmals konfrontiert.

Auch die Risiken des erst jetzt klar umrissenen Eingriffs können ihr erst an diesem Tag mitgeteilt worden sein. Diesbezüglich hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass diese Patientin, die am 17.6.1991 bereits stationär in die Klinik der Beklagten zu 2) aufgenommen war, während die Vorbereitungen zur Operation bereits liefen, auch in Anbetracht ihrer psychischen Belastung nicht mehr in der Lage war, sich frei zu entscheiden, ob sie den Eingriff mit allen seinen Risiken auf sich nehmen wollte.

Der Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat in seinem Gutachten vom 5.7.1999 hierzu festgestellt, dass der Eingriff nicht dringend gewesen sei und mit der Klägerin in Ruhe und möglichst mehrfach, in jedem Fall aber ohne Zeitdruck, hätte besprochen werden müssen. Dies sei hier besonders wichtig gewesen, da die Patientin erhebliche psychische Probleme und eine Depression mit zwei Suizidversuchen hinter sich gehabt habe (Seite 18, 19 des Gutachtens, Bl. 322, 323 d. A.). Wegen dieser Problematik, die dem Beklagten zu 1) zumindest teilweise bekannt gewesen sei, wäre es unabdingbar gewesen, die Patientin intensiver und umfassender aufzuklären, als dies geschehen sei, ihr insbesondere Zeit zu geben, sich auf den Eingriff einzustellen, zumal dieser zwar indiziert, aber nicht dringlich gewesen sei. Die Klägerin hätte also Bedenkzeit haben müssen, die der Sachverständige auf mehrere Wochen bemisst (S. 22 des Gutachtens, Bl. 326 d. A.).

Der Auffassung der Beklagten, die Aufklärung des Patienten sei einen Tag vor der Operation grundsätzlich noch rechtzeitig, kann sich der Senat unter den im Streitfall gegebenen Umständen nicht anschließen. Zwar hat der 6. Senat des BGH in der oben angegebenen Entscheidung ausgesprochen, dass bei stationärer Behandlung eine Aufklärung im Verlauf des Vortags je nach den Vorkenntnissen des Patienten grundsätzlich genügen könne, wenn sie zu einer Zeit erfolgt, zu der sie dem Patienten die Wahrung seines Selbstbestimmungsrechts erlaubt (BGH a.a.O. mit Hinweis auf Senatsurteil vom 17.3.1998 - Az VI ZR 74/97-). In der gleichen Entscheidung hat der BGH aber auch ausgeführt, dass ein Patient bei Aufklärung am Vorabend der Operation in der Regel mit der Verarbeitung der mitgeteilten Fakten und der von ihm zu treffenden Entscheidung überfordert sei, wenn er - für ihn überraschend - erstmals aus dem späten Aufklärungsgespräch von gravierenden Risiken des Eingriffs erfahre, die seine persönliche Lebensführung entscheidend beeinträchtigen können (BGH a.a.O. mit Hinweis auf Senatsurteil vom 7.4.1992 - Az VI ZR 48/91- und vom 14.6.1994 - Az. VI ZR 178/93-).

Dies ist hier der Fall, denn es ging für die Klägerin um eine Reihe von operativen Maßnahmen - die Entfernung der Gebärmutter, der rechten Adnexe, der linken Tube und eine ausgedehnte Adhäsiolyse - , die eine Eröffnung des Bauchraums erforderten. Ein solcher Eingriff birgt immer eine Reihe von ernsten Risiken in sich, wie bereits aus den hier verwandten Aufklärungsformularen hervorgeht. Für die Klägerin ergab sich aber noch das besondere Problem, ob und wie sie die Entfernung der Gebärmutter sowie der Adnexe rechts und der linken Tube - also einen verhältnismäßig großen Teil ihrer weiblichen Organe - bei ihren bereits vorhandenen psychischen Belastungen verarbeiten können würde. Unter diesen Umständen war eine gründliche und rechtzeitige Konfrontation der Klägerin mit den geplanten Maßnahmen und ihren Risiken erforderlich.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die mangelhafte Aufklärung nicht kausal gewesen wäre, weil die Klägerin sich auch bei ausreichender Information hätte operieren lassen. Sie hat sich bei den beiden Senatsterminen am 6.7.2004 und 13.12.2005 bezüglich aller drei Eingriffe entrüstet gezeigt und von sich aus Erklärungen in dem Sinne abgegeben, dass sie sich durch die Eingriffe "kastriert" fühle. Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, dass die Klägerin bei vollständiger Information über die volle Tragweite der Operationen in diese eingewilligt hätte. Das gilt gerade für den Eingriff am 18.6.1991, da hier nicht nur ein Adnex und eine Tube, sondern auch die Gebärmutter entfernt wurde.

Daraus folgt, dass die Klägerin über die Operation vom 18.6.1991 nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist. Sie hat demnach keine wirksame Einwilligung zu dem Eingriff erteilt.

Der Schaden der Klägerin besteht daher in den mit der Operation verbundenen Schmerzen und Beschwerden sowie den daraus folgenden Beeinträchtigungen.

Hinsichtlich der genannten Beeinträchtigungen hat das Landgericht, gestützt auf die Gutachten der Sachverständigen Dr. SV2 und Prof. Dr. SV1, zutreffend auf die psychischen Belastungen der Klägerin durch die Operation abgestellt. Der Sachverständige Dr. SV2 hat in seinem Gutachten vom 25.09.2001 ausgeführt, dass die psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin, insbesondere das Wiederauftreten der Depression, auf die nicht ausreichend aufgeklärte Hysterektomie mit Entfernung der Eierstöcke und Eileiter zurückzuführen seien. Gerade die ungenügende Aufklärung verursache eine mangelhafte Verarbeitung der Operation mit einer neurotischen Entwicklung, die mit einem Gefühl der Verstümmelung und Missgestaltung im Unterleib und Genitalbereich mit Auswirkungen auf die sozialen und sexuellen Funktionen einhergeht (S. 6 und 7 des Gutachtens, Bl. 516, 517 d. A.).

Die von der Klägerin für die Zeit nach der Operation vorgetragenen organischen Beschwerden im Bereich von Blase und Darm können nicht eindeutig auf die zweite Operation zurückgeführt werden. Der Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat dargelegt, dass diese rein körperlichen Beschwerden im Klimakterium auch ohne derartige Eingriffe entstehen können (Seite 22 des Gutachtens, Bl. 326 d.A.).

Die Höhe des der Klägerin zustehenden Schmerzensgeldes hat sich demnach an den von ihr durch die mangelhafte Aufklärung erlittenen Schäden zu orientieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin bei Durchführung des Eingriffs am 18.6.1991 nicht völlig unaufgeklärt war, sondern vom Beklagten zu 1) gemäß seiner informatorischen Anhörung am 13.12.2005 über Art und Umfang des Eingriffs sowie auf Risiken desselben hingewiesen wurde. Auch nach der eigenen informatorischen Anhörung der Klägerin erfolgte zumindest eine teilweise Aufklärung über den Eingriff. Dies geschah allerdings verspätet und in einer Weise, durch welche die Klägerin überfordert war.

Ferner kann entgegen der Argumentation der Klägerin nur die unzureichende Aufklärung über diesen einen Eingriff der Entscheidung zugrunde gelegt werden, denn sie hat insofern die Entscheidung des Landgerichts hingenommen, das nur bei der zweiten Operation einen Aufklärungsmangel festgestellt hat. In der Berufungsbegründung der Klägerin wird zwar erwähnt, dass die Aufklärung bei allen drei Operationen nicht ordnungsgemäß erfolgt ist. Nähere Ausführungen hierzu fehlen indessen (Berufungsbegründung vom 27.11.2003, S. 2, Bl. 755 d. A.). Der spätere Vortrag der Klägerin, sie sei auch bei der ersten und dritten Operation nicht ausreichend aufgeklärt worden, ist demnach nicht fristgemäß im Sinne von § 520 ZPO erfolgt.

Es kann indessen dahingestellt bleiben, ob dieser Vortrag verspätet ist im Sinne von §§ 530, 296 I und 4 ZPO, denn der Senat hat aufgrund der informatorischen Anhörung beider Parteien die Überzeugung gewonnen, dass die Klägerin bei den anderen Eingriffen ausreichend aufgeklärt wurde.

Der Beklagte zu 1) hat im Senatstermin am 13.12.2005 bekundet, dass er mit der Klägerin am 8. und 9.2.1990 ausführlich besprochen habe, wie der bei ihr vorhandene doppelseitige zystische Prozess saniert werden könne. Er habe ihr zur Abklärung eine laparoskopische Untersuchung vorgeschlagen. Zu diesem Zeitpunkt habe er ihr auch bereits eine Abrasio vorgeschlagen, weil aus seinen Unterlagen hervorgegangen sei, dass die Klägerin über unregelmäßige, eher seltene Monatsblutungen geklagt habe. Er habe besondere Sorgfalt auf die Aufklärung der Klägerin verwandt, weil er den Eindruck gehabt habe, sie habe eine schwierige Persönlichkeitsstruktur, weswegen er auch spätere Schwierigkeiten in dieser Hinsicht befürchtet habe. Sie habe auch alle sie interessierenden Fragen gestellt und beantwortet bekommen.

Die Klägerin hat zwar bei ihrer mündlichen Anhörung im Senatstermin vom 6.7.2004 angegeben, sie sei vom Beklagten zu 1) lediglich darüber informiert worden, dass sie eine Zyste habe, die krebserregend sei. Der Senat hatte indessen den Eindruck, dass die Angaben des Beklagten zu 1) zuverlässiger sind, denn er hatte seinen Bekundungen zufolge noch eine konkrete Erinnerung an das Gespräch (Protokoll vom 13.12.2005, Bl. 1045 d. A.).

Bei der dritten Operation hat die Klägerin selbst angegeben, dass sie sich nach dem Vorschlag des Beklagten zu 1), auch die linken Adnexe zu entfernen, von einem Dr. A habe beraten lassen, der ihr gesagt habe, dass sie einen nicht funktionierenden linken Eierstock habe, der eine potentielle Krebsgefahr darstelle und irgend wann einmal entfernt werden müsse. Daraufhin habe sie sich dann vom Beklagten zu 1) diesen Eierstock entfernen lassen. Unter diesen Umständen war die Klägerin bereits durch Dr. A aufgeklärt worden, was den Beklagten zu Gute kommt.

Weiter ist bei der Bestimmung der Höhe des Schmerzensgeldes der Umstand mit einzubeziehen, dass die Klägerin bereits vor dem Eingriff unter Depressionen litt und bereits zwei Suizidversuche unternommen hatte, wie aus dem Gutachten von Prof. Dr. SV1 hervorgeht. Die Depression ist demnach als Grundleiden der Klägerin anzusehen, das durch die unzulängliche Aufklärung wieder hervortrat, jedoch - auch wenn es vor den drei Eingriffen abgeklungen gewesen sein sollte - nicht völlig neu zur Entstehung gelangte. Diese Beeinträchtigung der Klägerin kann den Beklagten also nur eingeschränkt zur Last gelegt werden.

Schließlich ist auch zu beachten, dass der Eingriff nach den Feststellungen der Sachverständigen Prof. Dr. SV1 und Prof. Dr. SV4 indiziert war. Prof. Dr. SV1 hat sogar dargelegt, dass die Operationen für die Klägerin insofern von Vorteil waren, als die Klägerin dadurch weniger körperliche Erkrankungen zu erwarten habe. Durch die Entfernung der Gebärmutter und der Eierstöcke bestehe ein wesentlich geringeres Erkrankungsrisiko (S. 24 des Gutachtens, Bl. 328 d. A.).

Bei Berücksichtigung aller dieser Gesichtspunkte erscheint dem Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 € angemessen und ausreichend.

Dieser Anspruch der Klägerin ist auch nicht verjährt.

Es handelt sich zwar bei Schadensersatzansprüchen infolge Aufklärungsmängeln um selbstständige Ansprüche, deren Verjährung zu einem anderen Zeitpunkt eintreten kann als Ansprüche aufgrund eines Behandlungsfehlers bei dem gleichen ärztlichen Eingriff. Der Lauf der Verjährungsfrist gemäß § 852 Abs. 1 BGB a. F. begann hier aber noch nicht mit dem Tag der Operation, denn die Klägerin konnte in diesem Zeitpunkt noch gar nicht wissen, über welche Risiken sie hätte (vollständig) aufgeklärt werden müssen, da ihr diese allenfalls teilweise genannt wurden. Wenn dem Patienten die möglichen negativen Folgen des geplanten Eingriffs nicht erklärt werden, kann er auch nicht beurteilen, ob er überhaupt eine Bedenkzeit braucht. Hier behauptet die Klägerin, erst am 11.04.1994 bei einer Konsultation von Privatdozent Dr. B darauf hingewiesen worden zu sein, dass die Indikation der Totaloperation zweifelhaft sei. Sie habe Dr. B daraufhin die in ihren Händen befindlichen Unterlagen bezüglich des Eingriffs vorgelegt, worauf dieser nach eingehender Würdigung ihr mit Schreiben vom 10.07.1995 empfohlen habe, sich wegen der Indikation zur Entfernung der Gebärmutter und des Eierstockes an die Gutachter- und Schlichtungsstelle der Landesärztekammer zu wenden (Bl. 247 d. A.). Die hinsichtlich der Verjährung darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten haben dem nichts entgegengehalten. Der Lauf der Verjährungsfrist ist daher frühestens ab diesem Zeitpunkt in Gang gesetzt worden, denn die Aufklärung über den Eingriff kann ohne die Frage der Indikation nicht beurteilt werden. Die am 19.03.1998 bei Gericht eingegangene Klage wurde daher noch innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist erhoben.

Der Zinsanspruch der Klägerin wurde vom Landgericht zutreffend festgestellt. Der von der Klägerin begehrte frühere Beginn des Zinslaufs kann nicht ausgesprochen werden, weil das von ihr angeführte Schreiben ihrer vorprozessualen Bevollmächtigten vom 13.2.1996 (Bl. 762 ff., 769 d. A.) lediglich eine Fälligstellung des beanspruchten Betrags und keine Mahnung im Sinne von § 284 I S. 1 BGB a.F. enthält.

Gemäß dieser Vorschrift ist die Mahnung erst nach Eintritt der Fälligkeit zulässig.

Der Feststellungsantrag der Klägerin ist zwar zulässig, er ist jedoch derzeit nicht mehr begründet.

Ein nicht absehbarer Zukunftsschaden ist nämlich nicht ersichtlich.

Die Schäden, die der Klägerin bis heute entstanden sind und in Zukunft absehbar entstehen werden, sind in das vom Senat bestimmte Schmerzensgeld eingeflossen.

Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass die Klägerin die negativen Folgen des Eingriffs in dem nicht unbeträchtlichen Zeitraum von nahezu 15 Jahren, der seit der Operation am 18.6.1991 vergangen ist, im wesentlichen verarbeitet hat und die Beschwerden abgeklungen sind. Der Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat in seinem schriftlichen Gutachten festgestellt, dass die seelischen Erkrankungen der Klägerin sich mit zunehmendem Alter bessern dürften, weil sie sich dann in der Postmenopause befinde (S. 24 des Gutachtens, Bl. 328 d. A.).

Der Sachverständige Dr. SV2 führt zwar aus, dass die psychischen Störungen der Klägerin einer psychosomatisch-psychotherapeutischen Behandlung bedürften, die angesichts des komplexen Krankheitsbildes lange Zeit in Anspruch nehmen würde, die Klägerin habe indessen gute Erfolgsaussichten (S. 7 des Gutachtens, Bl. 517 d. A.). Daraus folgt, dass die psychischen Störungen der Klägerin behandelt werden können und heilbar sind. Unabsehbare, auf die Operation vom 18.6.1991 zurückzuführende Beschwerden sind daraus nicht zu entnehmen.

Nach alledem war die Berufung der Beklagten teilweise begründet, während das Rechtsmittel der Klägerin erfolglos bleibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 I S.1, 97 I, 269 III S. S. 2 ZPO.

Das Urteil ist gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 543 II ZPO). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die keine grundsätzliche Bedeutung hat. Die Fortbildung des Rechts und die Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordern im Streitfall keine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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