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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 27.10.2009
Aktenzeichen: 8 U 170/07
Rechtsgebiete: FrhEntzG HE
Vorschriften:
FrhEntzG HE § 10 |
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.07.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main (2-18 O 282/02) abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gebührenstreitwert des erstinstanzliche Verfahrens beträgt 125.000,00 € und der des Berufungsverfahrens beträgt 87.500,00 €.
Gründe:
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte, die Krankenhausträgerin der A in O1, mit am 26.06.2003 eingegangener Klage auf Schmerzensgeld in Höhe von 125.000,00 Euro und Feststellung der Ersatzpflicht für künftigen immateriellen und allen materiellen Schaden in Anspruch.
Bei dem Kläger war erstmals 1991 eine paranoid-halluzinatorische Psychose aufgetreten, die sich 1995 wiederholte. Wegen seit 3 Tagen andauernder Schlaflosigkeit, motorischer Unruhe, Verwirrtheit und Agitiertheit nahm der Kläger am 09.10.1998 zwei Tabletten des Schlafmedikaments ... ein. Nach der Einnahme schlief der Kläger kurz und verließ dann in verwirrtem, unruhigem Zustand seine Wohnung. Nach kurzem Umherirren brach er in einem Geschäft zusammen. Der herbeigerufene Notarzt brachte den Kläger nach der Erstversorgung als Notfall mit dem Verdacht auf eine paradoxe Reaktion auf das Schlafmedikament gegen 14.45 Uhr in die A in O1. Nach der Erstuntersuchung erfolgte die Aufnahme des Klägers auf der inneren Station C 5 im 5. Obergeschoss. Die damalige Ärztin im Praktikum, die Zeugin Z1, fand bei der durchgeführten körperlichen Untersuchung keine Auffälligkeiten. Der Kläger verhielt sich ruhig, ohne Zeichen von Verwirrtheit, motorischer Unruhe oder oraler Automatismen und war vollständig orientiert. Er wirkte verlangsamt und introvertiert. Die Zeugin Z1 bat die Angehörigen, den Kläger nicht allein zu lassen. Die Mutter, die Zeugin Z2, blieb daraufhin bei ihm. Die Zeugin Z1 versuchte aufgrund der bekannten paranoid-halluzinatorischen Psychose sowie des Verdachts auf eine erneute akute Psychose, die Verlegung des Klägers in eine psychiatrische Klinik zu organisieren. Die diensthabende Ärztin der zuständigen Psychiatrie in O2 (B) lehnte in zwei Telefonaten die Übernahme des Patienten wegen Vollbelegung ab. Sie wies darauf hin, dass eine Fixierung bei suizidgefährdeten Patienten nach § 10 HFEG auch auf internistischen Stationen möglich sei. Da der Kläger jedoch ruhig und verlangsamt war und keine Suizidgedanken äußerte, verzichtete die Zeugin Z1 auf die Fixierung. Sie besprach sich mit dem Stationsarzt. Weiterhin bemühte sie sich um die Verlegung des Klägers auf eine Station im Erdgeschoss, was aus Mangel an freien Betten nicht gelang. Währenddessen kontrollierte die Zeugin Z1 mehrfach den Zustand des Klägers. Obgleich sie den Kläger gegen 19.10 Uhr ruhig vorfand, entschied sie sich, ihn in das zuständige psychiatrische Krankenhaus zu verlegen. Zwischenzeitlich sprang der Kläger jedoch abrupt auf, riss ein Fenster auf und stürzte sich in suizidaler Absicht in die Tiefe. Er erlitt schwerste Verletzungen.
Der Kläger hat behauptet, seine aufgrund der akuten Psychose bestehende akute Selbstmordgefährdung sei erkennbar gewesen und von der Zeugin Z1 auch erkannt worden. Das Unterlassen geeigneter Sicherungsmaßnahmen stelle einen der Beklagten zu 1. zurechenbaren Behandlungsfehler dar. Die Beklagte zu 1. habe zudem die ihr obliegenden Sicherungspflichten verletzt: Bei Aufnahme akut psychotischer Patienten auf einer internistischen Station eines allgemeinen Krankenhauses sei bis zur Verlegung des Patienten in ein PKH von dem Krankenhausträger organisatorisch zu fordern, dass er
- ein gesichertes Krankenzimmer
oder
- einen Platz im Aufnahmebereich oder in einer Station im EG vorhalte
und/oder
- Pflegepersonal für eine 1 zu 1 Überwachung bereithalte.
Die Beklagte hat einen Behandlungsfehler in Abrede gestellt, da lediglich eine latente Selbstmordgefährdung erkennbar gewesen sei. Die von dem Kläger dargestellte räumliche und personelle Ausstattung sei weder zu fordern noch zu leisten. Hinsichtlich der deliktischen Ansprüche hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
Nach Zeugenvernehmung Z2 und Z1 (Bl. 110 - 113, 113 - 117 d. A.) sowie nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens Prof. Dr. med. Dr. phil. SV1 (Bl. 165 - 195 d. A.) hat das Landgericht mit Urteil vom 10.07.2007 dem Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 62.500,00 Euro und dem Feststellungsantrag hinsichtlich des materiellen Schadens entsprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Der Beklagten sei bei der Unterbringung des sich in einer akuten Psychose befindenden Klägers in einem Klinikbett im 5. Stock ein organisatorisches Fehlverhalten anzulasten, welches für seinen Gesundheitsschaden mit ursächlich geworden sei. Dabei folge das Landgericht der ausgewogenen Abwägung des Sachverständigen zwischen den im Einzelnen erörterten Umständen, die für und gegen ein Verschulden der Beklagten sprächen. Es verkenne auch nicht, dass die Rechtsprechung in der Frage besonderer Sicherungsmaßnahmen gegenüber Psychosepatienten darauf abstelle, ob über die mit dem Krankheitsbild einhergehende latente Suizidalität des Patienten hinaus eine erkennbar akute Suizidgefahr vorgelegen und deshalb ein besonderer Anlass zu bestimmten Sicherungsmaßnahmen bestanden habe. Solche Anhaltspunkte einer akuten Suizidgefahr seien zwar weder von dem Sachverständigen gesehen noch von der Zeugin Z1 bestätigt worden. Gleichwohl sei darauf abzustellen, dass der Kläger trotz Bejahung der Unterbringungsbedürftigkeit nicht in das Erdgeschoss verlegt worden sei.
Das Schmerzensgeld sei in Höhe von 62.500,00 € angemessen.
Der Schmerzensgeldanspruch sei nicht verjährt.
Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages weiterhin die Abweisung der Klage insgesamt erstrebt. Jedenfalls sei der Schmerzensgeldanspruch verjährt. Hinsichtlich des zuerkannten Feststellungsanspruchs hat die Beklagte vorsorglich erstmals die Einrede der Verjährung erhoben.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Bei einer akuten Psychose müsse immer mit einer suizidalen Handlung gerechnet werden. Hinsichtlich der zu fordernden Sicherungsmaßnahme könne die Beklagte nicht damit gehört werden, dass es aus Kapazitätsgründen nicht möglich gewesen sei, ihn im Erdgeschoss der Klinik - gegebenenfalls auch auf dem Gang - unterzubringen.
Der Senat hat zu den Maßnahmen, die von einem allgemeinen Krankenhaus bei Aufnahme eines akut psychotischen Patienten auf einer internistischen Station, organisatorisch zu fordern sind, ein weiteres -internistisches- Sachverständigengutachten eingeholt. Wegen der Einzelheiten der Beweisfragen wird auf den Beschluss vom 13.05.2008 verwiesen (Bl. 414 f d. A.) und wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das Gutachten Dr. med. SV2 vom 20.04.2009 und dessen Erläuterung im Termin vom 29.09.2009 (Bl. 493 - 501, 539-542 d.A.).
II.
Auf die Berufung der Beklagten ist das angefochtene Urteil abzuändern. Die Klage ist abzuweisen. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
Zwar waren die behandelnde Ärztin im Praktikum und die Beklagte verpflichtet, im Rahmen der erforderlichen Heilmaßnahmen alles zu tun, um den Patienten vor einer krankheitsbedingten Selbstschädigung zu bewahren ( BGH NJW 2000,3425). Dem Kläger ist es aber nicht gelungen, eine zurechenbare Fehlbehandlung durch die Ärztin im Praktikum oder eine fehlerhafte Organisation oder Sicherung der Klinikbetriebes seitens der Beklagten zu beweisen.
1. Ein der Beklagten zurechenbarer Behandlungsfehler der damaligen Ärztin im Praktikum Z1 ist nicht festzustellen. Davon ist der Senat nach den plausiblen Ausführungen sowohl des psychiatrischen als auch des internistischen Sachverständigen überzeugt. Nach schneller Abklärung und Ausschluss einer paradoxen Reaktion auf das Schlafmedikament bemühte sich die Ärztin im Praktikum intensiv um eine zügige Verlegung des (zutreffend) als akut-psychotisch eingeschätzten Klägers in die zuständige psychiatrische Klinik in O2, das B. Sie "erzwang" nach erster Ablehnung der Übernahme des Patienten durch die diensthabende Ärztin der psychiatrischen Klinik deren Rücksprache mit dem dort zuständigen Oberarzt. Aber auch die daraufhin erfolgte erneute Ablehnung der Übernahme unter Hinweis auf die Vollbelegung des psychiatrischen Krankenhauses ließ das drängende Bemühen der Ärztin fortdauern, den Kläger gleichwohl im B unterzubringen.
Währenddessen überprüfte sie im Rahmen einer Eigen- und Fremdanamnese sorgfältig die Möglichkeit einer akuten Suizidalität oder Selbstgefährdung. Sie untersuchte und beobachtete den Kläger. Er verhielt sich ruhig ohne Zeichen von Verwirrtheit, motorischer Unruhe oder oraler Automatismen und war vollständig orientiert. Der Kläger äußerte keine Suizidgedanken. In der überprüften Vorgeschichte fand sich kein Suizidversuch. Die befragten Angehörigen verneinten vom Kläger geäußerte Suizidgedanken bei den vorangegangenen Psychosen. Sie empfanden die Möglichkeit eines Suizidversuchs des Klägers als abwegig. Zudem besprach sich die Ärztin mit dem Oberarzt. Dass sie nach alldem eine akute Suizid- oder Selbstgefährdung nicht annahm, ist nachvollziehbar. Davon ist der Senat nach eingehender Beurteilung insbesondere des psychiatrischen als auch des internistischen Sachverständigen überzeugt. Abzustellen ist auf eine ex ante Betrachtung. Dazu im Einzelnen:
Der Kläger gehörte nicht zu einer bestimmten Risikogruppe, bei der nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft von einer erhöhten Suizidgefahr auszugehen ist. Er hatte weder eine Selbsttötung versucht noch entsprechende Absichten geäußert. Auch war es in seiner näheren Verwandtschaft zu keinem Suizidversuch gekommen.
Zudem ergab die Fremdanamnese durch Befragung der Angehörigen keine direkten Hinweise auf Suizidalität.
Entscheidend ist, dass in der Aufnahmesituation keine "robusten" Kriterien für eine akute Suizidgefährdung sprachen. Zu verzeichnen waren keine Depressivität, Hoffnungslosigkeit, Schuldgefühle, Ängste, Selbstanklagen, Selbstentwertung, Verfolgungsideen und imperative Stimmen, Hypochondrie sowie starke innere Unruhe. Der Kläger verhielt sich vielmehr ruhig ohne Zeichen von Verwirrtheit, motorischer Unruhe oder oraler Automatismen und war vollständig orientiert. Noch bei der Visite um 19.10 Uhr war er ruhig. Der Suizidversuch vollzog sich "raptusartig" ohne Ankündigung.
Dass der Sachverständige Prof. Dr. med. Dr. phil. SV 1 als einzigen konsistenten Aspekt der Suizidalität die vorangegangene Schlaflosigkeit betrachtete, änderte nichts an seiner plausiblen Gesamtbewertung in der Aufnahmesituation, wonach keine "robusten" Kriterien einer akuten Suizidgefährdung vorlagen.
War die Suizidalität aber nicht akut, sondern wie auch der internistische Sachverständige Dr. med. SV2 eingehend erläuterte, bei dem psychotischen Kläger lediglich latent vorhanden, so ist die Bitte der Ärztin im Praktikum um Anwesenheit der Zeugin Z2 in erster Linie mit der wohltuenden Nähe eines Angehörigen bei einem psychotischen Anfall zu erklären.
Eine latent vorhandene Selbstmordgefahr verlangt es nicht, jede Gelegenheit zu einer Selbstschädigung auszuschließen (BGH a.a.O., OLG Hamburg, OLG R 2003, 267; OLG Stuttgart, MedR 2002, 198; OLG Zweibrücken, MedR 2003, 188; OLG Stuttgart, ZfSch 2001, 488; OLG Frankfurt am Main, VersR 1993, 1271; OLG Hamm, VersR 1991, 302; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., 2. Teil, suizidgefährdete Patienten). Denn der Sicherungspflicht sind in doppelter Hinsicht Grenzen gesetzt: Zum einen ist die Menschenwürde und die allgemeine Handlungsfreiheit des Menschen zu achten. Es sind deshalb vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur Maßnahmen derjenigen Sicherheitsstufe anzuordnen, deren Anwendung zum Schutz des Patienten erforderlich ist. Zum anderen ist der Auftrag, den Patienten vor einer Selbstgefährdung zu schützen, in die allgemeine Verpflichtung der behandelnden Person eingebettet, der Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit des Patienten zu dienen. Der Arzt hat bei jeder unter dem Gesichtspunkt der Suizidverhinderung erforderlichen Sicherungsmaßnahme abzuwägen, ob und inwieweit sie sich negativ auf die Gesamtgesundheitssituation des Patienten auswirken kann (BGH NJW 1994, 795; OLG Koblenz, MedR 2000, 136).
Danach durfte (musste) die so genannte 5-Punkt -Fixierung nach § 10 HFEG unterbleiben. Dass intensive Bemühen um eine zügige Verlegung des psychotischen Klägers in die zuständige psychiatrische Klinik bleibt ausreichend. Gleichwertige Maßnahmen standen der Ärztin nicht zur Verfügung.
Waren aber die von ihr eingeleiteten Maßnahmen ausreichend, so stellt sich die Frage der Konsultierung eines Facharztes nicht. Denn auch dieser hätte keine anderen Maßnahmen veranlasst.
2. Weitere organisatorische (Sicherungs-)Maßnahmen bei Aufnahme eines akut psychotischen Patienten auf eine internistische Station eines allgemeinen Krankenhauses bis zu dessen Verlegung in ein PKH waren von dem Krankenhausträger, der Beklagten, nicht zu verlangen. Davon ist der Senat aufgrund der von hoher Sachkunde geprägten Wertung des internistischen Sachverständigen Dr. med. SV2 überzeugt.
Gesetzliche Regelungen, allgemein anerkannte Richtlinien oder Empfehlungen zur räumlichen und personellen Ausstattung eines allgemeinen Krankenhauses bei Aufnahme solcher Patienten existieren nicht.
Die Feststellung der Anforderungen fällt in das Fachgebiet eines Internisten. Das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen - dem es allerdings vorbehalten war, die Selbstmordgefährdung des psychotischen Klägers einzustufen - war insoweit nicht ausreichend (§ 412 ZPO).
Abzustellen ist nämlich auf die Gegebenheiten der internistischen Station eines (kleineren) allgemeinen Krankenhauses Diese sind dem psychiatrischen Sachverständigen nicht im Einzelnen bekannt. Vertraut mit dem Krankenhausalltag einer internistischen Station eines allgemeinen Krankenhauses ist vielmehr der internistische Sachverständige.
Danach gilt im Einzelnen:
Ein gesichertes Krankenzimmer (d. h. abschließbare Fenster und Tür sowie Überwachungsmöglichkeiten) ist auf der internistischen Station eines allgemeinen Krankenhauses nicht zur Verfügung zu stellen. Es gehört nicht zur Ausstattung einer internistischen Normalstation. Es ist auch nicht zu fordern, um die Unterbringung eines als Notfall eingelieferten akut-psychotischen Patienten zu gewährleisten. Denn solche Patienten haben nicht in einer internistischen Fachabteilung zu verbleiben. Sie sind vielmehr zügig der Fachbehandlung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu zuführen.
Eine Verlegung in das Erdgeschoss war aus Kapazitätsgründen nicht möglich. Zudem war sie schon deshalb nicht angezeigt, weil ihr Erfolg äußerst zweifelhaft ist. Denn Patienten in einer akuten Psychose setzen, wie auch der Kläger, plötzlich große Energie und Kräfte frei, um ihre Suizidabsicht zu verwirklichen. Deshalb dürfte es für den Kläger jedenfalls ein Leichtes gewesen sein, aus dem Erdgeschoss in ein höher gelegenes Stockwerk zu gelangen, um sich von dort aus in die Tiefe zu stürzen.
Eine Verlegung in den Aufnahmebereich war kontraindiziert, da deren Hektik zu einer weiteren Eskalation der psychischen Situation des Patienten geführt hätte.
Eine Verlegung auf die Intensivstation war gleichfalls nicht zu fordern. Dort ist zwar annähernd eine 1 : 1 - Überwachung in einem "gesicherten" Bereich möglich. Es findet sich auf der internistischen Intensivstation aber kein geschlossener Bereich, so dass auch hier jederzeit "Fluchtmöglichkeiten" für den Patienten bestehen. Zudem ist die Aufnahme eines psychisch Kranken dort kontraindiziert. Die Aufnahme eines psychisch Kranken, eines psychotischen Patienten, der sich ruhig verhielt, hätte nämlich unweigerlich zu einer Eskalation geführt.
Eine 1 : 1 - Überwachung ist schließlich im Hinblick auf den zu geringen Personalschlüssel auf einer internistischen Allgemeinstation und die Versorgung der anderen Patienten nicht zu leisten. Zudem ist auch diese im Hinblick auf die plötzliche Freisetzung großer Energie und Kräfte von zweifelhaftem Erfolg.
Die einzige Möglichkeit, den Kläger an einer plötzlichen unvorhergesehenen Reaktion zu hindern, wäre damit seine Fixierung gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der herbeigerufenen Polizei gewesen. Diese Sicherung war aber vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der (nur) latenten Selbstmordgefährdung des Klägers nicht vorzunehmen.
Die klägerischen Ausführungen im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 21.10.2009 geben keinen Anlass, diese Wertung in Frage zu stellen.
Stehen dem Kläger nach alldem die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, so stellt sich die Frage nach deren Verjährung nicht mehr.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil er unterliegt (§ 91 Abs. 1 ZPO).
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar (§ 708 Nr. 10 ZPO). Die Abwendungsbefugnis folgt aus § 711 ZPO.
Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Entscheidung beruht auf der Bewertung des Einzelfalles vor dem Hintergrund gefestigter Rechtsprechung.
Der erst- und zweitinstanzliche Gebührenstreitwert war entsprechend dem jeweils verfolgten Interesse festzusetzen.
Ende der Entscheidung
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