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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 15.01.2008
Aktenzeichen: 8 U 247/06
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 293 | |
BGB § 295 | |
BGB § 793 | |
BGB § 797 |
Gründe:
I. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen (Bl. 198 ff. d. A.).
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger Nennwert und Zinsen Zug- um Zug gegen Herausgabe von drei in effektiven Stücken verbrieften Inhaberschuldverschreibungen über je 10.000,-- DM (WKN A) nebst Zinsscheinen für das Jahr 2002 zu zahlen. Weiter ist die Beklagte verurteilt worden, Zinsforderungen für die Jahre 2002 bis 2005 aus einer noch nicht endfälligen, global verbrieften Anleihe (WKN B) auszugleichen. Ferner ist die Beklagte verurteilt worden, Zinsen in Höhe von 4.831.71 € für die Jahre 2003 bis 2005 entsprechend der Anleihebedingungen für die erstgenannte nicht zurückgezahlte Schuldverschreibung zu zahlen. Das Landgericht hat zuletzt auch festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der zuerst genannten Schuldurkunden in Verzug befindet.
In der Berufungsbegründung wirft die Beklagte dem Landgericht vor, den Einwand des Staatsnotstandes in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht falsch beurteilt zu haben. Es sei verkannt worden, dass die Klage wegen eines Verstoßes gegen das Abkommen von Bretton Woods (sog. IWF - Übereinkommen) unzulässig sei und versäumt worden, autonomes Devisenrecht der Beklagten in Gestalt ihrer Notstandsgesetzgebung anzuwenden. Die Beklagte befinde sich mit der Rücknahme der Schuldurkunden nicht in Verzug.
II. Die Berufung ist nicht begründet. Dem Kläger steht aus den Anleihebedingungen i. V. mit § 793 BGB ein Anspruch auf Auszahlung des Nennbetrages und verbrieften Zinsbetrags der Anleihe mit der Wertpapierkennnummer (WKN A) zu. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Landgerichts auf Seite 8 des angefochtenen Urteils, denen er folgt.
Der Kläger hat bewiesen, dass er aus den genannten Schuldverschreibungen anspruchsberechtigt ist. Der Zinsanspruch aus der global verbrieften Inhaberschuldverschreibung (WKN B) lässt sich aus §§ 1, 3 und 5 der Anleihebedingungen (Blatt 25 ff.) sowie aus dem Depotauszug (Anlage K3 - Blatt 40 d. A.) herleiten.
Die Beklagte kann die Rückzahlung der Nominal- und Zinsbeträge nicht mit Hinweis auf den vermeintlichen Staatsnotstand verweigern. Ihr Sachvortrag reicht nicht aus, um von der gefestigten Senatsrechtsprechung (NJW 2006, 2931) abzuweichen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwischenzeitlich entschieden, dass ein Staat die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche gegenüber Privatpersonen nicht unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand verweigern darf (BVerfG - Beschluss vom 8. Mai 2007 - 2 BvM 1-5/03, 1,2/06 = NJW 2007, 2610 ff. = WM 2007, 1315 ff.). Hierauf geht die Beklagte gar nicht ein.
Mit den weiteren oben genannten Argumenten der Beklagten hat sich der Senat bereits in der o. g. Entscheidung sowie in den folgenden Entscheidungen vom 29. 9. 2006 (8 U 60/03 u. a.) zu Parallelverfahren auseinandergesetzt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Die dagegen erhobenen Nichtzulassungsbeschwerden sind vom Bundesgerichtshof am 25. 9. 2007 zurückgewiesen worden (XI ZR 346/06 u. a.).
Die Beklagte befindet sich mit der Annahme der Schuldurkunden in Verzug (§ 293 BGB). Sie ist durch das wörtliche Angebot des Klägers in Verzug geraten (§ 295 BGB). Das wörtliche Angebot liegt in der auf Zug-um-Zug-Leistung gerichteten Klageerhebung (BGH NJW 1997, 581, 582). Der Kläger ist von diesem Angebot auch im Verlauf des Rechtsstreits nicht abgerückt und hat es sinngemäß durch seinen Prozessantrag, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, wiederholt. Das war ausreichend, weil die Beklagte schon vor diesem Angebot bereits bestimmt und eindeutig erklärt hatte, dass sie die von ihr zu erbringende Gegenleistung nicht erbringen werde (BGH a. a. O.).
Der Senat bezieht sich auf die von der Beklagten selbst herangezogene Gesetzgebung im Zusammenhang mit dem Zahlungsmoratorium. Die Beklagte hat in der Berufungsbegründung darauf hingewiesen, dass eine Zahlung des Kapitals und der Zinsen gegen die mit Gesetz vom 12. 12. 2001 verfügte und mehrfach verlängerte Aussetzung ihres Schuldendienstes verstoßen würde. Sie hat sich in anderen Verfahren auch noch ausdrücklich auf Artikel 59 des Gesetzes Nr. 25.827 vom 26. 11. 2003 berufen. Dort ist ein Zahlungsaufschub für Schuldendienste für Schulden der Zentralregierung angeordnet, die in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum eingegangen wurden und zwar so lange, bis die Zentralregierung die Umschuldung derselben für abgeschlossen erklärt. Wann dies der Fall sein wird und vor allem, welche Kriterien für diese Entscheidung maßgeblich sind, konnte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten nicht erklären. Die Erklärungen der Beklagten sind eindeutig und erwecken nicht den Anschein, dass sie es sich in jedem Einzelfall und vor allem in diesem Fall noch überlegen will, ob sie ihre Zahlungsverpflichtungen aus der Anleihe erfüllen will. Annahmeverzug kann auch dann eintreten, wenn der Gläubiger die Leistung nur vorübergehend nicht annehmen will (Staudinger-Löwisch, BGB 2004, Rn 8 zu § 295 BGB). Durch die oben zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist klargestellt, dass sich die Beklagte aus völkerrechtlichen Gründen nicht gegenüber ihren Privatgläubigern auf Staatsnotstand berufen kann.
Die von der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 18. 12. 2007 vorgebrachten Argumente rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die oben zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist erst jüngst von ihm wieder herangezogen und in ihrer Argumentation bestätigt worden (BGH NJW 2006, 1960; vgl. dazu auch Wienecke JA 1997, 441, Noack WuB IV A § 295 BGB Nr. 1.97). Die Beklagte hat nicht erklären können, warum sich die hiesige Konstellation von der dort entschiedenen in dem maßgeblichen Punkt unterscheidet. Wie dort verweist die Beklagte ihre Gläubiger durch ihre Zahlungsverweigerung darauf, gerichtliche Hilfe für ihre Rechtsdurchsetzung in Anspruch zu nehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar (§ 708 Nr. 10 ZPO). Die Vollstreckungsschutzanordnungen beruhen auf § 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens bemisst sich nach den zuerkannten Hauptsacheforderungen. Für die Feststellung des Annahmeverzugs kann kein eigener Wert angesetzt werden, da diesem Begehren neben dem Zahlungsantrag jede selbstständige wirtschaftliche Bedeutung fehlt (vgl. OLG Jena v. 15. 5. 2006 -4 U 763/05 = RVGReport 2006, 360; KG MDR 2005, 526, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Ende der Entscheidung
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