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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 23.09.2004
Aktenzeichen: 8 U 67/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 178 Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

8 U 67/04

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main nach übereinstimmendem Erledigungserklärungen der Parteien am 23. 9. 2004 beschlossen:

Tenor:

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen.

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird entsprechend der erstinstanzlichen Streitwertbestimmung auf 10.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

1.

Die Beklagte ist Trägerin der Orthopädischen Universitätsklinik Frankfurt. Der Kläger wurde dort am 14. 3. 1996 operiert. Ihm wurde eine Geradschaftsprothese in das Hüftgelenk eingesetzt.

Der Kläger wirft den ihn behandelnden Ärzten vor, ihm eine minderwertige Prothese eingesetzt zu haben, die später ohne äußeren Einfluss gebrochen sei. Zur Vorbereitung einer Schadensersatzklage hat er von der Beklagten verlangt, ihm die vollständigen Namen und die "ladungsfähigen" Privat-Anschriften der ihn während seines Krankenhausaufenthalts vom 11. 3. - 2. 4. 1996 behandelnden Ärzte bekannt zu geben. Die Beklagte hat dem Kläger vorprozessual die vollständigen Krankenunterlagen in Kopie übersandt und ihm mitgeteilt, dass sämtliche Ärzte über die Klinik zu laden seien. Der OP-Bericht (Blatt 24 d. A.) vermerkt als Operateur "Prof. Dr. med. ... und als Assistent .... Der Kläger hat dies nicht für ausreichend gehalten, da eine Verwechslungsgefahr im Haus der Beklagten nicht zu vermeiden sei und da zur Klagezustellung die vollständigen Namen und Privatanschriften notwendig seien.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe durch Übersendung der Krankenunterlagen ihrer Auskunftspflicht genügt. In dem OP-Bericht seien die Namen der in Anspruch zu nehmenden Ärzte deutlich gemacht, weitere Anspruchsgegner seien nicht ersichtlich. Die Benennung der Operateure reiche nach neuester Rechtsprechung des BGH zur Klageerhebung aus (BGH NJW 2001, 885). Die Klageschrift könne notfalls ersatzweise an das Klinikpersonal zugestellt werden (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO n. F.).

Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Ziel weiterverfolgt. Er wirft dem Landgericht vor, ohne ausreichende Rechtsgrundlage von seiner bisherigen Rechtsprechung abgerückt zu sein, wonach die Krankenhausträger aufgrund des Behandlungsvertrags verpflichtet seien, dem Patienten immer die vollständigen Namen und Privatanschriften der behandelnden Ärzte mitzuteilen. Da der Erfolg einer Zustellung in der Klinik nicht garantiert werden könne und außerdem § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO keine Ersatzzustellung für in Krankenhäusern beschäftigte Ärzte ermögliche, müssten die Privatanschriften herausgegeben werden. Bei dem Operateur gelte dies auch deshalb, weil Namensverwechslungen nicht ausgeschlossen werden könnten. Der Name ... sei ein häufiger Name, der auch von der Beklagten im OP-Bericht bzw. in der Klageerwiderung unterschiedlich geschrieben worden sei .... Der Assistent ... sei gar nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt, so dass der Kläger für seine eigenen Ermittlungen zumindest auf die letzte Privatanschrift angewiesen sei.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie hat unter Aufrechterhaltung ihres Rechtsstandpunkts mit Schriftsätzen vom 15. 6. 2004 und vom 12. 8. 2004 die zuletzt bekannte Privatanschrift des bei ihr ausgeschiedenen Arztes ... des Operateurs ... mitgeteilt (Blatt 137/160 d. A.). Hierauf haben beide Parteien den Rechtsstreit unter Verwahrung gegen die Kostenlast für erledigt erklärt.

2.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen demnach zu 3/4 dem Kläger und zu 1/4 der Beklagten zur Last. Die Klage war von Anfang an nur insoweit begründet, als der Kläger Auskunft über den vollständigen Namen und die zuletzt bekannte Anschrift des Assistenten der OP, des Arztes im Praktikum ... verlangt hat. Ansonsten bestanden überhaupt keine Auskunftsansprüche bzw. die Beklagte hatte sie vorprozessual durch Übermittlung des OP-Berichts erfüllt. Dazu im einzelnen:

Ein Patient kann von seiner Klinik aufgrund des Behandlungsvertrags nur dann Auskunft über Namen und Anschriften der behandelnden Ärzte verlangen, wenn er ein berechtigtes Interesse an diesen Daten nachweist (vgl. dazu Palandt-Heinrichs, BGB, 62. Aufl., Rn 8 zu § 261 BGB; Rehborn MDR 2001, 1149; OLG Düsseldorf NJW 1984, 670). Das berechtigte Interesse entfällt, wenn sich der Patient aus den ihm zugänglichen Unterlagen so weitgehend informieren kann: dass ihm eine Klageerhebung und -zustellung gegen die aus seiner Sicht fehlerhaft handelnden Ärzte möglich ist (OLG Hamm NJW-RR 2001, 236).

a) Vor diesem Hintergrund war die Beklagte nur verpflichtet, dem Kläger Auskunft über Namen und Anschrift der ihn operierenden Ärzte zu erteilen. Ein weitergehender Auskunftsanspruch, bezogen auf Namen und Anschriften sämtlicher Ärzte, die den Kläger während seines Krankenhausaufenthalts vom 11. 3. - 2. 4. 2004 behandelt haben, scheidet hier aus, weil der Kläger weder dargelegt hat, dass diese als Anspruchsgegner noch dass sie als Zeugen im "Rahmen seiner angekündigten Schadensersatzklage Bedeutung gewinnen könnten.

Der Kläger leitet seine vermeintlichen Schadensersatzansprüche daraus ab, dass die Operateure ihm keinen "Müller Geradschaft" der Fa. ... - wie im Patientenpaß angegeben - sondern einen Geradschaft minderwertiger Qualität eingesetzt hätten. Dass somit weitere Ärzte der Beklagten für den Behandlungsfehler zur Verantwortung gezogen werden oder dass sie als Zeugen für diese Schadensersatzklage in Betracht kommen könnten, wird nicht ersichtlich. Auch im vorgerichtlichen Schriftwechsel hat der Kläger immer nur Ansprüche gegenüber den Operateuren (und der Klinik) aus einem Fehlverhalten im Rahmen der Operation angekündigt und deren Namen und Anschriften erbeten (vgl. Schreiben vom 22. 1. 2003 - Blatt 8 d. A.). Ein berechtigtes Interesse zur Bekanntgabe der Namen und Anschriften weiterer Ärzte ist nicht dargelegt.

b) Im Hinblick auf den Operateur des Klägers, ... hatte die Beklagte bereits vorgerichtlich ihre Auskunftspflicht erfüllt, weil sie dem Kläger die Krankenunterlagen und insbesondere den Operationsbericht zur Verfügung gestellt und als ladungsfähige Anschrift die Klinikadresse genannt hatte. Für den Kläger war aus den Krankenunterlagen ohne weiteres ersichtlich, wer ihn operiert hatte und unter welcher Anschrift eine etwaige Klage zugestellt werden konnte. Dies genügte, weil sich der Kläger daraus ohne weiteres selbst alle notwendigen Informationen für eine Klageerhebung verschaffen konnte.

Das Landgericht hat an dieser Stelle zutreffend auf die Gründe einer neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31. 10. 2000 (NJW2001, 885 = MDR 2001, 164) zurückgegriffen. Danach genügt die Angabe einer Arbeitsstelle (des Arztes) als ladungsfähige Anschrift, wenn diese Anschrift sowie der Zustellungsempfänger und dessen dortige Funktion so konkret und genau bezeichnet sind, dass ernsthaft angenommen werden kann, eine Zustellung bei der Arbeitsstelle werde gelingen.

So liegt der Fall hier. Das Landgericht hat mit Recht dargelegt, dass der Operateur ... im Operationsbericht so genau bezeichnet ist, dass sich der Kläger über die Person seines vermeintlichen Anspruchsgegners nicht im unklaren wähnen muss. Dass die Beklagte in dieser herausgehobenen Position und mit diesem akademischen Grad mehrere Personen mit dem Namen ... beschäftigt, ist nach allgemeiner Lebenserfahrung unwahrscheinlich. Der Kläger konnte daher ohne weiteres davon ausgehen, dass eine Klage gegen den Operateur ... im Haus der Beklagten zugeordnet werden konnte.

Entgegen der Auffassung des Klägers war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger die Privatanschrift von Prof. Dr. ... mitzuteilen. Wie der BGH in der zitierten Entscheidung ausgeführt hat, muss die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift vornehmlich darauf gerichtet sein, eine Übergabe der Klageanschrift an den Zustellungsempfänger selbst zu ermöglichen (BGH aaO. S. 887). Aus den dargelegten Gründen konnte der Kläger davon ausgehen, dass eine Zustellung der Klage an den Operateur an dessen Arbeitsstätte, der Orthopädischen Universitätsklinik in Frankfurt, auch gelingen würde (§ 177 ZPO n. F.). Auf die Frage, ob hier eine Ersatzzustellung an das nachgeordnete Klinikpersonal gem. § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO möglich wäre, kommt es deshalb gar nicht an. Dies hat der Senat dem Kläger bereits durch Beschluss vom 28. 6. 2004 (Blatt 142/143 d. A.) mitgeteilt.

c) Fraglich blieb allein, ob die Beklagte ihre Auskunftspflicht auch im Hinblick auf den Assistenten des Operateurs, den ... erfüllt hat. Zur Identifizierung dieses Arztes im Haus der Beklagten reichten die Angaben in dem OP-Bericht sicherlich aus. Dass zum damaligen Zeitpunkt mehrere Ärzte im Praktikum mit dem Nachnamen ... tätig gewesen wären, ist nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht zu vermuten.

Trotzdem hat die Beklagte insoweit ihre Auskunftspflichten nicht erfüllt, weil Herr ... bereits am 14. 12. 1996 und somit vor Übersendung des OP-Berichts aus der Klinik der Beklagten ausgeschieden war. Unter diesen Umständen gebietet es die Mitwirkungspflicht des Krankenhauses, dem Patienten die zuletzt bekannte Privatanschrift des Arztes mitzuteilen, um ihm weitere Nachforschungen und Einwohnermeldeamtsanfragen zu ermöglichen.

d) Die Kosten des Rechtsstreits fallen zu dem aus dem Tenor ersichtlichen Teil dem Kläger zur Last, weil seine Auskunftsklage in den oben unter a) und b) behandelten Teilen von Anfang an unbegründet war. Der Gebührenstreitwert richtet sich nach dem Auskunftsinteresse des Klägers, dass im Hinblick auf die Schmerzensgeldforderung von 40.000,-- vom Landgericht vertretbar auf 10.000,-- € festgesetzt worden war.

Ende der Entscheidung

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