Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 07.03.2006
Aktenzeichen: 9 U 62/05
Rechtsgebiete: BGB, II. BVO


Vorschriften:

BGB § 535
II. BVO § 27
Zur Umlegbarkeit von Betriebskosten für eine Klima- und Lüftungsanlage bei Fehlen einer eindeutigen Regelung im gewerblichen Mietvertrag
Gründe:

I.

Die Klägerin fordert von der Beklagten, ihrer ehemaligen Vermieterin, Rückzahlung einer Kaution aus gewerblichem Mietverhältnis.

Ende 1998 mietete die Klägerin von der Beklagten Gewerberäume in ... in O1.

Das befristete Mietverhältnis begann am 1.1.1999 und endete mit Ablauf des Jahres 2003. § 3 des Mietvertrages (Bl. 5 ff. d. A.) regelt in Ziffer b) die Umlage der Betriebskosten auf den Mieter nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel. Zur Erläuterung der Betriebskosten im Einzelnen wurde auf Anlage 3 zu § 27 II. BVO verwiesen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich unbestritten vorgetragen, dass die Parteien in der Folgezeit mündlich vereinbarten, dass die Klägerin auch die Kosten eines für die Liegenschaft beauftragten Sicherheitsdienstes trägt.

Mit Schreiben vom 10.9.2004 - nach Beendigung des Mietverhältnisses - rechnete die Beklagte die von der Klägerin zu Beginn des Mietverhältnisses aufgebrachte Kaution in Höhe von 18.406,51 € ab und behielt hiervon insgesamt 10.469,78 € - die Klageforderung - ein. Dieser Betrag entsprach der Summe der - nach Auffassung der Beklagten - offenen Forderung, namentlich der Betriebskostennachzahlungen für die Jahre 1999 bis 2003. Auf die entsprechenden Abrechnungen wird Bezug genommen (Bl. 33 ff. d. A.).

Wegen des Sachverhalts im Weiteren und des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit Urteil vom 4.8.2005 (Bl. 58 f. d. A.) hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es aufgeführt, dass sämtliche von der Beklagten in Rechnung gestellten und von der Kaution abgezogenen Betriebskosten umlagefähig seien. Die Kosten der Klima- und Lüftungsanlage seien unter die Heizungskosten zu subsumieren.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung der Klägerin.

Die Klägerin wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag und ist der Auffassung, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Parteien die Umlage der Kosten für den Sicherheitsdienst vereinbart hätten. Ihr schriftsätzlicher Hinweis auf die mangelnde Umlagefähigkeit dieser Kosten in erster Instanz sei als Bestreiten zu qualifizieren. Hinsichtlich der Kosten für die Lüftungs- und Klimaanlage fehle eine vertragliche Vereinbarung über die Umlage dieser Kosten auf die Klägerin.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.469,78 € zuzüglich 5 % Zinsen hieraus seit 28.12.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Meinung, dass es sich bei dem neuen Vortrag der Klägerin zu der Umlagefähigkeit der Kosten des Sicherheitsdienstes um neue Tatsachen im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO handele, die in der Berufung nicht zugelassen werden dürften.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage in Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn der Klägerin steht kein Anspruch auf Rückzahlung der restlichen Kaution zu.

Ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin im Hinblick auf die Kaution ergibt sich nach Beendigung des Mietverhältnisses regelmäßig aus § 812 I 2 1. Alt. BGB. Etwas anderes gilt hingegen dann, wenn der Vermieter - wie hier die Beklagte - zur Verwertung der Kaution befugt war, weil ihm fällige Forderungen aus dem Mietverhältnis gegen den Mieter zustehen. Hier hatte die Beklagte gegenüber der Klägerin einen Anspruch auf Nachzahlung von Betriebskosten für die Jahre 1999 bis 2003 in Höhe von insgesamt 10.469,78 €.

Entgegen der Auffassung der Klägerin sind alle streitigen Posten umlagefähig. Im Einzelnen:

Die Umlagefähigkeit der Verwaltungskosten stellt die Klägerin - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt - selbst nicht mehr in Frage. Diesbezüglich enthält nämlich der Mietvertrag - wie auch das Landgericht erkannt hat - eine eindeutige Regelung in § 3 c).

Auch die Kosten für den Sicherheitsdienst sind umlagefähig. Insoweit ist davon auszugehen, dass - wie die Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat - die Parteien eine entsprechende Umlegung auf die Klägerin mündlich vereinbart haben. Diesen Vortrag der Beklagten hat die Klägerin erstinstanzlich nicht bestritten. Zwar sind an das Bestreiten von Tatsachenbehauptungen keine überspannten Voraussetzungen zu stellen. Es genügt insofern, dass sich aus dem Zusammenhang - ggf. schlüssig - der Wille einer Partei ergibt, den gegnerischen Vortrag nicht so stehen lassen zu wollen. Etwas anderes muss aber dann gelten, wenn sich eine Partei - wie hier die Klägerin - auf die Darstellung einer bloßen abweichenden Rechtsauffassung beschränkt und den eigentlichen Tatsachenvortrag der Gegenseite unkommentiert lässt. Genau dies hat die Klägerin aber getan, indem sie dargelegt hat, die Kosten des Sicherheitsdienstes seien nicht umlagefähig, weil sie im Mietvertrag und in der II. BVO nicht aufgeführt seien.

Soweit die Klägerin in der Berufung nunmehr eine entsprechende Verabredung zur Übernahme der Kosten des Sicherheitsdienstes bestreiten will, ist dies neuer Vortrag, der nach § 531 II ZPO nicht mehr zugelassen werden kann.

Der mündliche Vereinbarung der Umlegung der Kosten für den Sicherheitsdienst auf die Klägerin steht auch nicht § 19 des Mietvertrages entgegen. Die darin geforderte Schriftform von Nebenabreden, Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages ist nur als "Soll-Vorschrift" vereinbart. Ein Abweichen von dieser Vorschrift haben die Parteien indes nicht gesondert geregelt.

Schließlich sind auch die von der Beklagten angesetzten Kosten der Klima- und Lüftungsanlage umlagefähig, obwohl diese Kosten nicht ausdrücklich in der Umlagevereinbarung des streitbefangenen Mietvertrages genannt werden.

Nach Auffassung des Senats handelt es sich insoweit um sonstige Betriebskosten im Sinne von Anlage 3 Nr. 17 zu § 27 II. BVO in der zum Streitpunkt des Abschlusses des streitbefangenen Mietvertrages geltenden Fassung. Da nämlich Klima- und Lüftungsanlagen dazu bestimmt sind, dem gemieteten Anwesen dauernd zu dienen, können sie selbst dann umlagefähig sein, wenn eine ausdrückliche Bezeichnung im Mietvertrag fehlt (in diesem Sinne auch: LG Frankenthal NZM 1999, 958).

Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erwähnte Entscheidung des BGH vom 7.4.2004 zum Aktenzeichen VIII ZR 146/03 (NJW-RR 2004, 877) steht dieser Auslegung nicht entgegen. Soweit dort für eine wirksame Umlegung weiterhin eine stillschweigende Vereinbarung aufgrund jahrelanger Zahlung gefordert wird, ist auch dies vorliegend der Fall. Die Klägerin hat nämlich, jedenfalls die Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 1999 und 2000 ohne Rüge akzeptiert, obwohl die Beklagte hierin ebenfalls schon die Kosten für die Klima- und Lüftungsanlage angesetzt hatte.

Die Umlagennachforderung der Beklagen war zu dem Zeitpunkt, zu dem sie von der Beklagten mit der Kaution verrechnet wurde, auch fällig, denn es lagen nachvollziehbare und überprüfbare Abrechnungen vor. Soweit die Klägerin dies erstinstanzlich in Frage gestellt hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Mit der Berufung greift die Klägerin diesen Einwand auch nicht mehr substantiiert auf.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2, 108 I ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen zu § 543 II ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

Zurück