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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 25.11.2008
Aktenzeichen: 9 U 71/01
Rechtsgebiete: BGB, VerbrKrG
Vorschriften:
BGB § 812 | |
VerbrKrG § 4 | |
VerbrKrG § 9 |
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um Ansprüche aus zwei Darlehen, die die beklagte Bank der Klägerin zur Finanzierung ihrer Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds "A" gewährt hat.
Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des Revisionsurteils vom 21.2.2005 (Bl. 160 ff. BGH-Bd.) verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 1.3.2001 (Bl. 124 ff. d.A.) abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hat der erkennende Senat zunächst mit Urteil vom 29.5.2002 (Bl. 580 ff. d.A.) zurückgewiesen. Auf die hiergegen eingelegte Revision hat der Bundesgerichthof (BGH) das Berufungsurteil mit Urteil vom 21.3.2005 (Bl. 160 ff. BGH-Bd.) aufgehoben. Gleichzeitig hat er dem Freistellungsantrag und dem Rückabtretungsanspruch in vollem Umfang sowie dem Zahlungsantrag in Höhe von 2.375,26 ? stattgegeben. Wegen des Antrags auf Rückzahlung der Eigenkapitalleistungen in Höhe von 6.391,15 ? (12.500,- DM) hat er die Sache zu erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Revisionsurteil verweisen.
In der erneuten Berufungsverhandlung vor dem erkennenden Senat haben die Parteien weiter vorgetragen.
Wegen des neuen Vortrags der Klägerin wird auf die Schriftsätze vom 28.11.2005, (Bl. 696 ff. d.A.), 16.1.2006 (Bl. 760 ff. d.A.), 12.9.2007 (Bl. 825 f. d.A.) sowie 5.11.2008 (Bl. 847 ff. d.A.) verwiesen.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 1.3.2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.391,15 ? (12.500 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 18.4.2000 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Übertragung der wirtschaftlichen Beteiligung der Klägerin am treuhänderisch gehaltenen Gesellschaftsanteil an dem A in Höhe der Beteiligungssumme von 50.000 DM und gegen Abtretung sämtlicher der Klägerin gegen die Initiatoren und Gründungsgesellschafter des Fonds zustehenden Schadensersatzansprüche.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen, soweit über sie noch zu entscheiden ist.
Wegen des weiteren Vortrags der Beklagten wird auf die Schriftsätze vom 29.11.2005 (Bl. 709 ff. d.A.) und 5.9.2008 (Bl. 832 f. d.A.) Bezug genommen.
Nach der mündlichen Verhandlung vom 17.1.2006 (Bl. 117 ff. d.A.) hat der erkennende Senat mehrere Verkündungstermine wegen zwischen den Parteien geführter Vergleichsgespräche aufgehoben und ab 2007 zunächst keinen neuen bestimmt. Nach Scheitern der Vergleichsgespräche ist mit Beschluss vom 15.10.2008 (Bl. 845 d.A.) das schriftliche Verfahren angeordnet und Verkündungstermin bestimmt worden.
II.
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, soweit über sie aufgrund des Revisionsurteils noch zu entscheiden war. Die Klägerin hat im Ergebnis keinen Anspruch auf Rückzahlung des eingesetzten Eigenkapitals in Höhe von 6.391.15 ? (12.500,- DM), weil sie zu den von ihr gezogenen Steuervorteilen nicht vorgetragen hat.
Nach dem Revisionsurteil (Seite 13 f.), an das der Senat gebunden ist, besteht für die Klägerin ein Anspruch auf Rückzahlung des eingesetzten Eigenkapitals im Wege des Rückforderungsdurchgriffs aus culpa in contrahendo in Verbindung mit § 9 III, II 4 VerbrKrG, wenn die Klägerin durch unrichtige Prospektangaben getäuscht und dadurch zu dem Fondsbeitritt veranlasst worden ist. Auf den Zahlungsanspruch muss sie sich Steuervorteile, denen keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamtes gegenüberstehen, im Wege des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen.
1. Die Klägerin ist durch Täuschung zum Fondsbeitritt bewogen worden. Dies ergibt sich aus dem - mangels Bestreiten von Seiten der Beklagten als unstreitig zu wertenden -Vortrag der Klägerin,
- sie sei über den Anteil der in den Gesamtkosten in Höhe von 47,4 Mio. DM enthaltenen "weichen" Kosten getäuscht worden;
- im Prospekt sei eine "werthaltige Gesamtvermietungsgarantie für die Dauer von fünf Jahren" in Aussicht gestellt worden, die jedoch wegen des Konkurses der A nicht habe eingehalten werden können; die tatsächlich erzielten Mieteinnahmen seien weit hinter den prospektierten Aussichten zurückgeblieben;
- der Vermittler B habe ihr nur die positiven Seiten der Beteiligung erläutert, insbesondere den sehr guten Wiederverkaufswert des Anteils und die Eignung als sichere Altersvorsorge, er habe aber das Risiko der Anlage fälschlich als nur sehr gering geschildert und ihr für den günstigsten Fall monatliche Kosten von 2,72 DM errechnet, für einen schlechten Fall lediglich Zahlungen auf die Lebensversicherung in Aussicht gestellt; zudem habe der Vermittler auf Nachfrage zugesichert, dass von einer Nichtvermietung nicht auszugehen sei.
Die Einwendungen der Beklagten gegen den Schadensersatzanspruch greifen nicht durch. So hat der BGH bereits in seinen Urteilen vom 14.6.2004 (II ZR 393/02 und II ZR 395/01) entschieden, dass der bei seinem Eintritt in eine Fondsgesellschaft getäuschte Anleger bei Vorliegen eines Verbundgeschäfts nicht nur seine Beteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche der Bank entgegensetzen kann, sondern darüber hinaus unabhängig von der Kündigung dem Kreditinstitut alle Ansprüche entgegenhalten kann, die ihm gegen die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter zustehen. Hierauf nimmt auch das vorliegende Revisionsurteil ausdrücklich Bezug (S. 13 des Urteils.).
Soweit die Beklagte sich auf die Einrede der Verjährung beruft, greift auch dies nicht durch. Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss verjähren nach dem hier anzuwendenden BGB in alter Fassung in 30 Jahren. Auf die Übergangsvorschriften der Schuldrechtsmodernisierung kommt es nicht an, da diese Verjährungsfrist durch die Erhebung der Klage am 10.3.2000 rechtzeitig gewahrt wurde.
Soweit die Beklagte der Ansicht ist, die Auffassung des II. Zivilsenats des BGH zum Rückforderungsdurchgriff bei verbundenen Geschäften seien unzutreffend, die tatsächlichen Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts lägen nicht vor und die Revisionsentscheidung berücksichtige Vertrauensgesichtspunkte nicht ausreichend, steht dem die Bindungswirkung des Revisionsurteils aus § 546 ZPO entgegen, der der erkennende Senat unterworfen ist.
Der Antrag der Beklagten auf Vorlage an das Bundesverfassungsgericht im Wege einer Normkontrollklage ist abwegig, da nach Art. 100 GG die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen, nicht indes die Verfassungsmäßigkeit deren Auslegung durch Rechtsprechung überprüft werden kann. Letztere könnte nur durch eine von den Parteien selbst einzulegende Verfassungsbeschwerde geklärt werden.
2. Gleichwohl kann die Klägerin nicht die Rückzahlung des von ihr eingesetzten Eigenkapitals verlangen, da sie keinen Vortrag zu den Steuervorteilen gehalten hat, in deren Genuss sie aufgrund des Anlagegeschäfts gekommen ist. Ohne einen solchen Vortrag von Seiten der darlegungspflichtigen Klägerin kann aber nicht festgestellt werden, wie viel sie sich auf das Eigenkapital anrechnen lassen muss bzw. ob nicht sogar die Steuervorteile höher sind als der geltend gemachte Betrag.
Der Auffassung der Klägerin, Steuervorteile seien nicht anzurechnen, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zwar würde eine zwischenzeitlich geänderte Rechtsansicht des Bundesgerichtshofs zur Anrechnung von Steuervorteilen auch die Bindungswirkung des vorliegenden Revisionsurteils insoweit entfallen lassen (so z.B. BGH vom 21.11.2006, XI ZR 347/05). Der Senat vermag indes eine solche Änderung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht festzustellen. Ein Abweichen von den Vorgaben des hier vorliegenden Revisionsurteils, das ausdrücklich eine Anrechnung der Steuervorteile fordert, kommt danach nicht in Betracht.
Das OLG Celle verweist in seinem Urteil vom 29.10.2008 (Bl. 852 ff. d.A.), auf das sich die Klägerin insoweit beruft, lediglich auf zwei neuere Entscheidungen des BGH vom 24.4.2007, XI ZR 17/06, und 4.12.2007, XI ZR 227/06. Beide Entscheidungen sprechen indes nicht für die vom OLG Celle vorgenommene Auslegung. So hat der BGH in der Entscheidung vom 24.4.2007 gerade die Anrechnung von Steuervorteilen zulasten des Anlegers gefordert. Und in der Entscheidung vom 4.12.2007 hat der BGH die Frage der Anrechenbarkeit von Steuervorteilen gänzlich offen gelassen.
In einem weiteren Urteil vom 23.9.2008, XI ZR 262/07, verneint der BGH zwar die Anrechenbarkeit von Steuervorteilen, die aufgrund einer Fondsbeteiligung erlangt wurden. In dem dort zugrunde liegenden Fall führte die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages indes gerade nicht zu einer Rückabwicklung der kreditfinanzierten Fondsbeteiligung, sondern ließ diese unberührt. Vorliegend verliert die Klägerin aber durch die erforderliche Zug-um-Zug-Verurteilung ihre Gesellschafterstellung; in einem solchen Fall ist kein Grund ersichtlich, ihr die hieraus entstandenen Steuervorteile zu belassen.
Dem Antrag der Klägerin auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung konnte nicht stattgegeben werden. Das Vorbringen im Schriftsatz vom 5.11.2008 war im Rahmen des schriftlichen Verfahrens ohnehin noch zu berücksichtigen, da der Schriftsatz noch vor Ende des Schriftsatzschlusses eingegangen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO und berücksichtigt das Teilunterliegen der Klägerin in den ersten drei Verfahren - dem erstinstanzlichen, dem ersten Berufungs- und dem Revisionsverfahren - sowie das vollständige Unterliegen der Klägerin in dem zweiten Berufungsverfahren, in dem nur noch über den verbleibenden Zahlungsanspruch der Klägerin zu entscheiden war.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war wegen der abweichenden Ansicht des OLG Celle zur Anrechenbarkeit von Steuervorteilen nach § 543 II Nr. 2 ZPO zuzulassen.
Der Streitwert für das vorliegenden Berufungsverfahren ist mit 6.391,15 ? zu bemessen.
Ende der Entscheidung
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