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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 21.12.2005
Aktenzeichen: 9 U 77/04
Rechtsgebiete: HWiG, VerbrKrG


Vorschriften:

HWiG § 3
VerbrKrG § 3 II
VerbrKrG § 9
1. Zur Rückabwicklung eines Darlehensvertrages, mit dem der Kauf einer Eigentumswohnung finanziert wurde, nach wirksamen Widerruf gemäß HWiG unter besonderer Berücksichtigung der Entscheidungen des EuGH vom 25.10.05 (C 350/03 und C 229/04)

2. Ein Schadensersatzanspruch des Verbrauchers gegen die Bank wegen nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung setzt voraus, dass die Nichtausübung des Widerrufsrechts zum durch den Erwerb der Wohnung eingetretenen Schaden geführt hat. Kausal auf der Nichtausübung des Widerrufsrechts können aber nur solche Risiken beruhen, die der Verbraucher erst nach Abschluss des Darlehensvertrages eingegangenen ist. War der Kaufvertrag schon vor Abschluss des Darlehensvertrages zustande gekommen, so hätte er auch durch ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht nicht mehr beseitigt werden können.


Gründe:

Die Klägerin macht Ansprüche aus einem Darlehen geltend, das sie zur Finanzierung des Erwerbs von zwei Eigentumswohnungen zu Steuersparzwecken aufgenommen hat.

Nach vorangegangenen Verhandlungen in ihrer Wohnung erteilte die Klägerin am 28.12.2000 Herrn A eine Vollmacht zum Erwerb zweier Eigentumswohnungen in dem Mehrfamilienhaus ...straße in O1 (Bl. 55 d. A.). Herr A erwarb diese Wohnungen namens der Klägerin mit notariellem Vertrag vom ....2001 (Bl. 31 d. A.) von der Fa. B, die dabei durch Herrn C vertreten wurde, zum Preis von 272.000,- DM. Zur Finanzierung des Wohnungskaufs nahm die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der X-bank, ein Darlehen über 272.000,- DM auf. Der Darlehensvertrag (Bl. 59 d.A.) wurde seitens der Beklagten am 4.1.2001, seitens der Beklagten am 12.1.2001 unterzeichnet und sieht eine Absicherung des Kredits über eine Grundschuld an den Wohnungen vor. Mit Schreiben vom 6.2.2001 erklärte die Darlehensgeberin gegenüber der Klägerin den im Darlehensvertrag enthaltenen Prüfungswiderufsvorbehalt für gegenstandslos.

Unter dem 28.2.2003 widerrief die Klägerin den Darlehensvertrag nach dem Haustürwiderrufsgesetz und begehrt Rückzahlung der auf diesen erbrachten Leistungen in Höhe von 20.909,56 € Zug um Zug gegen Übertragung der Eigentumswohnungen sowie Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keinerlei Ansprüche zustehen. Mit Urteil vom 21.7.2004, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Gegen diese ihr am 6.9.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6.10.2004 Berufung eingelegt und diese am 26.10.2004 begründet.

Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags ist die Klägerin der Auffassung, Kauf und Darlehens stellten ein verbundenen Geschäft dar, die anderslautende Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH entspreche nicht der zugrunde liegenden EU-Richtlinie. Die Bereichsausnahme des § 3 II Nr. 2 VerbrKrG greife nur, wenn mehr als 60% des Kredits dinglich abgesichert seien. Die Beklagte hafte auch unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss. Der Wert der Wohnungen habe zum Zeitpunkt des Kaufs lediglich 127.199,20 DM betragen.

Die Klägerin verfolgt ihren erstinstanzlichen Antrag weiter, die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 20.6.2005 durch Vernehmung der Zeugen A, D, E und C; wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22.11.2005 (Bl. 495 d. A.) Bezug genommen.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, hat in der Sache indes keinen Erfolg. Die Klägerin kann weder Rückzahlung der auf das Darlehen erbrachten Leistungen noch Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen der Beklagte aus dem Darlehensvertrag verlangen.

Ein dahingehender Anspruch steht ihr aus § 3 HTWG nicht zu. Dabei kann dahinstehen, ob der Darlehensvertrag in einer Haustürsituation i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HTWG abgeschlossen wurde und ob der Vertrag eine unzureichende Belehrung enthielt, so dass die Widerrufsfrist bislang nicht abgelaufen ist. Auch wenn man dies zugunsten der Klägerin als wahr unterstellt, folgt daraus kein Rückzahlungsanspruch gegen die Beklagte.

Rechtsfolge eines wirksamen Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz ist die Pflicht beider Vertragsparteien zur Rückgewähr des aus dem Vertrag erlangten. Zwar könnte die Klägerin damit Rückzahlung der auf das Darlehen erbrachten Raten verlangen, diesem eigenen Zahlungsanspruch stünde indes ein Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der Darlehensvaluta zuzüglich marktüblicher Verzinsung entgegen. Diesen eigenen Rückzahlungsanspruch kann die Beklagte dem Zahlungsanspruch der Kläger entgegen halten (dolo-facit-Einrede).

Eine andere Form der Vertragsrückabwicklung ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt des verbundenen Geschäfts (§ 9 VerbrKrG). Danach wären der Darlehensvertrag und der Kaufvertrag als Einheit zu betrachten, so dass die Klägerin so zu stellen wären, als hätte sie aus dem Gesamtgeschäft nicht das Darlehen, sondern nur die Wohnung erlangt und damit auch nur zu deren Rückübereignung verpflichtet wäre. § 9 VerbrKrG kann auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finden. Abgesehen davon, dass beim Erwerb von Grundeigentum die tatsächlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 VerbrKrG schon deswegen nicht vorliegen, weil auch geschäftlich und rechtlich unerfahrenen Käufern klar ist, dass es sich bei Kauf und Darlehen um zwei getrennte Geschäfte handelt, steht einer Anwendung von § 9 VerbrKrG in solchen Fällen § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG entgegen. Danach findet § 9 VerbrKrG keine Anwendung auf Kreditverträge, nach denen der Kredit von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht und zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen gewährt wird. Diese Bereichsausnahme gilt für Realkredite ausnahmslos (BGH Urteil vom 15.7.2003 -XI ZR 162/00-), soweit die neuere Rechtsprechung Ausnahmen zulässt, betreffen diese alleine Kredite zur Finanzierung der Beteiligung an einem Immobilienfonds, nicht Kredite zum Erwerb des Grundeigentums selbst (BGH Urteil vom 21.3.2005 -II ZR 411/02-).

Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG liegen vor: Mit einem anfänglichen effektiven Jahreszins von 6,538% hält sich der der Klägerin gewährte Kredit im Rahmen der in den Monatsberichten der Y-bank ausgewiesenen Streubreitengrenze (BGH Urteil vom 18.3.2003 -XI ZR 422/01-). Unerheblich ist dabei entgegen der Ansicht der Klägerin, ob das Darlehen vollständig oder auch nur überwiegend durch den Verkehrswert der belasteten Immobilie gesichert ist, da eine bloße Teilabsicherung den Tatbestand dieser Norm bereits erfüllt (BGH Urteil vom 15.7.2003 -XI ZR 162/00-).

Soweit die Klägerin eine teleologische Reduktion des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG für erforderlich hält, ist dem nicht zu folgen. Sie ist weder nach nationalem Recht noch aufgrund dessen europarechtlicher Auslegung angezeigt. National handelt es sich um eine bewusste, abschließende Regelung des Gesetzgebers, die von der Rechtsprechung zu respektieren ist (BGH Urteile vom 23.9.2003 -XI ZR 135/02- und 12.11.2002 -XI ZR 25/00-). Hieran ändern die rechtlichen Rahmenbedingungen des Europarechts nichts (BGH Urteil vom 16.9.2003 -XI ZR 447/02-). Mit den beiden Entscheidungen vom 25.10.2005 ("Schulte" -C 350/03- und "Crailsheimer Volksbank e.G." -C 229/04-) hat der EuGH ausdrücklich anerkannt, dass die Ausgestaltung der Rechtsfolgen eines Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz dem nationalen Recht überlassen sind die Haustürwiderrufsrichtlinie nationalen Vorschriften nicht entgegen steht, die die Rechtsfolgen des Widerrufs eines Darlehensvertrags auch im Rahmen von Kapitalanlagemodellen, bei denen das Darlehen ohne den Erwerb der Immobilie nicht gewährt worden wäre, auf die Rückabwicklung des Darlehensvertrages beschränken. Insbesondere verbietet es die Haustürwiderrufsrichtlinie nach den genannten Entscheidungen nicht, dass der von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machende Verbraucher die Darlehensvaluta an den Darlehensgeber sofort und mit marktüblichen Zinsen zurückzahlen muss, obwohl das Darlehen nach dem für die Kapitalanlage entwickelten Konzept ausschließlich zur Finanzierung des Erwerbs der Immobilie dient und unmittelbar an den Verkäufer ausbezahlt wird, dass die sofortige Rückzahlung der Darlehensvaluta verlangt wird.

Soweit der EuGH aus Art. 4 der Haustürwiderrufsrichtlinie einen Schadensersatzanspruch des Verbrauchers in den Fällen herleitet, in denen dieser bei ordnungsgemäßer Belehrung über sein Widerrufsrecht die mit dem Erwerb der Kapitalanlage verbundenen Risiken hätte vermeiden können, liegen die Voraussetzungen dieser Ausnahme im vorliegenden Fall nicht vor. Kausal auf der Nichtausübung des Widerrufsrechts können nur solche Risiken beruhen, die der Verbraucher erst nach Abschluss des Darlehensvertrags eingegangen ist. War der Kaufvertrag schon vor Abschluss des Darlehensvertrages zustande gekommen, so hätte er auch durch ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht nicht mehr beseitigt werden können. Im vorliegenden Fall schuldete die Darlehensgeberin die Belehrung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Darlehensvertrags mit der Unterzeichnung des Darlehensvertrags durch die Klägerin am 12.1.2001. Auch wenn eine ordnungsgemäße Belehrung zu diesem Zeitpunkt erfolgt wäre, hätte der Abschluss des Kaufvertrages über die Wohnungen damit nicht mehr vermieden werden können, weil dieser bereits am 9.1.2001 erfolgt war. Eine Möglichkeit zur nachträglichen Beseitigung dieses Kaufvertrags bestand für die Klägerin nicht mehr. Ein vertragliches Rücktrittsrecht zu ihren Gunsten war im Kaufvertrag nicht vereinbart, die Voraussetzungen eines gesetzlichen Rücktrittsrechts sind nicht ersichtlich, für eine Anfechtung fehlt es an einem hierzu berechtigenden Grund. Das spätere Nichtzustandekommen des Darlehensvertrags kann Auswirkungen auf den zuvor geschlossenen Kaufvertrag nur über die Grundsätze des verbundenen Geschäfts entfalten, die aber nach der vorstehend dargestellten bisherigen Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH, die auch der EuGH insoweit ausdrücklich billigt, auf Immobiliarverträge keine Anwendung finden.

Ein verbundenes Geschäft kann auch aus § 242 BGB nicht angenommen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, sind der Realkreditvertrag und das finanzierte Grundstücksgeschäft grundsätzlich nicht als zu einer Einheit verbundene Geschäfte anzusehen. Der Widerruf des Realkreditvertrags berührt die Wirksamkeit des Kaufvertrages (hier) über eine Eigentumswohnung daher grundsätzlich nicht (BGH Urteile vom 12.11.2002 -XI ZR 25/00-; 15.7.2003 -XI ZR 162/00-; 21.7.2003 -II ZR 387/02-; 16.9.2003 -XI ZR 447/02-; 23.9.2003 -XI ZR 135/02-). Ist die Annahme eines verbundenen Geschäfts nach § 9 VerbrKrG gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ausgeschlossen, kommt jedenfalls im Anwendungsbereich des § 1 VerbrKrG ein Rückgriff auf die von der Rechtsprechung zum Abzahlungsgesetz aus § 242 BGB hergeleiteten Grundsätze über das verbundene Geschäft grundsätzlich nicht in Betracht (BGH Urteil vom 27.1.2004 -XI ZR 37/03-).

Ein Anspruch steht den Klägern auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes aus Verschulden bei Vertragsschluss (c.i.c. [§ 280 BGB n.F.], PFV, § 826 BGB) zu. Die Darlehensgeberin hat keine ihr als Nebenpflicht aus dem Darlehensvertrag obliegenden Aufklärungs- und Hinweispflichten verletzt.

Die Darlehensgeberin war nicht gehalten, die Klägerin über Risiken aus der Verwendung des Kredits zum Erwerb der Eigentumswohnung aufzuklären. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine finanzierende Bank nicht verpflichtet, einen Darlehensnehmer über die Gefahren und Risiken der Verwendung eines Darlehens aufzuklären und vor dem Vertragsschluss zu warnen (BGH NJW 2000, 3558; BGH NJW-RR 2000, 1576, beide m. w. Nw.). Das Verwendungsrisiko trägt grundsätzlich der Anleger selbst, dem es obliegt, sich über die damit verbundenen speziellen Gefahren zu informieren und die Entscheidung hierüber eigenverantwortlich zu treffen. Insbesondere bei finanzierten Kapitalanlagen darf die finanzierende Bank regelmäßig davon ausgehen, dass der Kreditnehmer Konzeption und Wirtschaftlichkeit der geplanten Anlage, ggf. unter Einschaltung besonderer Fachberater, hinreichend geprüft hat. Dies gilt auch bei geschäftsunerfahrenen Kunden (OLG Stuttgart WM 2000, 292).

Eine Fallgestaltung, in der ausnahmsweise doch eine Aufklärungs- und Warnpflicht der Bank angenommen werden kann, liegt nicht vor.

Eine solche ergibt sich nicht daraus, dass die Beklagte - für sie erkennbar - in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens den Klägern gegenüber einen besonderen Wissensvorsprung gehabt hätte.

Ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung bestand insbesondere nicht deswegen, weil die Darlehensgeberin arbeitsteilig mit dem Vertrieb und der Verkäuferin zusammengearbeitet hätte. Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin ist unsubstantiiert. Er lässt nicht erkennen, in Bezug auf welche Punkte die Bank Kenntnisse von welchen Umständen gehabt haben soll, die der Klägerin nicht bekannt gewesen wären. Dies gilt auch für die im Innenverhältnis zwischen den am Vertrieb Beteiligten gezahlten Provisionen. Deren Höhe kann einen haftungsbegründenden Wissensvorsprung der Darlehensgeberin grundsätzlich nicht begründen. Anders als ein Anlagevermittler, der dem Anlageinteressenten vertraglich Aufklärung über alle für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände schuldet, ist eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren- und Erwerbermodellen grundsätzlich nicht verpflichtet, den Anleger und Darlehensnehmer ungefragt über eine im finanzierten Kaufpreis einer Eigentumswohnung enthaltene "versteckte Innenprovision" aufzuklären. Dies gilt auch dann, wenn diese Innenprovision 15% übersteigt (BGH Urteile vom 12.11.2002 -XI ZR 3/01- und vom 23.3.2004 -XI ZR 194/02-).

Ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung folgt auch nicht daraus, dass die von den Klägern erworbene Wohnung möglicherweise sittenwidrig überteuert war und die Beklagte dies wusste. Der erkennende Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BGH, der eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises ausnahmsweise annimmt, wenn die Bank bei einem Vergleich von Kaufpreis und Wert des Objekts von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss (Urteile vom 20. Mai 2003 -XI ZR 248/02- m. w. Nw. und vom 18.11.2003 -XI ZR 322/01-). Erforderlich dazu ist zum einen substantiierter Vortrag zum Wert der Wohnung im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses, der - um als sittenwidrig überteuert angesehen werden kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs knapp doppelt so hoch sein muss wie der Wert der Wohnung (BGHZ 146, 298, 302 ff. und Urteil vom 20.5.2003 -XI ZR 248/02-, jeweils m. w. Nw.). Dem hat die Klägerin durch Vorlage des privat eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachtens der F GmbH vom 11.3.2003 genügt, in dem der Sachverständige für den Kaufzeitpunkt für eine der beiden Wohnungen zu einem Wert von 63.599,60 DM gekommen ist, was unter der Hälfte des Kaufpreises (139.071,39,- DM) zurückbleibt. Ob der so behauptete Wert tatsächlich zutrifft, kann indes dahin stehen. Der Einholung des im Beweisbeschluss vom 20.6.2005 angeordneten Gutachtens eines gerichtlich bestellten Sachverständigen bedurfte es - worauf die Parteien in der Sitzung vom 22.1.2005 hingewiesen worden sind - nicht mehr, nachdem bereits die weitere Voraussetzung einer Haftung nicht feststand.

Erforderlich ist über die objektiv sittenwidrige Überteuerung hinaus subjektiv die Kenntnis der Bank von der Überteuerung. Auf diese Kenntnis kann nicht im Wege einer tatsächlichen Vermutung allein aus der objektiven Überteuerung geschlossen werden. Eine solche Vermutung hat die Rechtsprechung auf Seiten des am Rechtsgeschäft unmittelbar beteiligten Geschäftspartners bejaht. Dies kann zu Lasten der das Geschäft finanzierenden Bank nicht übernommen werden. Die Bank muss sich - anders als der Geschäftspartner selbst - über die Rentabilität des Geschäfts keine Gedanken machen, braucht keinen Vergleich des Werts von Leistung und Gegenleistung anzustellen. Wenn sie sich darauf beschränkt, den beantragten Kredit nach Prüfung der Bonitätsvoraussetzungen zu gewähren, begeht sie keine Pflichtverletzung. Eine solche kommt nur in Betracht, wenn sie trotz positiver Kenntnis von der sittenwidrigen Überteuerung von einem Hinweis an den Darlehensnehmer absieht.

Dass die Bank über eine entsprechende Kenntnis verfügte, konnte die Klägerin nicht beweisen. Keiner der vernommenen Zeugen konnte Umstände angeben, aus denen darauf geschlossen werden könnte, dass Personen, deren Kenntnisse der Beklagten oder ihrer Rechtsvorgängerin zuzurechnen ist, wussten oder es auch nur für möglich hielten, dass der von der Klägerin gezahlte Kaufpreis in einem groben Missverhältnis zu dem tatsächlichen Wert der Wohnungen stand. Für den Zeugen A lag der gezahlte Kaufpreis im Rahmen des damals Üblichen, er ging davon aus, die Bank habe den wert der Wohnung schon im eigenen Sicherungsinteresse taxiert, über deren Inhalt wusste er nichts. Er selbst hat sich über den Wert der Wohnungen weder selbst besondere Gedanken gemacht, noch diesen mit der Klägerin erörtert. Der Zeuge D ist aufgrund eigener Ermittlungen davon ausgegangen, der verlangte Kaufpreis entspreche dem Wert der Wohnung, er selbst hatte hieran keinen Zweifel, von Zweifeln der Bank wusste er nichts. Der Zeuge C, der in seiner Vernehmung eine besondere Sachkunde über den Immobilienmarkt in O1 offenbarte, wusste zwar von einer Einwertung der Wohnungen durch die Bank, nicht indes, zu welchem Ergebnis diese geführt hat. Nachvollziehbar ist er davon ausgegangen, dass diese einen die Darlehenssumme übersteigenden Wert ergeben haben muss. Einzig die Zeugin E, die als Mitarbeiterin der Darlehensgeberin die Darlehensgewährung durch die Filiale O1 in der Firmenzentrale kontrollierte, konnte anhand der ihr vorliegenden Kreditakte konkret angeben, dass die Bank seinerzeit von einem Sachwert in Höhe von 317.140,- DM ausgegangen ist. Diese Aussage ist uneingeschränkt glaubhaft, weil die die Zeugin Grundlagen und Berechnungsschritte dieses Betrags detailliert und nachvollziehbar dargetan hat. Zudem entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine Bank einen grundpfandrechtlich abgesicherten Kredit nur vergibt, wenn sie davon ausgeht, dass der Wert der Immobilie den der Darlehensvaluta übersteigt. Damit spricht alles dafür, dass die Bank von einem dem Kaufpreis angemessenen Wert der Wohnungen ausging, nichts aber für die Kenntnis von einer sittenwidrigen Überteuerung. Dass eine solche Kenntnis sich nicht beweisen lässt, geht zu Lasten der Klägerin, da sie hieraus mit dem Schadensersatzanspruch eine für sich günstige Rechtsfolge herleiten will.

Der Erhebung der weiteren zur behaupteten Kenntnis der Bank von einer Überteuerung der Wohnung klägerseits angebotenen Beweise bedurfte es nicht. Insoweit fehlt es bereits an einem wirksamen Beweisantritt. Erkennbar sind die Zeugen G und H ins Blaue hinein benannt worden. Die Klägerin hat durch die am 22.11.2005 durchgeführte Beweisaufnahme erfahren, dass diese an der Bewertung der Wohnung und der Kreditgewährung beteiligt waren, dass sie Kenntnis von einem deutlich unterhalb des Kaufpreises liegenden Wert der Wohnung gehabt hätten, behauptet sie selbst nicht. Im Schriftsatz vom 23.11.2005 wird denn auch in Aussicht gestellt, wozu die Zeugen befragt werden könnten; dies stellt eine unzulässige bloße Ausforschung dar. Zudem ist der Beweisantritt verspätet, weil die Vernehmung einen neuen Termin erforderlich machen und die Erledigung des Rechtsstreits damit verzögern würde.

Die Kosten des Rechtsmittels hat die Klägerin zu tragen, da es ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 I ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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