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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 16.08.2007
Aktenzeichen: 9 W 18/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 42 | |
ZPO § 46 | |
ZPO § 47 | |
ZPO § 432 |
Gründe:
Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere an sich statthaft (§ 46 II 2. Alt. ZPO) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 569 ZPO). Es hat auch in der Sache Erfolg.
Der Umstand, dass Richter am Landgericht ... es unterließ, dem Beklagtenvertreter vor Fortsetzung der Zeugenvernehmung in der Sitzung vom 4.5.2007 Gelegenheit zu geben, sein während der Beweisaufnahme gestelltes Ablehnungsgesuch schriftlich zu begründen, ist geeignet, bei dem Beklagten den Anschein zu erwecken, der erkennende Richter sei ihm gegenüber voreingenommen (§ 42 ZPO).
Zwar musste der abgelehnte Richter die Ablehnungsgründe nicht ins Protokoll aufnehmen; er hätte es aber tun können. Wenn er hiervon absah, hätte er vor Fortsetzung der Zeugenvernehmung eine ausreichend bemessene Sitzungspause einlegen müssen, in der es dem Beklagtenvertreter möglich gewesen wäre, die Gründe für das Ablehnungsgesuch niederzuschreiben - es sei denn, dieser hätte hierauf verzichtet, was jedoch nicht erkennbar ist. Da der abgelehnte Richter keine ausreichende Sitzungsunterbrechung für angezeigt hielt - dies ergibt sich auch aus seiner dienstlichen Erklärung vom 10.5.2006; die Zeugenvernehmung wurde laut Protokoll nur "kurz" unterbrochen - war der Bevollmächtige des Beklagten gezwungen, die Ablehnungsgründe während der fortgesetzten Zeugenvernehmung niederzuschreiben. Auch wenn dies tatsächlich von dem abgelehnten Richter nicht gewollt war, kann dies - auch für eine ruhig und vernünftig denkende Partei - so aufgefasst werden, als wolle der erkennende Richter die Ausübung von Parteirechten behindern. Zum einen nämlich, weil der Anschein entstehen konnte, dass er das Ablehnungsgesuch nicht ernst nehmen würde, zum anderen, weil der Beklagtenvertreter während der schriftlichen Niederlegung der Ablehnungsgründe der weiteren Zeugenvernehmung nicht mit der notwendigen Aufmerksamkeit folgen konnte.
Soweit das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss argumentiert, der Beklagtenvertreter sei nicht gezwungen gewesen, den Befangenheitsantrag während der fortgesetzten Beweisaufnahme zu formulieren, weil ein Verlust des Ablehnungsrechts nach § 43 ZPO nur gedroht hätte, wenn er sich auf eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hätte, übersieht es, dass insoweit schon die aktive Teilnahme an einer Beweisaufnahme ausreicht (Zöller-Vollkommer ZPO, 26. Auflage; § 43 Rn 4 - mit weiteren Nachweisen). Es kommt hinzu, dass neben der Beweisaufnahme auch gleichzeitig Haupttermin angesetzt war, und der Beklagtenvertreter nicht davon ausgehen durfte, dass ihm vor Beginn der Hauptverhandlung die Möglichkeit für die schriftliche Niederlegung der Ablehnungsgründe gegeben würde.
Soweit das Landgericht darauf abhebt, der abgelehnte Richter habe ausreichend klar gestellt, dass er über den Befangenheitsantrag nach Abschluss der Einvernahme der Zeugin entscheiden würde, ist dies falsch. Nach dem entsprechenden Protokollvermerk (S. 5 oben des Protokolls vom 4.5.2006 = B. 130 d.A.) wollte der abgelehnte Richter über den Befangenheitsantrag erst am Ende der Sitzung - also nach der Verhandlung und Stellung der Anträge - entscheiden.
Es kommt hinzu, dass der abgelehnte Richter nach der fortgesetzten Beweisaufnahme auch in die Hauptverhandlung eingetreten ist. Hierdurch hat er gegen seine durch die Ablehnung ausgelöste Wartepflicht verstoßen. Mag man die Fortführung der Zeugenvernehmung noch als unaufschiebbare Amtshandlung im Sinne von § 47 I ZPO sehen, die Hauptverhandlung war es jedenfalls nicht. § 47 II ZPO ist - entgegen der Ansicht des Landgerichts in dem angefochtenen Beschluss - nicht einschlägig, weil die Verhandlung zum Zeitpunkt des Ablehnungsgesuchs noch nicht begonnen hatte (Zöller-Vollkommer ZPO, § 47 Rn 3).
Da der Beklagte seinen Befangenheitsantrag ausdrücklich auch auf diese Umstände gestützt hat, kann dahinstehen, ob der zunächst schriftlich während der Sitzung vorgebrachte Ablehnungsgrund - die angeblich verzerrte Aufnahme der Bekundungen der Zeugin Z1 in das Protokoll - die Befangenheit des abgelehnten Richters hätte rechtfertigen können.
Als Folge der begründeten Ablehnung wird die Kammer die von Richter am Landgericht ... durchgeführte Zeugenvernehmung insgesamt zu wiederholen haben.
Dies auch deshalb, weil ansonsten nicht sichergestellt ist, dass aufseiten des Beklagten der Grundsatz rechtlichen Gehörs gewahrt ist.
Bei der Verhandlung über den Einspruch gegen das von dem abgelehnten Richter erlassene Versäumnisurteil wird die Kammer ferner zu berücksichtigen haben, dass das Urteil verfahrensfehlerhaft ergangen ist (vgl. Zöller-Vollkommer ZPO, § 47 Rn 4 ff.).
Eine gesonderte Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist entbehrlich, da diese Kosten des Rechtsstreits sind.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 46 II 1. HS ZPO).
Ende der Entscheidung
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