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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 22.12.2004
Aktenzeichen: 9 W 30/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 2333
ZPO § 256
1. Mit dem Tod des Erblassers entfällt das (isolierte) Feststellungsinteresse für eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Pflichtteilsentziehungsrechts.

2. Da der Erfolg einer von der Antragstellerin erhobenen Auskunftsklage über den Bestand des Nachlasses gemäß § 2314 BGB oder einer Leistungsklage auf Auszahlung des Pflichtteils von der Wirksamkeit der Pflichtteilsentziehung abhängen, besteht keine Notwendigkeit, den Bestand der Pflichtteilsentziehung durch eine Feststellungsklage isoliert vorab zu klären.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

9 W 30/04

Entscheidung vom 22.12.2004

In dem Beschwerdeverfahren

...

hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main - 9. Zivilsenat - durch ... beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Limburg vom 22.6.04 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Das Landgericht hat der Antragstellerin die begehrte Prozesskostenhilfe (PKH) für die angestrebte Feststellungsklage mit Beschluss vom 22.6.04 versagt. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Klagebegehren habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der hiergegen mit Schriftsatz vom 26.7.04 eingelegten (sofortigen) Beschwerde hat das Landgericht durch Beschluss vom 30.11.04 nicht abgeholfen und darin ausgeführt, die angestrebte Klage sei (zudem) wegen fehlendem Feststellungsinteresses unzulässig.

II.

Die nach § 127 II 2 ZPO zulässige und gemäß § 568 ZPO durch den Einzelrichter zu bescheidende sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Antragstellerin die begehrte PKH im Ergebnis zu Recht versagt.

1. Allerdings durfte die PKH nicht mit der Begründung verweigert werden, dass der angestrebten Klage eine hinreichende Aussicht auf Erfolg fehle. Die Anforderungen an die rechtlichen und tatsächlichen Erfolgsaussichten dürfen grundsätzlich nicht überspannt werden. Eine hinreichende Erfolgsaussicht für eine Rechtsverfolgung liegt vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragsstellers auf Grund seiner Sachdarstellung für zumindest vertretbar hält. Das gilt auch dann, wenn über die Behauptung der PKH begehrenden Partei Beweis zu erheben ist und die Beweisführung nicht von vornherein unmöglich erscheint (BGH NJW 94, 1161; Zöller-Philippi ZPO 25. Auflage, § 114 Rn 26). Vorliegend ist über die Wirksamkeit der Pflichtteilsentziehung vonseiten der Erblasser Beweis zu erheben, da die Antragsstellerin bestreitet, sich überhaupt einer nach § 2333 Nr. 2 BGB relevanten Verfehlung schuldig gemacht zu haben. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Beweiserhebung von vornherein zu Ungunsten der Antragsstellerin ausgehen muss, zumal die Beweislast für das tatsächliche Vorliegen der den angegebenen Entziehungsgrund tragenden Umstände gemäß § 2336 III BGB die Antragsgegner als Pflichtteilsschuldner trifft.

2. Die begehrte PKH war jedoch deshalb zu versagen, weil es der angestrebten Feststellungsklage an dem nach § 256 I ZPO erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis mangelt, worauf das Landgericht in seinem Nicht-Abhilfebeschluss vom 30.11.04 zutreffend abgestellt hat. Soweit die Antragstellerin unter Verweis auf ein Urteil des BGH vom 20.1.93 (NJW-RR 1993, 391) meint, eine Feststellungsklage sei das taugliche Rechtsmittel zur Durchsetzung ihre Begehrens, übersieht sie, dass der BGH dies in der zitierten Entscheidung nur für den Fall angenommen hat, dass der Erblasser entweder noch am Leben ist oder über das Begehren in Form einer Zwischenfeststellungsklage nach § 256 II ZPO als Vorfrage in Verbindung mit weiteren Ansprüchen zu entscheiden ist, die auf Auskunft oder Leistung gerichtet sind. Mit dem Tod des Erblassers aber entfällt das (isolierte) Feststellungsinteresse für eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Pflichtteilteilsentziehungsrechts. Nunmehr kommt es nicht mehr allein darauf an, ob ein Pflichtteilentziehungsrecht bestand, vielmehr geht es jetzt um das umfassendere Rechtsverhältnis, ob trotz der Pflichtteilsentziehung ein Pflichtteilsrecht besteht (BGH NJW-RR 1993, 391 = FamRZ 1993, 689). Da der Erfolg einer von der Antragstellerin erhobenen Auskunftsklage über den Bestand des Nachlasses gemäß § 2314 BGB oder einer Leistungsklage auf Auszahlung des Pflichtteils von der Wirksamkeit der Pflichtteilsentziehung abhängen, besteht keine Notwendigkeit, den Bestand der Pflichtteilsentziehung durch eine Feststellungsklage isoliert vorab zu klären. Ein solches Rechtsbedürfnis könnte die Antragstellerin - was sie aber nicht will - allenfalls mit einer Zwischenfeststellungsklage nach § 256 II ZPO verbunden mit weiteren Ansprüchen geltend machen (BGHZ 109, 306).

Eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nach § 127 IV ZPO entbehrlich.

Ende der Entscheidung

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