Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 22.04.2003
Aktenzeichen: WpÜG-Owi 3/02
Rechtsgebiete: WpÜG, OwiG


Vorschriften:

WpÜG § 27 Abs. 3 Satz 3
WpÜG § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
WpÜG § 60 Abs. 1 Nr. 5
WpÜG § 60 Abs. 3
OwiG § 17 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

WpÜG-Owi 3/02 Js-Owi 1/02GenStA

Entscheidung vom 22. April 2003

In dem Bußgeldverfahren gegen den Finanzvorstand

wegen Ordnungswidrigkeit nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz -WpÜG-

verspätete Übermittlung des Beleges der Veröffentlichung der Stellungnahme zum Übernahmeangebot

hat der Wertpapiererwerbs- und Übernahmesenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter am 22. April 2003

beschlossen:

Tenor:

Gegen den Betroffenen wird wegen einer leichtfertig begangenen Ordnungswidrigkeit der verspäteten Übermittlung des Beleges der Veröffentlichung der Stellungnahme zum Übernahmeangebot nach §§ 27 Abs. 3 Satz 3, 60 Abs. 1 Ziffer 5 und Abs. 3 WpÜG eine Geldbuße von 5.000,- EUR (in Worten: fünftausend Euro) festgesetzt.

Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens einschließlich seiner notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Der Betroffene ist als Finanzvorstand bei der C. AG in Filderstadt tätig und als solcher für die Veröffentlichungen nach dem WpÜG zuständig.

Am Freitag, dem 15. März 2002 wurde in der , Ausgabe Nr..., die gemeinsame Stellungnahme von Vorstand und Aufsichtsrat der C. AG zum öffentlichen Pflichtangebot der H. Syst.(B. Division) GmbH veröffentlicht.

Der Betroffene wies eine Mitarbeiterin aus dem Unternehmensbereich "Investor Relations" an, ein Exemplar der zu beschaffen und die darin befindliche Veröffentlichung unverzüglich dem B. für den Wertpapierhandel zu übermitteln.

Nachdem ein Exemplar der in Filderstadt und am Stuttgarter Flughafen nicht beschafft werden konnte, bat die Mitarbeiterin die um Übermittlung eines Belegexemplares, das zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bei der Gesellschaft einging und die Mitarbeiterin in ihrer Abteilung am Mittwoch, dem 20. März 2002 erreichte.

Am Donnerstag, dem 21. März 2002 übersandte die Mitarbeiterin per Fax dem B. für den Wertpapierhandel als Veröffentlichungsnachweis eine Kopie des Korrekturabzuges der Stellungnahme und des Rechnungsduplikates der ... .

Nachdem das B. für den Wertpapierhandel am Nachmittag des 21. März 2002 telefonisch darauf hingewiesen hatte, dass die Übersendung des Korrekturabzuges nicht ausreicht, übersandte die Mitarbeiterin am Vormittag des 22. März 2002 per Fax eine Kopie des Belegexemplares der... .

Die Feststellung diese Sachverhaltes beruht auf der Einlassung des Betroffenen, der die Übersendung der Belege innerhalb der angegebenen Fristen für rechtzeitig erachtet, sowie den vorgelegten Urkunden.

Hiernach hat sich der Betroffene leichtfertig einer Ordnungswidrigkeit der verspäteten Übersendung des Beleges über die Veröffentlichung der gemeinsamen Stellungnahme zum öffentlichen Pflichtangebot nach §§ 27 Abs. 3 Satz 3, 60 Abs. 1 Nr. 5 WpÜG schuldig gemacht. Die Übermittlung des vollständigen Veröffentlichungsbeleges an die zuständige Behörde erst eine Woche nach der Veröffentlichung selbst kann entgegen der Auffassung des Betroffenen nicht als rechtzeitig angesehen werden.

Durch die einen Tag zuvor übersandte Kopie des Korrekturabzuges war ein ordnungsgemäßer Nachweis der Veröffentlichung noch nicht geführt. Denn der Korrekturabzug wird dem Auftraggeber vom Veröffentlichungsorgan zur Kontrolle des Textes bereits vor der Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Er ist deshalb nicht geeignet, den genauen Wortlaut der später tatsächlich erfolgten Veröffentlichung nachzuweisen, auch wenn im vorliegenden Falle Korrekturen nicht erforderlich waren und deshalb der Text des Korrekturabzuges mit demjenigen der Veröffentlichung identisch war.

Gemäss § 27 Abs. 3 Satz 3 WpÜG hat die Übersendung des Beleges über die Veröffentlichung der Stellungnahme unverzüglich zu erfolgen. Unter unverzüglich ist- wie in anderen Gesetzen auch- entsprechend der gesetzlichen Legaldefinition des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne schuldhaftes Zögern zu verstehen (vgl.Steinmeyer/ Hager, WpÜG, § 27 Rn. 13; Geibel/Süßmann, WpÜG, 3 14 Rn.34 u. 49; Palandt/ Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 121 Rn. 3). Allerdings ist unverzüglich nicht gleichzusetzen mit sofort (vgl. RGZ 124,118). Vielmehr ist die sich hieraus ergebende Zeitspanne nach Inhalt und Funktion der jeweils konkret auferlegten Handlungspflicht zu bestimmen. Dabei ist für die im WpÜG an mehreren Stellen vorgesehene Übersendung des Beleges über die Veröffentlichung von Bedeutung, dass durch diese zusätzlich zur Veröffentlichung selbst auferlegte Nebenpflicht eine sachgerechte Kontrolle der Erfüllung der Veröffentlichungspflichten durch die zuständige Behörde gewährleistet werden soll (vgl. BT-Drucks. 14/7034 S. 68; Pötzsch, Das neue Übernahmerecht, S. 229; Steinmeyer/Häger, a.a.O., § 60 Rn. 7; Geibel/Süßmann, a.a.O., § 60 Rn. 26). Dies erfordert eine prompte und zeitnahe Vorlage des jeweiligen Beleges. Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Übersendung des Beleges als reine Organisationsmaßnahme in jedem Fall im Anschluss an die Veröffentlichung zu erfolgen hat, so dass etwa im Unterschied zur Anfechtung im Zivilrecht die Einbeziehung einer Frist zur Überlegung oder Einholung von Rechtsrat nicht erforderlich ist. In aller Regel wird man einen Nachweis der Veröffentlichung innerhalb von 3 Werktagen nach deren Vollzug erwarten können. Jedenfalls ist eine Übersendung des Beleges erst eine Woche nach der Veröffentlichung nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 27 Abs. 3 Satz 3 WpÜG.

Der Betroffene handelte auch leichtfertig. Leichtfertigkeit bedeutet einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit, etwa vergleichbar der groben Fahrlässigkeit im Zivilrecht, die anzunehmen ist, wenn der Täter unbeachtet lässt, was jedem einleuchten muss (vgl. Göhler, OwiG, 12. Aufl., § 10 Rn. 20; Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., § 15 Rn. 2; Steinmey er/Häger, a.a.O., § 60 Rn. 3; Geibel/Süßmann, a.a.O., § 60 Rn. 12).

Danach hätte der Betroffene als für die Erfüllung der Veröffentlichungspflichten zuständiger Finanzvorstand nicht davon ausgehen dürfen, die Übersendung des Veröffentlichungsbeleges erst eine Woche nach dem Veröffentlichungsdatum sei ausreichend.

Des weiteren hätte er sich keinesfalls auf die bloße allgemeine Anweisung an die Mitarbeiterin beschränken dürfen, ein Exemplar der zu beschaffen und die darin befindliche Veröffentlichung unverzüglich dem B. für den Wertpapierhandel zu übermitteln.

Vielmehr hätte es einer konkreten Vorgabe bedurft, innerhalb welcher Zeitspanne der Veröffentlichungsnachweis der Behörde vorzuliegen hatte. Außerdem hätte der Betroffene durch entsprechende Anweisung gewährleisten müssen, dass er über unvorhergesehen auftretende Hindernisse oder Verzögerungen wie die Schwierigkeiten bei der Beschaffung eines Belegexemplares informiert wurde. Im übrigen hätte die Möglichkei bestanden, die Mitarbeiterin zu instruieren, bereits bei der Erteilung des Veröffentlichungsauftrages die zeitnahe Übersendung eines diesbezüglichen Beleges durch den Verlag zu veranlassen. Durch derartige Maßnahmen hätte der Betroffene in der gebotenen Weise sicherstellen können und müssen, der ihm als Vorstandsmitglied gesetzlich auferlegten Nachweispflicht rechtzeitig nachzukommen. Mit der unzureichenden Instruierung der Mitarbeiterin hat der Betroffene die sich jedem Verantwortlichen in dieser Position aufdrängende Sorgfalt außer Acht gelassen und deshalb leichtfertig gehandelt.

Die somit gegebene Ordnungswidrigkeit nach §§ 27 Abs. 3 Satz 3, 60 Abs. 1 Ziffer 5 WpÜG war durch die Verhängung eines Bußgeldes in Höhe von 5.000,- Euro zu ahnden. Bei der Bemessung des Bußgeldes hat der Senat den sich für die leichtfertige Begehungsweise aus §§ 60 Abs. 3 i.V.m. § 17 Abs. 1 und 2 OwiG ergebenden Bußgeldrahmen von fünf bis einhunderttausend Euro beachtet. Durch die gegenüber der allgemeinen Vorschrift des § 17 Abs. 1 OwiG deutlich heraufgesetzte Obergrenze wollte der Gesetzgeber die erheblichen wirtschaftlichen Interessen hervorheben, welche regelmäßig mit öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und Unternehmensübernahmen verbunden sind (vgl. BT-Drucks. 14/7034, S. 68). Bezüglich des konkreten Einzelfalles wurde berücksichtigt, dass der Betroffene grundsätzlich zu einer Beachtung der gesetzlichen Vorschriften bereit war und es zu der Ordnungswidrigkeit durch eine ungenaue Anweisung an das nachgeordnete Personal kam. Besondere Erschwernisse bei der Erfüllung der gesetzlichen Kontrollaufgaben der Behörde wurden hierdurch nicht geschaffen. Zu Gunsten des Betroffenen konnte des weiteren berücksichtigt werden, dass er als Vorstand einer relativ kleinen Aktiengesellschaft tätig ist und seine Einkommensverhältnisse - gemessen am Durchschnitt aller Vorstände von Aktiengesellschaften -eher im unteren Bereich liegen. Zu Lasten des Betroffenen wirkte sich aus, dass er sich bezüglich seines Fehlverhaltens während des gesamten Verfahrens uneinsichtig zeigte. Insgesamt erschien dem Senat nach Gesamtabwägung eine Geldbuße von 5.000,--Euroschuld- und tatangemessen.

Nachdem der Betroffene durch seinen Verteidiger gegen den Bußgeldbescheid der vom 1. Juli 2002, mit welchem ihm eine Geldbuße von 10.000,-- Euro auferlegt worden war, form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hat, konnte der nach §§ 62, 67 WpÜG zuständige Senat gemäss § 72 Abs. 1 OwiG im Einverständnis der Staatsanwaltschaft und des Betroffenen ohne Durchführung einer Hauptverhandlung durch Beschluss entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OwiG, 465 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

Zurück