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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 24.03.2005
Aktenzeichen: 1 Kart-U 2/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, GG


Vorschriften:

ZPO § 519 II Nr. 1
BGB § 134
GG Art. 3 I
1. Zur Frage der Erheblichkeit einer Falschbezeichnung des Rechtsmittelgegners in der Berufungsschrift.

2. Zur Nichtigkeit der Kündigung eines Girokonto-Vertrages durch die Postbank


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 Kart-U 2/04

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 24.3.2005

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter nach der am 3. März 2005 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 30. Januar 2003 (315 O 292/02) abgeändert.

1. Die Beklage wird verpflichtet, das bis zum 24.03.2002 von der Klägerin bei ihr geführte Girokonto (Kto. XXXX, BLZ XXXX) unter derselben Kontonummer wieder einzurichten und den Girovertrag mit der Klägerin zu unveränderten Bedingungen fortzuführen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, der ab Rechtshängigkeit der Klage dadurch entsteht, dass die Beklagte die Kontoverbindung mit der Klägerin nicht fortführt.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 55.000 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Das klagende Verlagsunternehmen nimmt die Postbank auf Fortführung eines Girokontos sowie Schadensersatzfeststellung wegen Kündigung eines Girokontos in Anspruch.

Die Klägerin unterhält vier Buchverlage. Sie befasst sich darüber hinaus schwerpunktmäßig mit dem Vertrieb von Büchern, und zwar sowohl im Wege von Einzelbestellungen als auch mittels Ansichtsversands durch zwei Buchclubs. Die von ihr vertriebenen Bücher und andere Medien sind historischen und politischen Inhalts. Schwerpunktmäßig befassen sich diese Medien mit der neueren deutschen Geschichte und aktuellen politischen Geschehnissen. Sie lassen nach dem Vortrag der Klägerin, dem die Beklagte nicht entgegengetreten ist, eine politische Richtung erkennen, die man als "nicht links" einordnen kann.

Die Beklagte ist im Zuge der Postreform aus der Deutschen Bundespost hervorgegangen und existiert seit 1995 in der Rechtsform der Aktiengesellschaft. Das Aktienkapital wird vollständig von der Deutschen Post AG gehalten. Im November 2000 erfolgte ein Börsengang der Deutschen Post AG, die zuvor vollständig im Eigentum der öffentlichen Hand stand. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat die öffentliche Hand jedenfalls noch mit 50 % und einer zusätzlichen Aktie am Grundkapital der Deutsche Post AG beteiligt ist.

Seit mehr als 20 Jahren unterhielt die Klägerin bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin ein Postbank-Girokonto, über das die Klägerin den allergrößten Teil ihrer Geschäfte abwickelte. In dieser Zeit sind keine Störungen in der Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien aufgetreten.

Mit Schreiben vom 11.9.2000 (Anlage K 2) kündigte die Beklagte dieses Girokonto erstmals, und zwar unter Hinweis auf Nr. 19 Abs. 1 ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen. Zur Begründung war im Kündigungsschreiben ausgeführt:

"Seitens der Postbank ist eine Geschäftsbeziehung zu Ihrer Organisation nicht erwünscht.".

Gegen diese Kündigung wandte die Klägerin in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Hamburg (303 O 300/00 / 315 O 831/00). Das Verfahren endete damit, dass die Beklagte erklärte, die Kündigung vom 11.9.2000 nicht aufrecht zu erhalten.

Mit Schreiben vom 24.9.2001 kündigte die Beklagte das Girokonto der Klägerin erneut. Diese Kündigung ist Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. In dem Kündigungsschreiben hieß es u.a. (Anlage K 1):

"...seitens der Deutschen Postbank AG besteht kein Interesse an der Fortführung der Geschäftsverbindung mit Ihnen. Wir kündigen hiermit ihre o.a. Postbank Girokonten gem. Nr. 19 Abs. 1 der AGB Postbank mit Wirkung zum 24.03.2002. ..."

Die Klägerin hat sich daraufhin um eine alternative Bankverbindung bemüht. Dabei erhielt sie eine Vielzahl von Absagen. Ihre Bemühungen waren lediglich bei der V-Bank AG erfolgreich. Sie unterhält dort ein Girokonto, bei dem sie pro Buchung DM 0,60 bzw. € 0,30 bezahlen muss. Bei der Beklagten entrichtete die Klägerin - wie jeder andere Kunde auch - dagegen lediglich € 0,03 pro Buchung. Die neue Kontoverbindung bei der Vereins- und Westbank bestand bereits bei Klageerhebung.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Die Kündigung des Girokontos sei unwirksam.

Es sei offensichtlich, dass die Beklagte allein aus politischen Gründen gekündigt habe, allem Anschein nach liege hier einer der Fälle vor, in denen die Beklagte im Zuge eines "Kampfes gegen Rechts" solchen Institutionen, die sie als "rechts" einordne, ein "existenzbedrohendes Problem" beifügen möchte.

Die Kündigung verstoße gegen Art. 3 GG und Art 5 GG, die Beklagte sei als Unternehmen der öffentlichen Hand direkt an diese Grundrechte gebunden. Jedenfalls entfalteten die Grundrechte über § 242 BGB eine mittelbare Drittwirkung. Schließlich sei bei einer Kündigung von Bankverbindungen eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei denen ihre Interessen diejenigen der Beklagten überwiegen würden.

Ein schützenswertes Interesse der Beklagten an der Kündigung sei nicht erkennbar. Eine politisch motivierte Kündigung sei eine unzulässige Rechtsausübung, bankspezifische Risiken wie etwa ein drohender Kreditausfall seien nicht gegeben. Der Grundsatz der Privatautonomie sei nicht schrankenlos gewährleistet, sondern nur bei einem Überwiegen der Interessen der Bank, an dem es hier jedoch fehle.

Dagegen sei sie, die Klägerin, auf eine Giroverbindung zu der Beklagten existenznotwendig angewiesen. So weise die Beklagte mit ihrem Filialnetz und der bei ihr gegebenen Bareinzahlungsmöglichkeit eine einmalige Infrastruktur auf. Insbesondere aber könne sie, die Klägerin, angesichts der Struktur ihres Geschäfts nur dann wirtschaftlich erfolgreich sein, wenn sie lediglich die allein bei der Beklagten zu findenden geringen Kosten pro Überweisung zu zahlen habe.

Die Kündigung verstoße weiter gegen Europarecht, nämlich gegen die Richtlinie RL 200/78/EG vom 27.11.2000 sowie gegen das nationale kartellrechtliche Diskriminierungsverbot. Die Beklagte sei wegen der immensen Bedeutung ihres dichten Filialnetzes auf der einen Seite und des Umstandes, dass sei absolut konkurrenzlos günstige Preise anbiete, ein marktbeherrschendes Unternehmen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklage zu verpflichten, das bis zum 24.03.2002 von der Klägerin bei ihr geführte Girokonto (Postbank Hamburg, Kto. XXXX, BLZ XXXX) unter derselben Kontonummer wieder einzurichten und den Girovertrag mit der Klägerin zu unveränderten Bedingungen fortzuführen.

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, der ab Rechtshängigkeit der Klage dadurch entsteht, dass die Beklagte die Kontoverbindung mit der Klägerin nicht fortführt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Die Kündigung sei wirksam. Ein Dauerschuldverhältnis könne jederzeit, auch aufgrund der Ziff. 19 Abs. 1 AGB gekündigt werden. An Grundrechte sei sie als juristische Person des Privatrechts nicht gebunden, eine Daseinsvorsorge im Giroverkehr werde allenfalls von öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten geboten, an die sich die Klägerin notfalls klageweise zu halten habe. Im Rahmen einer Interessenabwägung spreche zu ihren Gunsten die ebenfalls grundrechtlich in Art. 2 GG geschützte Privatautonomie, die einen Kontrahierungszwang allenfalls bei einem zwingenden Angewiesensein der Klägerin auf die streitgegenständliche Kontoverbindung zulasse. Daran fehle es jedoch bereits deswegen, weil die Klägerin unstreitig eine alternative Kontoverbindung unterhalte. Außerdem streite für sie, die Beklagte, Art. 14 GG sowie ebenfalls Art. 5 GG. Das wirtschaftliche Angewiesensein der Klägerin auf die streitgegenständliche Kontoverbindung werde bestritten, ihre Infrastruktur sei für das Geschäft der Klägerin ohne Bedeutung. Im Übrigen habe sie durch die Wahl einer langen Kündigungsfrist in angemessenem und durchaus großzügigem Umfang auf die Belange der Klägerin Rücksicht genommen. Nachdem die Klägerin eine neue Bankverbindung gefunden habe, sei eine weitere Rücksichtnahme auf ihre Belange nicht erforderlich. Die von der Klägerin geltend gemachte EG-Richtlinie sei schon tatbestandlich nicht einschlägig und finde ummittelbar zwischen Privaten ohnehin keine Anwendung. Kartellrechtliche Ansprüche seien ebenfalls nicht gegeben, da sie, die Beklagte, nicht Normadressat der von der Klägerin angeführten Normen des GWB sei.

Durch Urteil vom 30. Januar 2003, das nicht mit Gründen versehen war, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Zu dem Urteilstenor gibt es ein Verkündungsprotokoll vom 30. Januar 2003, das nur mit der Paraphe des Vorsitzenden der Zivilkammer unterzeichnet war. Die lange Fassung des Urteils ist ausweislich des Vermerks der Geschäftsstelle am 25. Juli 2003 zur Zustellung gegeben worden. Die Berufung der Klägerin gemäß Schriftsatz vom 30. Juli 2003 ist am selben Tag per Telefax bei Gericht eingegangen. Während in diesem Schriftsatz das Aktivrubrum korrekt angegeben war, war im Passivrubrum nicht die Beklagte, sondern die

"...Deutsche Post AG, ..."

angegeben. Die weiteren Angaben zum Vertretungsorgan sowie der Anschrift waren dagegen solche, die auf die Beklagte zutrafen. Weiter hieß es in der Berufungsschrift:

"Namens und in Vollmacht der Klägerin/Berufungsklägerin legen wir gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Aktenzeichen: 315 O 292/02, verkündet am 30.01.2003, das Rechtsmittel der Berufung ein. ..."

Das Urteil des Landgerichts wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin erst am 4. August 2003 zugestellt, es lag der Berufungsschrift vom 30. Juli 2003 deshalb keine Urteilskopie bei.

Das Verkündungsprotokoll vom 30. Januar 2003 ist im März 2005 von dem Vorsitzenden der Zivilkammer mit voller Namensunterschrift unterzeichnet worden.

Gegen das Urteil des Landgerichts wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend macht sie insbesondere geltend:

Das Urteil des Landgerichts sei bereits deswegen aufzuheben und das Verfahren an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen, weil es nicht innerhalb von 5 Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sei. Das Urteil sei deshalb im Sinne von §§ 538 II Nr. 1, 547 Nr. 6 ZPO als "nicht mit Gründen versehen" anzusehen.

Die Berufung sei auch nicht deswegen unzulässig, weil statt der Beklagten in der Berufungsschrift irrtümlich die Deutsche Post AG angegeben worden sei. Die Berufung habe dennoch hinreichend erkennen lassen, gegen welches Urteil Berufung eingelegt worden sei und wer Rechtsmittelgegner gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg, Az. 315 O 292/02, abzuändern und nach den Klageanträgen der Klägerin in I. Instanz zu entscheiden;

als Minus dazu,

das vorerwähnte Urteil aufzuheben und das Verfahren an das Gericht I. Rechtszuges zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen, ergänzend trägt sie insbesondere vor:

Die Berufung sei unzulässig, weil in der Berufungsschrift nicht die richtige Berufungsbeklagte genannt werde und die richtige Prozesspartei innerhalb der Berufungsfrist auch nicht aus sonstigen Umständen erkennbar geworden sei. Die Akten seien auch nicht innerhalb der Berufungsfirst an das Berufungsgericht gelangt. Dem Berufungsgericht sei mithin innerhalb der Berufungsfrist nicht zweifelsfrei erkennbar gewesen, dass sich die Berufung gegen die Beklagte richte.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg.

I. Die Berufung ist zulässig. Der Senat hat mit Beschluss vom 11. November 2003 auf Antrag der Klägerin das Passivrubrum berichtigt. In den Beschlussgründen hat der Senat ausgeführt:

"Die Berufung ist in zulässiger Weise erhoben worden. Nach der Berufungsschrift ist zweifelsfrei erkennbar, wer auf der Beklagtenseite Partei des Berufungsverfahrens sein soll. Demgemäß ist das bisher unvollständige und damit zugleich unrichtige Passivrubrum wie aus dem Tenor ersichtlich zu berichtigen. Im Einzelnen:

I. Die Klägerin hat gegen das am 30. Januar 2003 kurz verkündete Urteil des Landgerichts Hamburg am 30. Juli 2003, mithin am letzten Tag der absoluten Berufungsfrist - § 517 Satz 2 ZPO -, Berufung eingelegt.

Das Passivrubrum des Schriftsatzes bezeichnet die "Deutsche Post AG" als "Berufungsbeklagte/Beklagte". Ansonsten ist mitgeteilt, dass für die korrekt bezeichnete Klägerin gegen das am 30. 01.2003 verkündete Urteil des Landgerichts mit dem Aktenzeichen 315 O 292/02 Berufung eingelegt werde.

Eine Kopie des angefochtenen Urteils war der Berufung nicht beigefügt und konnte auch nicht beigefügt sein. Eine Kurzausfertigung hatte die Klägerin offenbar nicht erhalten, die Langfassung ist der Klägerin erst am 4. August 2003 zugestellt worden. Tatsächlich ist Beklagte die Deutsche Postbank AG, die auch Berufungsbeklagte sein soll.

Die Beklagte hat darauf mit Schriftsatz vom 7. August 2003 hingewiesen und unter Hinweis auf BGH VersR 1985, 570 beantragt, die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Die Klägerin hat darauf mit Schriftsatz vom 21. August 2003 beantragt, das Passivrubrum zu berichtigen.

II. Der Senat teilt die vom I. ZS in der Entscheidung in VersR 1985, 570 vertretene Auffassung nicht.

In jenem Fall war Beklagte eine natürliche Person Namens "L.G.". In der Berufungsschrift war versehentlich eine Fa. "L.G. GmbH", die tatsächlich existiert, als Berufungsbeklagte angegeben. Der I.ZS des BGH war der Auffassung, dass für das Berufungsgericht nicht erkennbar gewesen sei, dass ein Prozess gegen eine solche Fa. nicht anhängig gewesen sei und diese deswegen auch nicht als Berufungsbeklagte habe in Betracht kommen können, und hat die Berufung deswegen für unzulässig gehalten. Immerhin existiere ein solches Unternehmen tatsächlich, was zu Verwechslungen Anlass geben könne.

Der Senat folgt der Sichtweise des VI. ZS des BGH, der unter Verweis auf eine Entscheidung des VIII. ZS (NJW 1969,928) die Auffassung vertritt, dass dann, wenn - wie hier - der Rechtsmittelkläger feststeht, der Rechtsmittelgegner sich im allgemeinen schon aus der Bezeichnung des angefochtenen Urteils ergebe (BGH NJW 1991, 2775).

Zum Problem der Feststellung des Berufungsklägers hat der VI. Senat in der späteren Entscheidung vom 7.11.1995 - VI B 12/95 - (NJW 1996, 320) weiter folgendes ausgeführt:

"Zutreffend nimmt das Berufungsgericht allerdings an, die in § 518 II Nr. 2 ZPO vorgeschriebene Erklärung, dass gegen ein bestimmtes Urteil Berufung eingelegt werde, müsse auch die Angabe enthalten, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt werden solle. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung. Hiernach muss aus der Berufungsschrift entweder schon für sich allein oder mit Hilfe weiterer Unterlagen, wie etwa des ihr beigefügten Urteils, bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig erkennbar sein, wer Berufungskläger ist und wer Berufungsbeklagter sein soll (...). Dabei sind vor allen Dingen an die Bestimmung des Rechtsmittelführers, ..., strenge Anforderungen zu stellen...; bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung muss jeder Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers ausgeschlossen sein .(..).

Dies bedeutet jedoch nicht, dass die erforderliche Klarheit über die Person des Berufungsklägers ausschließlich durch dessen ausdrückliche Bezeichnung zu erzielen wäre; sie kann auch im Wege der Auslegung der Berufungsschrift und der etwa sonst vorliegenden Unterlagen gewonnen werden. ...

Die Anforderungen an die zur Kennzeichnung der Rechtsmittelparteien nötigen Angaben richten sich nach dem prozessualen Zweck dieses Erfordernisses, dies umsomehr, als das Gebot zu solcher Bezeichnung nicht gesetzlich normiert, sondern erst von der Rechtsprechung aufgestellt worden ist. Als zugrunde liegender Zweck ist der Umstand anzusehen, dass im Falle einer Berufung, die einen neuen Verfahrensabschnitt vor einem anderen als dem bis dahin mit der Sache befassten Gericht eröffnet, zur Erzielung eines auch weiterhin geordneten Verfahrensablaufes aus Gründen der Rechtssicherheit die Parteien des Rechtsmittelverfahrens, insbesondere die Person des Rechtsmittelführers, zweifelsfrei erkennbar sein müssen (...). Das bedeutet indes nicht, dass an die Bezeichnung der Partei rein formalistische Anforderungen gestellt werden dürfen, die zur Erreichung des oben genannten Zwecks nicht erforderlich sind (...). Denn die durch das Grundgesetz gewährleisteten Verfassungsgarantien verbieten es, den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingerichteten Instanzen in einer aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise zu erschweren (BVerfG, NJW 1991, 3140 m.w.N)."

Diesen grundsätzlichen Ausführungen ist auch für das vorliegende Verfahren nichts hinzuzufügen:

Wer hier Rechtsmittelklägerin ist, steht fest. Anders als im Falle der Entscheidung BGH NJW-RR 2000, 1371 ist das Urteil genau bezeichnet, gegen das Berufung eingelegt wird. Schon von daher besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass Berufungsbeklagte diejenige juristische Person sein soll, die in erster Instanz Beklagte war. Dies wird auch ausdrücklich dadurch untermauert, dass die gegnerische Partei als "Berufungsbeklagte/Beklagte" bezeichnet wird (siehe dazu auch den Beschluss des IX. ZS des BGH in NJW-RR 1999, 1587).

Nach allem ist also zweifelsfrei erkennbar, dass diejenige Partei Berufungsbeklagte sein soll, die auch schon Beklagte des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen ist. Die Person des Rechtsmittelbeklagten war damit zweifelsfrei erkennbar und bei Nennung der Deutsche Post AG im Passivrubrum der Berufungsschrift handelt es sich also ersichtlich um ein der Korrektur zugängliches bloßes Versehen."

Diese Ausführungen macht der Senat sich auch hier zu Eigen und hält daran fest.

Zu ergänzen ist lediglich Folgendes:

Das Verkündungsprotokoll vom 30. Januar 2003 ist von dem Vorsitzenden der Zivilkammer nicht mit der vollen Namensunterschrift, sondern nur mit seiner Paraphe unterzeichnet worden. Damit handelt es sich bei dem seinerzeit nur im Tenor vorliegenden Urteil lediglich um ein "Scheinurteil" (nach BGH, VersR 1984, 1192 ist das nicht ordnungsgemäß verkündete Urteil lediglich Urteilsentwurf), das allerdings, da es den Parteien über ihre Prozessbevollmächtigten spätestens mit der von der Geschäftsstelle veranlassten Zustellung mitgeteilt worden ist, mit dem Rechtsmittel der Berufung angefochten werden kann (siehe nur: Zöller- Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl. 2004, Rn. 36 vor § 511 ZPO m.w.N.).

Die als "Geburtsakt" des Urteils (BGHZ 10, 346, 348 und BGH NJW 1985, 1782, 1783) anzusehende Verkündung war mangels ordnungemäßer Protokollierung zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufung unwirksam. Die Verkündung eines Urteils ist nach § 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO zu protokollieren. Das Protokoll ist von dem Vorsitzenden und von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben, § 163 Abs. 1 ZPO. Nach der strengen Beweisregel aus § 165 ZPO kann die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten nur durch das Protokoll bewiesen werden. Selbst der Verkündungsvermerk auf dem Urteil genügte als Nachweis der Verkündung nicht (siehe nur: BGH VersR 1989, 604). Mangels ordnungemäßer Protokollierung der Verkündung war die Berufungsfrist nicht in Lauf gesetzt worden (siehe nur: BGHZ 137, 49, 58). Da das Scheinurteil nicht Grundlage einer Sachentscheidung sein kann (BGH, NJW 1964, 248), wäre das Verfahren nach deklaratorischer Aufhebung des Scheinurteils an das Landgericht zurückzuverweisen gewesen.

Die fehlende Protokollierung einer Verkündung ist jedoch - nach Auffassung des Senats jedenfalls bis zum Abschluss der Berufungsinstanz - nachholbar (vgl.: BGH, NJW 1994, 3358; BGH, NJW 1958, 1237). Sie ist hier nach Anfrage des Senats im März 2005 dadurch, dass der Vorsitzende der Zivilkammer das Protokoll nunmehr mit vollständiger Namensunterschrift unterzeichnet hat, auch nachgeholt worden.

II. Die Berufung ist auch begründet.

1. Eine Aufhebung des Urteils und eine Zurückverweisung ohne Sachprüfung an das Landgericht gemäß § 538 I Nr. 1 ZPO kommt hier nicht in Betracht.

Zwar ist das Urteil des Landgerichts nicht binnen 5 Monaten ab Verkündung in der Langfassung von den mitwirkenden Richtern unterschrieben auf die Geschäftsstelle gegeben worden, so dass ein wesentlicher Verfahrensmangel i.S. von § 538 II Nr. 1 ZPO vorgelegen hat. Da aufgrund dieses Mangels aber keine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, fehlt es an der weiteren Voraussetzung dieser Vorschrift.

Der Senat hat also über die Berufung der Klägerin in der Sache zu entscheiden.

2. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Wiedereinrichtung ihres im Antrag zu 1. näher bezeichneten Girokontos und auf Fortführung des Girovertrages zu unveränderten Bedingungen zu. Denn der bislang zwischen den Parteien bestehende Girovertrag ist von der Beklagten nicht wirksam gekündigt worden.

a) Die Kündigung der Beklagten verstößt gegen das in Art. 3 I GG zum Ausdruck kommende Willkürverbot und ist gemäß § 134 BGB nichtig. Es kann deshalb vorliegend dahingestellt bleiben, ob die streitgegenständliche Kündigung nach den Grundsätzen, die Rechsprechung und Literatur zur ordentlichen Kündigung von Verträgen einer Bank mit ihren Kunden entwickelt haben (Grundsatz der Gesamtwürdigung aller Umstände des einzelnen Falles unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile, vgl. dazu BGH WM 1984, 586; BGH WM 1985, 1437; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 2.386 ff.; Bunte in Bankrechts-Handbuch, § 24 Rn. 16 ff. m.w.N.), Bestand haben würde. Ebenso wenig kommt es auf die Abwägung widerstreitender, durch das Grundgesetz geschützter Interessen der Parteien im Rahmen der Generalklausel des § 242 BGB oder der Vorschrift des § 138 BGB (an dieser Vorschrift will Boemke die Grenzen der Kündigungsfreiheit der Banken messen, vgl. NJW 2001, 43 ff.) an.

b) § 134 BGB ist auf Grundrechtsverstöße anwendbar (BGH NJW 2004, 1031 m.w.N.).

c) Die Beklagte unterlag bei der Kündigung des Girokontos am 24.9.2001 dem Willkürverbot, welches in Art. 3 I GG zum Ausdruck kommt.

aa) Zu Unrecht macht die Beklagte geltend, sie sei ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen, welches nicht im Alleinbesitz des Staates stehe, so dass sie an Grundrechte nicht gebunden sei. Denn der Grundrechtsbindung unterliegt auch ein privatrechtliches Unternehmen, das vom Staat beherrscht wird, was wiederum anzunehmen ist, wenn der Staat über die Kapitalmehrheit an diesem Unternehmen verfügt (BVerwG NVwZ 1998, 1983, 1084 m.w.N.; Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl. 2004, Art. 1 Rn. 29).

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat die öffentliche Hand jedenfalls noch mit 50 % und einer zusätzlichen Aktie am Grundkapital der Deutsche Post AG beteiligt ist. Zudem hat die Klägerin erstinstanzlich von der Beklagten unwidersprochen vorgetragen, dass auch nach dem Börsengang der Deutschen Post AG (vgl. dazu BGH NJW 2004, 1031) das Aktienkapital mehrheitlich von der öffentlichen Hand gehalten wurde. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Kündigung, auf den es für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung ankommt (BGH NJW 2004, 1031), nicht von der öffentlichen Hand mehrheitlich beherrscht war, hat die Beklagte weder vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich.

bb) Nach der Rechtsprechung des BGH ist die öffentliche Hand bei rein fiskalischem Handeln zwar nicht unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Sie muss aber auch in diesem Bereich gewisse Bindungen und Schranken beachten, die für Privatpersonen nicht in entsprechender Weise gelten. Insbesondere gilt das Verbot willkürlichen Verhaltens als niedrigste Stufe einer öffentlich-rechtlichen Bindung privatrechtlichen Handelns des Staats. Danach kann es auch einer erwerbswirtschaftlich tätigen Gesellschaft, deren Anteile sich unmittelbar oder über eine oder mehrere Gesellschaften mittelbar im Besitz der öffentlichen Hand befinden und hinter der deshalb jedenfalls mittelbar die Organisations- und Finanzkraft des Staates steht, weshalb sie dessen Einwirkungsmöglichkeiten in jeder Hinsicht unterliegt, nicht freistehen, bestimmte Geschäfts- oder Vertragspartner willkürlich zu benachteiligen (vgl. zum Ganzen BGH NJW 2004, 1031 m.w.N.).

d) Das Willkürverbot ist verletzt, wenn sich bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken ein sachgerechter Grund für eine Maßnahme der öffentlichen Gewalt nicht finden lässt (BGH NJW 2004, 1031 m.w.N.). Einen solchen Grund hat die Beklagte nicht dargelegt.

aa) Ob die mehrheitlich staatlich beherrschte Beklagte die politische Zielrichtung der Klägerin zum Anlass für die Kündigung nehmen durfte, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Beklagte hat weder im Kündigungsschreiben noch im Rahmen ihres außergerichtlichen oder prozessualen Vortrags politische Gründe für die Kündigung geltend gemacht. Lediglich die Klägerin hat über solche Gründe gemutmaßt, die sich die Beklagte jedoch an keiner Stelle ihres Prozessvortrags zu Eigen gemacht hat.

Unerheblich ist, dass sich die Klägerin - anders als die klagende Partei im Verfahren BGH NJW 2004, 1031 - nicht auf das Parteienprivileg aus Art. 21 GG berufen kann. Einmal abgesehen davon, dass für die Klägerin als Verlag ebenfalls ein besonderes "politisches" Grundrecht, nämlich Art. 5 Abs. 1 GG streitet, kommt es auf diese Frage bereits deshalb nicht an, weil die Beklagte überhaupt keine "politischen" Kündigungsgründe geltend macht.

bb) Die Beklagte macht auch keine wirtschaftlichen Nachteile einer Fortführung des Girovertrages mit der Klägerin geltend. Insbesondere hat sie nicht vorgetragen, dass die Aufrechterhaltung des seit mehr als zwanzig Jahren beanstandungsfrei geführten Kontos der Klägerin für sie zu einem Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Kreditinstituten führen würde, etwa weil die Kündigung der Geschäftsbeziehung durch andere Kunden zu besorgen wäre. Auch ein Imageschaden ist von der Beklagten nicht geltend gemacht worden.

cc) Nicht durchgreifend ist der von der Beklagten angeführte Gesichtspunkt der Privatautonomie, mit dem sie im Kern ihren Begründungsansatz verteidigt, letztlich keinen Grund für eine ordentliche Kündigung zu benötigen.

Es bedarf keiner näheren Ausführung, dass die Privatautonomie nicht schrankenlos gewährleistet ist. Die Privatautonomie ist durch die allgemeine Handlungsfreiheit Art. 2 I GG geschützt (Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl. 2004, Art. 2 Rn. 3), sie erfährt mithin ihre Schranken jedenfalls durch die verfassungsmäßige Ordnung (Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl. 2004, Art. 2 Rn. 3), also auch durch das Willkürverbot i.S. von Art. 3 GG.

dd) Ohne Belang ist hier schließlich der Umstand, dass es der Klägerin gelungen ist, eine andere Bank zu finden, bei der sie - zu schlechteren Bedingungen - derzeit ein Girokonto führt.

Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung ist deren Ausspruch (vgl. BGH NJW 2004, 1031). Dass die Klägerin bereits am 24.9.2001 ein alternatives Girokonto hatte, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Soweit sich die Beklagte insoweit darauf beruft, der BGH habe in seinem Urteil vom 2.12.2003 (NJW 2004, 1031) ausdrücklich offengelassen, ob eine unzulässige rechtliche Behinderung der dort klagenden Partei auch dann zu bejahen wäre, wenn ein anderes Kreditinstitut zur Eröffnung eines Girokontos für den Kontoinhaber bereit gewesen wäre, vermag auch dieser Gesichtspunkt nicht durchzugreifen. Der BGH hat diesen Gesichtspunkt bei der Frage erörtert, ob der im dortigen Verfahren von der hier wie dort beklagten Postbank zur Begründung der Kündigung angeführte Aspekt, einen "wichtigen Beitrag zur politischen Hygiene" leisten zu wollen, eine Behinderung der klagenden politischen Partei darstellt. Vorliegend wird ein solcher Kündigungsgrund jedoch nicht geltend gemacht, die Frage der Behinderung durch einen solchen Grund auch bei Vorliegen einer alternativen Kontoverbindung stellt sich daher nicht.

3. Der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt der schuldhaften Verletzung des Girovertrages.

Es ist anerkannt, dass der Ausspruch einer ungerechtfertigten Kündigung eine Vertragsverletzung darstellt (vgl. Palandt-Heinrichs, 64. Aufl. 2005, § 280 Rn. 26 m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass an einem Verschulden der Beklagten, die im Übrigen jedenfalls durch das sich an die erste Kündigung vom 11.9.2000 anschließende Verfügungsverfahren Anlass für eine Prüfung der Rechtslage hatte, zu zweifeln ist, hat die Beklagte weder vorgetragen noch sind solche Anhaltspunkte sonst ersichtlich.

III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 711 und § 543 II ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Rechtssache geht, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, über die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt nicht hinaus. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Zulassung der Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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