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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 11.10.2007
Aktenzeichen: 1 Kart U 2/05
Rechtsgebiete: GWB


Vorschriften:

GWB § 1
GWB § 20
GWB § 81
1. Für Lesezirkel (LZ) kann der Zeitschriftenverlag wirtschaftlich sinnvolle Liefer- und Zahlungsbedingungen vereinbaren, vor allem um die Reichweite von Zeitschriftentiteln zu erhöhen. Eine solche LZ Vereinbarung ist nicht kartellrechtswidrig (§§ 1, 81 GWB). Eine Belieferung hat nicht etwa schon zu erfolgen, soweit der Nachfrager die LZ Bedingungen "formal" akzeptiert. Vielmehr setzt der Belieferungsanspruch die Vorlage eines schlüssigen Gesamtkonzepts des Lesezirkelvertriebs voraus, dessen Einhaltung zu belegen ist.

2. Sieht ein Lesezirkelprojekt entgegen der LZ Vereinbarung keine Standard- und Wahlmappen, sondern nur eine Mappe mit bestimmten Zeitschriftentiteln vor, so besteht kein Belieferungsanspruch; die Nichtbelieferung ist nicht diskriminierend (§ 20 GWB).

3. Es verstößt gegen die in der LZ Vereinbarung vorgesehene, kartellrechtlich sachgemäße Vertriebsneutralität, soweit ein Lesezirkelunternehmen (branchen-spezifische ausgerichtete) Dritt-Unternehmen als Werbepartner oder "Sponsoren" einsetzt, die die Lesemappen als Instrument der eigenen Kundenbindung verwenden und entsprechend kommunizieren werden.

4. Eine LZ Bedingung, nach der die Lesemappen auch Privathaushalten (und nicht nur gewerblichen Kunden) anzubieten sind, ist nicht kartellrechtswidrig.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 Kart U 2/05

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Dr. Löffler nach der am 11. Oktober 2007 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 4. November 2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Klägerin beabsichtigt den Betrieb eines oder mehrerer Lesezirkel, die von bestimmten Unternehmen als Werbemittel eingesetzt und demgemäß insbesondere durch Teilnehmerakquisition aus deren Abnehmerkreis gefördert werden sollen.

Die Beklagte gibt als Verlag u. a. die Zeitschriften STERN, GALA und BRIGITTE heraus, die sie über den Grosso, im Einzelhandel und Abo sowie über Lesezirkel vertreibt.

Die Klägerin nimmt mit der vorliegenden Klage die Beklagte auf Belieferung der oben genannten Zeitschriften zu deren Lesezirkel-Abgabebedingungen sowie auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten in Anspruch.

Im Bereich des Lesezirkel-Zeitschriftenvertriebs werden attraktive Zeitschriftentitel, gegebenenfalls in Kombination mit anderen Titeln, an Lesezirkel-Unternehmen verkauft, die ihrerseits die Zeitschriften an die Kunden mit öffentlicher Auslage (z. B. an Frisörsalons oder Arztpraxen) vermieten, und zwar in sog. Lesemappen. In der sog. Erstmappe werden die Zeitschriften in der Woche des Erscheinens der Zeitschriften an Kunden vermietet, nach Ablauf der Woche gelangen die Zeitschriften in sog. Zweitmappen an andere Kunden zu einem günstigeren Entgelt, entsprechendes gilt für weitere Mappen (vgl. z. B. Anlage K 25). Es ist branchenüblich, dass die Verkaufspreise an Lesezirkel deutlich unter den Einzelhandel- und Abopreisen liegen. Die Lesezirkelunternehmen sind zum Zwecke der Reichweitenmaximierung bei den Zeitschriftentiteln verpflichtet, nicht nur Erst-, sondern auch Folgemappen anzubieten. Für die Verlage ist die tatsächliche Vermietung der Zeitschriftenexemplare wesentlich, sie dürfen nicht in den Einzelverkauf gelangen und müssen nach dem letzten Durchgang der Folgemappen vernichtet werden (vgl. zu den erstinstanzlich gültigen Lieferungs- und Zahlungsbedingungen der Beklagten insoweit: Anlage K JS 3).

Dem Zeitschriftenvertrieb der Beklagten über Lesezirkel lagen zunächst deren "Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel (LZ)-Unternehmen" von Mai 1976 (Anlage K JS 3) zugrunde; nunmehr - nach dem wieder eröffneten Berufungsverfahren - sind es die (geänderten) "Lieferungs- und Zahlungsbedingungen für den Lesezirkel" von Dezember 2006 (Anlage B 24).

In der Einleitung dieser LZ-Belieferungsbedingungen der Beklagten (Anlage B 24) heißt es u. a.:

"... der "Verlag" (das ist die Beklagte) beliefert Lesezirkel-Unternehmen mit Zeitschriftenexemplaren des Verlages ... für den Lesezirkel, die Belieferung erfolgt im Rahmen des Gesamvertriebskonzeptes zu Abgabepreisen unter Herstellungskosten, um die Reichweite einzelner Titel zu erhöhen. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang einer seiner Titel zum Lesezirkelvertrieb bereitgestellt werden, liegt deshalb im freiem Ermessen des Verlages. Voraussetzungen für die Belieferung eines Unternehmens zum Lesezirkelvertrieb sind:

- breites, für den Leszirkelvertrieb typisches Zeitschriftenangebot,

- Angebot und Zeitschriftenvermietung des Leszirkels an Privathaushalte und gewerblichen Kunden zur öffentlichen Auslage (z. B. in Wartezimmern, Gaststätten usw.),

- Bereitschaft zur Abnahme weiterer Zeitschriftentitel des Verlages,

- Neutralität des Lesezirkelvertriebs gegenüber den gelieferten Titeln des Verlages und dessen Anzeigenkunden, d. h. insbesondere keine Veränderung des Heftinhaltes und seiner Beilagen und keine Kennzeichnung des Lesezirkels und dessen Mappen mit den Namen von Sponsoren oder sonstigen Dritten,

- Erstvermietung der Verlagstitel in der Woche des Erstverkaufstages und anschließende Folgevermietungen,

- Sicherstellung von pünktlicher Auslieferung und Rückholung im wöchentlichen Rhythmus und

- Vernichtung der Zeitschriften nach Ablauf der Mietzeit.

Der Verlag (das ist die Beklagte) beliefert keine Unternehmen, die den Lesezirkel als Vertriebsinstrument für bestimmte Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen einsetzen oder für die Gewinnung und/oder Betreuung von Abonnenten Personen oder Unternehmen einschalten, die für solche Unternehmen tätig oder Mitglieder solcher Vereinigungen sind. Ausgeschlossen ist damit auch eine Belieferung von Unternehmen, die ihren Vertrieb auf einzelne Kundengruppen bestimmter Berufe oder Branchen beschränken.

Die Erfüllungen der vorgenannten Kriterien sind bei Aufnahme der Geschäftsverbindung nachzuweisen und können vom Verlag während der Geschäftsverbindung nach vorheriger Ankündigung jederzeit überprüft werden ..."

Unter der Ziffer 1. lit. c ("Vertriebsgenehmigung, Mindestbezug") der LZ-Belieferungsbedingungen der Beklagten (Anlage B 24) heißt es:

"Das Lesezirkelunternehmen muss die Lesezirkelexemplare gleichermaßen gewerblichen Kunden zur öffentlichen Auslage (z. B. in Wartezimmern, Gaststätten usw.) und Privatkunden anbieten und vermieten.

Eine Beschränkung auf einzelne Kundengruppen anhand abstrakter Merkmale wie Berufsgruppe, Zugehörigkeit zu einer Branche oder ähnlichem ist unzulässig...."

In Ziffer 4. lit. a ("Vertriebs- und Verwendungsbindung, Vertriebsneutralität") der LZ-Belieferungsbedingungen der Beklagten (Anlage B 24) heißt es u. a.:

"... Die Lesezirkelmappen, insbesondere die Lesezirkel-Schutzumschläge, dürfen nicht mit dem Namen von Sponsoren oder sonstigen Dritten versehen sein, die dem Lesezirkelunternehmen für die Verbreitung der Lesezirkelexemplare eine Vergütung versprechen oder gewähren; ausgenommen hiervon sind branchenübliche Anzeigen wechselnder Anzeigenkunden ... Entsprechendes gilt für Bezeichnungen einzelner Branchen, Berufsgruppen oder ähnlicher Einschränkungen des Empfängerkreises ... "

Die Klägerin hat vorgetragen:

Sie - so ihr Vorbringen in der Klageschrift - kooperiere mit der Wella AG (im Folgenden: WELLA) und sei damit befasst, für die etwa 40.000 bei WELLA angeschlossenen Friseure einen Lesezirkel aufzubauen. Würde sie (die Klägerin) auch nur jeden zweiten dieser an WELLA angeschlossenen Friseure beliefern, wäre sie bereits der zweitgrößte Lesezirkel in Deutschland. Die konkurrierenden Lesezirkelunternehmen hätten von dem Vorhaben erfahren und auf die Beklagte massiv eingewirkt, sie (die Klägerin) nicht zu beliefern. Die Beklagte habe ihr (der Klägerin) zwar die Lieferungs- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel übersandt (Anlagen K JS 2-3), anschließend sei die Belieferung aber verweigert worden. Aus dem Verhalten der Beklagten ergebe sich ihr Diskriminierungswille (Anlagen K JS 4-5, 8):

Sie (die Klägerin) habe die Lieferungs- und Zahlungsbedingungen der Beklagten unterschrieben und am 16. April 2004 die Bestellung an die Beklagte übersandt (Anlagen K JS 6-7; vgl. dazu noch Anlage K JS 4: Schreiben der Klägerin an die Beklagten vom 18. Mai 2004 mit dem Hinweis auf die beabsichtigte Zusammenarbeit mit dem Logistikunternehmen "Tfx.- GmbH" - im Folgenden: Txxx - , dem Transportdienstleister der WELLA, für den Transport der konfektionierten Lesezirkelhefte).

Die Beklagte sei im relevanten Markt marktbeherrschend (§ 20 GWB; Bl. 23-24, 37 Anlage K JS 9). Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung sei nicht gegeben. Die Behauptung der Beklagten, sie (die Klägerin) sei kein kleines oder mittleres Unternehmen, sei unzutreffend. An ihr (der Klägerin) sei die WELLA nicht beteiligt.

Es liege nahe, die Umschläge von Zeitschriften, die an WELLA-Frisöre geliefert würden, mit entsprechender branchenaffiner Werbung zu belegen. Der Verkauf der Umschläge an Werbekunden sei bei Lesezirkeln üblich (Bl. 25). Die Lesemappen für die (ihrerseits selbständigen) WELLA-Frisöre sollten mit WELLA-Werbung versehen sein, bei anderen Abnehmern werde das nahe liegend nicht der Fall sein, dort würden die Umschläge an andere Werbekunden verkauft. Sie (die Klägerin) biete die Mehrfachvermietung an (Bl. 26 mit Anlage B 1).

Der Einwand der Beklagten, sie (die Klägerin) wolle und könne die Vertragsbedingungen für Lesezirkel nicht einhalten, sei unzutreffend. Etwa 1/5 der von Lesezirkeln abgelieferten Mappen würden von diesen nicht abgeholt, die Verlage - die Beklagte - wüssten und billigten das stillschweigend (Bl. 26-27 mit Beweisantritt). Demgegenüber sei ihr (der Klägerin) Rückholsystem über das Logistikunternehmen Txxx vorbildlich (Bl. 27, Anlage K JS 11). Die Vorwürfe der Beklagten gemäß Anlage K JS 5 seien unzutreffend (Bl. 27).

Die von der Beklagten behaupteten "hohen Verluste" bei der Abgabe von Titeln im Lesezirkel werde mit Nichtwissen bestritten (Bl. 28), vielmehr sei die Reichweitenmaximierung ganz erheblich (Bl. 28 mit Beweisantritt). Die Beklagte könne nicht nach Gutdünken neue Lesezirkelunternehmen vom Markt fernhalten (Bl. 29).

Die Klägerin hat beantragt (ursprünglich angekündigte Fassung Bl. 2),

I. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin je 600 Exemplare der Zeitschriften "Stern", "Gala" und "Brigitte" nach Maßgabe ihrer Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel aus Mai 1976 zu liefern;

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,

a) der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Nichtbelieferung mit den in Ziffer I. genannten Zeitschriften entstanden ist und noch entsteht;

b) auf die seitens der Klägerin verauslagten Gerichtskosten Zinsen gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Der (pauschale) Hinweis der Klägerin auf § 20 GWB greife nicht durch. Die Klägerin könne sich für ihre Klage nicht darauf stützen, dass sie (die Beklagte) den Einzelverkaufspreis der drei streitgegenständlichen Zeitschriftentitel binde. Im Lesezirkelgeschäft verkauften die Verlage die Titel an Lesezirkel-Unternehmen, die sie ihrerseits an ihre Kunden vermieteten. Eine Preisbindung der 2. Hand bei der Vermietung erfolge nicht; § 20 Abs. 1 GWB komme deshalb nicht in Betracht.

Sie (die Beklagte) sei für keinen der Zeitschriftentitel marktbeherrschend (Bl. 13-14, 32-33). Die Klägerin könne ihren Belieferungsanspruch nicht auf § 20 Abs. 2 Satz 1 GWB stützen. Die Klägerin sei kein kleines oder mittleres Unternehmen, sie sei von WELLA beauftragt und dieser als Auftraggeberin zuzurechnen (vgl. zu deren Marktstärke: Bl. 15 mit Anlagen B 4-5).

Die Klägerin selbst habe den geplanten Lesezirkel in der vorgerichtlichen Korrespondenz als "WELLA-Lesezirkel" bezeichnet und die Lesemappe als "WELLA-Lesemappe" (Anlagen K JS 4-8, B 1-2). Der Umschlag solle von WELLA gestaltet und ausschließlich mit Werbung für WELLA-Kosmetik belegt werden, es sollten ausschließlich WELLA-Frisöre beliefert werden. Es handele sich um ein Kundenbindungsinstrument der WELLA, die Klägerin besorge nur die Auslieferung an die WELLA-Frisöre (Anlagen B 1-3). Sie (die Beklagte) beliefere auch im Übrigen keine Markenartikler zur Durchführung eines markenbezogenen Lesezirkels.

Die Klägerin könne auch auf andere Titel ausweichen (Bl. 16, 33-34). Es könne auch keine Rede davon sein, dass ein Lesezirkel typischerweise sämtliche Titel eines Verlages im Angebot führe. Lesezirkel-Unternehmen seien stets Teilsortimenter, deren Standardmappe enthalte im Durchschnitt etwa zehn verschiedene Titel, bei einer Wahlmappe seien es 5-8 Titel (Bl. 16, 33, jeweils mit Beweisantritt).

Es gehe der Klägerin in Wahrheit nicht um die Einrichtung eines "echten" Lesezirkelunternehmens, sie wolle nur von den günstigeren Bezugspreisen profitieren (Bl. 16). Diese würden aber eingeräumt, weil der Lesezirkel-Vertrieb neue Kundenkontakte mit einer Zeitschrift ermögliche und deren für den Anzeigenmarkt relevante Reichweite erhöhe (Bl. 17 mit Beweisantritt). Deswegen müssten die Lesezirkelunternehmen nicht nur Erst-, sondern auch Folgemappen anbieten und diese auch ausliefern und nach dem letzten Durchgang auch vernichten (Bl. 17). Zur Erfüllung dieser Verpflichtungen sei die Klägerin weder willens noch in der Lage, sie wolle nur eine Erstmappe abgeben (Anlage B 6, Bl. 18-19, 35).

Selbst wenn die Klägerin die erforderlichen Voraussetzungen nachweisen könnte, wäre die Lieferverweigerung sachlich gerechtfertigt. Die Abgabe der drei Titel im Lesezirkel erfolge - branchenüblich - weit unter ihren (der Beklagten) Produktionskosten (Bl. 18 mit Beweisantritt), deswegen sei sie berechtigt, die Abgabe der Titel mengenmäßig zu begrenzen und die Vertriebsunternehmen nach ihrem Ermessen auszuwählen (Bl. 19, 34). Zudem wolle die Klägerin den Umschlag der Lesezirkelmappe ausschließlich auf die WELLA-Produkte zuschneiden; sie (die Beklagte) sei aber gehalten, bei dem Vertrieb gegenüber ihren Anzeigenkunden Neutralität zu wahren (Bl. 19-20).

Der Lesezirkel sei kein Kundenbindungssystem für die Markenartikelindustrie. Lesezirkelunternehmen seien unabhängige, auf die Zeitschriftenvermietung spezialisierte Absatzmittler. Von den etwa 180 Unternehmen in Deutschland gäbe es keines, das sich als Lesezirkel einer bestimmten Konsummarke bezeichne und sich auf die Vermietung von Zeitschriften an einen bestimmten Geschäftstyp beschränke, der mit einem Markenartikler Lieferbeziehungen pflege (Bl. 32 mit Beweisantritt). Für einen Markenartikler-Lesezirkel gebe es keinen üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB (Bl. 32 mit Beweisantritt).

Durch Urteil vom 4. November 2004 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Auf das Urteil wird wegen aller Einzelheiten Bezug genommen.

Durch das Urteil des Senats vom 17. November 2005 (1. Berufungsurteil) wurde die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Berufung zurückgewiesen. Die Revision hatte der Senat nicht zugelassen. Auf das 1. Berufungsurteil des Senats vom 17. November 2005 wird Bezug genommen.

Durch Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 11. Oktober 2006 (KZR 45/05) wurde auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin das 1. Berufungsurteil des Senats aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Auf den Beschluss des Bundesgerichtshofes wird Bezug genommen.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt sie noch vor:

Der Bundesgerichtshof habe allen willkürlichen Gründen für eine Lieferverweigerung seitens der Beklagten eine klare Absage erteilt. Die vorprozessuale Begründung der Beklagten für die Nichtbelieferung, das angeblich unterbliebene Abholen der Mappen (Anlage K JS 5), sei längst ausgeräumt und widerlegt.

Der Belieferungsanspruch unter den Voraussetzungen der Lesezirkel-Lieferungs- und Zahlungsbedingungen betreffe nur diejenigen Bedingungen, die wirksam seien.

Ihr (der Klägerin) als neu auf den Markt kommenden Wettbewerber könne nicht vorab die Belieferung versagt werden, sondern es müsse die Belieferung aufgenommen werden. Nur so sei sie in die Lage versetzt, die Bedingungen (Anlage K JS 6) durch eingeschaltete Sub-Unternehmen wie z. B. Transportunternehmen zu überwachen. Jede der Voraussetzungen (vgl. Bl. 252-253 mit Anlage K JS 6 und Anlage K 39: VDL-Satzung) werde von ihr (der Klägerin) nachhaltig erfüllt bzw. könne jederzeit bei Belieferung durch die Beklagte erfüllt werden (Bl. 253).

Die neuen LZ-Bedingungen (Anlage B 24) seien kartellrechtswidrige Vereinbarungen (§§ 1, 81 GWB: Bl. 254), für den vorliegenden Rechtsstreit seien diese und das darauf gestützte neue Vorbringen der Beklagten verspätet (§ 296 ZPO).

Die Unterstellung, sie (die Klägerin) beabsichtige Lesezirkelmappen ausschließlich an gewerbliche Kunden zu vermieten, sei falsch. Sie sei an möglichst vielen Kunden interessiert und selbstverständlich auch für Privatkunden offen (Bl. 255, 257 mit Beweisantritt).

Auch die Unterstellung, bei ihr (der Klägerin) sollten sich die LZ-Kunden ausschließlich aus bestimmten Berufsgruppen oder aus dem Vertriebssystem eines Sponsors rekrutieren, sei falsch. Die These sei schon denklogisch falsch, wenn mehrere solche LZ-Gruppen parallel beliefert würden (Bl. 255).

Die Unterstellung, sie (die Klägerin) werde in ihrem Lesezirkel nur eine Mappe anbieten, sei falsch, vielmehr werde sie (wie praktische alle LZ-Unternehmen) Standard-Mappen und weitere Mappen anbieten (Bl. 255 mit Beweisantritt). Der Umstand, dass sie (die Klägerin) zunächst einmal nur eine Mappe angeboten habe, sage über das Geschäftsmodell und über die Geschäftsentwicklung ihres (der Klägerin) Lesezirkels aus.

Die These, sie (die Klägerin) sei irgendwie abhängig von ihren Anzeigenkunden, sei falsch. Das Modell sei nicht darauf angelegt, einem Anzeigenkunden, dessen Außendienstmitarbeiter LZ-Abonnenten geworben hätten, dauerhaft oder gar wöchentlich für die Zukunft die Teilseitenanzeige einzuräumen oder gar die Mappen als "Kunden-Lesezirkel" zu bezeichnen (Bl. 255-256 mit Beweisantritt). Es gebe keinen "Kunden-Lesezirkel", sondern nur ihren (der Klägerin) VGZ-Lesezirkel, bei dessen Akquisition sie mit den verschiedensten Unternehmen zusammenarbeiten werde und bei denen über ein unabhängiges Logistikunternehmen die termin- und fachgerechte Belieferung und Abholung der Hefte sichergestellt sei (Bl. 256 mit Beweisantritt).

Der einzig verbleibende Einwand der Beklagten einer "qualitativen Steuerung" greife nicht durch und beruhe letztlich auf der nicht haltbaren Mutmaßung, eine langfristige Zusammenarbeit zwischen einem Anzeigenkunden und einem Lesezirkelunternehmen durch eine langfristige Schaltung von Anzeigen auf den Lesezirkel-Mappenumschlägen könne die Anzeigenpreise der Verlage beeinflussen. Sie (die Klägerin) beabsichtige nicht, sich für die Umschlagsgestaltung langfristig an einen Werbepartner zu binden (Bl. 264 mit Beweisantritt), hieran bestehe kein Interesse. Zudem seien die von der Beklagten nur vorgeschobenen Befürchtungen nach aller Branchenerfahrung unbegründet (Bl. 264 ff).

Dass sie (die Klägerin) bei ihrem Modell des Lesezirkels alle LZ-Belieferungsvoraussetzungen erfülle, ergebe sich aus ihrer Organisationsstruktur (Anlagen K 44-45), aus ihren Zielgruppen (Anlage K 46), Anzeigenpartnern (Anlage K 48-49), ihrer Akquisition (Anlage K 50) und aus ihrem aktuellen Bestellschein (Anlage K 47; vgl. insgesamt Bl. 290 ff. mit Beweisantritt). Auf die früheren LZ-Modelle komme es nicht mehr an, die Einwände der Beklagten seien unbegründet (Bl. 327 ff.).

Die Klägerin hatte im Berufungsverfahren vor dem 1. Berufungsurteil beantragt (Bl. 82-83; wegen der ursprünglich angekündigten Antragsfassung: Bl. 65),

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils

I. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin je 600 Exemplare der Zeitschriften "Stern", "Gala" und "Brigitte" nach Maßgabe ihrer Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel Zug um Zug gegen die sich unter Berücksichtigung dieser Konditionen ergebenden Zahlungen zu liefern;

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin durch die Nichtbelieferung mit den in Ziffer I. genannten Zeitschriften seit dem 16. April 2004 entstanden ist und noch entsteht.

Die Klägerin beantragt nunmehr (wegen der nach der BGH-Entscheidung zunächst angekündigten Antragsfassungen vgl. Bl. 266 sowie Bl. 286-287),

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils

I.1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin je 100 Exemplare der Zeitschriften "Stern", "Gala" und "Brigitte" nach Maßgabe ihrer geltenden Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel Zug um Zug gegen die sich unter Berücksichtigung dieser Konditionen ergebenden Zahlungen zu liefern;

I.2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin auf Bestellung auch mehr als 100 Exemplare der Zeitschriften "Stern", "Gala" und "Brigitte" in für Lesezirkelunternehmen branchenüblichen Mengen zu ihren bei gleicher Mengenabnahme üblichen Preisen nach Maßgabe ihrer geltenden Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel Zug um Zug gegen die sich unter Berücksichtigung dieser Konditionen ergebenden Zahlungen zu liefern,

I.1 und I.2

mit der Maßgabe, dass eine Regelung in den Lieferungs- und Zahlungsbedingungen für den Lesezirkel unwirksam ist, die es der Beklagten gestattet, die Belieferung eines Lesezirkel-Unternehmens zu versagen, wenn dieses für die Gewinnung und/oder Betreuung von Lesezirkel-Abonnenten Personen oder Unternehmen einschaltet, die für solche Unternehmen oder Vereinigungen solcher Unternehmen tätig sind, die Produkte und Dienstleistungen vertreiben;

II.1 hilfsweise zu I.1

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin je 100 Exemplare der Zeitschriften "Stern", "Gala" und "Brigitte" nach Maßgabe ihrer geltenden Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel Zug um Zug gegen die sich unter Berücksichtigung dieser Konditionen ergebenden Zahlungen zu liefern;

II.2 hilfsweise zu I.2

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin auf Bestellung auch mehr als 100 Exemplare der Zeitschriften "Stern", "Gala" und "Brigitte" in für Lesezirkelunternehmen branchenüblichen Mengen zu ihren bei gleicher Mengenabnahme üblichen Preisen nach Maßgabe ihrer geltenden Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel Zug um Zug gegen die sich unter Berücksichtigung dieser Konditionen ergebenden Zahlungen zu liefern,

III. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin durch die Nichtbelieferung mit den in I. genannten Zeitschriften seit dem 16. April 2004 entstanden ist und noch entsteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen und verteidigt das landgerichtliche Urteil. Ergänzend trägt sie noch vor:

Ihre neuen LZ-Bedingungen (Anlage B 24) präzisierten ihr bisheriges Vertriebskonzept im Lesezirkel. Alle ihre bisherigen Vertragspartner hätten unter Gegenzeichnung diese Bedingungen akzeptiert (Bl. 268), unter anderen Bedingen beliefere sie keine Lesezirkel. Der Verspätungseinwand der Klägerin sei unbegründet.

Der Bundesgerichtshof sei in seiner Entscheidung von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, die zu beliefernden Lesezirkel der Klägerin hätten tatsächlich "WELLA-Lesezirkel" bzw. "VUZ-Lesezirkel" heißen sollen (Bl. 269 mit Anlagen-Verweisen). Im Übrigen könne die Klägerin nur einen Belieferungsanspruch geltend machen, wenn sie sich in der Klage auf ein Lesezirkelkonzept festlege; jede Konzeptänderung könne eine neue sachliche Rechtfertigung für eine Nichtbelieferung bedeuten.

Die LZ-Bedingung eines Vertriebs an gewerbliche Kunden und auch an Privathaushalte sei sachgerecht, Privathaushalte erhöhten die Reichweite mehr. Auch die Bedingung, ein breites, für den LZ-Vertrieb typisches Zeitschriftenangebot zu führen, sei ein sachgerechtes Kriterium.

Das Verbot der Verwendung des Lesezirkels als Werbemittel eines Kooperationspartners wie bei den Projekten WELLA und VUZ sei ebenfalls sachgerecht. Ein dauerhafter Kooperationspartner der Klägerin stehe dem Gebot der Vertriebsneutralität entgegen, außerdem würde in solchen Konzepten sie (die Beklagte) ebenfalls als Kooperationspartner erscheinen; schon einen solchen Eindruck zu meiden, sei ihr (der Beklagten) berechtigtes Interesse.

Der Bundesgerichtshof selbst gebe in seiner Entscheidung zu erkennen, dass er ihre (der Beklagten) Lieferverweigerung für sachlich gerechtfertigt halte (Bl. 273). Die sachlich gerechtfertigten LZ-Kriterien erfülle die Klägerin im Einzelnen nicht (Bl. 274). Das gelte auch für das Vorbringen der Klägerin ab dem Schriftsatz vom 14. Juni 2007 (Bl. 297 ff.). Im Übrigen habe die Klägerin ihre Anträge damit zum vierten Mal geändert, auch sonst sei mit der geänderten Sachverhaltsdarstellung ein anderer Streitgegenstand gegeben, der Klageänderung werde widersprochen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

B.

Nachdem der Bundesgerichtshof mit seinem Beschluss vom 11. Oktober 2006 das 1. Berufungsurteil des Senats vom 17. November 2005 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen hat, hat die zulässige Berufung der Klägerin weiterhin in der Sache keinen Erfolg. Die Berufung der Klägerin ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage in der in der Berufungsverhandlung vom 11. Oktober 2007 gestellten Fassung abgewiesen wird.

I.

Der Gegenstand des Berufungsverfahrens hat sich mit der Neufassung der Klageanträge als Haupt- und Hilfsanträge, wie sie die Klägerin in der in der Berufungsverhandlung vom 11. Oktober 2007 gestellt hat, nicht nur gegenüber der Klage erster Instanz geändert, sondern auch gegenüber den Anträgen, über die der Senat in seinem 1. Berufungsurteil zu entscheiden hatte.

Lediglich die Abweisung des erstinstanzlich noch gestellten Feststellungsantrages zu Ziffer II. lit. b durch das Landgericht ist rechtskräftig geworden. Insoweit hat die Klägerin keine Berufung eingelegt.

II.

Der mit dem Klageantrag zu I. 1 als Hauptantrag nunmehr geltend gemachte Belieferungsanspruch der Klägerin ist unter Beachtung der Vorgaben des Bundesgerichtshofes nicht begründet.

1.) Der Gegenstand des Klageantrages ist die Verurteilung der Beklagten,

an die Klägerin je 100 Exemplare der Zeitschriften "Stern", "Gala" und "Brigitte" nach Maßgabe ihrer geltenden Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel Zug um Zug gegen die sich unter Berücksichtigung dieser Konditionen ergebenden Zahlungen zu liefern,

und zwar mit der Maßgabe,

dass eine Regelung in den Lieferungs- und Zahlungsbedingungen für den Lesezirkel unwirksam ist, die es der Beklagten gestattet, die Belieferung eines Lesezirkel-Unternehmens zu versagen, wenn dieses für die Gewinnung und/oder Betreuung von Lesezirkel-Abonnenten Personen oder Unternehmen einschaltet, die für solche Unternehmen oder Vereinigungen solcher Unternehmen tätig sind, die Produkte und Dienstleistungen vertreiben.

Damit geht es um die Belieferung der Klägerin gemäß den geltenden Lieferungs- und Zahlungsbedingungen für den Lesezirkel, wie sie derzeit (Anlage B 24) bei der Beklagten bestehen, ausgenommen die oben nach den Worten "mit der Maßgabe" beschriebene Regelung, weil sie - so die Rechtsauffassung der Klägerin - unwirksam und daher unbeachtlich ist.

Zu dem den Streitgegenstand mitbestimmenden Sachverhalt gehört, dass die Klägerin Leszirkel betreiben möchte, die von bestimmten Unternehmen wie z. B. als Werbemittel eingesetzt und dementsprechend insbesondere durch Teilnehmerakquisition aus deren Abnehmerkreis gefördert werden sollen. Zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt gehören auch die Darstellungen der Klägerin zur Durchführung ihrer Lesezirkelprojekte unter Einsatz der zu liefernden Hefte der Beklagten.

2.) Als Anspruchsgrundlage kommt - wenn man mit der Klägerin einmal unterstellt, dass die Beklagte als marktbeherrschendes oder jedenfalls marktstarkes Unternehmen insoweit Normadressat von § 20 GWB ist - das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot in Betracht, sofern die Klägerin in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, von der Beklagten ohne rechtfertigenden Grund unterschiedlich behandelt wird, indem ihr die Belieferung mit den begehrten Zeitschriften zu Lesezirkelbedingungen versagt wird.

Wettbewerbliche Anspruchsgrundlagen sind daneben nicht gegeben. Die zivilrechtlichen Ansprüche aus kartellrechtswidrigem Verhalten sind im GWB abschließend geregelt, demgemäß bestehen keine lauterkeitsrechtlichen Ansprüche, soweit sich der Vorwurf der Unlauterkeit allein auf einen GWB-Verstoß stützt (BGH GRUR 2006, 773 - Probeabonnement). Zusätzliche Verhaltenselemente der Beklagten, die eine Unlauterkeit begründen könnten, sind nicht Streitgegenstand.

3.) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die auch in seinem vorliegenden Beschluss auf die Nichtzulassungsbeschwerde bestätigt worden ist, ist die Beklagte noch nicht verpflichtet, die Klägerin bereits dann zu beliefern, wenn diese die Lieferung- und Zahlungsbedingungen der Beklagten für den Lesezirkel akzeptiert und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie diese Bedingungen bei Aufnahme der Belieferung nicht einhalten wird. Das Diskriminierungsverbot hindert den Normadressaten nämlich grundsätzlich nicht daran, seine geschäftliche Tätigkeit und sein Absatzsystem nach eigenem Ermessen so zu gestalten, wie er dies für wirtschaftlich sinnvoll und richtig erachtet. Die Belieferung von Lesezirkeln zu besonderen Konditionen ist ein Vertriebsinstrument der Verlage, mit dem diese vornehmlich die Reichweiten der von ihnen vertriebenen Zeitschriften erhöhen, möglicherweise diese aber auch qualitativ steuern wollen. Es steht den Verlagen daher grundsätzlich frei, sachliche Voraussetzungen für die Belieferung eines Lesezirkels aufzustellen (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2006, KZR 45/05 m. w. Nw.).

Entsprechend diesem Freiraum des Unternehmers sehen die Lesezirkelbedingungen der Beklagten (Anlage B 24) vor, dass die Erfüllungen der in der dortigen Einleitung aufgeführten Kriterien bei Aufnahme der Geschäftsverbindung "nachzuweisen" bzw. deren Einhaltung auf Verlangen "glaubhaft" zu machen sind (Einleitung sowie Ziff. 1. lit. a der Bedingungen der Beklagten). Das ist der Klägerin nicht gelungen.

4.) Der geltend gemachte Belieferungsanspruch der Klägerin ist schon deswegen unbegründet, weil die Klägerin unstreitig in ihrem Lesezirkel bisher nur eine Mappe mit bestimmten Zeitschriften angeboten hat und damit keine Wahlmappen in Rede stehen. Auf den mit Schriftsatz der Klägerin vom 14. Juni 2007 dazu noch vorgelegten "Bestellschein Stand 06.2007" (Anlage K 47) kommt es insoweit nicht an.

(a) Die Beklagte verlangt in ihrer LZ-Belieferungsbedingung, dass ein breites, für den Lesezirkelvertrieb typisches Zeitschriftenangebot vorliegen muss (Anlage B 24, Einleitung, 1. Spiegelstrich).

Demgemäß ist die Klägerin gehalten, Standard-Mappen und weitere Mappen anzubieten. Denn dem Endkunden (dem Abnehmer der im Lesezirkel geführten Objekte) muss die Auswahl aus einer Vielzahl von angebotenen Zeitschriften ermöglicht werden. Dass das im Lesezirkel gängig und üblich ist, ist unstreitig.

(b) Eine solche Festlegung als Voraussetzung für die LZ-Belieferung ist sachgerecht. Die Wahlmöglichkeit hat einen erheblichen Einfluss auf das Marktgeschehen, und zwar nicht nur im Verhältnis der Lesezirkel-Unternehmen untereinander, sondern auch im Verhältnis zu den Verlagen, die wie die Beklagte die Lesezirkelunternehmer mit Zeitschriften zu einer erheblich günstigeren Preisstellung als bei dem sonstigen Pressevertrieb beliefern sollen. Durch Wahlmappen ist jedenfalls prinzipiell gewährleistet, dass auch weniger attraktive Objekte mitbezogen und daher "mitgelesen" werden. Dadurch können sich auch insoweit die Reichweiten erhöhen.

(c) Im Hinblick auf den oben dargestellten Zweck und im Hinblick darauf, dass die Hefte im LZ-Vertrieb von den Verlagen subventioniert werden, kann nicht angenommen werden, dass die LZ-Belieferungsbedingungen der Beklagten im Hinblick auf die Wahlmappen-Regelung, etwa eine kartellrechtswidrige Vereinbarung (§§ 1, 81 GWB) wären.

Im Übrigen kann es für den Klageantrag zu I. 1 auf dieses Argument der Klägerin schon deswegen nicht ankommen, weil die Klägerin diese LZ-Belieferungsvoraussetzung insoweit nicht als kartellrechtswidrig angreift, sondern sie - anders als die im Klageantrag mit "unwirksam" bezeichnete Regelung - als Teil der "geltenden Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel" verstanden wissen möchte.

(d) Aus eben diesen Gründen kann auch das Argument der Klägerin, die Änderung ihrer LZ-Belieferungsbedingungen sei verspätet, nicht durchgreifen. Die Beklagte kann ihre Lieferbedingungen, unbeschadet gesetzlicher Grenzen, ändern und der von der Klägerin geltend gemachte, in die Zukunft gerichtete Belieferungsanspruch muss sich jeweils daran orientieren.

(e) Die von der Klägerin unstreitig zunächst vorgenommene Festlegung auf ein Sortiment von 12 Zeitschriftentiteln, die Teil jeder Lesemappe sind, trägt dem nicht Rechnung. Schon deswegen ist der Belieferungsanspruch unbegründet. Denn die Beklagte behandelt die Klägerin nicht ungleich gegenüber anderen LZ-Abnehmern, soweit diese die Anforderung erfüllen und insoweit - eben anders als die Klägerin - auch beliefert werden.

Verständigerweise kann die Klägerin demgegenüber nicht mit dem Argument durchdringen, sie "werde" - wie sie unter Beweisantritt vorgetragen hat (Bl. 255) - "selbstverständlich weitere Mappen anbieten". Wie oben unter Hinweis auf die BGH-Rechtsprechung ausgeführt, genügt es nicht, wenn die Klägerin den LZ-Belieferungsbedingungen der Beklagten nicht widerspricht bzw. diese ausdrücklich "akzeptiert", ohne aber ein schlüssiges Gesamtkonzept vorzulegen, nach dem der Beklagten die Einhaltung dieser Voraussetzungen zumindest glaubhaft gemacht, wenn nicht sogar "bewiesen" wird (vgl. Anlage B 24).

Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang weiter vorgetragen, sie "richte sich selbstverständlich an der Nachfrage aus", das bisherige Angebot nur einer Mappe "sage noch nichts über die Entwicklung ihres Geschäftes und über ihr Geschäftsmodell aus". Damit hat die Klägerin kein schlüssiges Gesamtkonzept zu den Anforderungen der Beklagten vorgelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht oder gar bewiesen. Dass es daran fehlt, ist mit der Klägerin schon in der Berufungsverhandlung vom 26. April 2007 ausführlich erörtert worden (Bl. 284).

Offenbar möchte die Klägerin "erst einmal" im Wege der Verurteilung der Beklagten mit den in Rede stehenden, unstreitig besonders attraktiven Zeitschriften beliefert werden, und zwar mit der nur vagen Aussicht für die Beklagte, dass die Klägerin bei entsprechender Nachfrage auch andere Zeitschriftenobjekte in die LZ-Mappen aufnehmen wird.

Verständigerweise muss sich die Beklagte hierauf nicht einlassen. Die von Anfang an bestehende Wahlmöglichkeit der LZ-Endkunden unter verschiedenen Mappen ist, wie ausgeführt, ein sachgerechtes Kriterium für die LZ-Lieferbedingungen.

(f) Aus den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Juni 2007 vorgelegten Unterlagen zu ihrem "Modell des Lesezirkels" (Anlagen K 44-50) ergibt sich nichts anderes. Der "Bestellschein" der Klägerin (Anlage K 47) sieht nunmehr 23 Titel und Wahlmöglichkeiten vor. Es ist offenkundig, dass es sich dabei weiterhin nur um besonders nachgefragte und zudem nur um verhältnismäßige wenige Zeitschriftentitel (vgl. dazu die Beklagte Bl. 314 mit Beweisantritt) handelt. Dass die Klägerin zu diesen "ausgewählten" Zeitschriftentitel eine Belieferungszusage eines Verlages hätte, ist überdies nicht vorgetragen, die Beklagte hat das substantiiert bestritten (Bl. 314-315).

5.) Der geltend gemachte Belieferungsanspruch der Klägerin ist außerdem - und zwar unabhängig von dem oben unter Ziffer II. 4. erörterten Gesichtspunkt - deswegen unbegründet, weil die Klägerin dabei eine Belieferung mit den Zeitschriften der Beklagten unter LZ-Belieferungsbedingungen begehrt, ohne sich an die im Nachsatz des Klageantrages ("mit der Maßgabe") als "unwirksam" bezeichnete Voraussetzung der LZ-Belieferungsbedingungen halten zu müssen.

(a) Der Nachsatz in dem Klageantrag zu I.1

mit der Maßgabe, dass eine Regelung in den Lieferungs- und Zahlungsbedingungen für den Lesezirkel unwirksam ist, die es der Beklagten gestattet, die Belieferung eines Lesezirkel-Unternehmens zu versagen, wenn dieses für die Gewinnung und/oder Betreuung von Lesezirkel-Abonnenten Personen oder Unternehmen einschaltet, die für solche Unternehmen oder Vereinigungen solcher Unternehmen tätig sind, die Produkte und Dienstleistungen vertreiben;

bezieht sich jedenfalls auch auf die wegen der weiteren Tatbestandsmerkmale engere, oben wiedergegebene LZ-Bedingung der Beklagten (Anlage B 24, Einleitung, dort vorletzter Absatz, 1. Satz):

"Der Verlag (das ist die Beklagte) beliefert keine Unternehmen, die den Lesezirkel als Vertriebsinstrument für bestimmte Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen einsetzen oder für die Gewinnung und/oder Betreuung von Abonnenten Personen oder Unternehmen einschalten, die für solche Unternehmen tätig oder Mitglieder solcher Vereinigungen sind."

(b) Diese LZ-Belieferungsbedingung (Anlage B 24, Einleitung, dort vorletzter Absatz, 1. Satz) beschreibt in abstrahierter Form die von der Klägerin zunächst vorgestellten Lesezirkel-Projekte; auf die jeweiligen Besonderheiten der beiden Lesezirkel-Modelle der Klägerin, die ohnehin nicht Streitgegenstand sind, kommt es dabei nicht an. In so einem Fall schließt die LZ-Bedingung der Beklagten eine Belieferung aber gerade aus.

(aa) Die Klägerin hat vorprozessual unstreitig die Beklagte um Belieferung mit den Zeitschriften zu LZ-Belieferungsbedingungen gebeten und hierzu vorgetragen, sie sei von WELLA beauftragt worden, "einen Lesezirkel für Wella-Friseurkunden aufzubauen" (Anlage K JS 7). Dass die zu beziehenden Zeitschriften bei diesem Lesezirkel-Projekt der Klägerin über den "Wella Lieferdienst ausgeliefert" werden sollten, ist mit der Vorlage der Werbung der Klägerin unstreitig geworden (Anlagen B 1, B 6 A).

Damit plante die Klägerin einen Lesezirkel, bei dem WELLA als Werbepartner der Klägerin auftreten und die Lesezirkelabonnenten (die "Wella-Friseurkunden") mit den Zeitschriften der Beklagten beliefern sollte. Dass WELLA damit den zu beliefernden Lesezirkel der Klägerin als Instrument der eigenen Kundenbindung - auch ohne eine ausdrückliche Bezeichnung als "WELLA"-Lesemappe - eingesetzt hätte, liegt auf der Hand. Denn die "Wella-Friseurkunden" sollten damit von WELLA "betreut" (d. h. mit den Zeitschriften beliefert) werden und durch WELLA selbstverständlich auch weitere Abonnenten gewonnen werden.

(bb) Entsprechendes gilt für das weitere Lesezirkelprojekt der Klägerin, das diese in Zusammenarbeit mit der "Zahntechnik-Vereinigung" (im Folgenden: VUZ) vorbereitet hatte und durch das Zahnarztpraxen mit den Zeitschriften der Beklagten beliefert werden sollte, und zwar durch "sein (des Zahnarztkunden) Dentallabor mit den normalen Lieferungen" (Anlagen B 9, B 9 A9). Dass mit einem so gestalteten "VUZ"-Lesezirkel der von der Beklagten zu beliefernde Lesezirkel als Vertriebsinstrument für die VUZ-Vereinigung von Unternehmen wie Dental-Labore eingesetzt und die Lesezirkel-Kunden durch diese "betreut" (d. h. mit den Zeitschriften) beliefert werden sollten, liegt auf der Hand.

(c) Die in Rede stehende LZ-Bestimmung der Beklagten ist sachgerecht und demgemäß nicht etwa kartellrechtswidrig.

Soweit die Klägerin sich an solche Werbepartner (wie WELLA oder VUZ) bindet, überlässt sie die Gewinnung und Betreuung von Lesezirkelkunden dem Werbepartner, der naturgemäß nur ein Interesse an seiner branchenspezifischen Klientel hat und die Lesemappen als Instrument der eigenen (z. B. von WELLA oder VUZ) Kundenbindung einsetzt. Bei so einer Konstellation geht es nicht um eine Reichweitenverbesserung der einzelnen Zeitschriftenobjekte durch Mehrfachvermietung und breiten Streuung bezüglich der Lesezirkelkunden, durch die die Verlage ein Interesse einer Zeitschriftabgabe zu den preisgünstigeren Lesezirkelbedingungen haben können, sondern vordringlich um ein Marketinginstrument gleichsam der "Sponsoren" des Lesezirkels.

Dass die "Betreuung" (Belieferung) der Lesezirkel-Kunden nicht durch die Klägerin, sondern durch ein - aus der Sicht der Beklagten - Dritt-Unternehmen mit einem eigenen, gerade dadurch geförderten Marketinginteresse erfolgt (vgl. die Antragsbestimmung: "die Produkte und Dienstleistungen vertreiben"), zu der die Beklagte in keiner den Lesezirkelvertrieb betreffenden Vertragsbeziehung steht, muss die Beklagte nicht dulden. Insoweit ist die LZ-Bestimmung sachgerecht und angemessen, sie füllt das anerkannte, für den Lesezirkel geltende Gebot der Vertriebsneutralität aus.

Diese Vertriebsneutralität wird entgegen der Argumentation der Klägerin nicht dadurch aufgehoben oder gar gegenstandslos, dass auf den Heften der Lesezirkelmappen Werbeanzeigen Dritter geschaltet werden können. Solche Anzeigen sind allerdings üblich, betreffen aber nicht die "Gewinnung und Betreuung" von Lesezirkel-Kunden.

Unabhängig davon ist es die zwangsläufige Folge einer solchen "Lesezirkel-Sponsoring" auch, dass die eigene Kundenbindung der Werbepartner der Klägerin zu einer entsprechenden werblichen Kommunizierung führen wird. So ist z. B. - ohne dass es darauf entscheidend ankäme - bereits mit der vorgelegten Anlage B 1 unstreitig geworden, dass der für WELLA projektierte Lesezirkel der Klägerin ausdrücklich "WELLA LESEZIRKEL" heißen sollte, entsprechendes gilt für den "VUZ"-Lesezirkel (Anlage B 9). Dass das umso mehr dem für den Lesezirkel geltenden Gebot der Vertriebsneutralität widerspricht, bedarf keiner näheren Ausführung.

(d) Im Hinblick auf die von der Klägerin in dem jetzt gestellten Hauptantrag ausdrücklich vorgenommenen Ausnahme dieser (von ihr als unwirksam angesehenen) LZ-Bestimmung kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, tatsächlich wolle sie die Belieferung der Lesezirkel-Kunden durch ein von ihr beauftragtes Unternehmen (durch die Txxx) durchführen lassen und die Txxx werde auch die Abholung der Lesemappen gewährleisten. Insoweit kommt es auch nicht auf die von der Klägerin dazu noch vorgelegten Unterlagen zur Organisationsstruktur (Anlagen K 44-50) an.

Aus den Lesezirkel-Bedingungen der Beklagten ergibt sich allerdings nicht, dass das zu beliefernde Lesezirkelunternehmen die Belieferung und Abholung der Lesemappen etwa eigenhändig durchführen musste. Selbstverständlich könnte die Klägerin ihrerseits ein Vertriebsunternehmen für diese Aufgaben beauftragen. Solche "normalen" Vertriebsunternehmen betreiben aber gerade kein Sponsoring für ihre eigenen, am Markt angebotenen Waren oder Dienstleistungen, um die es aber nach dem von der Klägerin geltend gemachten Belieferungsanspruch gehen soll.

6.) Der geltend gemachte Belieferungsanspruch der Klägerin außerdem - und zwar unabhängig von dem oben unter Ziffer II. 4.-5. erörterten Gesichtspunkten - deswegen unbegründet, weil die Klägerin ihren Lesezirkel bisher unstreitig nicht an Privathaushalte angeboten bzw. geliefert hat.

(a) Nach den LZ-Belieferungsbedingungen der Beklagten müssen das Angebot und die Zeitschriftenvermietung des Lesezirkels an Privathaushalte und gewerbliche Kunden zur öffentlichen Auslage erfolgen (Anlage B 24, Einleitung, 2. Spiegelstrich).

(b) Auch diese Voraussetzung für die LZ-Belieferung ist sachgerecht. Der Absatz von Zeitschriften über den Lesezirkel ist, wie ausgeführt, ein Instrument der Verlage zur Reichweiten-Verbesserung. Dass die Reichweite sich erheblich steigern lässt, wenn ein Lesezirkel auch Privathaushalte beliefert, liegt auf der Hand. Soweit die Klägerin dem entgegenhalten möchte, sie erziele mit ihrem Projekt über die gewerblichen Abnehmer ein "Mehr" an Reichweite, wird dabei übersehen, dass ein Nichtbeliefern von Privathaushalten immer weniger Leserkontakte bedeutet als bei deren Belieferung. Insoweit muss sich die Beklagte keine Kompensation der Reichweite über andere Vertriebswege entgegenhalten lassen. Die Beklagte gibt ihre Zeitschriften unter LZ-Bedingungen preisgünstiger ab und ihr Interesse, dass sich die Lesezirkelunternehmen eben auch um den aufwendigeren Vertrieb an Privathaushalte bemühen, ist daher sachgerecht.

(c) Dass die LZ-Belieferungsbedingungen der Beklagten im Hinblick auf diese Bestimmung kartellrechtswidrig wären, kann entsprechend den obigen Ausführungen nicht angenommen werden. Zudem ist die dahin gehende Argumentation der Klägerin für den Klageantrag zu I. 1 ohnehin nicht durchgreifend. Die Klägerin greift diese LZ-Belieferungsvoraussetzung nicht als kartellrechtswidrig an, sondern möchte sie - anders als die im Klageantrag als "unwirksam" bezeichnete Regelung - als Teil der geltenden Liefer- und Zahlungsbedingungen verstanden wissen.

(d) Die von der Klägerin vorgestellten LZ-Projekte tragen dieser LZ-Belieferungsvoraussetzung nicht Rechnung. Dass bei dem geplant gewesenen WELLA- bzw. VUZ-Lesezirkel neben den jeweils angeschlossenen Friseurgeschäften bzw. Zahnarztpraxen auch Privathaushalte beliefert worden wären, ist nicht erkennbar. Sponsoren, die für ihre spezielle Klientel zur Kundenbindung preisgünstig Zeitschriften über "ihren" Lesezirkel anbieten wollen, haben naturgemäß kein Interesse daran, daneben auch Privathaushalte zu beliefern.

Soweit die Klägerin - ähnlich wie bei dem Gesichtspunkt der Wahlmappen - damit argumentiert, sie sei (selbstverständlich) auch daran interessiert, Privathaushalte zu beliefern und auf weitere Projekte, wie z. B. eine Belieferung von Privaten etwa über Lieferdienste wie B. oder Getränkelieferanten verweist, reicht das nicht aus. Die Klägerin hat auch insoweit kein schlüssiges Gesamtkonzept vorgelegt, aus dem sich ergäbe, dass auch Privathaushalte nachhaltig als LZ-Abonnenten geworben und beliefert werden sollen. Auch hierauf ist die Klägerin vom Senat ausführlich hingewiesen worden (Bl. 284).

Gerade von die Klägerin bei ihrem Projekt offenbar nun von einer Vielzahl von Kooperationspartner ausgeht, muss sie der Beklagten vor einer Belieferung die bündige Vorstellung präsentieren, wie sie - die Klägerin - als das zu beliefernde (eigentliche) Lesezirkelunternehmen das alles koordiniert ins Werk zu setzen gedenkt. Von einer Glaubhaftmachung oder gar einem Beweis kann ohnehin keine Rede sein.

Speziell zur Akquise und Belieferung von Privathaushalten ergeben auch die von der Klägerin noch vorgelegten Unterlagen zur Organisationsstruktur und Zielgruppen nichts Greifbares (vgl. insgesamt Bl. 290 ff. mit den Anlagen K 44-50). Die von der Klägerin vorgelegte "Lesezirkel-Akquisition" enthält nur eine Aufstellung von "anvisierten Möglichkeiten" (Anlage K 50).

Auf vage Aussichten einer künftigen, aber eben ungewissen Entwicklung muss sich die Beklagte nicht einlassen. Hierzu ist die Beklagte schon aus Gründen der Gleichbehandlung gegenüber ihren bisherigen LZ-Unternehmen verpflichtet. Andernfalls würden auch diese davon Abstand nehmen können, die Pflege der privaten LZ-Abonnnenten zu vernachlässigen. Das liegt schon nach aller Lebenserfahrung auf der Hand.

III.

Der mit dem Klageantrag zu II. 1 als Hilfsantrag zum Hauptantrag zu I. 1 nunmehr geltend gemachte Belieferungsanspruch der Klägerin ist unter Beachtung der Vorgaben des Bundesgerichtshofes ebenfalls nicht begründet.

1.) Der Gegenstand des Klageantrages ist die Verurteilung der Beklagten, an die Klägerin je 100 Exemplare der Zeitschriften "Stern", "Gala" und "Brigitte" nach Maßgabe ihrer geltenden Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel Zug um Zug gegen die sich unter Berücksichtigung dieser Konditionen ergebenden Zahlungen zu liefern.

Damit unterscheidet sich der Hilfsantrag im Streitgegenstand vom Hauptantrag zu I. 1 nur insoweit, als die von der Beklagten aufgestellte LZ-Belieferungsvoraussetzung, die im Hauptantrag ausgenommen worden ist, im Hilfsantrag als solche akzeptiert und insoweit als gegeben unterstellt wird.

2.) Der geltend gemachte Belieferungsanspruch der Klägerin ist schon deswegen unbegründet, weil die Klägerin in ihrem Lesezirkel bisher nur eine Mappe mit bestimmten Zeitschriften angeboten hat und damit keine Wahlmappen. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. 4. wird entsprechend Bezug genommen.

3.) Der geltend gemachte Belieferungsanspruch der Klägerin außerdem - und zwar unabhängig von dem Gesichtspunkt zu Ziffer III. 2. - deswegen unbegründet, weil die Klägerin ihren Lesezirkel bisher unstreitig nicht an Privathaushalte angeboten bzw. geliefert hat. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. 6. wird entsprechend Bezug genommen.

4.) Der geltend gemachte Belieferungsanspruch der Klägerin außerdem - und zwar unabhängig von den oben unter Ziffer III. 2. und III.3. erörterten Voraussetzungen - deswegen unbegründet, weil die Klägerin bei ihrem Lesezirkel den Grundsatz der sog. Vertriebsneutralität nicht beachtet, wie er in der oben bereits wiedergegebenen LZ-Bedingung der Beklagten zum Ausdruck kommt (Anlage B 24, Einleitung, dort vorletzter Absatz, 1. Satz):

"Der Verlag (das ist die Beklagte) beliefert keine Unternehmen, die den Lesezirkel als Vertriebsinstrument für bestimmte Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen einsetzen oder für die Gewinnung und/oder Betreuung von Abonnenten Personen oder Unternehmen einschalten, die für solche Unternehmen tätig oder Mitglieder solcher Vereinigungen sind."

(a) Diese LZ-Belieferungsbedingung der Beklagten ist sachgerecht. Auf die obigen Ausführungen hierzu wird Bezug genommen. Im Übrigen greift die Klägerin bei dem vorliegenden Hilfsantrag diese Bestimmung nicht als kartellrechtswidrig an.

(b) Wie oben unter Ziffer II. 5. ausgeführt, plante die Klägerin mit ihren Lesezirkeln WELLA und VUZ, für die sie von der Beklagten mit den Zeitschriften beliefert werden wollte, zwei Lesezirkel-Modelle, die der genannten LZ-Belieferungsbedingung der Beklagten (Anlage B 24, Einleitung, dort vorletzter Absatz, 1. Satz) abstrahiert entsprachen, und zwar insbesondere im Hinblick auf die "Gewinnung und Betreuung" von LZ-Abonnenten; hierzu gehört, wie ausgeführt, auch die Lieferung und Abholung der Zeitschriften an die bzw. bei den LZ-Abonnenten.

Dass solche speziellen Sponsoren an der Betreuung von Kunden außerhalb ihrer eigenen Klientel kein nachhaltiges Interesse haben werden, liegt auf der Hand. Soweit z. B. WELLA über den Lesezirkel der Klägerin ihren (der Firma WELLA) Kunden (den Wella-Friseurgeschäften) preisgünstig die Zeitschriften der Beklagten anbietet, ist nicht erkennbar, dass WELLA andere, branchenfremde LZ-Abonnenten ebenso nachhaltig "betreuen", d. h. z. B. auch das Liefern und Abholen von Zeitschriften bei Privathaushalten übernehmen werden.

Die Klägerin geht inzwischen, wie ausgeführt, von einer Vielzahl von Kooperationspartner aus. Damit verstärkt sich die Problemstellung einer bündigen Gesamtkonzeption, die in den Händen der Klägerin liegen müsste, auch wenn sie dabei selbstverständlich arbeitsteilig vorgehen könnte. Diesem Anspruch wird das von der Klägerin vorgestellte Modell - tatsächlich hat die Klägerin während der Prozessdauer eine Fülle von Modellvarianten ins Feld geführt - auch mit den vorgelegten Unterlagen (Anlagen K 44-50) nicht gerecht. Die Gewinnung von LZ-Abonnenten soll u. a. durch die Kooperationspartner erfolgen, aber auch andere Wege bzw. "anvisierte Möglichkeiten" sollen in Betracht kommen (Anlage K 50). Dass damit das berechtigte Anliegen der Beklagten hinsichtlich der Vertriebsneutralität der Klägerin gewährleistet wäre, ist nicht erkennbar.

Entsprechendes gilt für das Liefern und Abholen der Zeitschriften bei den Abonnenten. Die Unterlagen zu der Organisationsstruktur der Klägerin (Anlagen K 44-45) enthalten nichts Greifbares, dass eine Zusammenarbeit mit Txxx erfolgen soll, hat die Klägerin zwar vorgetragen, aber nichts zu einem konkreten Vertragsabschluss. Das im Vertriebs-Organigramm (Anlage K 45) in Bezug genommene "Vertragsbestätigungsschreiben" ist nicht konkret, Preise waren damals (13. August 2005: Anlage K 35) noch nicht vereinbart, von einer kaufmännischen Kalkulation kann keine Rede sein. Dass damit auch nicht gesichert ist, dass die erforderlichen Leistungen der Klägerin bezüglich des Lieferns und Abholens der Zeitschriften zuverlässig erbracht werden, liegt auf der Hand.

Damit besteht aus der maßgeblichen Sicht der Beklagten auch im Hinblick auf diese LZ-Belieferungsbedingung kein insoweit schlüssiges Gesamtkonzept eines Lesezirkels der Klägerin. Der geltend gemachte Belieferungsanspruch der Klägerin besteht auch insoweit nicht.

IV.

Der mit dem Klageantrag zu I. 2 als Hauptantrag nunmehr gestellte Feststellungsantrag bezüglich des Bestehens eines weitergehenden Belieferungsanspruchs der Klägerin ist unter Beachtung der Vorgaben des Bundesgerichtshofes ebenfalls nicht begründet.

1.) Der Gegenstand des Klageantrages ist die Feststellung,

dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin auf Bestellung auch mehr als 100 Exemplare der Zeitschriften "Stern", "Gala" und "Brigitte" in für Lesezirkelunternehmen branchenüblichen Mengen nach Maßgabe ihrer geltenden Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel Zug um Zug gegen die sich unter Berücksichtigung dieser Konditionen ergebenden Zahlungen zu liefern,

und zwar mit der Maßgabe,

dass eine Regelung in den Lieferungs- und Zahlungsbedingungen für den Lesezirkel unwirksam ist, die es der Beklagten gestattet, die Belieferung eines Lesezirkel-Unternehmens zu versagen, wenn dieses für die Gewinnung und/oder Betreuung von Lesezirkel-Abonnenten Personen oder Unternehmen einschaltet, die für solche Unternehmen oder Vereinigungen solcher Unternehmen tätig sind, die Produkte und Dienstleistungen vertreiben.

Demgemäß geht es um einen festzustellenden Belieferungsanspruch der Klägerin entsprechend demjenigen, wie er mit dem Haupt-Klageantrag zu I. 1 geltend gemacht worden ist, allerdings in der Menge über die jeweils 100 Heftexemplare hinausgehend.

2.) Der Belieferungsanspruch besteht nicht, der Feststellungsantrag ist demgemäß unbegründet. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. wird entsprechend Bezug genommen.

V.

Auch der mit dem Klageantrag zu II. 2 als Hilfsantrag zum Hauptantrag zu I. 2 nunmehr gestellte Feststellungsantrag bezüglich des Bestehens eines weitergehenden Belieferungsanspruchs der Klägerin ist unter Beachtung der Vorgaben des Bundesgerichtshofes nicht begründet.

1.) Der Gegenstand des Klageantrages ist die Feststellung,

dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin auf Bestellung auch mehr als 100 Exemplare der Zeitschriften "Stern", "Gala" und "Brigitte" in für Lesezirkelunternehmen branchenüblichen Mengen nach Maßgabe ihrer geltenden Liefer- und Zahlungsbedingungen für Lesezirkel Zug um Zug gegen die sich unter Berücksichtigung dieser Konditionen ergebenden Zahlungen zu liefern.

Demgemäß geht es um einen festzustellenden Belieferungsanspruch der Klägerin entsprechend demjenigen, wie er mit dem Hilfs-Klageantrag zu II. 1 geltend gemacht worden ist, allerdings in der Menge über die jeweils 100 Heftexemplare hinausgehend.

2.) Der Belieferungsanspruch besteht nicht, der Feststellungsantrag ist demgemäß unbegründet. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer III. wird entsprechend Bezug genommen.

VI.

Der mit dem Klageantrag zu III. gestellte Feststellungsantrag bezüglich der Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen der Nichtbelieferung der Klägerin mit den Zeitschriften ist ebenfalls nicht begründet.

Die Klägerin hat bisher bei der Vorstellung ihrer Lesezirkel-Modelle nicht den LZ-Belieferungsbedingungen der Beklagten entsprochen. Insoweit bestand und besteht kein Belieferungsanspruch. Das gilt auch für die Bedingungen wie sie vor den jetzt gültigen (Anlage B 24) bestanden haben (seit Mai 1976: Anlage K JS 3). Sie stimmen in wesentlichen, oben ausführlich erörterten Punkten überein.

Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. bis V. entsprechend Bezug genommen.

VII.

Die Berufung der Klägerin war nach alledem nicht begründet.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO n. F.). Die Rechtssache geht, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, über die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt nicht hinaus. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Zulassung der Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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