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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 19.10.2000
Aktenzeichen: 12 WF 168/00
Rechtsgebiete: ZPO, BSHG
Vorschriften:
ZPO § 115 Abs. 2 | |
ZPO § 115 Abs. 1 | |
ZPO § 115 S. 1 Nr. 1 | |
BSHG § 76 Abs. 2 Nr. 3 |
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß
12 WF 168/00 292 F 260/00
In der Familiensache
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Familiensenat, am 19. Oktober 2000 durch die Richter
Schultz, Künkel, Dr. Koch
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Amtsgerichts Hamburg - Familiengericht - vom 4.9.2000 dahingehend abgeändert, daß dem Antragsteller für das Scheidungsverfahren Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt wird M wird zur Vertretung beigeordnet.
Begründung:
Die Beschwerde des Antragstellers, mit der er sich gegen die Versagung von Prozeßkostenhilfe für das Scheidungsverfahren wendet, ist begründet. Der Auffassung des Familiengerichts, daß der Antragsteller zur Finanzierung der Prozeßkosten seine Lebensversicherung bei der Hamburg einsetzen müsse, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Die beitragsfrei gestellte Versicherung beläuft sich zwar auf DM 13.037.- zuzüglich DM 3500 Überschußanteile ( Schreiben der Hamburg vom 26.6.00 ). Sie wird jedoch erst im Jahre 2017 fällig, so daß der Antragsteller die Versicherung vorzeitig kündigen und den ganz erheblich niedrigeren Rückkaufswert realisieren müßte, um seinen Scheidungsprozeß zu finanzieren. Ein solche vorzeitige Kündigung ist in der Regel nicht zumutbar gemäß § 115 Abs.2 ZPO ( OLG Bamberg JurBüro 91, 977; Zöller-Philippi, ZPO, 21.Aufl., § 115 Rn.59a; Zimmermann, Prozeßkostenhilfe in Familiensachen, Rn.149; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, 2.Aufl., Rn. 327). Allerdings mag etwas anderes gelten, wenn die Altersversorgung, der auch die vorliegende Lebensversicherung ersichtlich dient, bereits anderweitig gesichert ist und es sich um eine eher der sonstigen Vermögensbildung dienende Kapitalversicherung handelt. Dies hat etwa das OLG Stuttgart ( OLG Report 99,63 ) in einem Fall angenommen, in dem es um einen Rückkaufswert von rund DM 82.000 ging, die Antragstellerin neben ihrer gesetzlichen Rente weitere Anwartschaften aus dem Versorgungsausgleich zu erwarten hatte und außerdem eine Teilkündigung der Lebensversicherung möglich war.
Von einer vergleichbaren Fallgestaltung kann vorliegend nicht die Rede sein : Der Antragsteller verdient als Koch DM 2600 brutto, netto DM 1872.-. Bei einem solchen Einkommen hat er nur eine niedrige gesetzliche Rente zu erwarten. Die zusätzliche Altersvorsorge durch eine Lebensversicherung, deren Prämien er gegenwärtig nicht einmal mehr bedienen kann, ist ihm daher zu belassen. Würde er diese Prämien in Höhe von DM 80.- monatlich als abzugsfähige Belastungen gemäß §§ 115 Abs. 1, S.1 Nr.1 ZPO, 76 Abs.2 Nr.3 BSHG geltendmachen, wären sie als nach Grund und Höhe angemessen anzusehen. Es wäre widersprüchlich, dem Antragsteller bei der Frage des einsetzbaren Vermögens dann die vorzeitige und unwirtschaftliche Kündigung der Lebensversicherung zuzumuten.
An der vorstehenden Beurteilung ändert sich auch nichts dadurch, daß der Antragsteller ausweislich der vorgelegten Verdienstbescheinigung außerdem eine betrieblich veranlaßte Direktversicherung mit monatlich DM 175.- bedient. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß hier schon ein verwertbares Vermögen vorliegt, zumal der Antragsteller erst am 1.12.16 bei seinem jetzigen Arbeitgeber eingetreten ist.
Angesichts der Einkommensverhältnisse des Antragstellers kommt auch keine Beleihung der Lebensversicherung bei der Hamburg in Betracht, denn er könnte neben seinen sonstigen Belastungen keine Kreditraten leisten. Hierzu hat der Antragsteller auch ein Schreiben der Postbank vorgelegt, daß ihm ein Privatkredit verweigert würde.
Ende der Entscheidung
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