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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 02.08.2005
Aktenzeichen: 13 AR 26/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 281 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
13 AR 26/05

Hamburg, den 2. August 2005

BESCHLUSS

Tenor:

Eine Entscheidung über die Zuständigkeit ergeht nicht.

Gründe:

Das Hanseatische Oberlandesgericht ist gem. § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit zwischen dem Amtsgericht Hamburg-St. Georg und Münster zuständig, da das im hiesigen Bezirk befindliche Amtsgericht Hamburg-St. Georg zuerst mit der Sache befaßt gewesen ist. Das für die Zuständigkeitsbestimmung nach § 37 Abs. 1 ZPO erforderliche Gesuch ist hier in dem Vorlagebeschluß des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg vom 20.06.2005 enthalten.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen indes nicht vor. Diese Vorschrift verlangt, dass sich die beteiligten Gerichte "rechtskräftig" für unzuständig erklärt haben. Zwar läßt die Rechtsprechung im Interesse einer raschen Klärung negativer Kompetenzkonflikte im Rahmen der analogen Anwendung des § 36 Nr. 6 ZPO die tatsächliche beiderseitige Kompetenzleugnung ausreichen, dies gilt aber nur dann, wenn die Kompetenzleugnungen nicht rein gerichtsintern geblieben sind (BGH NJW-RR 1992, 1154; NJW 1988, 2739, 2740; NJW 1988, 1794; NJW 1983, 1062; NJW 1978, 1531; Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Auflage 2005, § 36 Rn. 24 f., m.w.N.). Die Unzuständigkeitserklärung muss aber den Beteiligten - zumindest formlos - bekannt gemacht worden sein (std. Rechtsprechung des Senates, vgl. auch: OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 429; BayObLGZ 1994, 91, 93).

Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg hat sich durch begründeten und den Parteien zugestellten Beschluß vom 11.05.2005 (Az.: 920 C 192/05) für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag der Kläger und nach Anhörung des Beklagten gemäß § 281 ZPO an das Amtsgericht Münster verwiesen. Die Unzuständigkeitserklärung des Amtsgerichts Münster ergibt sich demgegenüber lediglich mittelbar aus einem Aktenvermerk und der Rückgabeverfügung vom 13.06.2005, die den Beteiligten aber nicht bekannt gemacht worden ist, also nicht nach außen gedrungen und nur ein gerichtsinterner Vorgang geblieben ist. Insoweit liegt keine für das Bestimmungsverfahren gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO taugliche Entscheidung auch des Amtsgerichts Münster vor.

Vorsorglich weist der Senat zur Vermeidung weiteren Zuständigkeitsstreits auf folgendes hin:

Das Amtsgericht Münster dürfte örtlich zuständig sein, da es gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO an den Beschluß des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg gebunden ist.

Einer der Ausnahmefälle, in denen aus rechtsstaatlichen Gründen (vgl. Art. 20 Abs. 3 und Art. 101 Abs. 1 GG) ein Verweisungsbeschluß nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht als verbindlich hingenommen werden kann (vgl. z.B. BGHZ NJW 1978, 1163; BGH NJW 2003, 3201), liegt nicht vor. Der Verweisungsbeschluß ist nicht willkürlich in dem Sinne, daß er bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erschiene und offensichtlich unhaltbar wäre (BVerfGE 29, 45, 49; BGH NJW 1993, 1273; BGH MDR 1996, 1032 BGH NJW-RR 2002, 1498; BGH NJW 2003, 3201).

Soweit das Amtsgericht Münster den Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg deshalb unrichtig erachtet, weil die Gerichtswahl der Kläger im Mahnbescheid endgültig und unwiderruflich und die Verweisung daher grob rechtsirrig erfolgt seien, wird hierdurch die Wirksamkeit und Verbindlichkeit des Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg nicht berührt. Unabhängig davon, daß auch eine (etwaige) bloße inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg allein für eine Durchbrechung des Grundsatzes der Unanfechtbarkeit von Verweisungsbeschlüssen und zur Aufhebung deren Bindungswirkung nach § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht genügte, gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, daß das Amtsgericht Hamburg-St. Georg quasi sehenden Auges und bewußt die (objektive) Rechtslage verkennend die Verweisung an das Amtsgericht Münster ausgesprochen hätte. Die von den Klägern getroffene Gerichtswahl war nämlich nicht fehlerfrei und damit auch nicht unwiderruflich und bindend (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO; § 35 Rn 2 f., m.w.N.). Für die Klage auf Zahlung von Anwaltshonorar ist das von den Klägern im Mahnbeschied bestimmte Amtsgericht Hamburg-St. Georg unter keinem Gerichtspunkt örtlich zuständig, so daß der Antrag der Kläger vom 14.04.2005 auf Verweisung / Abgabe an das Gericht des allgemeinen Gerichtsstandes des Beklagten noch möglich war. Dies hat das Amtsgericht Hamburg-St. Georg in seinem Vorlagebeschluß vom 20.06.2005 zutreffend ausgeführt. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug auf die dortigen Ausführungen.



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