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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 15.08.2002
Aktenzeichen: 13 U 20/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 139 Abs. 2
Bei der gerichtlichen Bewertung der Erfolgsaussichten des Parteivorbringens muss es sich nicht um einen "Hinweis" im Sinne des § 139 Abs. 2 ZPO handeln, selbst wenn das Gericht seine Bewertung als "Hinweis" bezeichnet.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß

Geschäftszeichen: 13 U 20/02 325 O 287/01

In dem Rechtsstreit

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 13. Zivilsenat, am 15.08.2002 durch die Richter Rapp, Westphalen, Focken

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Mit zutreffenden Gründen hat Landgericht der Klage stattgegeben. Nach Einschätzung des Gerichts liegt keine Verletzung formellen Rechts durch das Landgericht vor. Weder hätte das Landgericht weitere Hinweise erteilen, noch der Beklagtenseite gem. § 139 Abs. 5 ZPO Gelegenheit zu weiterem Vortrag nach der mündlichen Verhandlung vom 4.4.02 geben müssen.

Auf die fehlende Substantiiertheit des Beklagtenvortrags zu den angeblichen Vereinbarungen der Parteien des Kaufvertrags in Abweichung von dem notariell beurkundeten Text hatte das Landgericht bereits mit Verfügung vom 30.1.2002 hingewiesen und der Beklagten eine Frist zur Ergänzung dieses Vortrags binnen drei Wochen gesetzt. Erst am Tag der mündlichen Verhandlung, am 4.4.02, hat die Beklagte sodann schriftsätzlich und mündlich weiter vorgetragen.

Bei dem in der Verhandlung durch den Vorsitzenden gegebenen "Hinweis" auf die weiterhin fehlende Substantiiertheit des Beklagtenvortrags handelt es sich demgemäß nicht um einen Hinweis im Sinne des § 139 ZPO, sondern um die Bewertung der Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung der Beklagten. Zu der Bekanntgabe einer solchen Einschätzung ist das Gericht jederzeit berechtigt, um den Parteien eine Abwägung der Prozessrisiken zu ermöglichen und ggf. den Weg zu einer wirtschaftlich sinnvollen Verfahrensbeendigung zu weisen. Anlass zur erneuten Gewährung einer Frist zur weiteren Ergänzung des Beklagtenvortrags hat nicht bestanden. Auf den Wortlaut des Protokolls der mündlichen Verhandlung kommt es insoweit nicht an.

Das Landgericht hätte auch nicht die mündliche Verhandlung wieder eröffnen müssen, da eben kein Verstoß gegen die Hinweispflicht vorliegt (§ 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht hat den nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 20.4.02 deshalb zu Recht nicht berücksichtigt (§ 296a ZPO).

- Dazu, dass die Beklagte und der Verkäufer des Grundstücks abweichend von dem Text des notariellen Kaufvertrags die Unbeachtlichkeit der notariellen Fälligkeitsmitteilung vereinbart hätten, hat die Beklagte erst in dem Schriftsatz vom 20.4.02 Angaben gemacht, die der Beweiserhebung zugänglich sind. Dabei trifft die Beklagte die Beweislast für die angebliche Verständigung der Kaufvertragsparteien. Die Klägerin muss sich weder das Wissen, noch gar die Rechtsansicht des Verkäufers, dessen Anspruch sie gepfändet hat, zurechnen lassen oder zu eigen machen.

- Der Vortrag unter Ziffer 2) des genannten Schriftsatzes vom 20.4.02, auf den die Beklagte in ihrer Berufungsschrift Bezug nimmt, ist in der Berufungsinstanz als neuer Vortrag unzulässig. Das Landgericht hat nämlich die Möglichkeit nicht übersehen (§ 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), dass eine vom notariellen Vertrag abweichende Vereinbarung zwischen den Kaufvertragsparteien als Einwendung gegen den klägerischen Anspruch bestehen könnte. Vielmehr hat das Landgericht einen diesbezüglichen Hinweis (am 30.1.02) erteilt. Auch liegt im ersten Rechtszug kein Verfahrensmangel vor (§ 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Es ist auch nicht ersichtlich, dass verspätete Vortrag nicht früher, insbesondere nämlich innerhalb der vom Landgericht gesetzten Äußerungsfrist, hätte erfolgen können, so dass von einer Nachlässigkeit der Beklagten auszugehen ist (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Die anwaltliche Versicherung des Beklagtenvertreters (unter Ziffer 6 des Beklagtenschriftsatzes vom 20.4.02), die Informationen seien erst nach der mündlichen Verhandlung erlangt worden, bezieht sich ausdrücklich nur auf den Vortrag unter Ziffer 1) in jenem Schriftsatz. Der Vortrag unter Ziffer 1) ist jedoch in diesem Zusammenhang unerheblich, abgesehen davon, dass über die fehlende Nachlässigkeit in Bezug auf den Zeitpunkt des Vortrags nichts gesagt ist.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erscheine, eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich.

Der Beklagten wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von 3 Wochen gegeben.

Ende der Entscheidung

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