Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 25.04.2001
Aktenzeichen: 13 U 38/00
Rechtsgebiete: VOB/B, BGB, ZPO


Vorschriften:

VOB/B § 17 Nr. 3
VOB/B § 17 Nr. 6 Abs. 3
VOB/B § 4 Nr. 3
BGB § 254
BGB § 278
BGB § 273
BGB § 164
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 38/00 304 O 315/97

Verkündet am: 25. April 2001

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

gegen

Beklagte, Berufungsbeklagte

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 13. Zivilsenat, durch die Richter Rapp, Schaps-Hardt, Lauenstein nach der am 28. März 2001 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin und unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 4, vom 3. Mai 2000 - 304 O 315/97 - geändert und wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 22.300,- nebst 4% Zinsen seit dem 15. November 1997 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe der Originalbürgschaft der Winterthur-Garantie, Deutsche Garantie- und Kautions-Versicherungs Aktiengesellschaft vom 12. September 1997 mit der Bürgschaftsnummer 35B0-531-350462726-7 über DM 22.300,-.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 34.000,- abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Auszahlung eines Sicherheitseinbehaltes in Höhe von DM 22.300,-.

Die Klägerin führte für den Beklagten Alu-Dacharbeiten aus. Gemäß dem Auftrag vom 18. Juli 1996 betrug das Auftragsvolumen DM 426.779,38. Die Parteien vereinbarten die Anwendung der VOB. Desweiteren regelten die Parteien in Ziffer 14 Nr.3 der allgemeinen Bedingungen zum Leistungsverzeichnis (AGB), daß die Sicherheitsleistung in Höhe von fünf Prozent nach Ablauf von fünf Jahren nach Abnahme der Leistungen oder vorher gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft ausgezahlt werden sollte.

Nach Fertigstellung der Arbeiten erstellte die Klägerin am 31. Januar 1997 ihre Schlussrechnung. In der Schlussrechnung sind neben einem Pauschalbetrag für "Alu-Dacheindeckung " weitere Einzelpositionen gemäß Nachtragsangeboten mit einem Gesamtvolumen von ca. DM 31.000,- aufgeführt. Diese Zusatzarbeiten wurden von dem für den Beklagten tätigen Architekten B. in Auftrag gegeben. Nachdem am 6. Februar die von der Klägerin erbrachten Leistungen abgenommen worden waren, prüfte der Architekt die Schlussrechnung und befand sie mit einem Vermerk vom 27. Februar 1997 für richtig. Von der Bruttosumme brachte der Architekt mit handschriftlichem Vermerk eine Garantiesumme von fünf Prozent (DM 22.300,-) in Abzug gebracht. Er fügte insoweit hinzu, daß dieser Betrag gegen Bürgschaft abzulösen sei. Anschließend leitete der Architekt die Schlussrechnung mit seinem Prüfvermerk an den Beklagten weiter, der den von dem Architekten errechneten Betrag an die Klägerin auszahlte.

Mit Schreiben vom 16. September 1997 übersandte die Klägerin dem Beklagten die im Urteilstenor näher bezeichnete Gewährleistungsbürgschaft über DM 22.300 und forderte den Beklagten auf, den Sicherheitseinbehalts auszuzahlen. Da der Beklagte dieser Aufforderung nicht nachkam, erinnerte die Kl. den Beklagten mit Schreiben vom 20. September 1997 an die Auszahlung und setzte eine Frist bis spätestens zum 2. Oktober 1997. Eine Zahlung erfolgte nicht. Nachdem die Klägerin den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben letztmalig aufgefordert hatte, DM 22.300,- bis zum 15. November 1997 zu zahlen, meldete sich die Prozessbevollmächtigte der Beklagten und schickte die Bürgschaftsurkunde mit dem Hinweis auf Baumängel an der von der Klägerin erstellten Hauptentwässerungsrinne zurück.

Die gesamte Planung der Dachflächenentwässerung stammt von dem Architekten des Beklagten. Bedenken gegen die Art der Planung sind von der Klägerin nicht vorgebracht worden. Bereits 1996 ist unterhalb der von der Klägerin erstellten Hauptrinne Wasser in das Gebäude des Beklagten eingedrungen. Auch in der Folgezeit ist es wiederholt zu Wassereintritten in das Innere des Gebäudes gekommen.

Die Klägerin ist der Auffassung, daß der Beklagte aufgrund der Weigerung, die Bürgschaft anzunehmen, in entsprechender Anwendung des § 17 Nr. 6 Absatz 3 VOB/B verpflichtet sei, den Sicherheitseinbehalt auszuzahlen. Der Hinweis auf etwaige Mängel sei irrelevant. Etwaige Mängel würden den Einbehalt der Sicherheit nicht rechtfertigen können.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin DM 22.300,- nebst 10% Zinsen seit dem 15. November 1997 zu zahlen;

hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin DM 22.300,- nebst 10 % Zinsen seit dem 15. November 1997 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe der Originalbürgschaft der Winterthur-Garantie, Deutsche Garantie- und Kautions-Versicherungs-Aktiengesellschaft vom 12. September 1997 mit der Bürgschaftsnummer 35B0-531-350462726-7 über DM 22.300,-.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, daß er für die geleisteten Zusatzarbeiten nicht aufzukommen habe. Der Architekt sei nicht bevollmächtigt gewesen, für den Beklagten Aufträge zu erteilen. Dementsprechend liege bereits eine Überzahlung vor, so daß er schon aus diesem Grunde keine Zahlung mehr schulde.

Im übrigen hat der Beklagte vorgetragen, daß die Hauptrinne mangelhaft erstellt worden sei, so daß ihm ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB zustehe.

Das Landgericht hat entsprechend dem Beweisbeschluß vom 1. Juli 1998 Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen G. vom 9. März 1999, die ergänzende Stellungnahme vom 15. September 1999 und das Protokoll vom 6. März 2000 über die mündliche Anhörung des Sachverständigen verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage nur teilweise stattgegeben.

Es hat ausgeführt, daß jedenfalls durch die Zahlung der Schlußrechnung die seitens des Architekten erfolgte zusätzliche Auftragserteilung genehmigt worden sei, so daß es auf die Frage einer Duldungs- oder Rechtsscheinsvollmacht nicht mehr ankomme.

Auch stehe dem Beklagten kein Zurückbehaltungsrecht in Höhe der vereinbarten Sicherheitsleistung zu. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, den Austausch der Sicherungsrechte gem. § 17 Nr. 3 VOB/B zu akzeptieren und den Sicherheitseinbehalt auszuzahlen. Die Rücksendung der von der Klägerin übersandten Bürgschaftsurkunde stelle einen Verstoß gegen § 17 Nr. 3 VOB/B dar und führe damit zum Erlöschen des vertraglichen Anspruchs auf Sicherheitsleistung; insoweit finde § 17 Nr. 6 Absatz 3 VOB/B entsprechende Anwendung.

Allerdings hat das Landgericht dem Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln an der Hauptentwässerungsrinne zugebilligt. Dabei ist das Landgericht davon ausgegangen, daß die handwerkliche Ausführung der Klägerin der Planung entspreche. Allerdings sei die Planung selbst mangelhaft, was zu verschiedenen Mangelerscheinungen führe. Die Fehlerhaftigkeit der Planung habe die Klägerin erkennen müssen. Dementsprechend sei die Klägerin gem. § 4 Nr. 3 VOB/B verpflichtet gewesen, vor Ausführung der Arbeiten Bedenken anzumelden. Der Beklagte müsse sich seinerseits die mangelhafte Planung seines Architekten gem. §§ 254, 278 BGB zurechnen lassen. Da das Verschulden die Architekten bei der mangelhaften Planung gegenüber der Pflichtverletzung der Klägerin deutlich überwiege, sei von einer Mithaftungsquote des Beklagten in Höhe von 2/3 auszugehen. Da der Sachverständige die Mängelbeseitigungskosten auf DM 51.724,40 geschätzt habe, ergebe sich ein Zuschussanspruch der Klägerin in Höhe von DM 34.482,93.

Demgemäß hat das Landgericht eine doppelte Zug-um-Zug-Verurteilung ausgesprochen.

Die Klägerin macht mit der Berufung geltend, daß sie keinen Planungsfehler bei der Konstruktion der Rinne erkannt habe. Etwaige Fehler habe sie auch nicht erkennen müssen. Da sie die Konstruktion fachlich überdacht habe, habe sie auf die Richtigkeit der Planung vertrauen können. Daher liege ein Verstoß gegen § 4 Nr. 3 VOB/B nicht vor. Soweit der Sachverständige etwas anderes ausgeführt habe, werde ein Obergutachten beantragt, da der Sachverständige von der in Rede stehenden Materie der Entwässerung augenscheinlich keine Ahnung habe. Jedenfalls sei eine etwaige Mithaftungsquote der Klägerin allenfalls mit 10% anzusetzen. Im übrigen funktioniere die von ihr erbrachte Werkleistung bis zum heutigen Tage uneingeschränkt. Jedenfalls liege kein Ausführungsfehler vor. Sollten Planungsfehler vorliegen, so müsse sich der Beklagte an seinen Architekten halten. Die von der Ausschreibung abweichende Art der Verschweißung der einzelnen Rinnenstücke sowie das Einlegen der Betonwegplatten sei notwendig gewesen und mit dem Architekten abgestimmt worden.

Die Klägerin hat im Rahmen der Berufungsbegündung zunächst eine Verurteilung des Beklagten gemäß den erstinstanzlichen Anträgen beantragt. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihr Begehren auf den erstinstanzlichen Hilfsantrag beschränkt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 3. Mai 2000 - 304 O 315/97 - zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin DM 22.300,- nebst 10% Zinsen seit dem 15. November 1997 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe der Originalbürgschaft der Winterthur-Garantie, Deutsche Garantie- und Kautions-Versicherungsaktiengesellschaft vom 12. September 1997 mit der Bürgschaftsnummer 35B0-531-350462726-7 über DM 22.300,-.

Der Beklagte beantragt,

das am 3. Mai 2000 verkündete Urteil des Landgerichts Hamburg zum Aktenzeichen 304 O 315/97 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte macht mit der Berufung geltend, daß es nicht nachvollziehbar sei, warum das Bezahlen von Rechnungen als Genehmigung der Auftragsvergabe ausgelegt werden könne.

Unzutreffend sei die Auffassung des Landgerichtes, dem Beklagten stehe kein Zurückhaltungsrecht in Höhe der vereinbarten Sicherheitsleistung zu. Der Beklagte sei aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wegen der vorliegenden Mängeln berechtigt gewesen, die von der Klägerin zur Verfügung gestellte Bürgschaft zurückzusenden und den Bareinbehalt vorzuziehen.

Die doppelte Zug-um-Zug-Verurteilung sei schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil das bestehende Zurückbehaltungsrecht wegen der vorliegenden Mängel in Höhe des dreifachen Wertes der Kosten der Mängelbeseitigung bestehe. Selbst bei einem Planungsverschulden der Architekten in Höhe von 2/3 führe dies zu einer uneingeschränkten Klagabweisung. Im übrigen habe das Landgericht die Mithaftungsquote nicht zutreffend festgelegt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die von den Parteien eingelegten Berufungen sind zulässig.

In der Sache hat jedoch nur die von der Klägerin eingelegte Berufung (zum ganz überwiegenden Teil) Erfolg.

Der Klägerin steht gemäß § 17 Nr.3 VOB/B in Verbindung mit Ziffer 14 Nr.3 AGB ein Anspruch auf Auszahlung der von dem Beklagten einbehaltenen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 22.300,- zu.

Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, daß die Höhe der Schlußrechnung im Hinblick auf die abgerechneten Zusatzarbeiten nicht zu beanstanden sei, so daß der Beklagte nicht geltend machen könne, mit den von ihm geleisteten Zahlungen seien die Werklohnansprüche der Klägerin bereits überzahlt.

Hinsichtlich der von dem Architekten in Auftrag gegebenen Zusatzarbeiten liegen die Voraussetzungen des §164 BGB vor. Da Architekten berufsspezifisch für ihre Auftraggeber tätig werden, spricht vorliegend die Vermutung dafür, daß der Architekt im Namen des Beklagten gehandelt hat. Hierzu war der Architekt aufgrund seiner ihm von dem Beklagten eingeräumten Stellung auch bevollmächtigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erteilt der Bauherr dem Architekten, dem er die technische und geschäftliche Oberleitung sowie die Bauausführung überträgt, damit zugleich in gewissem Umfange auch die Befugnis, ihn gegenüber den Bauhandwerkern zu vertreten (vgl. BGH NJW 1960, 859; BauR 1975, 358)). Hier hat der Architekt im Rahmen seiner sog. originären Vollmacht gehandelt, da er umfassend von der Beklagten bevollmächtigt worden war (Planung, Genehmigung, Bauüberwachung) und lediglich Zusatzaufträge kleineren Umfangs erteilt hat. Das Volumen der einzelnen Zusatzaufträge liegt nämlich jeweils unter 5%, das Gesamtvolumen unter 10% der ursprünglichen Auftragssumme.

Aber auch im Falle eines vollmachtslosen Handelns des Architekten könnte der Beklagte eine bereits eingetretene Überzahlung nicht geltend machen, da in der Bezahlung der Schlußrechnung eine schlüssige Genehmigung des Vertreterhandels zu sehen ist (§§177, 184 BGB). Der Beklagte konnte der ihm vorgelegten Schlußrechnung ohne weiteres entnehmen, daß die Klägerin neben den pauschal abgerechneten Arbeiten weitere "Arbeiten gemäß Nachtragsangebot" in Rechnung gestellt hat. Wenn der Beklagte gleichwohl die von ihm selbst nicht in Auftrag gegebenen Arbeiten bezahlt, konnte die Klägerin diese Handlungsweise nur als Genehmigung verstehen. Dieser Wertung steht nicht entgegen, daß der Beklagte von dem in Rechnung gestellten Endbetrag DM 22.300,- einbehalten hat, da der Beklagte insoweit ausdrücklich sein Recht auf Einbehalt einer 5%igen Sicherheit und nicht etwa eine Unrichtigkeit der Schlußrechnung geltend gemacht hat.

Keiner Entscheidung bedarf es, ob dem Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf den in § 17 Nr.3 VOB/B und in Ziffer 14 Nr.3 AGB vorgesehenen Austausch des Sicherheitseinbehaltes gegen eine Bankbürgschaft zusteht, da die Klägerin mit ihrer Berufung nur noch Zahlung Zug um Zug gegen Rückgabe der von dem Beklagten 1997 zurückgeschickten Bürgschaftsurkunde begehrt.

Ein Zurückbehaltungsrecht wegen etwaiger Mängel in der Planung oder in der Bauausführung steht dem Beklagten schon vom Grundsatz her nicht zu, so daß offen bleiben kann, ob vorliegend derartige Mängel gegeben sind.

Nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur kann der Auftraggeber einem auf § 17 Nr. 3 VOB/B gestützten Ausstauschverlangen des Auftragnehmers nicht ein Zurückbehaltungsrecht wegen mangelhafter Leistungen entgegenhalten (vgl. etwa OLG Köln , Schäfer/Finnern/Hochstein Nr.1 zu §17 VOB/B; Ingenstau/Korbion VOB, 13. Auflage, § 17 VOB/B Rdnr.26; Beck`scher VOB/B Kommentar - I. Jagenburg § 17 Nr.3 VOB/B Rdnr. 6).

Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Sowohl das in § 17 Nr.3 VOB/B geregelte Austauschrecht als auch die zwischen den Parteien in Ziffer 14 Nr. 3 AGB getroffene Regelung sind ihrer Natur nach auf einen Austausch der Sicherungsmittel gerichtet. Bereits die Zielsetzung und interessengerechte Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen schließt es deshalb aus, daß der Auftraggeber sich von der vereinbarten Austauschfunktion nachträglich zu lösen sucht, indem er die Entgegennahme der Bürgschaft bei gleichzeitiger Auszahlung des Einbehalts verweigert. Sinn und Zweck des vertraglich vereinbarten Austauschrechtes ist es, daß der Auftragnehmer durch die Ausübung des ihm eingeräumten einseitigen Gestaltungsrechts Liquidität gewinnen kann. Dieses auch von dem Auftraggeber anerkannte Interesse würde leer laufen, wenn der Auftraggeber durch die Geltendmachung von Mängelbeseitigungsansprüchen in der Lage wäre, den Austausch zu verweigern.

Das von dem Beklagten zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs zur Ablösung des Bareinbehalts durch eine Gewährleistungsbürgschaft (NJW 1998, 2057) steht der Auffassung des Senats nicht zwingend entgegen. Der Bundesgerichtshof hat sich nämlich nicht mit dem Austauschrecht des Auftragnehmers nach § 17 Nr. 3 VOB/B auseinandersetzen müssen, da die Parteien in dem dort zur Entscheidung anstehenden Rechsstreit vereinbart hatten, "eine Ablösung des Gewährleistungseinbehalts durch eine Bankbürgschaft kann gestattet werden".

Eine solche, auf eine einvernehmliche Regelung des Austausches abhebende Vereinbarung ist mit dem einseitigen Gestaltungsrecht der Klägerin des hiesigen Rechtsstreits nicht vergleichbar. Aus diesem Grunde bedarf es im vorliegenden Fall keiner Auseinandersetzung mit der vom Bundesgerichtshof vorgenommenen Auslegung des Willens des Auftragnehmers bei der Hingabe der Bürgschaftsurkunde (kritisch hierzu Otto, BauR 1999, 322ff; Leinemann, NJW 1999, 262f; Tiedtke, NJW 2001,1015,1025).

Der Klägerin steht dem Recht auf Auszahlung des Sicherheitseinbehalts auch ein Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen seit dem 15. November 1997 zu.

Da der Beklagte nicht berechtigt war, den Austausch der Sicherheiten zu verweigern, befindet er sich seit dem Ablauf der ihm von der Klägerin gesetzten Frist in Verzug ( § 284 BGB). Das über den gesetzlichen Zinssatz von 4% hinausgehende Zinsbegehren der Klägerin ist unbegründet, da die Klägerin für ihren Vortrag zum Zinsschaden trotz des diesbezüglichen Bestreitens des Beklagten keinen Beweis angetreten hat. Mithin war die Berufung der Klägerin insoweit zurückzuweisen.

Die Berufung des Beklagten war aus den vorstehenden Gründen insgesamt zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 708 Nr.10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision im Hinblick auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Februar 1998 - VII ZR 105/97 - (NJW 1998, 2057) zugelassen (§ 546 Abs.1 Satz 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

Zurück