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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 08.12.2000
Aktenzeichen: 14 U 236/99
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 87 c
Die Erteilung eines Buchauszuges (§ 87 c HGB) führt nur dann nicht zur Erledigung des entsprechenden Klaganspruchs, wenn die zur Verfügung gestellten Unterlagen schwere Mängel und Unvollständigkeiten aufweisen. Anderenfalls käme lediglich die Erweiterung des Klagbegehrens der ersten Stufe um einen Anspruch auf Ergänzung des Buchauszuges und durch den Anspruch auf Bucheinsicht in Betracht.

Grundsätzlich ist nur das in den Buchauszug aufzunehmen, was auch in den Büchern des Unternehmers verzeichnet ist.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

14 U 236/99

Verkündet am: 8. Dezember 2000

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 14. Zivilsenat, durch die Richter nach der am 3. November 2000 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 13 für Handelssachen, vom 2. September 1999 (413 O 144/99) abgeändert:

Der Klagantrag zu 1) auf Erteilung eines Buchauszuges wird abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer des Klägers beträgt DM 2.000,00.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere ist auch die Berufungssumme von über DM 1.500,00 (§ 511 a ZPO) erreicht. Der maßgebliche Aufwand (Abwehrinteresse), die im Rahmen des Klagantrages zu 1) begehrten Angaben in Gestalt eines Buchauszuges zusammenzustellen (BGHZ GS 128, 85, 87), ist unter Würdigung aller Umstände unter Heranziehung der Angaben des gemäß § 141 ZPO angehörten Geschäftsführers der Beklagten mit DM 2.000,00 anzusetzen. Seine Darstellung, wonach ein Mitarbeiter zwei bis drei Tage beschäftigt sei, sind nach der Klarstellung gemäß Schriftsatz der Beklagten vom 14 September 2000 auf den Gesamtaufwand der Erteilung der erstrebten Informationen/Buchauszüge zu beziehen, der auch für den Kläger gelte, da eine Sichtung zu erfolgen habe. Die Angaben geben jedenfalls keinen Anlaß, einen unterhalb der Berufungssumme liegenden Kostenaufwand zu schätzen.

Die Berufung ist auch begründet.

Dies allerdings nicht aufgrund des prozessualen Einwandes zur Postulationsfähigkeit und Wirksamkeit des Prozeßvortrages des Prozeßbevollmächtigten (Verkehrsanwalt) des Klägers. Im Hinblick auf die Verweisung vom Amtsgericht an das Landgericht war der Vortrag nicht unwirksam (entsprechend BGH LM Nr. 5 zu § 697 ZPO), wurde jedenfalls heilend genehmigt (vgl. BGH Z 111, 339, 343 f. = NJW 1990, 3085, 3087; OLGR Frankfurt 1998, 125 (LS); Zöller-Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 78 Rn. 3); um den problematischen Fall der Fristwahrung geht es hier nicht).

Der Anspruch ist auch nicht schon ausgeschlossen, weil in § 12 Abs. 7 des Vertrages der Parteien vom 11./13. März 1998 (Anlage K 1) die "Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruches" in Bezug genommen oder weil Bausparkassenverträge gegenständlich sind. Hier sind die geltend gemachten Ansprüche aus § 87 HGB (Provision) und § 89 b HGB (Ausgleich) auseinanderzuhalten. Nach § 87 c Abs. 5 HGB sind die Ansprüche aus dieser Vorschrift mit Wirkung für die Zukunft unabdingbar. Einzelheiten können hier dahinstehen.

Ebensowenig verhilft der Verwirkungseinwand der Berufung zum Erfolg, denn eine unbeanstandete Hinnahme von Provisionsabrechnungen (i.V.m. § 8 Abs. 7 der Anlage K 1) beinhaltet kein negatives Schuldanerkenntnis und hindert keine Ansprüche auf weitere Provisionen und auf Erteilung von Buchauszügen; der Buchauszug geht inhaltlich über die Provisionsabrechnung hinaus (vgl. OLG Hamburg BB 1998, 971 f. im Anschluß an BGH NJW 1998, 588 f.). Neben dem Umstandsmoment ist auch das Zeitmoment hier kaum erfüllt im Hinblick darauf, daß lediglich eine Tätigkeit vom 1. Februar 1998 bis 31. Oktober 1998 in Rede steht.

Der Rechtsstreit hinsichtlich des Klagantrages zu 1) ist indes in der Hauptsache erledigt. Der Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Buchauszuges ist erloschen, denn die Beklagte hat dem Kläger nunmehr - in der Berufungsinstanz - unstreitig einen Buchauszug übersandt (erstellt mit Datum vom 19. April 2000, Anlage Bf 2 zum Schriftsatz vom 9. August 2000). Der Kläger hat aber an seinem Klagantrag festgehalten und keine prozessuale Erledigungserklärung abgegeben. Der Kläger macht lediglich geltend, es hätten sich bestimmte "Angaben erledigt", der Buchauszug sei unvollständig und ein Fragment, es fehlten weitere Angaben.

Dies aber ist eine Frage, die nach der Gesetzessystematik nicht im Rahmen des Anspruches auf Erteilung eines Buchauszuges gemäß § 87 c Abs. 2 HGB zu prüfen ist (so auch OLG Hamburg, Urt. v. 12.4.2000 zum Az. 8 U 198/99). Von daher geht auch der Hinweis des Klägers auf die Darlegungs- und Beweislast der Beklagten hinsichtlich der Erfüllung ins Leere.

Entscheidend ist im vorliegenden Fall, daß (überhaupt) ein Buchauszug erteilt wurde. Der Kläger spricht der Anlage Bf. 2, die im Original insgesamt 49 Seiten umfaßt, nicht spezifiziert ab, ein Buchauszug zu sein; dies ist auch nicht ersichtlich. Ein (neuer/weiterer) Buchauszug kann jedoch nur verlangt werden, wenn die von dem Unternehmer zur Verfügung gestellten Unterlagen so schwere Mängel aufweisen und so unzulänglich sind, daß sie den Namen "Buchauszug" nicht verdienen (BGH, Urt. v. 20.2.1964, VersR 1964, 429, 430; BGH, Urt. v. 23.10.1981, WM 1982, 152, 153; OLG Düsseldorf, Beschluß v. 15.6.1994, HVR Nr. 817; OLG Hamm, Beschluß v. 1.7.1998, OLGR 1998, 303 f.; Küstner/von Manteuffel, Handbuch des gesamten Außendienstrechtes, Band 1, 2. Aufl., Rn. 1453); um vergleichbare ungeordnete Unterlagen, Provisionsabrechnungen etc. - wie sie auch in der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung des OLG Köln (Urt. v. 19.3.1999 zum Az. 4 U 42/98) gegenständlich waren - handelt es sich hier nicht.

Dem Einwand der Unvollständigkeit der Angaben (wie auch dem der Unrichtigkeit) ist ggf. - im Wege der Erweiterung der ersten Stufe der Klage im ersten Rechtszug - durch einen Anspruch auf Ergänzung des Buchauszuges, einen ergänzenden Auskunftsanspruch (§ 87 c Abs. 3 HGB) und durch das Recht auf Bucheinsicht (§ 87 c Abs. 4 HGB), ggf. i.V.m dem Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (§§ 259, 260 BGB), Rechnung zu tragen (vgl. MüKo - v. Hoyningen-Huene, HGB, § 87 c Rn. 46 und 54; Staub-Brüggemann, HGB, 4. Aufl., § 87 c Rn. 19 und 21; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 87 c Rn. 20; Ankele, Handelsvertreterrecht, Stand Juli 2000, § 87 c HGB Rn. 46; Küstner/von Manteuffel a.a.O. Rn. 1453 und 1463; OLG Hamm Urt. v. 21.3.1997, NJW-RR 1997, 1322, 1324); es kann auch eine Auskunftsklage im Rahmen von § 89 b HGB erhoben werden. Die genannten Fundstellen verdeutlichen aber, daß diese Fragen nicht Gegenstand des Antrages auf Erteilung eines Buchauszuges sind, wie ihn der Kläger hier weiterverfolgt.

Erst im Rahmen eines solchen Klagbegehrens, etwa gerichtet auf eine Ergänzung des Buchauszuges, wäre die Frage zu klären, ob der Beklagten diese weiteren Angaben (un)möglich sind und ob ggf. ein "Durchgriff" auf die -Versicherungsgruppe erfolgen kann, wie es der Kläger in seinem Schriftsatz vom 27. Oktober 2000 vertritt.

In diesem Zusammenhang folgt der erkennende Senat der Auffassung des hiesigen 8. Senates, daß grundsätzlich nur das in den Buchauszug aufzunehmen ist, was auch in den Büchern des Unternehmers steht, nicht, was dort hätte stehen müssen oder möglicherweise von Dritten zu beschaffen wäre (vgl. MüKo - v. Hoyningen-Huene, a.a.O., § 87 c Rn. 41 mit Hinweis auf OLG Celle, Beschluß v. 27.8.1962, NJW 1962, 1968 f.; Staub-Brüggemann, a.a.O., 4. Aufl., § 87 c Rn. 3). Die von dem Landgericht in den Vordergrund gestellte Frage der Buchführungspflicht (vgl. Urteilsausfertigung S. 4; Baumbach/Hopt, a.a.O., 30. Aufl., § 87 c Rn. 16) ist erheblich für die Frage, ob jemand den Buchauszug (wenn er denn Bücher hat) schuldet, nicht aber für die Frage, was der so Verpflichtete in Gestalt eines Buchauszuges nach Lage seiner Bücher mitzuteilen hat (vgl. auch Ankele, a.a.O., § 87 c Rn. 38 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 17.4.1961).

Ob demgegenüber hier eine grob rechtsmißbräuchliche Gestaltung vorliegt, die einen "Durchgriff" eröffnet, ist für das hiesige Berufungsverfahren ohne Belang.

Da der Kläger trotz der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit hinsichtlich des Klagantrages zu 1) seiner Stufenklage nicht für erledigt erklärt hat, war seine Klage insoweit unter Abänderung des landgerichtlichen Teilurteils abzuweisen.

Die Ausführungen des Klägers im nicht nachgelassenen Schriftssatz vom 10.11.2000 rechtfertigen im übrigen weder eine andere Beurteilung noch geben sie dem Senat Anlaß, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§§ 156, 296 a ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die übrigen prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 S. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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