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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 22.10.2004
Aktenzeichen: 2 Va 8/04
Rechtsgebiete: EGGVG, BGB, JVKostO, KostO, PStG, ZPO, AKostG, KonsularG


Vorschriften:

EGGVG § 23
EGGVG § 24
BGB § 1309
BGB § 1309 Abs. 2
JVKostO § 5 Abs. 1
JVKostO § 7 Abs. 2
KostO § 5
KostO § 137 Nr. 15
PStG § 5a
ZPO § 438 Abs. 2
AKostG § 8 Abs. 1 Satz 1
AKostG § 8 Abs. 1 Satz 2
KonsularG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

Geschäftszeichen: 2 Va 8/04

In dem Rechtsstreit

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 2. Zivilsenat, am 22. Oktober 2004 durch den Senat

Dr. Lassen, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Jahnke, Richterin am Oberlandesgericht Meyn, Richter am Oberlandesgericht

Tenor:

1. Der Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragsteller von dem Erfordernis der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses zu befreien, wird zurückgewiesen.

2. Die Gerichtskosten des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht hat der Antragsteller zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Geschäftswert wird auf 500,- € festgesetzt.

4. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

Der gemäß §§ 23, 24 EGGVG zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 26 Abs. 1 EGGVG) eingegangene Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung ist unbegründet.

I.

Der Antragsteller, der gambianischer Staatsangehöriger ist, beabsichtigt mit einer deutschen Staatsangehörigen die Ehe zu schließen. Mit Schreiben vom 24.6.2003 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers beim Standesamt Hamburg-Harburg die Vergabe eines Termins zur Eheschließung sowie die Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses beantragt. Nach Vorlage der Eheschließungsakte an den Antragsgegner hat dieser den Antragsteller mit Schreiben vom 2.2.2004 und 15.4.2004 zur Einzahlung eines Vorschusses in Höhe von 300,- € aufgefordert, da die vorgelegten Urkunden (Geburtsurkunde, Familienstandsbescheinigung) nicht legalisiert werden konnten und deshalb die deutsche Botschaft im Rahmen der Amtshilfe um Überprüfung der Urkunden durch einen Vertrauensanwalt ersucht werden sollte. Die für Gambia zuständige deutsche Botschaft in Dakar (Senegal) hatte bereits im Jahre 2002 mitgeteilt (Anlage 2), dass aufgrund des unzuverlässigen Urkundenwesens in Gambia die Voraussetzungen zur Legalisation von Urkunden aus Gambia nicht gegeben sind. Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers die Zahlung des Vorschusses abgelehnt hatte, wurde der Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses vom Antragsgegner mit Bescheid vom 7.6.2004 (Anlage 1), der dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 15.6.2004 zugestellt wurde, abgelehnt.

Gegen diesen Bescheid wendet sich der Antragsteller mit dem Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 15.7.2004. Zur Begründung hat der Antragsteller im Wesentlichen unter Bezugnahme auf einen Aufsatz von Weizsäcker (InfAuslR 2003, 300) vorgetragen, dass es für die Überbürdung der Kosten des Vertrauensanwaltes auf den Antragsteller keine gesetzliche Grundlage gäbe.

Der Antragsgegner hat zur Begründung seines Zurückweisungsantrages mit Schriftsatz vom 25.8.2004 im Wesentlichen ausgeführt, dass es angesichts der offiziell festgestellten Umstände, die hinreichende Zweifel an der Echtheit sämtlicher öffentlicher Urkunden aus Gambia begründen würden, notwendig wäre, ein Überprüfungsverfahren für die Urkunden durchzuführen, um Zweifel an der Echtheit der Urkunden auszuräumen. Da es dem Antragsteller gemäß § 1309 BGB obliege, die Ehevoraussetzungen zu belegen sowie urkundliche Nachweise zu beschaffen und vorzulegen, seien die dabei entstehenden Kosten vom Antragsteller zu tragen. Rechtsgrundlage für den angeforderten Vorschuss sei § 7 Abs. 2 JVKostO i.V.m. §§ 5 KostO, 137 Nr. 15 KostO. Die Botschaft, die insoweit als ausländische Behörde im Sinne des § 137 Nr. 15 KostO tätig werde, erhebe insoweit keine eigenen Verwaltungsgebühren, sondern verlange allein die bei der Beauftragung des Vertrauensanwaltes anfallenden Kosten.

Hinsichtlich des weiteren Vortrages der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Antragsgegners sowie die Sammelakte zum Familienbuch des Standesamtes Hamburg-Harburg Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 23 EGGVG hat in der Sache keinen Erfolg, da der Antragsgegner mit Recht und mit zutreffender Begründung die Befreiung des Antragstellers von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses gemäß § 1309 Abs. 2 BGB abgelehnt hat.

Nach dieser Vorschrift prüft der Präsident des Oberlandesgerichtes anstelle der ausländischen Behörde die formellen Voraussetzungen, nach denen der Antragsteller aufgrund seines Heimatrechtes die beabsichtigte Ehe eingehen darf (s. auch § 13 EGBGB). Liegen nach dem Heimatrecht des Antragstellers die materiellen Voraussetzungen für eine Eheschließung vor und gibt es auch nach dem deutschen Recht keine Hinderungsgründe, so ist die Befreiung zu erteilen (vgl. BGH 56, 180).

Zwar gilt für das Verfahren zur Überprüfung der Eheschließungsvoraussetzungen, wie Weizsäcker in dem vom Antragssteller zitierten Aufsatz (s.o.) zu Recht betont, grundsätzlich der Amtsermittlungsgrundsatz (s. auch §§ 29 Abs. EGGVG i.V.m. § 12 FGG), so dass weitere Ermittlungen grundsätzlich in den Verantwortungsbereich der zuständigen Behörden fallen. Der Amtsermittlungsgrundsatz wird jedoch im Verfahren zur Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses insbesondere konkretisiert durch die Verpflichtungen des Antragstellers aus §§ 5a PStG und 1309 Abs. 2 BGB. Hiernach kann der Standesbeamte die notwendigen Nachweise fordern, die für die Eheschließung erbracht werden müssen. Der Antragsteller hat die Ehevoraussetzungen soweit als möglich zu belegen und urkundliche Nachweise zu beschaffen und vorzulegen (vgl. Palandt-Brudermüller, BGB, 63. Auflage, § 1309 Rdnr. 14, Riedel StaZ 1989,243). Regelmäßig wird insoweit bei ausländischen Urkunden der Antragsteller gemäß § 438 Abs. 2 ZPO zur Legalisation der Urkunden aufgefordert. Eigene Nachforschungen in dem Heimatland des Antragstellers, um auf diese Weise die Identität und den Personenstand zu klären, sind nicht Aufgabe der deutschen Behörden oder Gerichte. Zwar sind die Oberlandesgerichte im Verfahren gemäß § 23 EGGVG an sich verpflichtet, falls die behördlichen Tatsachenfeststellungen bestritten werden, auch ihrerseits Beweis zu erheben (vgl. BVerfGE 21,191). Das gilt aber lediglich in dem Maße, in welchem auch die Behörde, deren Bescheid angefochten ist, ihrerseits zu Ermittlungen verpflichtet ist. Weder der Standesbeamte (§ 5a PStG) noch der Präsident des Oberlandesgerichtes (§ 1309 Abs. 2 BGB) sind jedoch für verpflichtet zu erachten, den Personenstand eines Antragstellers durch entsprechende (z.B. auf diplomatischen Wege zu erlangende) Ersuchen an ausländische Behörden zu ermitteln (insbesondere wenn (wie hier) durch die deutsche Botschaft ein unzuverlässiges Beurkundungswesen im Heimatstaat des Antragstellers festgestellt wurde (s. Anlage 2)). Vielmehr steht es ihnen frei, vom Antragsteller diejenigen Beweismittel zu verlangen, die sie als Grundlage der nötigen tatsächlichen Feststellungen für erforderlich halten (vgl. OLG Düsseldorf, StAZ 1980, 239), soweit dies den Antragsteller nicht unzumutbar belastet und das Recht auf Eheschließung im Hinblick auf Art. 6 GG nicht unzumutbar einschränkt wird. Die grundsätzlich geeignete Legalisation der vorgelegten Urkunden durch die zuständige deutsche Botschaft ist nach dem vorgelegten "Merkblatt zur Einstellung der Legalisation..." (Anlage 2) für Gambia nachvollziehbar zurzeit nicht möglich. Ein geeignetes Mittel für den vom Antragsteller zu erbringenden Nachweis seiner Identität und seines Personenstandes ist danach die schon vom Standesbeamten beabsichtigte (und im Interesse des Antragstellers stehende) Beauftragung eines Vertrauensanwaltes durch die deutsche Botschaft zur notwendigen Überprüfung der Echtheit der vom Antragsteller vorgelegten Urkunden. Auch der Antragsteller hat andere (ebenso geeignete) Beweismittel nicht benannt. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Beauftragung des Vertrauensanwaltes mit der Überprüfung der Echtheit selbst den Antragsteller unverhältnismäßig belasten würde. Ohne die Beauftragung eines Vertrauensanwaltes vermag der Antragsteller das Vorliegen der formellen Voraussetzungen für die Eheschließung, die der Antragsgegner gemäß § 1309 Abs. 2 BGB an Stelle der ausländischen Behörden zu überprüfen hat, nicht hinreichend nachzuweisen, so dass dann die beantragte Befreiung nicht zu erteilen ist.

Der Antragsteller wendet sich insoweit auch vor allem gegen die von ihm verlangte Vorschusszahlung in Höhe von 300,- € für die Beauftragung eines Vertrauensanwaltes durch die um Amtshilfe zu bittende zuständige deutsche Botschaft. Entgegen der Rechtsansicht des Antragstellers ist nach den obigen Ausführungen, der rechtsfehlerfreien Argumentation des Antragsgegners folgend, die Rechtsgrundlage für den geforderten Vorschuss in § 7 Abs. 2 JVKostO i.V.m §§ 5 Abs. 1 JVKostO, 137 Nr. 15 KostO zu finden. Hiernach können im Wege des Vorschusses auch sonstige Auslagen, die ausländischen Einrichtungen oder Personen im Ausland zustehen, erhoben werden. Die Vorschrift findet über ihren konkreten Wortlaut hinaus auch auf Forderungen deutscher Behörden im Ausland Anwendung. (vgl. Korintenberg/Lappe, KostO, 15. Aufl., 2002, § 137 Rdnr. 43). Die Botschaft, die insoweit als um Amtshilfe ersuchte ausländische Behörde tätig wird, erhebt gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 keine eigenen Verwaltungsgebühren, sondern verlangt gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 AKostG die Kosten der Beauftragung eines Vertrauensanwaltes. Im Übrigen handelt es sich, wie in § 1 Abs. AKostG vorausgesetzt, bei der im Wege der Amtshilfe durch die Botschaft als Mittler für den Antragsgegner vorgenommene Beauftragung eines Vertrauensanwaltes auch um eine konsularische Aufgabe gemäß § 1 KonsularG. Hiernach sind die Konsularbeamten nämlich dazu berufen, auch auf dem Gebiet der Rechtspflege bei der Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Empfangsstaat mitzuwirken. Auf die zutreffenden weiteren Ausführungen des Antragsgegners zu dieser Problematik (Bl. 4 des Schriftsatzes vom 25.8.2004) kann im Übrigen verwiesen werden. Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass dem Antragsteller die Zahlung des angeforderten Vorschusses unzumutbar ist oder sein Recht auf Eheschließung hierdurch unzumutbar eingeschränkt werden würde.

Nach alledem war der Antrag zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 30 Abs. 1 und 2 KostO, die Festsetzung des Geschäftswertes folgt aus § 30 Abs. 3 EGGVG i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.

IV.

Die beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe musste aufgrund der obigen Ausführungen bereits mangels Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO) abgelehnt werden. Der Antragsteller hat im Übrigen zur ausführlichen Begründung des Zurückweisungsantrages des Antragsgegners innerhalb der eingeräumten Frist nicht Stellung genommen und auch eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorgelegt.

Ende der Entscheidung

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